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großen Rudel. Hals über Kopf jagen sie plötzlich von dannen ; und das fremde kleine Mädchen zieht Lottchen so schnell i mit sich fort, daß Lottchen denkt, sie fliegen durch die i Straßen. Husch, husch flattern die Hühner vor ihnen : her in eine große, dunkle Halle hinein, wo schrille ; Pfiffe ertönen und lange Eisenbahuzüge in die Welt hin- j ausfahren. Aber nun fliegt Lottchen wirklich mit allen ! Hühnern in die Höhe, mitten auf das Dach der Lokomotive. . Puff, puff, puff macht diese, und nun geht's hoch oben auf ; der Eisenbahn ins La id hinaus, an Wäldern und Wiesen i und Gärten vorbei, vorbei auch am Hause des Bahnwärters, j der eilig aus der Tür tritt. „Papa," ruft Lottchen ganz laut, » Aber der hört und sieht nichts. Mit einem Ruck fliegt Lott- ! chen plötzlich durch die Luft, mitten in den Garten hinein, k So müde ist sie auf einmal ... so müde. Sie sieht , nur noch, wie die Eier Köpfe, Flügel und Beinchen ein- > Ziehen und davonrollen. Dann fallen ihr die Augen zu. ! Als die Bahnwärtersfrau am anderen Morgen aus k der Tür tritt, sieht sie ihr Lottchen im Grase liegen und j schlafen, und all ihre Hühner, die die gute Glucke geholt » hatte, liegen um sie herum und halten ihre Flügel warm ! und weich über das schlafende Kind gebreitet. die Erde hernieder. Dicht ; hinter Lottchen faltet er die Flügel zusammen und läßt » seine langen goldenen Locken darüber fallen. Nun sieht ! er fast aus wie Lottchen selbst, nur daß die feste Zöpfchen i hat. Lottchen ist so aufgeregt, daß sie sich über nichts mehr ; wundert, auch nicht darüber, daß das sremde Kind ihre ' Hand saßt und mitwandert. Jetzt raschelt's im Dunkel des Waldes. Und auf ein- I mal kommen von allen Seiten lange Reihen von Hasen ! gezogen. Sie schleppen in Rucksäcken und Körben die herr- ' lichsten Ostereier auf ihrem Rücken und singen lustige Lied- I chen beim Wandern. Allen voran ziehen die Musikanten I mit Fiedeln, Trommeln und Pfeifen. Grad' singen sie ! das schöne Lied von all den Vögeln, die schon da sind, und ! vom Kuckuck, der aus dem Wald ruft. Das können sie alle am schönsten, weil sie cs schon als ganz kleine Hasen > gelernt haben. Lottchen kennt es natürlich auch und singt ! laut mit. Die Henne gackert und die Hühnchen piepsen. ! So kommen sie in die große Stadt. Aber jetzt haben die Häschen furchtbar viel zu tun. Treppauf und treppab rasen sie, schlüpfen in Dachkammern und Keller und schleppen ihre Eier' zu all den armen Mutti die Eier versteckte. Sachte läßt sie sich im bloßen Hemdchen durch das niedrige Fenster in den Garten gleiten. Aber sie friert gar nicht. Denn in der Osternacht kann der liebe Mond ganz warme Strahlen auf die Erde schicken. Und das tut er. Als Lottchen mit der Henne zusammentrifft, gackert i die ganz leise „Guten Abend". Auf den Zehenspitzen ! schleichen sie sich an die Eier heran. Aber das ist mal ; komisch. Die kugeln ja alle durcheinander. Und auf ein- i mal richten sie sich kerzengerade in die Höh' und ein Köpf- ! chen, zwei Flügel und zwei Beinchen komn-.en aus jedem . Ei herausgeflitzt, und nun stellen sie sich gar wie Soldaten ! hintereinander auf und marschieren laut piepsend aus dem i Garten, schnurstracks auf die Landstraße hinaus. Die Henne j rennt, so schnell sie kann, hinter den Hühnchen und Lottchen . hinter der Henne her bis in den Wald hinein. Der Mond ! kann sie kaum noch richtig sehen. Das geht nicht! Nein, l das darf nicht sein. Wie ein Luftballon schnellt er gegen j das Himmelsgewölbe und bummert dreimal tüchtig da- - gegen. Da stecken gleich tausend Engel die Köpfe ! heraus und kaum hören sie, was loe i ist, da saust einer wie l ein Blitz auf Kinderchen, denen die Eltern keine kaufen konnten und die darum wahr scheinlich so blaß und traurig anssehen. Na, die werden sich morgen aber mal freuen! Alle Eier waren ! schon verteilt, nur das schönste und größte war noch übrig. > „Wem wollen wir es schenken?" fragte der älteste Oster- j Hase, „es muß schon ein ganz artiges Kind sein." Da ; bleiben sie plötzlich erschrocken stehen und gucken in einen . dunklen, feuchten Keller hinab. Ein armer alter Großpapa ! liegt da auf einer zerrissenen Matratze und ein kleiner > blasser Junge hockt daneben. Der alte Mann seufzt gerade ; ganz schwer im Schlaf. Er hätte dem braven Hänschen » auch so gern ein Osterei geschenkt, aber er ist so arm, so i arm, daß er keins kaufen konnte. Da schlüpft das Häschen i schnell in den Keller und legt ihm das köstliche Osterei in ; den Arm. Und der alte Diann lächelt glücklich im Traum. - Am Himmel ist's Heller geworden! Hurtig sammeln I sich die Hasen zu einem seine Fluten zu Tal strömen. Wohl sahen trübe und schmutzig aus, aber das war ja das Mit starker Hand rüttelte der Südwest an den Kronen I der Bäume, bis es die Wurzeln tief unten im Erdreich « merkten. Sehnsüchtig begannen sie auf das lebendige , Wasser zu harren, das ihnen neues Leben spenden sollte. ; Schon hatte cs den Kampf mit dem tief gefrorenen Erd- r reich ausgenommen. Schritt für Schritt drang es abwärts > zur Tiefe. Zuerst tranken sich die Moose satt und die . Knospen und Wurzeln der kleinen Waldblumen, der ; Leberblümchen und Anemonen, die dem Früh ling den ersten Gruß entbieten sollen. Nun dringt es durch das Erdreich her- . an zu den Wurzeln der Sträucher und VX Bäume. Begierig saugen sie es auf, denn V V Baum und Strauch warten bereits, daß / der belebende Saft auch in ihnen empor- steigc und die schlummernden Knospen zu neuem Leben erwecke. Kaum ist das Wasser lebendig gewor den, da nahen schon die ersten Vorboten des Frühlings. Von schwarzer, regen schwerer Scholle steigt froh nach kalter Nacht die Lerche empor und begrüßt mit jubelndem Gesang die aufgehende Sonne. So lange hat sie ihr Antlitz verhüllt. Jetzt lächelt sie ihre Tochter an und hilft ihr beim Trocknen ihrer Gewänder. Doch noch einmal wehrt sich der Winter mit grausamer Tücke. Den Tag über hat der Südwest die Regenwolken Heran ¬ die sich anstauten, wo sie ein Hindernis ! fanden, bis sie stark genug wurden, es zu I überwinden. Der Waldbach sprengte seine ° Fesseln und ließ gurgelnd und schäumend ; stärker und mutiger. Auf den Kuppen Berge trat zuerst das dunkle Erdreich zutage. Bald wurden aus den Rinnsalen kleine Bäche, sie . , . „ . Zeichen seiner neuen Jugend, der Segen fruchtbaren Erd reichs, den er weiter abwärts den Fluren spenden sollte. Mit einem Heißen, weichen Linnen hatte I die Naiur ihre Kinder zugedeckt. Darüber hinweg brauste der Sturm und auf den Seen ' barst das Eis im harten Frost. Aber unter ! der warmen Decke schlummerten ruhig unge- l zählte Keime dem neuen Leben entgegen. Die ! Verheißung, die einst dem Menschen gegeben ' war, galt auch sür sie: „Solange die Erde steht, ! soll nicht aufhören Sommer 'und Winter . . . Langsam wuchsen die Tage. Länger ruhten die Strah- ! len der Sonne auf der Weißen Erde. Auf den Dächern k begann in der Mittagstunde der Schnee zu schmelzen. I Tropfen um Tropfen rann herab und erstarrte in der kalten ' Luft zu einem glitzernden Eiszapfen, der allmählich wuchs, ! bis ihn sein Gewicht vom Dache loslöste und er krachend ! auf der Erde zerschellte. In die Herzen der Menschen zog ! eine frohe Hoffnung. Fühlten sie doch auch die Kraft der j Sonne, die mit jedem Tage einen größeren Bogen am - Himmelszelt beschrieb. Aber noch wehrte sich der Eisriese. Er rief den Ostwind zu Hilfe, der von weit her über die Lande geflogen kam und mit seinem eisigen Atem eine harte Kruste auf den Schnee legte. Schwerer denn je wurde es dem darbenden Wild, zu seiner Nahrungsquelle, der Wintersaat, vorzu dringen. Mit Wunden Läufen stand es hungernd und frierend im Dickicht. . . Doch nun rief auch die Sonne ihren starken Helfer zu Hilfe. Brausend kam der Südwest vom Meere her über Berg und Tal gefahren. Dunkle, schwereWolken trieb er vor sich her und schüttelte sie, bis sie sich ihres nassen Inhalts entledigten. Mit vereinten Kräften weckten sie den schlummernden Schnee zu neuem Leben auf. Aus der scheinbar leblosen Masse wurde lebendiges Wasser. Zuerst sickerten nur kleine Rinnsale unter der weißen Deckechervor. Doch mit jeder / Stunde, mit jedem Tage wurden sie . § L? s 2 2 iB s