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Wilsdruffer Tageblatt 2 Blatt. Nr. 85. Montag de« 12. April 1926 Zum ersten Schulgaug. Heut' Hub' ich mein Mädel zur Schule gebracht. Gar schlimme Gedanken hab' ich gedacht: Mein Herzcnskbinchen, mein Sonnenscheinchcn, Nun tust du auf deinen flinken Beinchen AuS unsrer überängstlichen Mitte In die schlimme Welt deine ersten Schritte, Und bist für immer hingegeben Dem bösen Feinde — ich meine das Leben. Lernst früh aussteh'n vrd tausend Pflichten Unnütz als nötig Ding verrichten. Wir haben dir jede Lüge verwehrt: Nun siehst du, wie sie die Welt durchfährt. Wir zogen dich auf zur Wahrheit und Reinheit. Wer aber siegt? Wahr' dich! Die Gemeinheit. So ziehen dir ins Herzelein Denn Gram und Neid und Argwohn ein. Und endlich wirst du, mein liebes Kind, Wie sie — wie wir — wie wir alle sind ... Jakob Julius David. Es EuSeN Tages ein Sonncnstra Tie Schneeglöckchen waren die ersten mit ihren weitzen Clockenblütcn. Ganz sein und silberhell klangen sie auf und hinaus über dis morsche, schwindende Schneedecke, in den ersten, noch rauhen Frühlingssturm hinein. War eines Tages ein Sonnenstrahl gekommen, mitten durch dis - o«"' Kwuen Wolken hindurch und hat den Glöckchen ein Wort zugsrufen, bevor er sich wieder für einige Zeit verbarg. Da haben sie sich geregt und gestreckt und empor gereckt aus Schnee und Eis, und sind nicht müde geworden Es läutet . . . Hörs du's denn nicht? „Auftunt Auftun!" ruft dieses Läuten. „Tue doch die Tür auf!" Was für eine Tür? verwunderst du dich wohl und schaust zerstreut aus dem — dicht um dich hergehäuften — Alltag hervor. Ei, warum denn gar so verwundert fragen? Lausch einmal etwas länger, etwas weniger alltagszerhastet aus deinem Berge von „unbedingt Notwendigem!" Vor dei nes H e r z e n s Tür läutet und klopft es und ruft es: „jo tu doch endlich auf!" and „Frühling". Nun vernehmen es auch die ersten Weidenkätzchen schon die dort ganz oben in den Zweigspitzen . . . . die dort der Sonne am nächsten. Sie recken sich aus den braunen, harten Knospenhüllen, in welchem sie so lange, so lange schliefen, und lächeln silberfein und sagen ganz und nes-f^ ..Auferstehen" und - - „Frühling". eaar^an, inna-'^^rstehen und Frühling? fragen em Hälmchen einen eilig vorüberhuichenden ibns« m der lächelt nur ganz warm und streicht mnen Nil! Uber die Köpfchen: wartet nur noch ein kleines Leuchen und vergeht die zwei Worte nimmer. Zwei «torte und sagen doch eins. Und dann ist der Tag gekommen, an dem auch die schweren, erzenen Glocken der Menschen zu schwingen be sinnen. Horch einmal! Schau einmal auf! Lausche'! Aus allen Fernen und Weiten kommen sie und von den nahen Türmen, hohen und schlicht-niederen... Zu wem ? Ei nun! zudir! I Zu mir, zu uns allen! Schau doch einmal auf! Schau doch einmal hervor hinter deinen vielen „unbedingt Notwendigen" voll Nast und Staub! Alle Glocken klingen, alle Stimmen rings sin gen: „Auferstehn" und „Frühling". Wo bist du? Wo bleibst du . . .?? an Wolkengrau und Sturm. Und nun läuten sie, läuten, lauten Da werden die Anemonen wach und putzen ihre weitzen Schellen blank und stimmen sie sorgsam, daß kein falscher Ton aufklinge, s Das hören die gelben Sternblllmchen und schlagen ihre feinen, goldenen^ Sternblüten aneinander. . . Singt das einmal hell! Star und Lerche sind auch schon da. Die stimmen und proben und proben und stimmen, bis ein ganz reiner, grosser Akkord aufwächst und durch die letzten grauen Dunstschleier der noch halbverborgenen Sonne entgegensteigt. Lausch einmal hinter deinem Berge von „unbedingt Notwendigem" hervor! „Auferstehen!" singt dieser Akkord Es läutet . . . Hörst du's denn nicht? „Buftun!" „Auftun!" ruft das Früblingsläuten. „Tue doch die Tür auf!"; so tu sie doch endlich auf, die Tür deines Herzens!! Heinz-Oskar Schönhoff. Die Gieuermildsrungen. Kurze Übersicht. Wer etwa annimmt, daß die Steuergesetzgebung schon abgebaut ist, irrt sich. Eine Reihe von Steuergesetzen sind nötig, um den Steuerpflichtigen das Wirtschaften einigermaßen erträglich zu machen. Damit ist auch die Fülle der Verordnungen immer mehr angeschwollen. Das „Steuerüberleitungsgesetz", auch einige „Verordnungen über wichtige wirtschaftlich notwendige Steuermilde rungen" waren erforderlich. An die neuen Steuergesetze vom 10. August 1925 schließt sich jetzt „das Gesetz über Stsuermilderungen zur Erleichterung der Wirtschaftslage" an. Daß sich der deutsche Steuerzahler mit allen Be stimmungen, die ihn angehen, vertraut machen kann, ist bei sonstiger Tätigkeit fast unmöglich. Es seien daher einige wesentliche Bestimmungen behandelt, die zurzeit in Be tracht kommen. Zunächst darf die Miete bis 31. März 1927 den Friedensbetrag nicht übersteigen. Dann ist die Luxus- steuer aufgehoben und die Umsatzsteuer auf ermäßigt. Ferner ist eine steuerliche Erleichterung wirt schaftlich gebotener Betriebszusammenschlüsse eingetreten. Auch eine VerlegungderZahlungs- termine für die Einkommen- und Körper schaftssteuer dient der Milderung. Mit Ausnahme des Einkommens aus landwirtschaftlichen Betrieben sind die Vorauszahlungen jetzt wieder am 10. Januar, 10. April, 10. Juli und 10. Oktober mit siebentägiger Schonzeit fällig. Die Vermögenssteuerrate am 15. Mai 1926 kommt in Fortfall, so daß auf die Ver mögenssteuer 1926 nur 24 des nach dem Kalenderjahr 1925 berechneten Jahressteuerbetrages erhoben wird. Auch ist der Tarif sür Vermögen bis zu 50006 Mark herabgesetzt. Es sind jetzt bis zu 10 000 Mark nur 1 von Tausend, bis zu 20 000 Mark 2 von Tausend, bis zu 30 000 Mark 3 von Tausend und bis zu 50 000 Marl nstr 4 von, Taufend zu zahlen. Sollte aber die endgültige Veranlagung sür die Vermögenssteuer sür das Kalender jahr 1926 weniger als 400 Millionen Mar? ergeben, so ist eine Nachzahlung in Aussicht gestellt. Bei dieser Ge legenheit seftnuf den s 15 Absatz 4 des Vermögenssteuer gesetzes hiugewiesen, in welchem ebensalls eine Steuer- milderung vorgesehen ist. Macht nämlich der Steuer pflichtige glaubhaft, daß sein Vermögen erheblich hinter dem zuletzt festgesetzten zurückbleiben wird, so ist ihm der auf die einzelnen Vorauszahlungsraten entfallende Unterschiedsbetrag aus Antrag zu stunden. Schließlich ist noch zu bemerken, daß die Erböbuno der Biersteuer statt am 1. April 1926 jetzt erst am 1. Januar 1927 in Kraft treten soll, wogegen der Repa rationskommissar einstweilen Einspruch erhoben hat, während das Weinsteuergesetz und die Salz- steuer vom 10. August 1925 am 1. April 1926 außer Kraft getreten sind. Dagegen ist ein neues Schaum wein st e u e r g e s e tz zum 1. Juli 1926 ergangen. H. M. l politische Hunckschau j Neichsprüfident «nd Duellfrage. Die Verkündung des vom Reichstag und vom Neichs- rat angenommenen Gesetzes zur Änderung des Militäo strasgesetzbuches ist gemäß einem Beschlusse des Reichs- tages um zwei Monate ausgesetzt worden, weil, wie be kannt, Reichspräsident von Hindenburg Bedenken trug, das Gesetz, das er nicht für verfassungmäßig zustande ge kommen hielt, auszufertigen. Die Bedenken des Reichs-j Präsidenten richteten sich gegen die Bestimmung, daß Offi- jiere, die sich am Zweikampf beteiligten, aus dem Heers entlassen werden sollten. Man beabsichtigt jetzt in den Kreisen der Reichsregierung, den gesetzgebenden Körper schaften einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem dis Mußvorschrift des Militärstrasgcsetzbuches in eine Kann^ Vorschrift nmgewandclt wird und in dem die Beamten Offiziere gleichgestellt werden. Das Gesetz würde rlso sinngemäß den Inhalt haben, daß Offiziere und Be- ^e, dre sich am Zweikampf beteiligen, aus ihrem Amt mtlassen werden können. Der Deutsche Volksbund iu Poluisch-Oberschlsfie« Die Voruntersuchung in dem Prozeß gegen die ver hafteten Mitglieder des Deutschen Volksbundes ist nach einer Meldung aus Kattowitz abgeschlossen. Die Anklage schrift wurde den Angeklagten bereits zugestellt. Man rechnet damit, daß die Verhandlungen, die gegen die ein zelnen Angeschuldigten getrennt geführt werden, Mitte Mai ihren Anfang nehmen. Die Verteidigung liegt zum Teil in den Händen von Warschauer Rechtsanwälten. Aus Zn- und Ausland. Hamburg. Der Direktor der russischen Handelsflotte, Bogosch, hält sich zurzeit in Hambnrg aus, um mit deu Werften über Neubauten und Reparaturen für die russische! Handelsflotte im Rahmen des deutsch-russischen Kredit abkommens zu verhandeln. Edenkoben. Der Stadtrat von Edenkoben faßte den Be schluß, den erste« Bürgermeister Dr. Horläudcr Wegen angeblich separatistischer Bestrebungen seiner Amler zu^ entheben. Dr. Holländer, der Sympathien für eine auto nome Pfalz zum Ausdruck gebracht haben soll, gibt an, nur unter dem Zwang der Separatisten gehandelt zu haben. Koblenz. Die Rheinlandkommission verbo 1 das Theater stück „Die elf Schi lisch en Offiziers" von Wilhelm Laiscr, da cs geeignet sei, die Sicherheit der Besatzung zu beein trächtigen. Beuchen. Die nach Oberschlesien entsandte Kommission des Preußischen Landtages, die sich mit der Prüfung der obc r- fchlesifchen Eingemciudungsfragen befaßt, hat ihre Arbeiten ausgenommen. Paris. Der deutsche Botschafter von Hoesch hatte wiederum eine längere Unterredung mit dem französischen Ministerpräsi denten Briand, bei der Fragen der Studienkommifsion zur Er weiterung des Vöikerbundrates sowie der deutsch-französischen Luftfahrts- und Wirtschaftsverhandlungen zur Sprache kamen. London. Der Londoner Berichterstatter des „Manchester Guardian" schreibt, während der Präsident der Saartvm- mission jetzt ein Kanadier und unabhängig sei, seien drei feiner Kollegen sranzosenfreundlich. Die Autorität des Präsi denten sei vermindert worden und der französische Einfluß bleibe »«geschwächt. Moskau. Die Meldung von einem angeblichen Attcn- t a t auf den Volkskommissar des Inner«, Beloborodow, bei dem dieser verwundet worden sei, wird nunmehr auch von der c Telegraphenagentur der Sowjetuuion für gänzlich erfu « dc« j erklärt. Ncwyor'. „New Uork Times" meldet aus Washington, s die Annahme des Gesetzentwurfes, der für die im Kriege bc- i schlagnahmtcn deutschen Schiffe eine Eutschä- ! digung Vorsicht, wcrdc im Kongreß als gesichert angesehen, j Dagegen erwarte man Hindernisse im Senat. i Neues sus aller Welt r -- Einbrüche ans Bestellung. Zwei gewerbsmäßige Einbrecher namens F r i e d e n t h a lund Köhler, die feit Mai 1925 eine Reihe singierter Einbrüche auf Be stellung verübt haben, sind jetzt in Berlin festgenom men worden. Sie waren durch einen Kapellmeister und Kaffeehausbesitzer Fuchs, der ebenfalls verhaftet worden ist, zu diesen Einbrüchen veranlaßt worden. Fuchs diente als Vermittler zwischen in wirtschaftlicher Notlage be findlichen Geschäftsleuten, die sich durch die fingierten Einbrüche die Versicherungssumme verschaffen wollteil, und den Einbrechern. Grubenunglück in Oberschlesien. Auf der Preußen- zrube in Miechowitz bei Beuthen in Oberschlesien ereig nete sich ein schweres Grubenunglück. Ein Kohlensturz verschüttete vier Bergleute, von denen zwei getötet und zwei schwer verletzt wurden. Nach den bis herigen Ermittlungen soll das Unglück durch hastiges Ar beiten und die damit verbundene Unvorsichtigkeit ver- »irsacht worden sein. Bauunglück in Passau. In Passau ist beim Ab bruch der Heimatschautzallen plötzlich das Dach einer Halle zusammengestürzt und hat eine Anzahl Arbeiter be graben. Die Zahl der verletzten Personen beträgt sechs, von denen eine lebensgefährliche Verletzungen erlitten hat. Die Ursache des Einsturzes wird darauf zurückgesührt, vaß die in der Halle aufgeschichteten Ziegelsteine die Seitenwände der Halle eindrückten. Man hatte die Ge fahr des Einsturzes bereits früher erkannt und deshalb Stützungsarbeiten in Angriff genommen, doch stürzte der Bau gleich zu Beginn dieser Arbeiten zusammen. Eine Million Zuckcrstcucr hinterzogen. Beamte der Zollstelle Hamburg-Freihafen sind umfangreichen Zucker- s sieuerbinterziebunaen auf die Svur aekomme«. Es stellt 25j die So fuhr sie dahin, immer tiefer hinein in das Schweigen. Der Weg wurde ansteigend. Iohannes hatte Recht gehabt: es war ein hartes Fahren durch die tiefe vom MW M Kelle. Roman von A. Hottner-Grefe. (Nachdruck verboten.) Finsternis. , . Der „Liesinghof" lag mitten im Walde auf einer Wiese. Dunkel 'hab er sich aus den verschneiten Obst- bäumen hervor, die ihn umstanden. Auch auf dem Hofe tNur aus einem einzigen Fenster des Hauses quoll ein Matter Schein. Ein^-nster'lm^ kommt noch so spät?" ... laute Männer ¬ stimme uec die Worts «der de« fmi — „Komm herab, Frank, soll ms Pferde cinftelleii. Wir müssen hier übernachten. Das Fenster droben flog zu und eine Minute später trat Frank Weitin. unter die Haustür. Er schüttelte der Schwester die Hand unc pug einen Knecht herbei. Die Pferde trabten nach mm zweiten Hof, Johannes ver- kchwand mit dem Knecht ebendahin. Bitte, tritt ein," sagte Hrant Weltin kurz. Sie ging hinter ihm her in das Zimmer, wo das Licht bra.nnte. lind wieder, wahrend sie sich aus ihren Um- hül'lunaen schälte und dabei «jrs drucke durch den öden kahlen Naum wanderten, empfand sie, was sie hier bei ihren seltene« Besuchen noch jedesmal cm^ die trostlose Leere, die furchtbare Abgeschiedenheit, welche hier herrschte. . Ihr Bruder mar hinausgegangen ^und weckte die Magd. Sie sollte Tee bereiten, einen JMb ü rasch zu rechtmachen und das Fremdenzimmer Heizen Jetzt kam er wieder herein um) Iula sah in semen tiefliegenden, dunklen Augen die Frage: „Was führt dich her? Natürlich etwas BechNEM? Sie schob einen Stoß Zeitungen von einem der Stühle und setzte sich. „Von mir später," sagte sie — „erst lies das. Ich hab's am Wege übernommen für dich." Sie schob ihm das Telegramm hin über den stau bigen Tisch. Er neigte seinen langen, mageren Körper und sah es genau an. Dabei trat in das dunkle, ver schlossene Gesicht ein Ausdruck von Spannung. „Hm," «rächte er — „Komisch. Ich hab' niemand mehr draußen in der Welt." „Mach es auf!" drängte Iula. Da riß er das Papier auf und seine Augen ilogen hin über den Inhalt. Und dann wurde dieses Gesicht, in dem jede Muskel so scharf hervortrat, plötzlich ganz fahl. „Das — das ist gar nicht wahr — das kann ja nicht sein," murmelte er. „Was ist denn? Ich bitte dich, Frank — " Iula Weltin brachte die Frage kaum über die Lippen. „Das Schicksal!" dachte sie wieder, fast furchtsam. Er schob ihr wortlos das Blatt hinüber. „Ich muß zu dir. Morgen früh sieden Uhr fahre ich von Wien ab. Schicke mir Wagen zur Bahn, aber komme nicht selbst. Du muht mir helfen! — Elisabeth." Verständnislos sah das Mädchen auf das Papier in ihrer Hand. Der Mann war aufgestanden und an das Fenster getreten. Dort stand er und lehnte den Kopf gegen den Arm. Das schwarze Haar sah man, sonst nichts. „Wer ist denn das — Elisabeth," fragte Iula zag haft. Er wendete sich um und ging zu seinem Arbeitstisch. „Da," sagte er. — „Kennst du sie nimmer?" Sie war neben ihn getreten und sah nun auf den i Tisch hin, auf welchem Wirtschaftsbücher und Papiere s sich häuften. Ein paar Bilder ohne Rahmen standen, an ! ein offenes Schubfach gelehnt, dem sie wahrscheinlich eben 1 erst entnommen morden waren, mitten darunter. Da war Das Bild eines sehr zarten, kleinen Mädchens, dann das s einer sanften, verträumten Vierzehnjährigen — dann eine s junge Dame im Ballkleid — „Liesbeth ovu Risnach", sagte Iula in plötzlichem - Erkenne«. ! Sie hatte jenes Mädchen einst recht gut gekannt, ! auch dann und wann im Hause des Obersten Risnach ' verkehrt. Aber Christa und Frank waren viel öfter dort gewesen. Und das alles lag so weit hinter ihr. Seit sie in Werner Mertens Hause wohnte, hatte sie nichts mehr von der einstigen Bekannten gehört. „Elisabeth von Laßwitz," verbesserte del Bruder. «Sie hat also geheiratet?" „Ja, — sie hat geheiratet." Es klang beinahe mechanisch. „Da ist sie wieder," sagte Frank Well!« und riß seine Brieftasche hervor. — „Und hier — und hier" — Es waren noch eins Menge Bilder dieser ju„gsn, lieblichen Frau vorhanden. Auch ein Bild, welches -inen Datum trug. Es war kaum ein Jahr alt. „Du verkehrst noch mit ihr?" sagte Iula tastend. — „Und sie — sie gibt dir alle ihre Bilder und nun — nun kommt sie morgen zu dir?" Frank Weltin blickte still auf die Photographien. „Ich verkehre nicht mit ihr," sagte er — „außer du nennst das einen Verkehr, wenn man sich alle Jahre ein mal schreibt und da nur das alltägliche, just genug, damit der andere weiß, man ist noch nicht tot und — und man hat noch nicht vergessen gelernt. Die Bilder sind in den Briefen gelegen. Gesehen haben wir uns nicht seit mehr als zehn Jahren." Iula begriff nicht. Und während fetzt dis halbtaube Magd den Tisch zu einer späten Abendmahlzeit herrichtets, wirbelten ihr tausend Gedanken durch den Kopß Als dis Haushälterin wieder draußen war, trat sie ganz nahe neben ihren Brnüer und nah.» sanft seine beiden heiße« Hände: „Frank," sagte sie leise — „du hast sie einmal lieb gehabt, diese Frau? Kannst du mir das sagen?" . ' „Lieb gehabt?" er lächcl e bitter. — „Weißt du, wie das ist, wenn man jemanden, der noch atmet, „lieh gehabt" hat, dann war's nicht das Rechts, Iula. Aber bei mir ist's tief gesessen. Denn — siehst du — ich hab' sic heut noch lieb, gerade wie damals. Vielleicht nah viel mehr. Und ich werd' sie lieb haben in alle Ewigkeit," (Fortsetzung folgt.)