Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 26.03.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192603263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19260326
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19260326
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-03
- Tag 1926-03-26
-
Monat
1926-03
-
Jahr
1926
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 26.03.1926
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Notanker werden. Ferner ist der Honig ein bedeutender j Wärmeerreger. Ein bestimmter Wärmegrad ist allen Lebe» : wesen zu ihrer Existenz und Gesundheit nötig, wo dersetbe z schwindet, tritt Krankheit, ja selbst der Tod ein. Indem nun - der Honig Wärme erregt, wirkt er belebend und verjüngend i ein, die Organe zu gesteigerter Tä'igkeit anregend, und kann somit Genesenden die ehemalige Körperkraft und Lebensfrische möglichst schnell verleihen, dem Greise bei einlretender Alters schwäche die Tage seines Lebens um manchen nerlängern In gleicher Weise ist daher Howggenuß auch bei schwächlichen, kränklichen und blutarmen Kindern zur schnelleren Entfaltung der Lebenskräfte von Nutzen. "Wer seins ZsimLt liebt orcses Beruhigungsmittel für schreiende Säuglinge mit an der hoben Säuglingssterblichkeit schuld sei. 2V Millionen Lire unterschlagen. Der Leiter des Steueramies Venedig ist vor einiger Zeit entflohen. Die seither gepflogenen Erhebungen haben ergeben, daß er Unterschlagungen im Betrage von 20 Millionen Lire verübt hat. Er hat die Summen größtenteils im Spiele in Monte Carlo und im Lotto verloren. Einschränkung der Schönheitssalons beantragt. In Albany haben die Frauen einen Antrag eingebracht, wonach die Zahl der Schönheitssalons stark eingeschränkt werden soll. Die Antragsteller begründen ihre Forderung mit der großen Zahl entstellter Frauen, die ihre Schönheit infolge der zweifelhaften Tätigkeit der Kurpfuscher und Operateure verloren haben. überfall auf mexikanische Eisenbahnbeamte. Mehrere amerikanische Angestellte der mexikanischen Eisenbahn wurden von Mexikanern überfallen. Einer der Angestell ten wurde zu Tode gesteinigt, die anderen mit Knüppeln niedergeschlagen. Schiffskatastrophe in Brasilien. Der brasilianische Dampfer „Paes de Carvalho" ist aus dem Amazvneustrom in der Nähe von Manaos in Brand ge raten und untergegangen. 77 Personen konnten gerettet werden, 84 ertranken. -40 000 Stück Vieh verbrannt. Wie aus Melbourne gemeldet wird, ist über Australien der langersehnte Regen niedergegangen, der dem noch immer glimmenden Step penbrand ein Ende bereitete. Der australische „Viehkönig" Sir Sidney Kidman erklärt, daß er 40 000 Stück Rindvieh im Steppcnbrand verloren hat. wird auch die Hüterin ihrer Interessen, das „Wilsdruffer Tageblatt" unmöglich missen können. Dieses in Stadt und Land gelesene altbewährte Haus- und Familtenblatt ist der zuverlässigste Spiegel alles wissenswerten örtlichen und länd lichen Geschehens. Eine schnelle und zuverlässige Berichter stattung über die wichtigen Ereignisse aus aller Welt dient den werten Lesern zu schnellster Orientierung. Man kann eine andere Zeitung entbehren, wenn man das Wilsdruffer Tageblatt liest, denn es hält seine Leser über alles Wissens werte auf dem Laufenden. Bestellungen für Monat April werden umgehend erbeten. Reu hinzutretenden Abonnent« nwird das »Wilsdruffer Tageblatt" bis Ende März gratis geliefert. Bunte Tageschronil. Leipzig. Der im vorigen Jahr zu einer Gefängnis strafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilte Schau spieler Joseph (Rolf) Gärtner ist nach langen Verhand lungen begnadigt und aus der Haft entlasten worden. Paris. Die Wahl zweier Arbcitcrvertreter zum General rat von Nancy wurde von der Behörde als ungültig er klärt, weil die beiden Gewählten weder schreiben noch lesen können. Paris. In verschiedenen Gegenden Frankreichs, vor allem im Süden, hat es erneut geschneit. Im Departement Var liegt der Schnee 10 Zentimeter hoch. London. Einer der schönsten Landsitze Englands, Spo- worthouse, der dem Bruder des Lords Derby gehörte, ist niedergebrannt. Dies ist in kurzer Zeit der zehnte englische Landsitz, der den Flammen zum Opfer gefallen ist. London. Der Fischdampser „Salmonby" aus Grimsby ist infolge einer Kesselexplosion an der englischen Ostküste ge sunken. Es sind elf Todesopfer zu beklagen. Rom. Die Blätter melden aus Genua, daß in der Um gebung der Stadt aus den Bergen wiederum dichter Schnee gefallen ist. Ncwyork. Nach Meldungen aus San Salvador hat eine Feuersbrunst einen Teil des Geschästsviertels von Guatemala zerstört. Der Wert des Honigs. DerHonig ist ein edles Naturprodukt von unvergleichlichen Eigenschaften. Der echte Blumenhonig ist ein überaus leicht verdauliches und höchst zuträgliches Nah unaSmittel. Wie das Wasser unmittelbar in die Blutgefäße übergeht und keinen Rück stand im Darmkanal hinterläßt, so auch der Honig Genießt man also einen Löffel voll Honig, so führt man dem Blute einen Löffel voll Nährstoff zu. Und wer genösse nicht gern Honig. Ein Butterbrot oder eine Semmel mit Honig be strichen ist ein Leckerbiffen für jung und alt. Schon unsere Vorfahren, die alten Deutschen, liebten über alles den Met, ein Gebräu aus Gerstensaft und Honig. In der Neuzeit fabriziert man aus Honig unübertresfl chen Champagner und Honigwein, und wer einmal das köstliche Honigbier, das man sich leicht selbst Herstellen kann, gekostet hat, wird die Begeisterung begreifen, die untere Urahnen dem Met zollten VielfacheVerwendungfindetdsrHonigauch gegenwärtig zu mancherlei Gebacken, wie Honigkuchen usw. Neben dem großen Nährwerte besitzt der Honig eine bedeutende Heilkraft, die ihn geradezu zu einem Volksheilmittel ersten Ranges erhebt. Diele Kranke gehen lediglich an Schwäche zu Grunde, weil ihnen nicht schnell genug die verlorengegangenen Kräfte wieder ersetzt wu den. In solchen Fällen kann der Honig wegen seines hohen Nährwertes, zur rechten Zeit uns in reichlichem Maße genoffen, zu einem wahren Erretter und Die heilenden Einwirkungen des Honigs gründen sich hauptsächlich auf feine schleimlösenden Eigenschaften. Auf den gesamten Darmkanal übt der Hon'g zunächst dadurch ; einen wohltuenden E nfluß aus, daß er vorhandene Schleim- « maffen zur Lösung bringt und so Entzündungen (Katarrhe) , gemildert und zur Heilung gebracht werden; ferner wird dm ch die erwärmenden Eigenschaften die gesamte Verdauungs fähigkeit gehoben. Durch Howg sind schon vielfach hartnäckige Magenleiden and Verdauungsbeschwerden geschwunden. Auch wirkt der Honig gegen Husten, in Kmarrhen der Brustorgane, als K-hckopf-, Bronchial- und Lungenkartarrh, in vielen Fällen geradezu überraschend. Von manchen Aerzien wird der Honig s sogar für fähig erklä t zur Verhütung ernster LungenkcankhUlen, i er sei imstande, eine Lungenschwindsucht zu verhören und j im Ausbruche zu verhindern, ja selbst im ersten Stadium ! der Entwickelung aufzuhalten und zurückzuwerfen. Aus dem Gerichtssaal. Todesurteile. Rach zweitägiger Verhandlung vor dem Schwurgericht in Koblenz wurde der seit dem 15. Januar in Untersuchungshaft sitzende Heinrich Hermann aus Meisenheim wegen Mordes an seinem Bruder, dem Arbeiter Konrad Hermann, und vorsätzlicher Brandstiftung zum Tode und acht Jahren Zuchthaus, seine Ehefrau wegen Beihilfe zum Morde und zur Brandstiftung zu sechs Jahren Zucht- s haus verurteilt. — Im Gartz er Mordprozeß wurde der j Angeklagte Emil Janikowitz, dessen Mitangeklagter Vater l sich während einer Verhandlnnospnuse erhängt hatte, wegen I Mordes an der Witwe Steinmetz zum Tode verurteilt. Der Angeklagte nahm das Urteil ruhig entgegen. Lüttwitz klagst seine Pension ein. Vor der Zivilkammer s des Landgerichts I Berlin fand erneut in der von General -! v. Lültwitz und Major Bischoff gegen das Reichswehr ministerium angestrengten Klage aus Zahlung des Viertel- jahrgnadengehalts unter Aufwertung des damaligen Gold- Wertes von 50 28 Termin statt. Der Vertreter des Reichs- webrministeriums, Rechtsanwalt Dr. Zencke, machte den Ein- waild, daß die Forderungen der Klügere als Arglist anzuschen z seien und deshalb abzuweisen sind. Dabei wandte der Ver- i leidiger sich gegen das sittenwidrige Verhalten der beiden i Offiziere, das darin liege, daß diese sich zu einer Zeit, als das s Deutsche Reich in tiefer Bedrängnis daniederlag, eines hoch- s verräterischen Unternehmens schuldig gemacht hätten und des- s halb keinerlei Ansprüche zu stellen berechtigt wären. Das - Gericht schloß sich nach kurzer Beratung dem Anträge des j Dr. Zencke an und hat die Akten zur endgültigen Entscheidung i der Rechtsansprüche dem Reichsfinanzministerium überwiesen. Nochmals die Borkriegsbanknotcn vor Gericht. Das Ober- - lauvesgericht München hat in einer Streitsache gegen die s Bayerische Notenbank wegen Anerkennung ihrer Verpflichtung ( zur Einlösung ihrer Vorkriegsnoten in Gold ein Urteil dahin t erlassen, daß die Berufung des Klägers gegen das die Klage s abweisende Urteil des Landgerichts München zurückgewiesen wird. Turnen, Sport und Spiel. Gcwgruppe „Elbtal" der D. T. Handball. Am kommenden Sonntag treffen sich zum letzten Pflichtspiel Strehlen 1. — Wilsdruff 1. Das Endspiä findet in Strehlen statt und zwar 11 Uhr. Den Sieg kann Strehlen getrost schon jetzt für sich buchen, da die W. Mannschaft in ihren Pflichtspielen niemals voll angetreten ist. Hoffentlich gelingt er der W. Mannschaft, in den kommenden Spielen sich wieder omporzuarbeiten, wenn die Mannschaft neu zusammengestellt ist. Wieder ein neuer Rekord Rademachers. Es scheint wirllich kein Start Rademachers zu vergehen, an dem nicht ein alter Weltrekord fällt. Jetzt schwamm der Magdeburger inTincin - nati die 500 Aards in 7 :3,6. Fröhlich unterlag wiederum gegen den vorzüglichen Lauffer. Die Fußballmeisterschaftsspiele nehmen am Soumag ihren Fortgang. In Süddeutschland interessiert vor allem das Spiel FSV. Frankfurt a. M. gegen Saarbrücken. Die Frankfurter dürften hier zu ihren ersten Punkten kommen. In Norddeutschland wird der Hamburger SV. mit Armi nia-Hannover nicht viel zu kämpfen haben. In West deutschland sind VfR.-Köln gegen Arminia-Bielefeld, und Sportfreunde-Siegen gegen Sport-Kassel als voraussicht liche Sieger zu betrachten. Berlin steht im Zeichen des Pokalspiels. Dauerleistung einer amerikanischen Schwimmeisterin. Die Amerikanerin Helen Wainwright schwamm in der Tipabucht rund um die Davisinseln und legte in vier Stunden fünfzig Minuten eine Strecke von elf Meilen zurück. ! SSrlr. kanael - wiiUcdsN j M., 2. Qualität 1,73 M., ab- ein Psund. Butter. 1, Qualität 1,83 fallende Qualität 1,53 M. für Börsenbericht. Trotzdem das Bekanntwerden der Dwt- dcndenlosigkeit einiger bedeutender Unternehmen etwas ver- stimmend wirkte, erwies sich die Börse bei stillem Geschäft doch als durchaus widerstandsfähig, einzelne bevorzugte Spezialwerte waren wiederum lebhaft zu steigenden Kursen gehandelt. Anregend wirkte die außerordentliche Flüssigkeit des Geldmarktes, tägliches Geld stand zu 5—6 A überreich lich zur Verfügung, monatliches Geld notiert weiterhin S bis 7^. Devisenbörse. Dollar 4,19—4,21: engl. Psund 20,39—20,45; holl. Gulden 168,13—168,55; Danz. 80,88 bis 81,09; franz. Frank 14,68—14,72; b c l g. 16,85—17.89; 16,86-16,90; schweb. Krone 112,48—112,76; d a n. 110,08—110,36: norwea 89,74 bis 89,96; tschech. 12,41—12,45; österr. S-Uillinn 5918 bis 59,20; poln. Zloty (nicht amtlich) 52,31—52,59. Produktenbörse. Die flauen amerikanischen Dep-scr,«« von den Weizenlerminmärkten fanden in den nur wenig ermäßigten kanadischen Cifnotierungen uns in der Behaup tung der argentinischen Notierungen keine Stütze. Auch war hier das Jnlandsangebot klein und nahe Auslandsware sinver schlanken Abzug. Dagegen lag Lieferung auf die amerikanische Anregung hin merklich matter. Andienungen pro Mär; kom men mehr heraus, auch schwimmt hierzu von der Küste nach hier schlesischer, vorher zum Export bestimmt gewesener Weizen. Roggen nur wenig offeriert, doch ist die Frage auch ruhiger, und die Preise stellten sich für prompte Abla dung wie Lieferung billiger. Gerste ist ruhiger, nach Mittel deutschland konkurriert die tschechoslowakische Ware. Hafer besonders in besserer Ware bei guter Frage scsi. Mehl war recht ruhig. Futterartikel etwas besser begehrt. Getreide und Olsaaien per 1000 Kilogramm, sonst per wo ««co- gramm in Reichsmark: 25 3. 24. 3 25 3 24 3 Welz., märk. 261-265 261-263 Weizkl.j.Brl. 10.5-10.6 10,4-10.8 vommersch. — — Rogkl. s.Brl. 9,6-10 9.5-9.? Rogg., märk. 156-161 1S9-164 Raps pommerfch. — — Leinsaal O 340-350 rvestprcutz. —— — Vikl.-Erbsen 28-31 25-31 Braugerste 170-1S3 170-193 'l.Speiseerbs. 23-25 23-25 Futierycrste 13S-153 139-153 Hunererbsen >9-21 19-21 Hafer, märk. 105-177 164-176 v-lMctU-n 20-21 20,0-»« .o pommerfch. — Ackerbohncn 20-21 westpreuß. —- Wicken 23-26 23-26 Weizenmehl Lupm.. blaue U.5-12,5 115-12.5 p. 100 KZ fr. Lupin., gelbe 14-14.8 14-14.5 Bln.br.inkl. seradella 26-29 26-29 Sack (feinst. Rapskuchen 14 0-14.3 Mrk.ü.Nol. 33,2 36,5 33.2-36,5 Leinkuchen 18.0-18,2 — Noggenmehl Trockenschtzl. 8,8-9 8.7-8.S p. loo kß fr. Zova-Schrol 18.4-18.8 18.8-18.« Bin br.Mit. 4 Torsm!.M7v —- tnkl. Sack 23-25 ! 23-25.2 Karlvfselslck. 14.1-14 2 14 0-14.1 "OMMeDwUN. Roman von A. Hottner-Grefe. 2f (Nachdruck verboten-) Der Mann im Schlitten erhob sich und stieg aus. Als er nun neben dem Geführt auf der Landstraße stand, wirkte seine sehr hohe Gestalt ungemein groß. Er drückte die Pelzmütze tiefer in die breite Stirn, sah scharf nach rechts hinüber und ging gleich darauf mit weiten, sicheren Schritten an dem Feldrain entlang. Hannes fuhr langsam weiter gegen das Städtchen zu, und bald verklang in der Ferne das letzte Geräusch. Der Mann, welcher noch immer den Rain verfolgte, war jetzt an einen Teil des Feldes gekommen, wo der Boden sa.ift anhob. Er machte neuerlich eine Biegung nach rechts, und nun schritt er auf einem breiteren Wege dem Wald entgegen, der dunkel und rätselhaft gegen den fchieferfarbcnen Himmel sich abzeichnete. Als er ganz am Rande des Forstes angelangt war, ging sein Blick wie suchend über die Schneefläche. Und gleich darauf stand er neben dem feingliederigen Säulchen, das sich schlank aus dem Schnee emporhob. Ein „Marterl" nennen die Leute hier zu Lande solche kleine Bauwerke. Sie werden errichtet zum Gedächtnis an Unglücksfälle, an Verbrechen, die ein Opfer forderten Sie sind überall verstreut über das Land, und sie erzählen dem Vorübergehenden oft in wenigen Worten ein Menschenschicksal. Es war schon zu dunkel, um die goldenen Lettern, welche vorn an der Säule eingegraben waren, noch lesen zu können. Aber der Mann, welcher jetzt plötzlich seine Arme um den Stein schlang, der kannte sie auswendig. Und während er die <Ltirn an die Säule preßte, als sei diese ein lebendiger Mensch, sprach er sie laut vor sich hin, so recht heraus aus seinen tiefen Gedanken: „Christa Weltin. Am achtuubzwanzigsten Januar des Jahres achtzehnhundertachtundneunzig ging sie von hier r.us fort von uns und ist nicht mehr heimgekommen." „Und ist nicht mehr heimgekommen," wiederholte der »MN»!"« Mann noch einmal. Er sah starr gegen Westen, wo ein letzter, gelbroter Schein noch am Firmament stand. Wie eine dunkle Schlange zog sich auch dort eine Pappelreihe dahin. Dazwischen ragten runde Weidenköpfe. Dort war der Teich. „Und ist nicht mehr heimgekommen." Der Wind nahm die Watte auf und trug sie hinüber die Felder, hinaus in die Weite, und dem einsamen Manne schien es, als Halle diese unendliche Fläche sie wider, als sprächen tausend Stimmen sie nach. Ein Schauer durch rann ihn. Er hatte oft an Gräbern gestanden und nicht das empfunden, was ihn hier stets überfiel: Dieses furcht bare Gefühl des Nichtbegreifens und Nieoerstehens. Und das würde nie zur Ruhe kommen in ihm, nie! Bon dem Steinsäulchen herab flatterte ein dunkel grüner Kranz von Tannenzweigen, der wie liebkosend des Mannes Stirn berührte. Er fuhr auf, wie erschreckend. „Iula war da," sagte er dann laut vor sich hin, den Tannenzweig noch in der Hand haltend. — „Natürlich! Iula! Sie vergißt auch nicht." Er stand noch eine Weile da, wie versunken in seine tiefen, schweren Gedanken. Seine Gestalt war weithin sichtbar, sie hob sich sonderbar gigantisch aus der Fläche empor. Den Kragen hatte er herabgeschlagen, denn dis Luft war fast unbewegt. Nun zeichnete sich das edel- geschnittene Gesicht mit seinen scharfen Linien klar ab gegen dos eintönige Schiefergrau des Himmels. „Christel!" sagte er noch einmal leise. Dann blieb er noch eine Minute, halb schon zum Gehen gewendet, halb wie gebannt an diese Stelle. Dort drüben im Westen verglomm rasch der letzte Schein. Statt des leuchtenden Not und Gelb zog sich jetzt ein kalter, lichter Streifen am Rande des Firmaments hin. Keine Farbe ringsum, kein Leben, kein Ton. Nur das große Schweigen, in dem die Stimmen aus der eigenen Brust so laut werden, so furchtbar lebendig. Der einsame Mann lehnte, wie von einer plötzlichen Müdigkeit überfallen, den Kopf an den Mannorschaft der Säule. Sein Mund lag fest auf den Eoldlettern des Namens, der dort einaearaben war — ^Christa Welttn* Er war so ganz versunken in seine Erinnerungen, daß er den Schritt nicht hörte, der näherkam. Als er ih« vernahm und den Kopf rasch hob, da sah er die feine, schlanke Frauengestalt ganz in der Nähe am Waldesrand. „Iula!" rief er laut hinüber. Aus dem Halbdunkel kam sie rasch auf ihn zu mit sicheren, ruhigen Schritten. Das blasse, schöne Gesicht leuchtete förmlich aus dem Grau zu ihm herüber, ihre Hellen Augen strahlten ihm voll eines warmen Lichtes entgegen. Sie trug nur eine einfache Kappe auf dem lichten Haar, und der allerletzte Sonnenstrahl, welcher jetzt hinflog über die Erde, verfing sich in den starken, blonde» Zöpfen und ließ, einen kurzen Augenblick nur, ein glänzen des Licht darinnen aufflimmern. Dann trat die Gestalt ganz nahe an ihn heran in den kalten Schatten. Die rechte Hand streckte sie ihm entgegen, mit der linken fuhr sie wie in einer stummen Liebkosung hm über den Marmor des Säulchens, dann sagte sie mit einer vollen, tiefen Stimme: „Komm' heim, Werner. Es ist Zeit. Ich hab' es mir gedacht, wie ich heute am Vormittag hier stand und den Tannenkranz cn die Säule hing: Am Abend, wenn er vom Bahnhof heimfährt, dann kann er nicht vorüber." „Dann steht er wieder hier in dieser großen Ein samkeit und dann sieht er dasselbe, was ich sehe, so oft ich da stehe: Dort — die Pappslallee entlang — geht ihre feine, zierliche Gestalt in dem dunklen Kleid, und die Wintersonne liegt so voll und strahlend auf ihr. Dort geht sie hin und wir beide, du und ich, wir stehen hier und sehen ihr nach, bis sie verschlungen ist von der Ferne. Und seither sind wir zwei so oft, so oft hiergestanden, und immer war es uns, als müsse sie den Weg zurück finden uus dem Ungewissen, in dem sie untertauchte, de» Weg zu uns." Der Mann stand still neben ihr; seine Hand lag now in der ihrigen. In seinem Gesicht zuckte es. „Ja, ja —" sagte er dann halblaut — „daran b"" ich gedacht. An alles dies. Du weißt es ja immer, ich denke, auch wenn ich es nicht sage." (Aöttsewmu. folLl.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite