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MMufferTageblatt Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Raffe« für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: dic8gespalLcncNaumzeNe2üGoldpsemue, die 4 gespalten» ^cUc deramllicher,Deka» r^ma^ui'.pen 4VGo!d- pfennig, die 3 gespaltene Revlame,eile lw textlichen Teile !V0 Gvldpfcnuitz. ^cchweisungsget ühr 20 Goldpsenulg. Bor- ltejchriebeneErscheinnnLS- »«9c und Platzvorsckriftev werden nach WSglichkcit »VevN ivkeMek: AUlt LL>ltSdr'Uss Nt. v d-rüchsichtigl. Anzeigen» annahmedisvorm.10Uhr — - — Jrir die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir Kerne Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezozen werben muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. 2!nz ei gen nehmen alle Bcrm'rttungsftrNen entgegen. 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März 1826 Gescheitert! über den Abbruch der Genfer Verhandlungen ohne greifbares Resultat wird uns aus unterrichteten Kreisen geschrieben: An der letzten Klippe ist das Schiff in Genf gescheitert: Brasilien hat an seiner Erklärung festgehalten, als nichtständiges Mitglied des Völkerbundrates gegendie, Zulassung Deutschlands zum Völkerbundrat zu. stimmen, weil es selbst einen ständigen Sitz nicht erhalten' soll. Der Druck der Mächte, selbst das Zureden eines anderen südamerikanischen Staates haben eine Änderung der brasilianischen Stellungnahme nicht herbeiführen kön nen und das Resultat von Genf ist ein Trümmerhaufen. Dienstag abend waren die am Nheinpakt beteiligten Machte nochmals zusammengetreten, um den Schlußstrich unter das Mühen der anderthalb Wochen zu ziehen. In der offiziellen Erklärung stellten sie fest, daß man im Be griffe war, zu einer Übereinstimmung zu gelangen, daß man die Hindernisse überwunden glaubte. Bedauerlicher weise habe man infolge der letzten Schwierigkeit das Ziel nun doch nicht erreichen können. Nicht aber werde dadurch das Friedenswerk berührt, „welches sie in Locarno verwirklichten und welches in seinem ganzen Werte und in , seiner ganzen jtraft bestehen bleibt". Man werde es auf- I rechterhalten und fortentwickeln und bei der nächsten Bundesversammlung hoffe man die gegenwärtigen Schwierigkeiten ganz zu überwinden. Also: Vertagung, Vertagung des Ein- tritts Deutschlands in den Völkerbund. Vertagung aber auch des juristischen Inkrafttretens aller Verträge, die man als das Werk von Locarno bezeichnet. Vertagung damit auch jeder Möglichkeit für Deutschland, im Völkerbund für die auslandsdeutschen Minderheiten etwas zu tun. Und diese Vertagung wird auch für die innerdeutsche Politik von vorläufig noch nicht übersehbaren Folgen sein, sicherlich aber zu heftigen Aus einandersetzungen führen, Auseinandersetzungen, die übrigens auch England und anderen Ländern nicht erspart bleiben werden. Dort wird mau sagen, die Ein- sochheit der Situation sei erst durch die heimlichen Versprechungen eines Briand und Chamberlain getrübt nnd in die Gefahrenzone hineingeführt worden. In , Deutschland wird man fragen, ob diese ganze A^Situation, die schon vor per Abreise nach Gens unklar geworden war, nicht erst vor dieser Reise hätte völlig klar sein müssen, um unserer Delegation zu erspare», daß sie nun anderthalb Wochen vergeblich vor der Tür des Pölkervundsaales gestanden hat. Reichskanzler Dr. Luther hat in seiner bekannten Hamburger Rede von einem anderen Geiste gesprochen, der jetzt im Völkerbünde obwalten würde. Seine Hoff nungen sind nicht erfüllt worden — nicht bloß deswegen, weil Brasilien das Versprechen vom September 1024 nicht eingehakten hat. Hoffentlich wird er nun nicht auch darin enttäuscht, daß die feierliche Erklärung der Locarnomächte jetzt in Genf auch nicht innegehalten wird. Der Eintritt der uns in Locarno versprochenen Rückwirkungen sollte ja eine notwendige Folge unseres Einzugs in den Völlerbundsaal sein; immer wieder hatte man uns bis dahin vertröstet. Nun müssen sic erfolgen, wenn jene Er klärung nicht leerer Phrasenschwall ist. Da in der Vollversammlung des Völkerbundes am Mittwoch Brasilien seinen Anspruch auf Znerteilung eines ständigen Natsitzes aufrechterhielt und von der Er füllung dieses Anspruches seine Zustimmung zum deut schen Eintritt abhängig machte, blieb Chamberlain nichts anderes übrig, als Vertagung zu beantragen, die nur eine Hinausschiebung des auch von ihm für unbedingt notwendiggehaltencn Eintritts Deutschlands bedeuten soll. Man zerbricht sich indessen den Kopf, ob hinter den augeb- ^runden Brasiliens nicht ganz andere Beweggründe N j munkelt von gewissen italienischen Jn- ^^en. du mmer starrer auf einen antideutschen Block d" "Kwmen Entente hlnarbeitet. Man munkelt da von, daß auch gewisse Kreise in Paris mit der Lösuna dieBriand vorschlug, nicht zufrieden gewesenseien, weil nur ein Austawch von Polen für die Tschechoslowakei statt- findcn sollte, dabel aber eine Stärkung des französischen Einflusses m irgendwie erheblichem Maße nicht herans gekommen wäre. Man munkelt — doch weiß man nichts Genaues, hält beides aber nicht für unmöglich. Doch zwei Lehren wird Deutschland aus dem Ge schehen der anderthalb Wochen zu ziehen haben: Wenn wieder die Frage des deutschen Eintritts in den Völker bund auf die Tagesordnung von Genf kommt, dann wer den wir nicht wieder in hosfnungsfrohcm Optimismus i hinfahren, sondern vorher die Entscheidung herbei- sühren. Und das zweite ist, daß in Genf nicht Jdealis- >nils, nicht der Geist einer wirklichen Völkergemeinschaft herrscht, sondern auch nur harter, gieriger Völker- Egoismus.- Rücktritt des tschechischen Kabinetts. . Prag, 18. März. Nachdem gestern nachmittag der Arbeits amster dem Ministerpräsidenten Svehla sein Portefeuille zur Verfügung gestellt hatte, beschloß am Aber- ein Ministerrat, unter Mehlas Vorsitz, dem Präsidenten der Republik die Demission Eefomtkabmctts anzubieten. Das Genfer Fiasko. Brasiliens Veto. Die Vollversammlung, die der Völkerbund am Mitt- ivoch abhielt, brachte den Schluß seiner völlig ergebnis los verlaufenen diesjährigen Frühjahrstagung. Schon seit den frühen Morgenstunden herrschte in Genf Span nung und Erregung, die noch durch das mehrmalige Ver schieben der Sitzungen gesteigert wurden. Die Versamm lung wurde dann endlich um 10,30 Uhr vom Präsidenten Costa eröffnet. Nach kurzen Formalitäten bestieg sofort ver Vertreter Brasiliens, Mello Franco, die Rednertri büne. Er sah sehr erregt aus un.d verlas heftig gestikulierend eine Erklärung seiner Regierung, die darin zipfelte, daß Brasilien sein Veto gegen die Auf- aahme Deutschlands in den Völkerbundrat für un- widerruflich erklärt. Mello Franco versuchte das Veto zu begründen; et wies auf die Bedeutung Amerikas in der Welt und dir Bedeutung Brasiliens in Amerika hin. Deshalb gebühre Brasilien unbedingt ein ständiger Platz im Nate. Er be rief sich aus die bedingungslose Zustimmung seiner Re gierung zum Beitritt Deutschlands in Bund und Rat, was beides in der Hauptsache vom Völkerbund nnd nicht von einzelnen Regierungen abhingc. Brasilien stelle, bei aller Hochschätzung des Werkes von Locarno, den Völker bund noch höher und beharre daher bei seine» Haltung. Unter eisigem Schweigen der Versammlung verließ er die Tribüne. Chamberlains bittere Enttäuschungen. Auf die gestenreiche Ausführung des Vertreters Bra siliens folgte eine in der Form zurückhaltende, aber von sichtbarer innerer Bewegung getragene Erklärung Chamberlains, die dieser nicht vom Manuskript abliest, sondern offenbar improvisiert. Der englisch« Außenminister stellt fest, daß der Aufnahmeaus- schuß auf alle Fragen über den deutsche» Aufnahme»»- trag bejahende Antworten abgegeben und die Annaym« des deutschen Aufnahmeantrages einstimmig emp fohlen hat. Deutschland habe von Anfang an em« natürliche und vernünftige Bedingung an seinen Eintritt geknüpft, die Erlangung eines ständigen Ratsitzes, der ihm mit Rücksicht auf seine große Bedeutung in der Welt uw bedingt zukomme. Er, Chamberlain, empfinde es al- Pflicht der Loyalität gegenüber Deutschland, zu erklären vaß die bedauerlichen Mißvcrständnisse und Schwierigkeiten, die sich seit dem Eintreffen beidei Teile m Genf auf beiden Seiten gezeigt hätten, durch das Zusammenwirken aller Beteiligten aus dem Wcgb ge räumt worden seien. Hier wurde Chamberlain von lebhaftem Bei- fall unterbrochen, der sich zu einem Sturm steigerte als er den Edelmut von zwei Ratmitgliedcrn, Schweder und die Tschechoslowakei, pries, die durch ihr Opfer du Beseitigung aller Schwierigkeiten ermöglicht und ein« Katastrophe abgewendet Hütten, „die uns alle betraf". Ei spreche für England und sämtliche Dominions, wenn ei mit Befriedigung feststellc, daß das Werk von Locarns dadurch gerettet worden sei und die Gefahr vermiede» wurde, daß Europa von neuem in zwei Lager gefpaltev wird. Nicht nur als Berichterstatter der Kommission, sondern im Namen Großbritanniens müsse er aber zu gleich seine bittere Enttäuschung aussprechen, daß trotz dieser erzielten Übereinstimmung aus den Gründen, die in der Versammlung soeben verlesen wurden, die Auf nahme Deutschlands jetzt nicht vollzogen werden könne. Er schloß mit dem Ausdruck der festen Überzeugung, daß die Vertagung zur Sicherstellung des deutschen Eintritts in den Völkerbund bei der nächsten Session dienen werde. Die Erklärungen Chamberlains machten sichtlich tiefen Eindruck auf die Versammlung, die seine Ausführungen mit lebhaftem Beifall unterstrich. Briand, Dandurand (Kanada) und andere Delegierte lauschten mit Chamber- lain einen Händedruck. Eine Geste Briands. Nach der Übersetzung der Erklärungen Chamberlains bestieg Briand, von starkem Beifall der Versammlung begrüßt, die Rednertribüne und erklärte zunächst, daß ei sich den Ausführungen des englischen Außenministers durchaus anschließe, und sprach seinerseits den beiden Natstaaten Schweden und Tschechoslowakei den Dank für ihre großmütige Haltung aus. Briand warnt vor einer öffentlichen Herabminderung des Völkerbundes, wie er sie an sich als natürliche Folge dieser schmerzlichen Ereignisse voraussehen müsse. Es handle sich eher um eine Ent wicklungskrankheit, die dazu anreizen müsse, die Reform- arbett am Bunde energisch aufzunehmen. Mit großer Bewegung erklärt der französische Pre- -niermimster weiter: „Ich empfinde es in meiner Eigen- chaft als Vertreter Frankreichs inr höchsten Maße als ein« GraufamretidesSchicksals, daß die Zusammen arbeit mit Deutschland, auf die mehr als irgendein anderer ich mich gefreut habe, mir heute noch versagt ist. Aber wir sind alle, und zwar auf Initiative der deutschen Delegier- tcn (starker Beifalls dahin übcreingekommen, daß der ehrliche und aufrichtige Friedenspakt, den wir in Locarno geschlossen haben, darvMcr nicht leiden darf. Briand fordert zur Reformierung und Veränderung des Völkerbundes auf uud preist daun die innere Heiter keit und den Herzensadel der deutschen Dele gation, die dazu geführt haben, daß das Werk von Locarno in dieser Krise intakt und unantastbar erhalten blieb. Die Anspielung auf das Verhalten der deutschen Delegierten wird von der Versammlung mit stürmischem Beifall entgcgeugenommen, der sich noch steigert, als Briand mit der Erklärung schließt, eure Geste des Völker bundes gegenüber Deutschland sei unerläßlich; sie müsse gewissermaßen eine moralische, vorausgreifende Aufnahme Deutschlands in das Werk des Völkerbundes darstellen. Er verliest dann unter lebhaftestem Beifall folgende Er klärung: „Die Versammlung bedauert, daß die bis jetzt ausgetauchten Schwierigkeiten es nicht ermöglichten, das Ziel zu erreichen, für welches Deutschland nach Genf eingeladcn worden war. Die Versammlung drückt den Wunsch aus, daß diese Schwierigkeiten bis zur ordentlichen Scptembersession der Völkerbundver sammlung überwunden sein werden, damit dann zu diesem Zeitpunkt die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund vollzogen werden kann." Kurrögebungen des Bedauerns. Nach Briand sprachen zahlreiche andere Völkerbund- delegisrte ihr Bedauern über die Entwicklung der Dinge in Genf aus. Der Vertreter Japans erhob den von der deut schen Delegation zur Debatte gestellten Vorschlag auf Schaf fung einer besonderen Studienkommission, die eine Reform des Völkerbundrates bis zur nächsten Tagung beraten soll, zum Antrag. Der Vertreter Schwedens sprach seine tiefe Enttäuschung über das Scheitern dieser so wichtigen Verhandlungen in Genf aus. Der Vertreter der Schweiz, Bundesrat Motta, erklärte, daß es eine lebenswichtige Auf gabe des Völkerbundes sein würde, die Ausnahme Deutsch lands bis zur Scptembertagung sicherzustellen, da sonst ein Zusammenbruch des Völkerbundes unter dem Wut schrei der Völker ersolgen werde. Der Vertreter Hol lands gab seiner Befürchtung Ausdruck, daß die Folge des Scheiterns der Aufnahme Deutschlands ein Prestigeverlust des Völkerbundes sein werde. Nansen vertrat die Meinung, daß für vas Scheitern der letzten Verhandlungen nicht der Völkerbund zu tadeln sei, da sein Apparat gar nicht in Be wegung gesetzt worden sei. Der chinesische Delegierte sprach die Zustimmung Chinas zu der Einsetzung einer Studien- kommissiou aus, während der Vertreter Rumäniens die Be reitschaft seines Landes zur Unterstützung aller Arbeiten be tonte, die der Lösung der Krise dienen sollen. Auch der Ver treter Dänemarks stimmte für die Einsetzung einer Studien kommission. Der Beriagungsbeschluß. Der Präsident der Völkerbundversammlung stellte daraus scsi, daß kein Widerspruch gegen die Vertagung der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund erhoben werde und daß der Völkerbund damit einstimmig die Vertagung beschlossen habe. Die Versamm lung nahm darauf einstimmig die von Briand vorgelegte an Deutschland gerichtete Erklärung an. Während sich dann der Saal rasch zu leeren begann, wurden noch einige Regicfragen geregelt. In seinem kurzen Schlußworte sprach schließlich Präsident Costa unter Hinweis auf die bestehenden Schwierigkeiten nicht nur den im Völkerbunde versammelten Delegationen, sondern auch der Delegation eines großen Landes, sür das die Arbeiten dieser Tagung von besonderem Interesse gewesen seien, seinen Dank aus. Er gab sodann der Hoffnung Ausdruck, daß Deutschland bald im Völkerbünde den ihm gebührenden Platz ein nehmen werde, nnd erklärte um 1.50 Uhr nachmittags die außerordentliche Tagung des Völkerbundes für ge schloffen. Abreise -er -euischen Delegation. Bericht beim Reichspräsidenten. Die deutsche Delegation hat Genf am Mittwoch abend bereits in einem Sonderzuge verlassen. Der Reichspräsi dent und die in Berlin gebliebenen Mitglieder des Neichs- labinetts sind natürlich laufend über die Vorgänge in Kens unterrichtet worden, die mit wachsender Sorge verfolgt wurden. Die deutsche Delegation trifft am Donnerstag abend in Berlin ein. Man erwartet, daß Dr. Luther und Dr. Stresemann dem Reichspräsi denten dann sofort über die Genfer Vorgänge eingehend Bericht erstatten werden. In Berliner politischen Kreisen wird erklärt, daß die zuständigen Stellen die Haltung der deutschen Delegation einmütig anerkennen und billigen.