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Wilsdruffer Tageblatt : 11.06.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192606110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19260611
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19260611
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-06
- Tag 1926-06-11
-
Monat
1926-06
-
Jahr
1926
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 11.06.1926
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Verhandlung mit den Vorgängen bei der Gründung und beim Zusammenbruch der Deutschen Handels- und Wirtschaftsbank, die als Tochtergesellschaft der ebenfalls zusammengebrochenen Deutschvölkischen Bank in der Inflationszeit entstanden war. Ungeklagt waren der frühere Staatsanwaltschaftsrat Geras, der Reichsbankrechnungsrat a. D- Naumann und ein Landwirt Richter. Das Gericht erkannte gegen Geras wegen Untreue und Betruges auf neun Monate Gefängnis und 300 Mark Geldstrafe. Die beiden anderen Angeklagten wurden zu Geld strafen verurteilt. Geras war vor Jahren amtierender Staats- rnwalt beim Berliner Landgericht III. ) Kommunisten vor Gericht. Vor dem Schwurgericht in Mannheim war die Verhandlung gegen zwei Kommunisten an- gesetzt, die bei den Krawallen im Oktober 1923 einen Ober wachtmeister gelötet und einen Wachtmeister schwer verletzt hatten. Es handelt sich um den 30jährigen Peter Blaeser aus Geinsheim-Hessen und den gleichaltrigen Rangierer Huber aus Bad Peterstal. Auf Antrag der Verteidigung wurden die beiden Verfahren getrennt; es wurde nur gegen Blaeser ver handelt. Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren Zuchthaus und zur Tragung der Kosten verurteilt. Der Rensch als RadiogerA. Von C. Jacob--Marge!! a. Die Rundfunkwellen, die im Äther hcrumschwirren, Haber uns gezeigt, daß geheimnisvolle Kräfte wirken, die uns erst die fortgeschrittene Technik enthüllt hat, und wir wissen heut« noch nicht, wie manches, was uns bisher rätselhaft erschien doch noch seine natürliche Erklärung finden wird. Die Wellen- theorie hat sich jedenfalls als die Grundlage für die Lösung vieler Lebensrätsel erwiesen. Licht- und Kraftwirkungen hän gen auf das engste zusammen. Uud möglicherweise mit diesen auch der menschliche Wille. Es kann als einwandfreie Tatsache betrachtet werden, daß der einzelne Mensch gewissen Wellenwirkungen unterworfen ist. Sein Willen ist nicht absolut, sondern wird mitbestimmt durch Einflüsse anderer. Man nennt das allgemein Suggestion. Die hypnotische Beeinflussung ist eine solche Suggestion. Ist nichts anderes als eine Wirkung von Wellen, die ein anderer mit solcher Energie ausstrahlt, daß der Getroffene unter Umständen vollkommen zum Sklaven des Willens anderer wird. Ist es da nicht naheliegend, daß der Mensch zur Aufnahme solcher Wellenwirkung in seinem Körper Organe hat, die die von anderer Seite kommende Energie so umformt, daß sie den Eigenwillen des Menschen in eine bestimmte Richtung zwingt? Und ist es nicht ebenso naheliegend, hier Vergleiche zu ziehen mit dem Detektor der Radioempfangsgeräte? Es ist dabei ganz gleichgültig, ob man an den einfachen Krift-rlldetcktor denkt oder an das wunderbare Instrument der Audionröhre. Durch beide werden hochfrequente Wellen durch Gleichrichtung aus unhörbaren Schwingungen in sinnlich vernehmbare umge- formt. Bei der Audionröhre weiß man, daß es die Elektronen sind, die unter dem Einfluß des elektrischen Stromes vom Gitter aus die Anode geschleudert und dabet sogeordnet werden, daßdievon ihnen aus der Antenne entnommene Energie, die aus dem Scndemikrophon stammt und durch geeiguete Einrichtungen aus unhörbaren Radiowellen durch dcu Äther geschleudert wurde — auf riesige Entfernungen —> wieder in Sprache und Musik umgesetzt wird. Daß der Mensch auf die Radtowellcn reagiert, läßt sich ziemlich einwandfrei durch eineu einfachen Versuch feststellen. Bekanntlich werden die Radiowcllen von der Empfangsan tenne dem Empfangsapparat zugeleitet. Schaltet man nun die Antenne einmal ganz ab und nimmt ein Stückchen Anten- nenlitzc, das durch einen sogenannten Bananenstecker mit der Antenneneingangsklemme des Radioapparates verbunden ist, in die Hand, so wird man bei entsprechender Regulierung der Abstimmung bemerken, daß die ankommenden Radiomellen ebenfalls ausgenommen werden. Nnd wan Wied dcwei be. merken, daß die aufgenommene Energie bei verschiedenen Per sonen verschieden stark ist. Das beweist, daß der Mensch tat sächlich die Nadiowellen mit seinem Körper aufuimmt und so mit als Antenne zu betrachten ist. Ein Wunder? Wie man es nimmt. An sich bedient man sich für die Antenne metallischer Leiter. Wenn also der Mensch in gleicher Weise wirkt, so müssen doch wohl in seinem Körper Organe vorhanden sein, die in gleicher Weise empfänglich sind. Sind es die Nerven oder das Blut oder die Körpcrfäste, wer mag es wißen? Die Tatsache, daß der menschliche Körper dar auf reagiert, läßt sich jedenfalls nicht wegleugncn. Denkt man darüber Weiler nach, so kommt man doch wohl auf die An nahme, daß auch die suggestiven Einwirkungen aus deu mensch lichen Körper durch Organe möglich sind, die ähnlich wie der Röhren- und Kristalldetektor die suggestiven Fernwcllen an derer zur Willensbeeinflussung umformcn. Diese Frage restlos zu lösen, sind wir heute noch nicht imstande. Lassen sich die Suggcstivwirkungen, die Gedankenübertragung jedoch anders erklären? Und gehen wir noch einen Schritt weiter. Bis nahe an das Gebiet des Okkultismus. Oder bis nahe an das Gebiet des Fatalismus. Man kann doch schließlich annehmen, daß das yrem wnoen nayen nach oem Deich plötzlich von den Kräften verlassen worden war. „Lebt Klementine?" schrie sie dem Reiter zu, und die llugen in dem verzerrten Gesicht traten fast aus ihren höhlen. „Sie lebt, Gott sei Dank I" antwortete der Vater vom bferd herunter. „Aber was ist dir?" Er machte Miene, inzuhalten. Da richtete sich jedoch die Gräfin mit einem gewaltsamen, lluck auf. Sie winkte heftig mit der Hand, daß er weiter- 'eiten möge — heim unter das warme Dach mit dem er- tarrten Kind. „Mir ist nichts," stieß sie hervor. „Reit' iur zu, reit' nur zu. Ich komm' schon nach!" Er verstand sie. Weich und innig lächelte er zu ihr lieder und sprengte davon. Sie folgte ihm unter leisem, glückseligem Weinen, um iekümmert um die Leute, die rechts und links standen und salb verlegen, halb gutmütig die schöne weinende Frau mstarrten. Wie hätte sie nicht Dankestränen weinen sollen I Sie mrfte wieder ihren Platz in der Welt einnehmen, weil ihr Und lebte. 2 Kapitel. Trotz dem fürchterlichen Bade, in dem die Kälte des Lobes schon von dem dunklen Teichgrunde emporgestiegen, am die kleine Komtesse mit zwei Tagen ganz leichten Fiebers wvon. Freilich war ihr das kalte Wasser seit langem ein freund, dem sie eine gründliche Abhärtung verdankte. Und mch sonst hatten Turn- und Hantelübungen den kleinen, plastischen Körper widerstandsfähig gemacht. Selbst der lusgestandene Schrecken ließ keine merkbare nachteilige spur in ihrem körperlichen und seelischen Befinden zurück. Nachdem sie sich in ihrem warmen Vettchen von ihrer krstarrung, in die schließlich der kleine Körper doch ver» Ästen war, erholt, hatte sie sofort um Verzeihung für !hren Ungehorsam gebeten. Die leidenschaftlichen Küsse von Later und Mutter, die ihr diese Verzeihung gewährten, Kahm sie mit einem weichen, dankbaren Lächeln hin, um Äst augenblicklich darauf fest einzuschlafen. Nach mehreren Stunden eines tiefen, nur dann und vann von einem leichten Seufzer durchzitterten Schlummers erwachte sie mit Hellen Augen und ließ sich die Erfrischungen die der inzwischen herbeigeholte Arzt gestattete, bestens merycyncye Leven an stcy sinnlos wäre, wenn es nicht von einer höheren Gewalt gelenkt würde, kann annehmen, daß alles im Leben Bestimumng ist. Tut man das aber, dann ist es nicht so unglaublich, daß das Geschick des Menschen die Sug gestivauswirkung einer höheren Macht ist, die wir nicht kennen. Und die Tatsache, daß die Schicksalskurve ganzer Gruppen von Menschen gleichartig verläuft und daß zwischen den Schicksalen verschiedener Menschengruppen stärkere oder schwächere Ab weichungen bestehen, könnte das nur bestätigen. Man müßte dann annehmen, daß durch den Weltenäther verschiedene Strah lungsgruppen gehen, auf die immer nur bestimmte Menschen gruppen reagieren, wie auch bei den fast unglaublich zahlreichen Radiostrahlungen, die heute schon den Äther durchschwirren, stets eine ganz bestimmte Abstimmung der Empfangsgeräte nötig und möglich ist, um sie aufzunchmeu. Die Beschäftigung mit diesem Problem ist natürlich nicht leicht. Aber es ist doch immerhin ganz interessant, sich gedank lich damit zu beschäftigen. Des Lebens Sinn und des Lebens Rätsel sind ja noch längst nicht geklärt. Auch die besten wissen schaftlichen Theorien bringen uns bisher noch nicht zur vollen Erkenntnis. Und es geschehen immer noch und vielleicht bis in alle Ewigkeit Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt. Spiel und Sport. Deutschland gewinnt auch die Revanche gegen Hetr- land! Am 9. Juni fand im Kölner Stadion das Revanche treffen zwischen der deutschen und der holländischen Rad ländermannschaft statt. Wie erwartet, siegten auch diesmal die Deutschen ganz überlegen, überraschend gut schnitr diesmal Oskar Rütt, der Sohn des Weltmeisters Walter Rütt, ab. . Verbandskampf Südost-—Nordostdeutschland. Am 27. Juni findet in Breslau der leichtathletische Verbandst- kämpf zwischen Südost- und Nordostdeutschland statt. Beide Verbände machen große Anstrengungen, den Kampf zu gewinnen. Für Nordost startet u. a. Dr. Peltzer-Stettin, für Südost u. a. Körnig-Breslau. Arbeiter und Angestellte. Berlin. (Besch ästig uugderErwerbslosen bei N o t st.a n d s a r b e i t e n.) über den Stand der Notstands- arbeitcn in Preußen wird aus dem preußischen Wohlfahtrs- ministerium mitgeteilt: Bei Notstandsarbeiten waren in Preußen Ende März 1926 zusammen 117 450 Hauptunter stützungsempfänger beschäftigt. Da die Gesamtzahl der Haupt- umerstützungsempfänger am 31. März 1926 rund 1,2 Millionen betrug, waren nach der genannten Ziffer zu diesem Zeitpunkt rund 10 der Erwerbslosen bei Notstandsarbeiten beschäftigt. Bei diesen Notstandsarbeiten werden voraussichtlich in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1926 insgesamt 12 700 000 Trwerbslosentagewerke geleistet werden. Kongresse und Versammlungen. Tagung des Deutschen Vereins der Gas- und Wasser fachmänner. In Danzig fand die 67. Jahresversammlung des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner statt. Es waren über 1000 Teilnehmer aus allen Teilen des Reiches erschienen. Im Namen des Senates der Freien Stadt Danzig begrüßte Senatsprästpent Dr. Sahm die Kongreßgäste. Die Kongreßvorträge beschäftigten sich im wesentlichen mit der Wirtschaftlichkeit der deutschen Gasindustrie gegenüber der i krisle unserer Heier 1 Eigentümliches Berhalten des Wohnungsamtes. Ich hatte mich uln eine Wohnung im städtischen Sechs- Familienhauss an der Bismarckstraße bewocken. Ich erhielt die Wohnung nicht, obwohl ich seit 3st» Jahren als Lehrer hier ange stellt bin und Frau und Kind habe. Sie wurde einem Lehrer zugewiesen, der reichlich ein Jahr hier tätig und ledi g ist. Mein soziales Empfinden zwang mich, beim Wohnungsamte anzu fragen, welche Gründe für meine Nichtberücksichtigung maß gebend gewesen seien. Darauf wurde mir zur Antwort, daß der Stadtrat Gründe nicht bekannt geben könne. Im selben Schreiben aber heißt es weiter: „Wir nahmen auch an, daß entsprechend dem früheren Briefwechsel mit Ihnen, Ihnen damit gedient wäre, eine billigere Wohnung zu erhalten. Au? diesem Grunde allein war in Aussicht genommen . - > I Daraufhin schrieb ich an das Wohnungsamt, daß ein Irrtum vorliegen müsse, ich habe in keinem Briefwechsel die finanzielle Frage auch nur erwähnt. Zugleich bat ich um Auskunft darüber wie der Wohnungsausschuß auf die eigenartige finanzielle Frage gekommen sei. Ich erhielt keine Antwort. Hch fragte ein zweites und drittes Mal höflichst an. Ohne Erfolg. Meines Erachtet ist es das gute Recht eines Bürgers,.über derartige 'Unklarheiten vom Stadtrat aufgeklärt zu werden. Eben als ich diese Zeilen in die Dfuckerei geben will, cn halte ich auf meine Eingaben hin vom Wohnungsamt ein kurzer Schreiben, daß der Wohnungsausschuß beschlossen habe, mest Angelegenheit auf sich beruhen zu lasten. A. Ranft, Lehrer. II Dermrschies. Die bayerische Königstragödie. Vor vierzig Jahren, nm 13. Juni 1886, suchte uud sand Ludwig II. von Bayern in den Fluten des Starnberger Sees den Tod, mit UM der Psychiater Obermedizinalrat von Gudden, der den Auftrag erhalten hatte, den kranken Monarchen zu be- i obachten und nicht aus den Augen zu lassen. Ludwig hatte sich schon lange vor seinem tragischen Ende von der ganzen Welt isoliert und auch alles, was an Politik ge mahnte, weit von sich gewiesen. Zu beschäftigen schienen ihn nur «och seine großartigen Bauten in den bayerischen Bergen. Am 7. Juni 1886 gaben Gudden und drei weitere eidlich vernommene Irrenärzte das Gutachten ab: der Kö nig sei in sehr weit vorgeschrittenem Grade seelengestört und leide schon seit vielen Jahren an Paranoia (Verrückt heit); dadurch sei er dauernd an der Ausübung der Re gierung verhindert. Darauf übernahm am 10. Juni Prinz Luitpold die Regentschaft. Der kranke König sollte i» Schloß Berg am Starnberger See interniert werden. M! 12. Juni erfolgte die Abreise; der König, der wiederholt von Selbstmordversuchen zurückgehalten worden warst wurde von Gudden und von dessen Assistenzarzt und meh reren Pflegern begleitet. Am nächsten Tage, dem Pfingst sonntag, spielte sich dann die Tragödie ab. Die Leiche des Königs wurde iu der Michaelskirche in München beigesetzt „ Minister Goethe. Am 11. Juni waren 150 Iahst verflossen, seit der Herzog Karl August von Weimar dic Urkunde unterzeichnete, die den Rechtsanwalt Dr. Johan» Wolfgang Goethe aus Frankfurt a. M., der damals als Dichter des „Götz von Berlichingen" und des „Werther' schon einiges Ansehen genoß, zum Minister ernannte. Ma» wird allerdings in der Ernennungsurkunde das Wort f,Minister" vergeblich suchen. Der offizielle Titel lautetet »„Geheimer Legationsrat mit Sitz und Stimme im Gek Heimen Conseil". Das Geheime Conseil war jedoch ü» wesentlichen dasselbe wie ein Ministerrat heutiger Zeiß Sehr angenehm hat das Weimar von damals die Bei rufung Goethes aus den Ministersessel nicht empfunden-. er war ja kein „Zünftiger" und nicht einmal ein „Hiesigen und man betrachtete seine Ernennung als eine höchst übü flüssige Fürstenlaune und bemühte sich redlich, den Dichst von seinem Platze wieder wegzuekeln. Zeitgenossen bc haupten, daß Goethe ein idealer Minister gewesen sei: el war kein Bureaumensch und regierte nicht nach Para graphen, sondern faßte die Amtsgeschäfte ein bißchen hohen Olymp herab auf; dabei war er aber ein von großer Umsicht war. 56 Jahre lang war er Ministet, davon aber nur die ersten zehn Jahre aktiv. —' George Sand. (Zum 50. Todestage.) Deri. Juni dieses Jahres ist der fünfzigste Todestag der einst viel gefeierten und auch in Deutschland viel gelesenen sram i zösischen Romanschriftstellerin George Sand, mit dein/ eigentlichen Namen Aurore Dupin, verehelichte Dudevantl Ihr Leben war reich an sensationellen Liebesabenteuern! Unter den Berühmtheiten, die sich um die Gunst der DichG terin bewarben, sind besonders der Dichter Alfred dH Müsset und der Komponist Chopin zu nennen. Begabt wie noch selten eine ihres Geschlechts, hat die Sand zahl reiche Roman geschrieben, die Bewunderung verdientes und fanden („Indiana", „Lelia", „Consuelo" usw.). Liebe in und außer der Ehe, Politik, Volkswirtschaft, Religion — alles zog sie in den Kreis ihrer Dichtung. Zu Napo-i leon III., der in feinen Frühjahren einen Briefwechsel mit? ihr angeknüpft hatte, stand sie während der ganzen Dauer keiner Regierung in nicht ganz geklärten Beziehungen. schmecken. Dann verlangte sie nach oem SchulmeyreryemL dem sie für seine tapfere Hilfeleistung danken wollte. Heinz war gerade kurz zuvor im Schlosse erschienen, an der Hand des Grafen selbst, der ihn aus der Schule abgeholt hatte. Er wollte ihn zu seiner Frau bringen, die infolge der heftigen Gemütsbewegungen sehr erschöpft war und nicht zu dem kleinen Helden gehen konnte, um ihn umarmen. > Dem Jungen waren die Schloßräume nicht fremd. Seit Jahren schon war er an hohen Festtagen bald mit dem Vater, bald mit der Mutter die breiten, teppichbelegten Stufen hinangestiegen in die schönen Zimmer, wo er dem gräflichen Paar seinen kindlichen Glückwunsch ausgesprochen oder für ein Geschenk seinen kindlichen Dank abgestattet hatte. Heute schritt er zum erstenmal ohne Vater und Mutter durch das wappengeschmückte Portal, aber dafür legte plötzlich der Gras den Arm um seinen Nacken und sprang, die schmächtige Iungengestalt halb tragend, lachenden Mundes mit ihm die Treppen hinan. Gleich darauf hielt ihn die schöne Gräfin in den Armen und küßte ihn, wieder und wieder. Heinz empfand dis Süßigkeit der schönen Lippen nicht, er mußte nur denken, daß derselbe zarte Wohlgeruch, der der Gräfin ent« schwebte, ihn schon heute mittag berührt hatte, als er dies kleine Komtesse über Wasser gehalten. Da war es «ich? zum wenigsten dieser unbekannte Dvft gewesen, der ihn die furchtbare Gefahr vergessen und an das Erleben eines seltsam schönen, abenteuerlichen Märchens denken ließ. Und dieser zarte Wohlgeruch war es seltsamerweise auch, der jetzt seine Schüchternheit einlullte und ihn leicht und frei auftreten ließ, so daß er in seinem hübschen Eonntagsanzug, in den ihn die Mutter in Voraussicht des Kommenden gesteckt hatte, durchaus nicht den Eindruck eines Dorfjungen in den vornehmen Räumen machte. Mit ein paar Worten, die einen günstigen Rückschluß auf seine Erziehung gestatteten, trat er an das von einer Ampel rosig überhauchte Bett der kleinen Komtesse. Sie saß aufrecht in den Kissen und sah ihm mit Hellen Augen entgegen. Sie schüttelte seine Hände, die ihr das Leben gerettet, und dankte ihm für seine Unerschrockenheit. Und plötzlich richtete sie sich auf und küßte ihn. Der Graf und die Gräfin lachten herzlich über ihr resolutes Töchterchen, und die Kinder stimmten in das Lacken ein. Das Lacken ist eben eine Brücke über mancken mvgruno, und so beugten das Grafenkind und der Dost' schulmeistersohn sehr bald ihre Köpfe über dieselben Spiel fachen und Bilderbücher. Und ihre innige Gemeinsamkeit machte den Eindruck, als stamme sie nicht erst von heull- sondern bestehe in ihrer fröhlichen Unbefangenheit scho» seit langem. Heinz weigerte sich durchaus, einen Herzenswunsch nennen, den ihm der Graf erfüllen wollte. Mit cst lehnendem Kopfschütteln wiederholte er — wenn auch nst etwas ungeschickteren Worten — immer wieder das, wst ihm seine Mutter, bevor er das Schulhaus verließ, lest eingeschärft hatte, und was ihm nun selbst als das Rechst in unbewußtem Stolz die kleine Brust schwellte: daß in»'' sich für eine gute Tat nicht belohnen lassen dürfe. Man drang schließlich nicht weiter in ihn, weil m^, sich sagte, daß man schon selbst ein passendes Gesche^ ausfindig machen werde. Aber die Einladung o^' energischen und selbstständigen kleinen Komtesse zu eilst Schlittenfahrt in den nächsten Tagen nahm Heinz ist aufleuchtenden Augen an. Sie wollten an dem „bösen Teich" vorüberfahr^ hinein in den schneeglitzernden Wald bis zum Forsthalst wo die gute Mama vorher Kaffee und Kuchen bestell' sollte. Und bei der Rückkehr am dunklen Abend sollst Fackeln rechts und links am Schlitten befestigt werkst um mit ihrem lustig lodernden Schein den Heimweg erleuchten. . Die Kinder vertieften sich bei der Ausmalung bist) Schlittenfahrt in alles mögliche und unmögliche, das st dabei ereignen konnte. Namentlich der durch das Fach) licht geheimnisvoll erleuchtete nächtliche Wald, dessen frischweg mit den Bären und Wölfen vergangener Zech, bevölkert wurden, bot ihrer lebhaften Kinderphantasie st, breitesten Spielraum. Hui, wie der Kutscher auf die Pststd einhauen sollte, wenn aus dem Walde ein ungcayOch Schrecknis Hervorbrechen würdeI Selbstverständlich st',„ Lie schauerliche Gefahr aber immer hinter dem Schluß könnte ihn nicht erreichen — und endlich gelangten schäumenden Rappen wohlbehalten mit dem Geführt dem Parkgitter an, und alles war gut und schönst Die Eltern der kleinen Komtesse saßen seitwärts ' - hörten mit dem stillen gütigen Lächeln wahrhaft vorneY ' Menschen dem kindlichen Geplauder zu. tFortsetzung folgt.)
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