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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ^Wilsdruffer Tageblatt'« erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den gen». Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mb. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,39 Mb., bei Postbestellung 2 Mk. zuzüglich Abtrags . gebühr. Einzelnummern 15Pfg. Alle Postanstalten 2BochenbIkH süv u. Umgegend PostbotenunduntereAus- trager und Geschäftsstellen - — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Bor geschriebene Erscheinung- . tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wrlsdrmf Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm. 10 Uhr — - - ----- hie Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klageeingezogenwerden muß oderderAuftraggeberinKonkursgerät. Anzeigennchmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Weihen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 153 — 85 Jshxgaug Telkgr..«dr.: „Amtsblatt- W il*d ruff - D resd e« Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend den 3. Juli 1826 Gchicksalsgemeinschafi. Wir bekommen Leidensgefährten im Un- zlück. Treten unsere Flüsse, die größten wie die kleinsten, über ihre Ufer und zerstören in weiten Strecken Landes unermüdlicher Hände Fleiß, so hören wir bald auch von Überschwemmungen im Nahen und Fernen Orient, in Spanien und drüben in der Neuen Welt. Und beun ruhigen wir uns über die Nachrichten, daß in Süddeutsch land, in dem jetzt der Trikolore wieder verfallenen Elsaß die Erde zu beben anfängt, so dauert es nicht lange und der Draht meldet uns, daß die Inseln km Ägäischen Meer, daß ganze Provinzen des Indischen Kaiserreichs, daß die holländischen Inseln in Ostindien von gewal tigen Erschütterungen heimgesucht wurden. Also Gleichheit nicht nur vor dem Gesetz, das von sterblichen Menschen geformt wird; auch das Schicksal, das über uns waltet, macht keine Unterschiede zwischen diesen und jenen Völkern, zwischen reichen und armen, zwischen hochstehenden und niederen, in der Welt ge achteten und weniger geschätzten Gemeinschaften. Ein Trost vielleicht für diejenigen, die immer nur ihr eigenes Unglück empfinden, eine Warnung für die anderen, die sich erhaben dünken über gewöhnliches Menschenlos und sich in der Vorstellung sonnen, Lieblinge der Vor sehung zu sein. Ach nein, wenn sogar das stolze Frank reich sich jetzt in Krämpfen windet, wie wir sie, die Unter legenen des Weltkrieges, über uns ergehen lassen mußten, so sollte es eigentlich einer ernsteren Mahnung nicht mehr bedürfen, um jeden HochmutunterdenVölkern. auf welche Einbildung auch immer er sich gründen möge) mit Stumpf und Stiel auszurotten. Frankreich will es diesmal mit einem ganz starken Mann als Finanzminister versuchen, der die Republik vor Staatsbankerott und Währungsverfall bewahren soll. Doch Herr Eaillaux, berühmt als klarer Kopf und ent schlossener Charakter, tastet im Dunkel, welche Wege er beschreiten soll, und scheint der Furcht vor der Straße ebenso zu unterliegen wie irgendeiner seiner Vorgänger, den man zur Rettung des Staates berufen hatte. Und während wir wieder einmal vor schweren innerpolitischen Entscheidungen stehen, weil eine Einigung der Parteien über eine wichtige inner politische Frage nicht zu erzielen ist, drohen auch im englischen Parlament über dem endlos sich hin schleppenden Generalstreik der Bergleute alle Bande frommer Scheu sich zu lösen. Wenn im Unter haus, dieser vorbildlichsten Musteranstalt aller Volksver tretungen, es schon soweit gekommen ist, daß der Pre mierminister mit dürren Worten gemeiner Ge winnsucht auf Kosten des Landes beschuldigt, der Minister des Innern sogar in rüder Hausknechtsmanier mit Tätlichkeiten bedroht wird, dann brauchen wir uns über die vielen Ordnungsrufe, die Herr Löbe nachgerade fast in jeder Reichstagssitzung nach links oder nach rechts hin austeilen muß, wirklich nicht mehr son derlich aufzuregen. Nicht, daß überall nur mit Wasser gekocht wird, ist die Lehre, die sich aus einem solchen Rundblick ergibt, Wohl aber die Tatsache, daß auch andere Völker weit da von entfernt sind, sich eines geruhigen und gesicherten Da seins zu erfreuen, obwohl man es von ihnen ungleich eher erwarten dürste als von Deutschland. Es wird ihnen jetzt reichlich zu Gemüte geführt, wie sie mit uns ineiner Schicksalsgemeinschaft leben, ob sie wollen oder nicht. Wann werden sie reif genug sein, aus dieser von ihrem wie von unserem Willen ganz unabhängigen Ordnung der Dinge die richtigen Folgerungen zu ziehen? * Nicht nur in den p a r l a m e n t a r i s ch *-w^ckien^ dort, wo mehr oder weniger aus- ßm Ruder sind, hat man seine morgen, Fll V anien wie in der Türkei sind weit verbreitete Verschwörungen entdeckt worden: in beiden Ländern hat man eine große Anzahl der besten Männer hinter Schloß und Niegel gesetzt, ohne daß damit die Ge fahr für das am Ruder befindliche Regiment beseitigt wäre. Vielleicht hat das nette kleine Revolverattentat auf Mussolini seinen gleichgearteten Kollegen in Madrid und in Angora keine Ruhe gegönnt. Vielleicht ist aber ihre Uhr wirklich schon abgelaufen, da nun einmal unsere raschlebige Zeit nach steter Abwechselung lüstern ist, und natürlich je länger ein unumschränkter Wille die Ge walt ausschließlich nach seinem Sinn ausüben darf, desto mehr die Schattenseiten solcher Machtsülle hervortreten müssen. Immerhin hat Mussolini es, wie es scheint, noch erheblich leichter, seine Italiener glücklich zu machen, als der Spanier zu seiner Linken und der Türke zu seiner Rechten. Mit einem Federstrich hat er soeben den neun- stündigen Arbeitstag im ganzen Lande eknge- führt, während in England der Versuch, die Arbeitszeit der Bergleute von sieben auf acht Stunden zu erhöhen, der Wirtschaft des Königreiches schon die schwersten Wun den geschlagen hat, und ein Ende.der Kämpfe noch gar nicht abzusehen ist. Und während wir in Deutschland die größten Anstrengungen »lachen, um die Bautätigkeit mit Staatsmitteln wieder in Gang zu bringen, weiß Herr Mussolini ein einfacheres Mittel. Erverbietet zunächst aus die Dauer eines Fabres den Bau von Luxusgebäuden Das FWNWWsM zurWMll. ReichsregieruNg und Reichstag bleiben. "Eingreifen kes Reichspräsidenten. Hindenburgs Bries an den Kanzler. Die ungemein schwierige Lage, in der die deutsche Innenpolitik im Verlauf der Auseinandersetzungen über die Fürstenabfindung geraten war und die sich geradezri als ein Chaos darstellte, hat den Reichspräsidenten von Hindenburg im letzten Augenblick vor einer anscheinend drohenden Katastrophe veranlaßt, persönlich einzugreifen. Der Reichspräsident richtete Freitag früh an den Reichs kanzler das folgende Schreiben: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Ich höre, daß das Kabinett angesichts des zu er wartenden Scheiterns der Gesetzesvorlage über die ver mögensrechtliche Auseinandersetzung mit den Fürsten Häusern über die Frage der Auflösung des Reichstages und die des Rücktritts der Reichsregierung berät. Ich möchte Ihnen hierzu meine Auffassung dahin kundtnn, daß ich mich zu einer Auflösung des Reichs tages ausinnen- wie außenpolitischen Gründen zurzeit nicht entschließen könnte, und daß ich aus denselben Gründen auch einen Rücktritt der Reichsregierung für untunlich erachte. Ich bitte Sie, Herr Reichs kanzler, wie die anderen Herren der Reichsregierung, daher, von dem Gedanken einer Demission Abstand zu nehmen. Mit der Versicherung meiner vorzüglichen Hoch achtung bin ich Ihr sehr ergebener gez. v. Hindenbur g." * Die entscheidende Reichstagssitzung. o. Berlin, 2. Juli. In die Stille nach der wenigstens die Öffentlichkeit überraschenden Erklärung des Kanzlers im Reichstage, die Regierung ziehe das von ihr vorgelegte Kompromiß- gesetz zurück, sie selber bleibe aber auf dem Posten, tönte das von einem deutschnationalen Abgeordneten ins Haus geschleuderte Wort des Mephistopheles: „Ein großer Auf wand schmählich ist vertan!" Das Zitat liegt nahe, wenn man bedenkt, daß nunmehr alle Debatten, alle Kom promißvorschläge, alle Rechtsuntersuchungen, Volksbegeh ren, Volksentscheid und alles, was drum und dran hängt, mit einem Schlage in das Nichts gefegt sind. Der Kreis laus ist vollendet und man steht genau am Anfang. Eine Erledigung der Fürstenabfindungsfrage ist durch alle Bs- I mühungen nicht erreicht worden, und nichts von allem ist übriggeblieben als die Erkenntnis der Unzulänglichkeit. Wird nun der Kampf von vorne beginnen oder werden die Gegner auf einem für beide Teile aussichtsreicheren Boden Frieden schließen? Das ist die Frage der Zukunft. Im Reichstage war es schon vor den Erklärungen der beiden großen Flügelparteien durch den Mund des deutsch nationalen Führers Grafen Westarp und des sozial demokratischen Abgeordneten Wels bekannt, daß an eine Auslösung des Reichstages nicht zu denken sei, ebenso wenig an den Rücktritt der Regierung. Reichskanz ler Marx zog die Folgerung aus der ablehnenden Hal tung der beiden ausschlaggebenden. Parteien: der Kom promißvorschlag habe keine Aussicht auf Annahme, des halb zöge die Regierung ihn zurück. Dann aber wies er hin auf das Schreiben des Reichspräsidenten v. Hindenburg, der vor einer Kabinettskrise sowohl wie vor einer Reichstagsauflösung dringend warne. Also habe dis Regierung von beiden: abgesehen. Das war der.Höhepunkt des Tages. Was noch folgte, der Mißtrauensantrag Ler Kom munisten, ihr abgelehnter Wunsch aus sofortige Abstim mung, die zum Teil erregten, zum Teil drastischen gegen seitigen Liebenswürdigkeiten, konnte kaum noch fesseln. Die Herren Graf Westarp und Wels hatten vorher ein gutes Quantum an Apostrophierungen zu hören be kommen nnd mehrmals hatte der Präsident Ord nungsrufe verteilen müssen. Doch das war jetzt vergessen — in Eile wurde noch das Sperrgesetz für die Fürstenvermögen bis zum 31. Dezember 1926 in dritter Lesung angenommen, auf welche Verlängerung der Reichskanzler bekanntlich kein Gewicht mehr legt — dann begab man sich in die Wandelhalle, um die ereignisvollen Vorgänge weiter zu diskutieren, während einige besonders pflichteifrige Volksboten drinnen im diesmal sommer heißen Saal sich mit der Erledigung der weiteren noch in Ellenlänge vorliegenden Beratungsgegenstände ab mühten. (Der Sitzungsbericht befindet sich auf der 1. Seite der Beilage.) DeuWnattomles ZniiiatiöMeh zur Fürstenabfindung. Berlin. Die deutschnationale Reichstagsfraktion beabstch tigt zur Frage der Fürstenabfindung mit einem Jnitiativgeseh hcrvorzutreten, das im Herbst beraten werden könnte. Jr diesem Jnitiativgesetz will die deutschnationale Fraktion fol gende Punkte festhalten: 1. Es soll ein Reichssondergericht zm Regelung der Fürstenfragc eingesetzt werden, nach dem Vor schlag des Ncgierungscntwurfs mit vier Laienrichtern. 2. Di« Zuständigkeit des Reichssondergerichtes soll nach den Bestim mungcn des Regierungsentwurfcs geregelt werden. 3. Dai Reichssondcrgericht soll unstrittiges Privateigentum von un strittigem Staatseigentum trennen. 4. Der übrigbleibend« Nest kann nach billigem Ermessen verteilt werden, wobei du Notlage des Volkes und eine angemessene Lebenshaltung der Fürsten maßgebend sein sollen. 5. Die Aufwertungsfrage sok nach dem Aufwertungsgcfctz geregelt werden. . Sie aeuen AgrarMe. Annahme des Schwedenvertrages. Der deutsch-schwedische Handelsvertrag ist vom Han delspolitischen Ausschuß des Reichstages gegen die Stim men der Sozialdemokraten, Kommunisten und Völkische« angenommen worden. Für die wichtigste Streitfrage, di« Agrarzölle, wurde eine Einigung gemäß dem Antrag Lei Regierungsparteien erzielt, für die sich eine Mehrheit vor 10 Stimmen ergab. Sie gelten vom 1. August bis 31. De zember und betragen für Roggen, Weizen und Spelz 5 Mark, Futtergerste 2 Mark, Hafer 5 Mark, Mais und Dari 3,20 Mark, frisches Fleisch 21 Mark, i Schweinespeck 14 Mark, Schmalz und schmalzartige Fette 6 Mark. Zu den Jndustrieposttionen des deutsch-schwedische« Handelsvertrages wurden Anträge und Entschließung«:: angenommen, die F r a ch te r m ä ßi g u n ge n für Plaster steine und Holz fordern. Außerdem wird eine Verstän digung zwischen der deutschen und der schwedischen Plaster steinindustrie über die Absatzgebiete gewünscht sowie Ver Handlungen über die Wiederbelebung der Kleineisenindu strie. Zur Frage der Gefrierfleisch ein fuhr wurd en: sozialdemokratischer Antrag auf Erhöhung des Kon tmgents abgelehnt, nachdem ein Regierungsvertrerer ein Einfuhrmenge von 100 000 Tonnen zugesägt hatte. uns Bmen, aus vag o:e Bautätigkeit sich ausschließlich deu Volkswohnungen zuwende. Damit nicht genug, wird die Eröffnung neuer Cafös und Bars, neuer Gasthäuser und Konditoreien verboten, wird den Zeitungen unter sagt, in Stärke von mehr als höchstens sechs Seiten zu erscheinen und ihre Leser durch Sonderbeilagen zu er- sreuen. Der Duce predigt also Einschränkungen, Entbeh rungen auf den verschiedensten Gebieten, während er eigentlich nach seinen früheren Ankündigungen den Italie nern schon längst zum mindesten das kleine Para dies aus Erden schuldig geworden ist. Auch die Bäume des Faschismus können offenbar nicht ganz in den Himmel wachsen. Abermals ein kleiner Trost sür die jenigen Völker, bei denen mit anderen Methoden regiert wird. Dr. Sh. MedtlMieke und HyNMelenausVerluns Was die Mieter und was die Hausbesitzer sagen. Das bedeutsamste Ereignis der letzten Wochen ist die Her aufsetzung der Mieten auf den Friedensstand. Jeder Mensch ist entweder Mieter oder Hauswirt, es handelt sich also hie? um eine Angelegenheit des Geldbeutels, die alle betrifft. Del Hausbesitzerstand ist seit 12 Jahren übel daran, er hat bii vor ganz kurzer Zeit keine Rente auf sein Kapital gehabt, - aber er hat dafür das Kapital aus der Friedenszeit behalten Da der allgemeine Teuerungsindex 140 beträgt, kann man — so folgern die Hausbesitzer — nach den 12 schlechten Jahre« sogar 140 der Friedensmiete verlangen. Demgegenüber wenden die Mieter dreierlei ein: 1. Die Hausbesitzer haben ihi ganzes Kapital durch Krieg und Inflation hindurch erhalte« können und werden ihren Besitz auf Grund der 25 Ligeti Hypothekenauswertuug heute mit Gewinn gegenüber dem An- schaffungswert verkaufen können. 2. Die gesetzlichen Hypothckcn- zinscn sind bis 1932 ausgesprochen niedrig, die Hausbcsitzci arbeitet: seit Juli 1926 also mit größerem Nutzen als 1914, sü haben auch nur ein Viertel der Schulden der Vorkriegszeiten zu verzinsen. 3. Die Löhne und Gehälter steigen nickst alfl kann das deutsche Volk keine höheren Mieten vertragen, ägi mau nun unparteiisch die Argumente der Hauswirte uns bei Mieter gegeneinander ab, so muß mau sagen, daß bas wirt schaftliche Gleichgewicht jetzt hcrgestellt ist Eine größere Ver- zinsungssumme für Hypotheken können die Hauswarte mchi gut aus sich nehmen. Rach den 12 mageren Jahren must ,cim Zeit der Erholuna für Renovierungen der Häuser PaJ