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MMufferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Vmtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Äüraertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgebühr 20 Goldpsennig. Bor geschriebene Trscheinungs- k-r- rage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr - " — - die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klageeingezogenwerdenmuh oderderAuflraggeberinKonkurs gerät. Anzeigennehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »M>. SW,«.': Wochenblatt sür Wilsdruff ». Umgegend «oiünaen Kalle böberer D-walt Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Liescrung d-r Z°tt7^ eingesandter Schriftstücke erfolg, nur, wenn Porw d-Uiegl. Nr.15S 85 rel,gr..Adr.: .rlmtshlmt- WilsdrAfs-DresdeA L°stl-dkck: Dresden 2640 Sonnabend den 10 Juli 1tz26 TensaSisnen. Auch der verwöhnteste Zeitungsleser kann sich heute nicht bekiagen. Es rst, als ob die Natur selber unablässig darauf bedacht Ware, Sensationen und immer wieder Sen sationen zu liefern, als ob sie es sich dabei in den Kosis gesetzt hätte, einen wahren Weltrekord an Abnor - z" schaffen, erfinderischer, als der kühnste Filmregipeur es zu sein vermöchte. Himmel und Hölle schienen in diesen Tagen ihrs unheimlichsten Kräfte ver- rmrgt zu haben, um die Menschen von heute wieder ein- nal daran zu mahnen, daß die Heimsuchungen von So- )om und Gomorra zwar der biblischen Geschichte ange hören, aber deswegen doch jederzeit in neuer Gestalt unter uns zu schreckenerregender Wirklichkeit wieder aufleben können. Katastrophen über Katastrophen, wohin man auch sah und hörte; sie folgten einander, aber sie glichen sich nicht. Hier ein Dutzend Frauen und Kinder, die, vor einem jäh ausgcbrochcnen Gewitter Schutz suchend, von einer ein stürzenden Mauer erschlagen werden. Dort jagen Wasser- massen zu Tal, die aller Aufnahmevorkehrungen spotten und in ihrem wilden Laus Brücken und Häuser und Men schen mit sich fortreißan. Wieder an anderer Stelle Ex plosionen in Bergwerken, Explosionen in Fabriken, und um ja auf Abwechslung bedacht zu fein, wird uns am Rhein die grausige Tragikomödie einer Wein seligkeit vorgeführt, wie inan sie in einem kultivierten Lande für ganz und gar unmöglich halten sollte. Daneben Hunderte von Unglücksfällen, von Verstrickungen in menschliche Schuld und Sühne kleineren Ausmaßes, die nachgerade Alltagscharaktcr anzunehmen drohen, ohne dadurch an Furchtbarkeit in Ursache und Wirkung auch nur das mindeste einzubüßen. * Auch starke Herzen beginnen zu wanken angesichts der schier erdrückenden Fülle dieses Elends. Dabei das immer stärker sich verankernde Bewußtsein, daß wir auf abseh bare Zeit außerstande sein werden, die hauptsächlichste Quelle des sozialen Unheils, das neben den zerstörenden Gewalten der Natur jetzt so schlimme Verwüstungen in unserer Mitte anrichtet, die Erwerbslosigkeit, zu verstopfen. Mehr und mehr werden wir darauf vor bereitet, daß der traurige Zustand der Verdienstlosigkeit für zwei Millionen Deutsche noch auf Jahre hinaus fort bestehen wird. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als ein Todesurteil für Tausende von Menschen, die arbeiten wollen und arbeiten können, für die aber die deutsche Wirtschaft in ihrer jämmerlichen Verkrüppelung durch den Versailler Vertrag und durch alle die unzähligen Kampf- und Konkurrcnzmaßnahmen, die durch ihn eingeleitet wurden, keine Verwendung mehr findet. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, daß mit jedem Tage heute neue Schichten des Mittelstandes in das Proletariat versinken und daß ebenso immer wieder Tau sende von fleißigen Arbeitern zum Feiern verurteilt wer den, weil die Betriebe, die ihnen so lange Brot und Nah rung gaben, sich nicht mehr halten können. Schon belauft sich die Jahressumme unserer Aufwen dungen für c re Erwerbslosen auf 1,2 Milliarden Mark. Wenn jetzt mit planmäßiger Arbeitsbeschaffung von Reichs und Staats wegen begonnen werden soll, so klingt das ja im ersten Augenblick ganz löblich. Ob hier aber wirklich für die Allgemeinheit nützliche Arbeit zu erwarten ist und ob wir lange genug in der Lage sein werden, die gewaltigen Summen, die dazu nötig sind, auch tatsächlich aufzubringen, ist eine Frage, die sich bald genug mit aller in den Vordergrund schieben wird. Die 90-Millionen-Anlcihe des neuen Stahltrusts im Ruhr gebiet ist zwar in fünf Minuten ge- oder sogar über zeichnet worden, was also die Annahme naheregen könnte, daß wir litt Golde schwimmen, wie man au der Börst gern ZU sagen pflegt. Aber wir haben nachgerade gelernt solchen Erscheinungen nur eme sehr begrenzte Beweiskraft b-izuleaen. Einem tragfahlgen Optimismus werden sie dann rur Stütze gereichen können, wenn der ollge - mein^ der deutschen Wirtschaft wstd-r als gesichert gelten kann, wenn auch der mittlere >md der und B°, Iri-dSnütt-l zur V-rsügung M« »rlrmmt. 1-,-m -i MN . als solide und vertrauenswürdig bekannt rst. Von mesem Zustand der Dinge, wie er vor dem Kriege zu den selbst- Verständlichkeiten unseres wirtschaftlichen Lebens geyorie, sind wir leider nur noch allzu weit entfernt. Es wird, auch ohne neue Wolkenbrüche, noch viel Wasser die deut schen Flüsse hinunterlaufcn, ehe wir wieder in diesem Sinne von ulis werden sagen können, daß wir im Gelbe schwimmen. * Gemütvolle Erdbebenforscher hüben uns, gestützt auf die letzten Erschütterungen so ziemlich in allen fünf Weltteilen, in Anssicht gestellt, daß dieErd - rinde sich in den nächsten Tagen etwas erheben werde, was Wohl nicht ganz ohne allerhand Unannehm- Uchkeiten für die geplagte Menschheit abgehen würde. Dan,, wären also die vielen Katastrophen, die in den N Wochen über uns hinweggegangcn sind, nur leichte , "^"^^itungen gewesen auf das eins große Ereignis, das ; noch bevorsteht. Seien wir also friedlich und geloben r Iw KiWs gegen die Ar-MWÄ. Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung Im Anschluß an das Arbeitsbeschaffungsprogramm, as der Reichsarbeitsminister im Auftrage des Reichs- abinetts im Reichstage entwickelt hat, haben zwischen den -eteiligten Ministerien Beratungen begonnen, die bis jetzt u folgendem Ergebnis geführt haben: Das Reich ist bereit, der Reichsbahngesell- ch ast ein Darlehen von 5V Millionen Mark zur Fertig- iellung begonnener Bahnbauten zu gewähren. Die Haupt- erwaltung der Reichsbahn hat sich bereit erklärt, außer en Aufträgen, die sie bereits herausgegeben hat, weitere lufträge im Gesamtbeträge von 100 Mik io n e n Mark zu vergeben, falls das Reich ihr dabei inanziell behilflich ist. Auch die Reichspost will ihr luftragsprogramm erweitern. Die Wasser st raßen- nuten, die bereits die Genehmigung des Reichstages rhalten haben, sollen beschleunigt zur Durchführung kom- nen; im übrigen ist die Reichsregierung entschlossen, neue Vasserstraßenbautcn in Angriff zu nehmen. Auch der Bau on Landarbeiterwohnungen soll verstärkt be- rieben werden; hierfür werden 30 Millionen Mark in iesem Jahre neu in den Haushaltsplan eingesetzt. Eine Aelebung der Bautätigkeit soll durch Erleichte- ung der Bedingungen sür den Reichskredit sür erste Hypo- heken erreicht werden. Die beschlossenen Maßnahmen haben die Zustimmung >es Reichsfinanzministers D r. Reinhold ge- unden. In einer Besprechung mit den Finanzministern >er Länder legte er die Hauptpunkte des vom Reichs- abinett beschlossenen Programms dar. Besonderen Nach- nuck legte er dabei ans eine wirtschaftliche Verwendung -er bercitznftellendcn Mittel und eine E n t l a st u n g d c s !l r b e i t s m a r k t e s in den besonders von Erwerbs- osigkeit heimgesuchten Gebieten. In gleicher Weise ließ ich auf der B u n d e s a u s s ch u ß s i tz u n g der F r e i e n slewerkschaften in Düsseldorf der Reichswirtschastsminister Dr. Curtius ibsr die Wirtschaftslage und über die im Kampf gegen ns Arbeitslosigkeit getroffenen und noch zu treffenden Naßnahmen aus. Die Notstandsarbeiten sollen wenig- tcns in dem Umfange gefördert werden, daß die seit ängerer Zeit erwerbslosen Personen abwechselnd ineZeitlangBeschäftigung finden. Um diesem ! Ziele näherzukommcn, will das Reich u. a. die Mittel für ne produktive Erwerbslosenfürsorge erhöhen, in der Er- vartung, daß die Länder die gleiche Anstrengung machen, diese neuen Mittel sollen in erster Linie zu Flußregulie- ungen, Meliorationen, Talsperren und Wasserkraftan- ageu verwandt werden. Auch der Straßenbau soll Be- ücksichtigung finden, besonders, wo es sich darum handelt, in umfassendes Äutoverkehrsstraßennetz zu schaffen. Der Ninister erwähnte schließlich noch einen Zwischewkredit wn 200 Milliouen Mark für den Kleinwoh- iungsbau und sprach die Hosfnung aus, daß der Bau- narkt durch diesen Kredit Anregung erfahren werde. Erhöhung der Kündigunasfrlsien für langjährige Angestellte. Berlin. Das Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten, das im Reichstag eine fast einstimmige An nahme fand, ist nunmehr auch vom Reichsrat gebilligt worden. Es findet auf Angestellte im Sinne des Versicherungsgesetzes für Angestellte ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Arbeitsver dienstes Anwendung, jedoch nur in Betrieben, die in der Regel mehr als zwei erwachsene Angestellte beschäftigen. Es setzt nach einer Bcschäftiguugsdancr von fünf Jahren im gleichen Betriebe eine Mindcstkündignngssrist von drei Monaten für den Schluß eines Kaicndervierteljahres fest. Die Kündigungs frist erhöht sich nach einer Beschäftigungsdauer von acht Jabren auf vier Monate, nach einer Befchästigungsdauer von zehn Fahren anf fünf Monate und nach einer Beschäftigungsdauer von Zwölf Jahren auf sechs Monate. Hierbei werden Dienstlahre vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht berück sichtigt, so daß das Gesetz praktisch nur für Angestellte von mindestens 30 Jahren in Anwendung tritt. Das Gesetz bat Rückwirkung vom 15. Mai 1926 ab. 6ochwaller, KM? unä HagrNcdlag. Schwerer Wolkenbruch zwischen Moritz burg und Coswig. Eöswig. Aw Freitag morgen in der fünften Stunde ist in her Gegend von Moritzburg und Coswig ein überaus schwerer Wolkenbruch niedergegangen, der namentlich in dem von Aus- flüglern viel besuchten Spitzgrund entsetzliche Verheerungen ver ursacht hat. Der den Grund durchfließende Vach wurde in kurzer Zeit zu einem gewaltigen Strom, der alles mit sich fortriß. Die beiden oberhalb der Spritzgrundmühle gelegenen Teiche brachen sich mit furchtbarer Gewalt Bahn und wühlten die Staatsstraße Moritzburg—Coswig bis zu vier Meter Tiefe aus. Dutzende entwurzelter Bäume liegen quer auf der völlig un passierbaren Straße. Der Bach suchte sich vor der Möhle ein zweites Bett und schoß quer durch bas Grundstück, wo erheblicher Gebäudeschaden angerichtet wurde. Oberau und Niederau stehen teilweise unter Wasser. Wetterkatastrophe bei Warzen. Wurzen. In der Nacht zum Freitag ist über bis Wur- zener Gegend erneut ein schweres Unwetter niedergegangsn, -as vor allem in den Dörfern westlich von Wurzen schwer gehaust hat. In Machern ging 10 Uhr abends ein furchtbarer Wolkenbruch nieder. Das ganze Dorf stand vollständig unter Wasser. West lich von Machern war durch die ungeheuren Wassermassen der Eisenbahndamm auf einer Strecke von 150 Metern ins Rutschen gekommen. Die gesamte Eisenbahnstrecke im Einschnitt bei Ma chern stand bis zu einem Meter unier Wasser. Bon abends 11 Uhr bis Freitag früh 8 Uhr war der gesamte Eisenbahnverkehr gesperrt, die Züge mußten über Grimma geleitet werden. Der schwere Wolkenbruch hat auch vor allem in den Dörfern Dögnitz- Püchau, Piagwitz und Lübschütz schwer gehaust und die dortigen Fluren und Felder stark verwüstet. Besonders Lübschütz hat eine Katastrophe erlebt, wie sie seit Jahrzehnten nicht vorgekommen ist. Der südliche Ortsteil bildet ein großes Trümmerfeld. Die Wasser massen überschwemmten in kurzer Zeit die Vüschützer Teiche und wir, wenn me Werter- uns Erovevenpropye-en dieses eine Mal doch Unrecht behalten sollten, uns dann wenigstens dankbar zu zeigen und die verbleibenden Lasten als das geringere Übel mit mehr Ergebenheit zu tragen, als wir jetzt dafür zumeist noch aufzubringen pflegen. Behält die alte Mutter Erde die Gestalt, die uns seit Jahrtausenden lieb und vertraut geworden ist, dann wollen auch wir unser angestammtes Wesen nicht ver ändern, sondern ntsahren, auf bessere Zeiten zu hoffen — wie wir es schon seit Jahren getan haben. von dort aus drang bas Wasser gegen den Teichdamm. Um 2 Uhr nachts konnte dieser nicht mehr widerstehen und wurde weggeschwemmt. Das Wasser hat sich einen Durchgang von un gefähr 10 Meter Breite geschaffen und stürzte ins Dorf. Das Anwesen des Mühlenbesitzers Fischer wurde zu erst ein Opfer des Wassers, zwei Wohngebäude und eine Scheune wurden vollständig vernichtet. Die Menschen konnten nur das nackte Leben retten, eine Frau mit Kind konnte nur dadurch gerettet werden, daß man vom Fenster des zweiten Stockes aus ein Brett nach einer am Hause stehenden Eiche legte. Auch das Vieh konnte in -er Hauptsache gerettet werden. Das Haus des Arbeiters Hennig wurde unter- schwemmt und stürzte -in sich zusammen. Menschenleben kamen auch hier nicht zu Schaden. In Plagwitz wurde beim Gutsbesitzer Broedel ein Scheunengiebel zum Einsturz gebracht. In Pücha-u und Dögnitz stehen eine große Anzahl Häuser unter Wasser. Die zum Nittergute Püchau gehörenden Waldungen sind meterhoch überschwemmt. -Sehr viel Kleinwild ist dadurch vernichtet wor den. Die Straßen sind überall unterspült und nicht passierbar. Auch mehrere Brücken sind eingestürzt. Erneutes Unwetter im Vogtlande. Plauen. Am Donnerstag ist das Vogtland abermals von schweren Gewittern, verbunden mit wolkenbruchartigen Regen- sällen und Hagelfchlag, heimgesucht worden. In Gutenfürst waren die niedergegangenen Wasser,massen noch beträchtlicher als am Tage vorher. Der Eisenbahnverkehr auf der Strecke Plauen— Hof muhte von 7 Uhr abends bis 2 Uhr nachts neuerdings unter brochen werden. Auch die Stadt Plauen, ferner die Gegend um Erlbach, Markneukirchen, Auerbach, Treuen und Falkenstein wurden schwer helingesucht. In Erlbach wurden in einem Zeit raum von 40 Minuten 38 Millimeter Niederschlag gemessen. I» Limbach und bei Hcrlasgrün waren die Überschwemmungen so groß, -ah die Motorlanbspritzen von Plauen, Treuen und Rei chenbach zu Hilfe gerufen werden muhten, die die ganzc^ Nacht hindurch arbeiteten. In Limbach schlug der Blitz in eine Scheune und äscherte sie vollständig ein. In Markneukirchen muhten zwei Häuser geräumt werden. Die Flüsse des Vogtlandes lind sämtlich über die User getreten. Die Elster hat unterhalb von Plauen bis Greiz das angrenzende Gelände iiberschwemmt, eben so die Göltzsch von Lengenfeld bis zu ihrem Einfluh in die Elster. Bei Delitzsch die Ernte vernichtet. über Delitzsch und Umgebung ging das dritte wolkcn- bruchartige Gewitter innerhalb vier Tagen nieder. Die tiefer gelegenen Straßenziige sowie sämtliche Keller stcvcn unter Wasser. In vielen Straßen stellt das Woller über