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Msdmffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den gen», Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2MK. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung 2 Mk. zuzüglich Abtrag- ... . gebühr. Einzelnummern 18 Pfg. Alle Postanstalten u. UMgegbNo Postbotenund unsere Aus träger und Geschäftsstellen —— > > - - '' ' nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äüraertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Goldpfenuig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- psennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgcbühr 20 Goldpfennig. 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Von einem politischen Mitarbeiter wird uns zum Abrüstungsproblem geschrieben: Nun soll das „Nein" doch ein „Ja" sein, jenes „Nein" nämlich, das der britische Außenminister ans- sprach, als er befragt wurde, ob der Stand der deut schen Entwaffnung ein befriedigender sei. Jetzt versichern nämlich amtliche Auslassungen und offiziöse Zeitungen in London, das wäre alles nicht so gemeint; Chamberlain habe nur Kleinigkeiten im Auge gehabt, während im großen und ganzen ein „Ja" als Antwort hätte erfolgen können. Also: im allgemeinen „Ja", im besonderen „Nein". In der großen Komödie, „Abrüstung" überschrieben ist dieser Vorgang nur ein kleines lustiges Intermezzo. Die deutsche Regierung sprach — durch die Zeitungen — ihr Erstaunen und ihr ernstes Befremden über diese englische Erklärung aus, und da wurde die Regie rung in London etwas bedenklich ob ihrer — Offenherzig keit, die in einem recht unglücklichen Augenblick zutage ge treten war. Außerdem hatte man deutscherseits verlangt, zu wissen, inwiefern und wieso denn dieses „Nein" be rechtigt sei. Die „Times" betonen jetzt in einem Leit artikel selbst, es handele sich nur um Kleinigkeiten — Wo- bei und wodurch übrigens gleichzeitig die in Deutschland viel verbreitete Meinung endgültig zerstört wird, die eng lische Regierung sei über das jüngste Vorgehen des Generals Walch nicht unterrichtet gewesen; denn die in der „Times" herangezogenen „Kleinigkeiten" decken sich inhaltlich mit den Forderungen jenes Vorsitzenden der Interalliierten Kontrollkommission. Man hat nämlich in London zuerst versucht, um diese Tatsache einen ziemlich dichten Nebel zu verbreiten, nicht ohne Erfolg. Aber jetzt ist — durch das unvorsichtige „Nein" — dieser Nebel zerstreut worden. Inzwischen ist ja auch ein anderes Kapitel der Av- rüftungsfrage sang- und klanglos zu Ende gegangen, die Arbeit des Unterausschusses nämlich, der seit langen Wochen in Genf die Abrüstungsfrage behandelte. Vor sichtigerweise war von vornherein betont worden, daß er nur zur Vorbereitung einer späteren offiziellen Bearbei tung dieser Frage eingesetzt sei — nun, wir haben ja er lebt, was dabei herauskam. Nichts, wenn nicht noch we niger, die Feststellung nämlich, daß sich auf diesem Wege Wohl überhaupt nie etwas wird erreichen lassen. Die Entente begnügt sich damit, ihr Kriegsziel — mili- tärische Ohnmacht der Mittelmächte — er reicht und verewigt zu haben. Alle deutschen Anträge werden abgelehnt; gleichzeitig wird erklärt, daß zu den Kriegsrüstungen die militärisch ausgebildeten Reservisten nicht gehören; aber in Deutschland wird das Vorhandensein angeblicher „Wehrverbände" als Verstoß gegen die Ver sailler Bestimmungen getadelt, also als heimliche Kriegs rüstung betrachtet. Nicht in Deutschland, Wohl aber in den Ententeländern wird das Vorhandensein einer Kriegsindustrie als unerheblich bezeichnet; uns aber wirft man immer noch vor, daß es bei uns Fabriken gäbe, die sich umgehend auf die Verfertigung von Kriegsmaterial umstellen könnten: das „beweise" ja die deutsche Lieferung von Torpedobootsdampfkesseln an irgendeinen südameri kanischen Staat. , Wir betrachten diese Dinge mit einem gewissen Gal tzenhumor, weil wir ja wissen, daß das alles Komödie- spielen ist, dieser Hinweis auf „vertragliche Bestimmun gen". Weil wir wissen, daß doch nur die brutale Macht es ist, die aus uns lastet. Und wenn in London plötzlich aus dem Nein ein Ja wird, wenn man z. B. auch die Ent scheidung jenes Ausschusses in Genf, der bei der letzten Völkerbundtagung die Frage nach der deutschen Abrüstung bejahte, hiernach wieder als „nicht entscheidend" bezeich nete, so paßt das alles recht gut zusammen. Die Inter alliierte Kontrollkommission wird schon dafür sorgen, daß „Kleinigkeiten" immer vorliegen, wird so lange dafür sorgen, bis auch die allgemeine AbrüAnstg einsetzt, also bis zum St- Nimmermehrstage! * Die -euischs Abrüstung. .Offiziöse Auslassungen. Nach einer Meldung des Londoner Havasvertreters Ist man in gut unterrichteten englischen Kreisen der Mei nung, daß die deutsche Regierung der Interalliierten Mili tärkontrollkommission über gewisse Punkte noch keine be friedigende Erklärung abgegeben habe, wenn auch die deutsche Abrüstung auf gutem Wege sei. Der Havasver- treter will wissen, daß die Beanstandungen sich insbeson dere auf folgende vier Punkte beziehen: 1. Aus die Effektivstärke der Polizei, die sich auf 150 900 Mann belaufe und die Deutschland gern erhöhen möchte. 2. Auf das Kriegsmaterial, soweit es die Einfuhr und Ausfuhr von Waffen und Munition betreffe. In diesen Punkten habe Deutschland sich noch nicht dem Standpunkte der Alliierten angeschloffen. 3. Auf die Rekrutierung. Die Alliierten wünschten mehr Garantien bezüglich der Bildung von Reserve- reaimentern. RWmWer Sr. Bell über dos besetzte Gebiet. Kritik und Forderungen. Der Reichsminister für die besetzten Gebiete äußerte sich einem Pressevertreter gegenüber über die aktuellen politischen Fragen seines Ministeriums ungefähr wie folgt: Im besetzten Gebiet sind heute gewisse Fortschritte er zielt. Namentlich ist in dieser Beziehung die restlose Be seitigung des Delegiertensystems hervorzuheben. Auch dis Zulassung des Rundfunks möchte ich nicht unerwähnt lassen. Schließlich ist auch das Reichskommissariat für die besetzten rheinischen Gebiete in Koblenz seit Dezember 1925 wieder in Tätigkeit. Ich will keinen Zweifel darüber lassen, daß ich, wie jeder Politiker der Verständigung, die baldige gänzliche Beseitigung der Besetzung als eine logische Folgerung der neuen Politik vertrete. In förmlicher Weise hat uns die Botschafterkonferenz im November 1925 eine wesentliche Herabsetzung der Be satzungsstärke auf annähernd die normalen Ziffern zu gesagt. Der Begriff der normalen Ziffern hat nur den Sinn, daß die deutsche Friedensorganisationsstärke in dem betreffenden Gebiet zugrunde gelegt wird, d. h. eine Stärke von höchstens 50000 Mann. Diese Auslegung hat die französische Regierung widerspruchslos hingenommen. Tatsächlich stehen aber im besetzten Gebiet heute noch rund 85 000 Mann. Die Handhabung der Militärjustiz hat sich in manchen Fällen gebessert. Die Einschränkungen der Ver sammlungsfreiheit, der Vereinsfreiheit und der Presse freiheit in den Ordonnanzen gehen viel zu weit und müssen wesentlich gemildert werden. Wiederholt habe ich den Geist der Verständigung angerusen. Dieser Geist muß aber auf beiden Seiten herrschen. Die tief bedauer lichen Ausschreitungen einiger Besatzungsangehöriger, zu mal in allerletzter Zeit, haben diesen Geist sehr vermissen lassen. Die Handhabung der Strafjustiz. Dann kam der Minister auf den Aufgabenkreis der Reichsjustizverwaltung zu sprechen, dessen eigentlich un politischen Charakter er nachdrücklich betonte. Die Hand habung der Strafjustiz und insbesondere dec politischen Prozesse bilde aber den Gegenstand leidenschaftlicher Er örterungen in den Parlamenten und in der breiten Öffentlichkeit, was für die Reichsjustizverwaltung ein Gegenstand ernster Sorge sei. Der Minister betonte, daß allgemeine Vorwürfe in dieser Beziehung nicht begründet seien. Es handele sich nur um einzelne richterliche Fehl urteile, und es wäre gegenüber der Gesamtheit des Richterstandes ein schweres Unrecht, wenn man diese Einzelerscheinungen verallgemeinern wollte. Selbstver ständlich habe der Richter den Staat anzuerkennen, wie er ist; aber ebensL selbstverständlich sei damit ein Gewissens zwang für den Richter nicht verbunden, er stehe vielmehr in seinem Amte unter dem Schutze der Verfassung, die die Unabhängigkeit dieses Amtes gewährleiste. An dieser Unabhängigkeit dürfe nicht gerüttelt werden. * Die plane der Regierung Pomme. Neue Steuern und Abgaben. Wie „Petit Parisicn" mittcilt, werden die ersten Pläne Poincarös u. a. die Umgestaltung der bestehenden Steuern und die Schaffung neuer Abgaben enthalten. Die Regierung glaubt, ihre Verabschiedung innerhalb zweier Wochen herbeiführen zu können, so daß etwa am 10. August das Parlament in die Ferien gehen könnte. „Petit Pari sicn" glaubt nicht, daß Poincars und seine Mitarbeiter von der Kammer Vollmachten verlangen werden, da sie angesichts der großen Mehrheit in der Kammer und der fast einmütigen Unterstützung durch den Senat sicher seien, ziemlich rasch die Verabschiedung der in Aussicht genom menen Pläne zu erreichen. Wie das „Journal" mitteilt, hat Poincars die Ab sicht, einen Gesetzentwurf einzubringen, durch den die Wahlperiode der beiden Parlamente um zwei Jahre ver längert wird. Diese Maßnahme soll den Zweck haben, während drei bis vier Jahren eine Zeit der inneren Ruhe für den finanziellen Wiederaufbau zu fchasfen. * Amerikanischer Reiseboykott gegen Frankreich? Obgleich Depeschen über zahlreiche Kundgebungen gegen Amerikaner in Paris berichten, haben sich die New- yorker Blätter auf kommentarlofc Wiedergabe der Tat sachen beschränkt. Jetzt hat indessen, der „Washington Post" zufolge, Senator Need erklärt, daß solche Ausschrei tungen gegen Amerikaner unberechtigt seien. Er habe hin- zugefügt, daß er einen Boykott Frankreichs durch Touristen Vorschlägen werde, wenn diese ame rikafeindlichen Kundgebungen andauern würden. Ein sechsmonatiger Boykott werde Frankreich beweisen, daß es unsinnig sei, solche Ausschreitungen gegen eine Nation zu Verüben, die nichts als Freundschaft und Wohlwollen für Frankreich empfinde. Senator Reed hat während des Krieges sechs Monate in Frankreich gedient und bei den Erörterungen über die Schuldenregeluug eine hervor ragende Rolle gespielt. Die amerikanische Botschaft und alle anderen Ge bäude der Vereinigten Staaten in Paris werden durch ein großes Aufgebot von Polizeimannschaften geschützt. Die kommunistische Presse hat zu Demonstrationen gegen die Amerikaner ansgefordert, weil die beiden Anarchisten Sacco und Vancetti wegen Mordes an einem Kassierer in Newhork hingerichtet werden. 4. Auf die Zusammensetzung des Generalstabes. Der Havasvertreter fügt hinzu, daß diefe Haupt fragen Gegenstand der Besprechungen zwischen der Inter alliierten Militärkontrollkommission und der deutschen Regierung sei. Man betont in London, daß die Verfeh lungen nicht schwerer Art seien und daß man hoffen könne, über kurz oder lang eine befriedigende Regelung zu erzielen. Von offiziöser deutscher Seite wird zu diesen Aus lassungen bemerkt: Die Auffassung, daß es sich in der Frage der deutschen Abrüstung jetzt lediglich noch um dis Abwicklung technisch-militärischer Angelegenheiten handle, entspricht auch der hiesigen Ansicht, über die wenigen noch nicht restlos erledigten Punkte der Entwaffnungs note der Botschafterkonferenz vom 4. Juni v. I. wird zur zeit sowohl in Paris als auch zwischen der I. M. K. K. und den in Frage kommenden deutschen Stellen ver handelt. Hierzu gehören auch die in der Havasmeldung angedeuteten Punkte, wobei zu bemerken ist, daß es sich auch hier nur noch um Erledigung einiger technischer Detailfragen handelt. Es besteht alle Aussicht, daß alle diese Fragen ohne größere Schwierigkeiten bereinigt wer den können. DeuiWanH brauchi Kolonien. Ein Vortrag des Neichsinnenministers Dr. Külz. Im Nahmen einer Vortragsreihe über koloniale Fragen sprach in der Berliner Universität vor Hunderter von Studenten R e i ch s i n n e n m i n i st e r D r. Külz über die „Kolonialfrage in Gegenwart und Zukunft". Der Minister führte etwa folgendes aus: Es gibt in der deutschen Geschichte drei Brennpunkte: das Jahr 1813, das den deutschen Vatcrlandsgedanken geschaffen hat, das Jahr 1870, das die staatenbildends Kraft dieses Gedankens mit der Einigung des Reiches bewies, und das Jahr 1918, das Deutschlands Welt stellung vernichtete. Wir stehen wieder am Anfang, aber der Vaterlandsgedanke ist uns geblieben. Unser ganzes Streben muß nun darauf gerichtet sein, unsere Weltgel tung wiederzuerlangen. Das Mittel zu neuem Aufstieg ist der Erwerb von Kolonien. Mehr denn je müssen wir den kolonialen Gedanken als einen Teil des deutschen Gedankens ausfassen und verfechten. Der Kolonialgedanke ist uns eine Frage des Rechts, eine Frage der nationalen Ehre und der wirtschaftlichen nnd politischen Selbstbestimmung des deutschen Volkes. Eine Frage des Rechts, weil die Wegnahme der Kolonien ein Rechtsbruch gegenüber den Zusicherungen der Wilson- Punkte war, eine Frage der nationalen Ehre, weil wir beweisen wollen, daß der Vorwurf der kolonialen Un fähigkeit Deutschlands eine Lüge ist (vor dem Kriege haben ja unsere späteren Gegner Deutschlands kolo niale Leistungen rühmend anerkannt), eine Frage der wirtschaftlichen und politischen Selbstbestimmung, denn Deutschland braucht die Kolonien zum Wiederaufbau und zur Bezahlung der Neparationsschulden. Deutschland muß wieder in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hin sicht ein gleichberechtigter Faktor in der Wsltentwicklung werden.. Es darf nicht sein, daß ein Volk, das der Well so viele kulturelle Großtaten geschenkt har, ausgeschlossen wird von der kolonialen Erschließung der Welt. Wir müssen uns kolonial betätigen, um unser Recht und unsere Achtung in der Welt wiederzuerlangen. „Deutsch lands Weltgeltung ist die Voraussetzung für Deutschlands Lebe n." Hochkonmnkiur im Auhlberghau. Folgen des englischen Streiks. Die Geschäftserfolge des Ruhrbergbaues im Zu sammenhang mit dem englischen BergarbciterauSstand machen weitere Fortschritte. Bsrgarbeilcreinstellnng.u und überschichten (Harpen) sind an der Tagesordnung. Seit Anfang Juni sind auf den Schacbtanlagen in Castrop nnd Rauxel insgesamt etwa 600 Bergleute c-ngcsteiU morden. Die Erwerbslosen?,ahl hat sich dadurch bei den