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AEmandersstzimg mit den Sohtvzollern. Ministerpräsident Brann an Herrn von Berg. Der preußische Ministerpräsident Brann hat an den Generalbevollmächtigten des vormaligen preußischen Königshauses, Geheimrat von Berg, ein Schreiben ge richtet, in dem er auf die Anregung Herrn von Bergs antwortet, zur Beruhigung des öffentlichen Lebens in neue Abfindungsverhandlungen einzutreten. Minister präsident Braun teilt Herrn von Berg mit, daß die preußi sche Regierung zu Verhandlungen grundsätzlich bereit sei. Diese Verhandlungen dürften aber nicht, wie von Herrn von Berg gewünscht, auf den Vertrag vom 12. Oktober 1925 zurückgreifen, sondern müßten, nach Ansicht des Mi nisterpräsidenten, an das Ergebnis der Beratungen des Reichstages über den Entwurf eines Reichsgesetzes über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den vormals regierenden Fürstenhäusern anknüpfen. Ministerpräsident Braun möchte sich also von vornherein alle die Vorteile sichern, die der Rechtsaus schuß des Reichstags bei feinen letzten Beratungen für die Länder herausgeholt hat. BeflchiLgung der Provinz Grenzmark. DerOberpräsidentüberihrefchwereLage. Unter Führung des Oberpräsidenten der Provinz Grenzmark, v. Bülow, fand eine mehrtägige Besichti gungsreife der Provinz Grenzmark, an der sich zahlreiche Ministerialkommissare und Mitglieder des Preußischen Landtages beteiligten, statt. Am ersten Besichtigungstage hielt in Fraustadt im Anschluß an eine Besichtigung der Schulen und Kirchen der Oberpräsident vor zahlreichen Vertretern aus allen Ständen der Bevölkerung einen Vortrag, in dem er aus die schwere Lage der Grenzmark und die Problems, die zur Stärkung des Deutschtums in der Ost mark zu lösen wären, hinwies. über die Kreisstadt Bomst ging es dann nach Meseritz, wo die Gäste durch die neugeschaffenen Siedlungen der Grenzstadt geführt wurden. Man gewann allgemein die Überzeugung, daß Meseritz im Ver hältnis zu seiner Größe unverhältnismäßig viel zur Be seitigung der Wohnungsnot und zur Aufnahme der zahl reichen aus dem Osten zugezogenen Optanten geleistet hat. Der zweite Tag war der Bereisung des Kreises Schwerin gewidmet; man nahm hier besonders die durch das Hochwasser angerichteten Schäden und die um fangreichen Verheerungen, die die Forsten durch das Auf treten der Forle ule erlitten haben, in Augenschein, z Die weiteren Stationen der Reise waren Schönlanke, Schloppe, Deutsch-Krone, Schwetz und Schneidern ü h l. ) Namens der Reiseteilnehmer betonte hier Abg. Riedel, i der Vorsitzende des Ostausschusfes, die Notwendigkeit einer weitsichtigen Ostpolitik, bei der Außen politik des Reiches und preußische Innenpolitik verständ nisvoll zusammenarbeiten müßten. Ministerialdirektor Löhrs brachte die Bereitwilligkeit der Staats- und Reichsbehörden, den Wiederaufbau der Provinz tatkräftig zu fördern und die Selbstbehauptung deutscher Kultur im Osten zu stützen, zum Ausdruck. Linruhen irr LuKien. X 11 Tote, zahlreiche Verwundete. Die Kämpfe zwischen Hindus und Mohammedanern sind in Kalkutta erneut wieder ausgeflammt. Die Po lizei fah sich genötigt, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, wobei sieben Personen getötet und mehrere schwer verwundet wurden. In den von den Un- ruhen betroffenen Stadtvierteln sind alle Läden geschlossen. Die Arbeiter der Spinnereien inBangalore (Ma dras) haben wegen des Ausbleibens einer von ihnen er warteten besonderen Lohnzuwendung eine Kundgebung veranllaltet, wobei es zu Zusammenstößen kam. Dis Po lizei war genötigt, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, wobei vier Arbeiter getötet und 14 ver- wundet wurden. Einige Polizisten wurden durch Stein- würse- verletzt. BDmhesmttKniaL m KM-switz. Politische Kam Pf Methode der Polen. Auf die Druckerei der Korfanty gehörigen Zeitung „Polonia" in Kattowitz wurde ein Bombenattentat ver übt. Es wurden mehrere Sprengladungen zur Entzün dung gebracht, durch die erheblicher Schaden ungerichtet wurde. Die Polizei verhaftete eine Reihe von Personen, von denen die meisten polnischen Aufständischen-Organi- sationen angehören. Die Verhafteten gaben bei ihrer Ver nehmung zu, daß sie beabsichtigt hatten, durch ihr Attentat Korfanty eines seiner Zeitungsorgane zu berauben. t Die weitere Untersuchung des versuchten Bomben- mtentats auf das „Polonia"-Gebäude ergab u. a., daß der Sekretär des aufständischen Verbandes einen gewissen Skrzypca in Kochlowitz zu dem Attentat gedungen und ihm gute Bezahlung zugesichsrt habe. Auch gegen die Fi liale der „Polonia" in der Friedrichstraße sei ein Attentat beabsichtigt gewesen. Eine Untersuchung der Bombe durch Sachverständige ergab, daß ein Attentat gegen die Filiale im Innern der Stadt den Einsturz der umliegenden Häuser verursacht haben würde. Das beschlagnahmte vor handene Material soll sehr belastend sein und wird an- icheinend noch Aufschluß über die letzten Attentate bringen. Rsher steht fest, daß alle Attentate aus den Kreisen der Aufständischen hervorgegangen sind, auch die, die oftmals sen Deutschen angedichtet wurden. Kamme^genchisenischer^e in Meier- schwachen. Der Amtliche Preußische Pressedienst gibt folgende neuer- Rechtsentscheide des Kammergerichts in Mieurschutzsacheu bekannt: Die Ausrechnung mit Gegenforderungen ist auch dann zu lässig, wenn diese selbst nicht aufgewertel werden können. Es ist unerheblich, ob und in welcher Höhe die Gegenforderungen aufzuwerten sind. Bei Festsetzung der Friedensmiete für Räume, die schon vor dem 1. Juli 1914 sertiggestellt waren, an denen aber nach diesem Zeitpunkt bauliche Veränderungen vvMcnommen wor den sind, sind die gegen die Friedenszeit erhöhten Baukosten dieser Veränderungen zu berücksichtigen. Die Friedensmiete für eine Wohnung, die aus der Ver einigung mehrerer Räume nach dem 1. Juli 1914 hervorge gangen ist, kann unter Umständen ebenso hoch oder geringer festgesetzt werden als die Friedensmiete, die für einen Teil der vereinigten Räume am l. Jusi 1914 bestand. Versagt eine Gemeindebehör e die Genehmigung zum Wohnungstausch, so steht die Best werde nach Z 16 des Woh- uungsmangelgesetzes auch den Ta schpartnern zu, deren Woh nungen im Bezirk anderer Geme.ndebehörden liegen. Bei Festsetzung des Zwangsmietvertrages hat das Miet- cinigungsamt den Mielraum und den Mietzins anzugeben. Als Mietzins genügt ein bestimmbarer Betrag, etwa die gesetz liche Miete. Sonstige Bestimmungen, z. B. über den Beginn des Mietverhältnisses oder Vorauszahlung des Mietzinses, kann das Mieteiniguugsamt nach billigem Ermessen treffen. « Letzte Melckungen ; Vermischte Drahtnachrichten vom 22. Juli. Die Lage des Wein-, Obst- und Gemüsebaues. Berlin. Der zweite Unterausschuß für Landwirtschaft des Engueteausschusscs nahm in seiner letzten Sitzung Referate über den Weinbau und seine Schwierigkeiten und über die Lage des Obst- und Gemüsebaues entgegen. Reichsminister a. D. Dr. Hermes regte Untersuchungen über die Fragen der Preisfestsetzung für die landwirtschaftlichen Produktions mittel, besonders für künstliche Düngemittel, an. über diese Fragen sind bereits Fragebogen an die Landwirtschafts kammern hinausgegangen. Frank doch der Binzer Juwelendieb. Stettin. Wie das Stettiner Polizeipräsidium mitteilt, entbehrt die von einem Berliner Blatt gebrachte Meldung, daß der Seemann Frank als Binzer Juwelendieb nicht in Frage komme, jeder Grundlage. Der Gang der bisherigen Unter suchung hat zweifelsfrei ergeben, daß Frank als Täter in der Binzer Raubaffäre in Betracht kommt. Inzwischen hat die Stettiner Kriminalpolizei in dieser Sache noch andere Per sonen verhaftet, so die Freundin des Frank, Frau Kuhlmann aus Stettin, bei der u. a. eine Flasche Chloroform ge funden wurde. ls HeMMiWN. Roman von E. Sierra. (Nachdruck verboten.) Diese Worte hatten aber nicht den gewünschten Erfolg. Fritz Ferdinand ließ zwar Wilma los und hakte sich ver traulich in Annemaries Arm ein. Als er aber dabei die er schreckende Magerkeit fühlte, gab er sie mit einem leichten Hochziehen der Oberlippe schnell wieder frei. Annemarie schien das kaum zu bemerken. Sie wandte sich dem schweigsamen Wilm zu: „Als du mich neulich im ,Grunewald hoch zu Noß sähest — bekamst du da nicht auch wieder Lust zum Reiten" Wilm und Wilma erblaßten. Sie sahen sich gegenseitig an und schwiegen . Erst als Friß Ferdinand ihr mit einem Augenzwinkern And mit einem mitleidigen Blick auf das Geschwisterpaar 'hre Haltlosigkeit zu Gemüte zu führen versuchte, setzte sie hinzu: ^AchZo — ich vergaß — wenn's nur das ist — ein Pferd Könnte ich dir leicht besorgen. Ich meine so, daß es nichts rostet. Mama bezahlt das schon mal für dich." Wilm verbeugte sich mit eisiger Miene: „Zu viel Liebens würdigkeit! Aber da ich ohne Wilma hier nie reiten würde —" „Wie du willst," schnitt Annemarie seine weitere Ent -ul- dingung hochmütig ab. „An Begleitung fehlt mirs nicht — wie du gesehen hast. Ein Herr von Bracht, von deines Paters ^Regiment, hat bei uns Besuch gemacht und sich dabei auf eure Freundschaft berufen. Er läßt euch beide sehr grüßen." Wilms Gesichtfarbe wurde erschreckend fahl. In nervö ser Unruhe bearbeitete er die Oberlippe mit den Zähnen, ehe er härt und kalt sagte: „Wenn deine Begleiter alle diese Oenres sind, beneide ich dich nicht um sie. Ich verbiete es dem betreffenden Herrn übrigens, sich auf unsere Freundschaft zu berufen. Das kannst du ihm sagen, als Antwort auf seinen Gruß. " Annemarie strahlte, als sie sah, daß dieser Köder wirkte. -Man muß die Männer nur eifersüchtig machen, um sie in die Hand zu bekommen. Aus dieser Erwägung wandte sie sich mit ganz besonderer Liebenswürdigkeit ihrem Vetter Fritz Ferdinand zu. Und sie lächelte triumphierend, als Wilm kurz darauf um die Erlaubnis bat, mit Wilma Tante Josefine einen Besuch machen zu dürfen. „Wie du willst. Ich bitte dich nur zu bedenken, daß Tante Iofefine von eurem Hiersein weiß. Wenn sie dasselbe Inte resse an einem Wiedersehen hätte, würde sie sich wohl nicht ge rade vor eurem Kommen in ihre Zimmer zurückgezogen haben. Du mußt nicht vergessen, daß sie alt ist und rnbsbdürftig!" Wilm war es auch. Wenigstens hatte er sich noch nie so sehnlichst aus der Geselligkeit herausgewünscht. Er nahm einen fast überstürzten Abschied. Auf der Straße legte er mit einem tiefen Aufatmen seinen Arm in den der Schwester. „Bist du müde? Fühlst du dich nicht wohl?" fragte diese daraufhin ängstlich. Wilm öffnete den Mund zu einem Gähnen, oas m einem Husten endigte. „Verteufelt müde, kleine Schwester. Wenn es nach mir ginge, setzten wir keinen Fuß mehr über diese Schwelle. Die mütterliche Schlange züngelt zu sehr aus der Tochter heraus." 6. Kapitel. Die Sommerferien hatten ihren Anfang genommen. Erika Riedberg hatte sich Hals über Kopf zu einer Erholungs reise entschlossen. Und Wilm und Wilma genossen in unge störter Zweisamkeit die bleierne Glut, die mit dem Juli über Berlin lastete. Kein erfrischendes Lüftchen. Kein Regentropfen. Die fast südliche Glut der Sonne schmolz den Asphalt auf den Straßen. Auch der Abend brachte keine Abkühlung. Die hohen Mauern der Häuser gaben alsdann die über Tag eingefangene Hitze wieder von sich. Aus den dunklen Torwegen kroch der übelriechende Atem der Großstadthöfe. Wilm und Wilma wagten kaum ein Fenster zu öffnen. Und erst nach Sonnenuntergang, wenn ganz Berlin aus den heißen Mauern flüchtete, wanderten sie in den Tiergarten. Trotz unaufhörlichen Sprengens lag dieser in einer dichten Staubwolke da. Wenn sie sich dann auf einer Bank ein Plätzchen erobert hatten, kam die Erinnerung und zauberte ihnen die Wälder der Heimat vor, den schattigen, von alten Bäumen bestan denen Garten, dem der leise plätschernde Springbrunnen Stimmung und Frische verlieh. Unterschlagungen bei einer Eemeu-dttasse. Falkenberg (Bez. Liebenwerda). Der Kassierer der bicsigen Gemeindespattasse, KurtWeruer, hat große Unterschlagun gen begangen. Er hat sich im Lause eines Jahres etwa 36000 Mark durch Fälschung von Unterschriften und durch Diebstahl angeeignet. Der Täter ist flüchtig. Er hat das Geld auj Rennplätzen und am Totalisator verloren. Kommerzienrat Benary gestorben. Erfurt. Der Inhaber der als Wcltfirma bekannten Groß- gärtnerei Benary in Erfurt, Kommerzienrat IohnBenarY, ist nach kurzem Krankenlager gestorben. Aus der Fremdenlegion entflohen. München. Münchener Blättern wird berichtet, daß diese: Tage in München 26 junge reichsdeutsche Leute eintrasen, dic vor kurzem aus der französische »Fremdenlegion in Syrien entflohen waren. Die meisten waren unter Vorspiegelungen nach Frankreich gebracht und dort in dic Fremdenlegion gesteckt worden, um nach oberflächlicher Aus bildung in den Kämpfen in Syrien Verwendung zu finde» Die Flüchtlinge wurden von München aus nach ihrer Heimai weitergcleitet. Vrandunglück in Obereßlingen. Stuttgart. In Obereßlingen erlitten die 18 und 22 Jahn alten Söhne der Witwe Dangelmayer, die mit Heimarbeiter für eine Gelatinefabrik beschäftigt Ware», beim Ausflammer einer Gelatinemasse so schwere Brandwunden, daß sie in Krankenhaus starben. Die Mutter und die Schwester der beider Brüder sowie eine Freundin des Hauses kamen mit geringerer Verletzungen davon. AG CAnhOWNgM im polmsHZn Korridor. Danzig. Das Schiedsgericht, das über das Eisenbahn »»glück im polnischen Korridor zu urteilen hatte, hat die Ent scheid»»» gefällt. Der deutsche Antrag, der 4ms Unglüü auf die schlechte Beschaffenheit der Eisenbahnstrecke Dirschau— Firchau zurüüführte, wurde abgelehnt. In dem Urteil wurde festgestellt, daß das Unglück auf ein Attentat zurück- zusührcn ist. i Km unlerer keimst l Wilsdruff, am 23. Juli 1926. Merkblatt für den 24. Juli. Sonnenaufgang 4" S Mondaufgang " 7^ N. Sonnenuntergang 8' jj Monduntergang 2" V. 1802 Der Schriftsteller Alex. Dumas d. Ältere geb. — 1864 Der Dichter Frank Wedekind in Hannover geb. — 1908 Der Maler Walter Leistikow in Berlin gest. — 1920 Ludwig Gang hofer in Tegernsee gest. - -tz Immer noch keine Besserung auf dem Arbeitsmarkt in Sach sen. Das Landesamt für Arbeitsvermittlung veröffentlicht über die Lage auf dem sächsischen Arbeitsmarkte für die Zeit -vom 11. bis 17. Juli 1926 folgenden Bericht: Die Arbeitsmarktlage hat sich in dieser Berichtswoche weder verschlechtert noch wesent lich gebessert. Zwar herrschte in einigen Branchen etwas regere Nachfrage nach Arbeitskräften, doch läßt sich zurzeit nicht voraus sagen, wie weit diese Wahrnehmungen eine dauernde oder nur vorübergehende Bedeutung haben. Etwas günstiger als in der Vorwoche gestaltetem sich vor allem Geschäftsgang und Beschäf- ttgungsmöglichkeiten in der Glasindustrie, im keramischen und Tomvarengewerbe, in der Textilindustrie, namentlich in ben Kammgarnspinnereien, in der Kattonnagenindustrie und in der Piano- und Möbelindustrie. 6m Baugewerbe konnten Fachkräfte, insbesondere Maurer, in großer Zahl vermittelt werden, obgleich -in diesem Gewerbe, wie auch in den vorgenannten Berufsgruppen und Industriezweigen, Arbeitsuchende aller Art und in großer Zähl noch zur Verfügung stehen. Im Friseurgewerbe mangelt es vereinzelt noch an jungen Friseuren und perfetten Friseusen, und ziemlich rege war auch in dieser Berichtswoche infolge der günstigen Witterung die Nachfrage nach Musikern und nach Be dienungspersonal in der Gast- und Schankwirtichaft. In der Landwirtschaft werden weiterhin junge Arbeitskräfte, insbesondere weibliche, verlangt, während sich für ältere Arbeitskräfte und Arbeiterfamilien nach wie vor weniger Arbeitsmöglichkeiten bie ten. Im Bergbau, in der Ziegeleiindüftrie, im Nahrungs-, Ge nußmittel- und Bekleidungsgewerbe, ebenso im graphischen Ge werbe blieben die Aussichten auf Beschäftigungsmöglichkeiten weiterhin ungünstig, und trostlos liegen die Verhältnisse immer noch in der Metallindustrie für ungelernte Arbeiter und für kaufmännische und Büroangesteltte. Sie konnten sich so in diese Bilder vertiefen, daß sie die Lungen weit öffneten, um die ozonreiche, kräftige Seeluft einzuatmen. Und erst der Husten, mit dem die Lungen die staubgeschwängerte Großstadtluft wieder von sich stießen, brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Aber keiner von ihnen vertteh diesen sehnsuchügen Ge danken Worte. Eine niegekannte körperliche und seelische Müdigkeit lastete auf ihnen. Mit einem Seufzer legte man sich des abends in den heißen Stuben zur Ruhe und mit einen: Seuf zer sah man dem neuen Tag in das unveränderte Gesicht. „Weißt du auch, daß in acht Tagen unsere Erika heim- kshrt, und daß ich mich unbeschreiblich darauf freue?" Ob dieser Frage Wilmas lächelte Wilm in sich hinein. Tief beugte er sich über seine Arbeit, um die heiße Röte nicht zu zeigen, die ihre Worte auf seine Backen gelegt hatten. Erst als Wilma ihn verlassen hatte zog er einen Kalen der hervor und zählte die dicken blauen Striche, die den Juli von: fünfzehnten an so merkwürdig verunzierte». Ein besonders energischer Strich löste nun auch den heutigen Tag aus und machte die Zahl bis zu:» zwölften August, auf den: Wilms Augen seit drei Wochen m:t ganz besonderer Liebe geruht hatten, wieder um e:::e geringer. Regelmäßig wie die Uhr hatte Wil::: die Vorlesungen be sucht und mit einer an Hartnäckigkeit grenzenden Ausdauer saß er zu Hause an: Schreibtisch. Von seinen: Fleiß hing der Inhalt seines Lebens ab. Nur nicht schlaff werden. Immer so leben, daß der verstorbene Vater mit ihm zufrieden sein konnte. Der Sommer ging hin. Ein ungewöhnlich früher Herbst löste ihn mit Sturm, Regen und Kälte ab und brachte für jeden die übliche Erkältung. Für Erika und Wilma einen tüch tigen Schnupfen. Für Wilm einen unbedutenden, aber recht hartnäckigen Husten. Aber Wilma wurde doch besorgt, als Wilms Husten sich nicht verlor. Sie sah das schreckliche Gespenst eines Lungen leidens vor sich. Eines Abends erwartete sie den Bruder. Da hörte sie ein kurzes trockenes Hüsteln, und sie vernäh:::, wie müde Schritte den Treppenflur durchquerten (Fortsetzung folgt.)