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Wilsdruffer Tageblatt D«» «vil»dr«ffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschast Weihen, des Amtsgerichts und Stadtrat» z« Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamt» Noffen. Rr 17— 85 Jahrgang. r.l^r-ru»l: .Amubiav« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Mittwoch den20 Januar 1S26 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Ba, .MilsdruSer TageblauE erscheint täglich «achuu 5 Uhr für den . ^'..ndeu Tag. Bezugspreis t Bei Abholung in ^er BefchLftssteüe und den Ausgabestellen 2 Mk. i« Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei Postbestellung » Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Poft bö'tenÄüni nc«ü°- Mi,«c,»d — — U " nehmen ,u jeder geil Bc- de^nn-en e«t«e,e«. I" höherer LewaU, Krieg oder sonstiger BelriedoftSrungen vefteht kein Anspruch aus Lieserung Mr gett»»» »K-- NSqung de» ««tu,»preise». — Rümsendung ringejandler Schriftstück« erfolgt nur, »enn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. An,ei,r>lPrei,.- die «gespaltene Raumzeile 20«»ldpsnm!a, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen pseunig, die s gespalten« Reklame,eil« im lkxtlichen Teile Ivo Soldpfennig. R-chwrisung.gedühr L0 Soldpsrnnig. «ar- werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d^L-kstch»Äch«- annahmebi»v»rm.1VUHr !-k l — > FL« »,« PichUgUeit Ker durch Fernruf übermittelte» Anzeiger, übernehmen wir keine Sarantic. Jeder Radalianspruch crllschi, wen» der »«tra, dum» Klage ei»,e,»gen werden «uf, »der der Austra,ged«ri» Koukur» ,erüt. Anzeigen nehmen all« VermiMuu,»stelle» «utgem». Das Rsichsinnenministerium. Die Bildung eines „Kabinetts der Mitte" durch Dr. Luther ist gescheitert an dem Widerspruch derBayeri- schen Bolkspartei, die einer Besetzung des Reichs- rnnenministeriums durch den Demokraten Koch nicht zu- sttmmen wollte, obwohl derselbe Koch einmal gesagt hat, dieses Ministerium komme ihm vor wie — eine Dame ohne Unterleib. Er spricht aus Erfahrung, denn er war schon einmal zwei Jahre hindurch Reichsinnenminister. Doch, wenn man nicht gerade diesen drastischen Vergleich brauchen will — das Ministerium ist zum mindesten ein Messer ohne Schneide. Und mit dem bloßen Heft kann man auch nicht gerade viel machen. Der Reichsinnenminister ist — man braucht das nicht anzüglich aufzufassen — ein Kopf, zu dem der Leib fehlt. Also zunächst die ausführenden Organe. Die sind zwar theoretisch da, nämlich die Innenministerien derLänder ; aber diese „ausführenden Organe" pflegten und pflegen tm allgemeinen nur das anszuführen, was sie selbst wollen. Und wenn z. B. zwischen dem Reichsinnenminister und etwa dem des größten Landes, Preußen, ein partei- Politischer Gegensatz obwaltet, wie zwischen dem früheren Minister Schiele und rsevering, dem preußischen Innenminister, daun ist der Reichsminister praktisch macht los. übrigens ist es auch ebenso in anderen Fällen, wenn Man sich z. B. an das manchmal recht eigenartige Verhält nis zwischen dem Reich und Bayern erinnert. Dort i» München hat man oft gar wenig darauf geachtet, wenn in Berlin der Neichsinnenminister die Hände rang. Der hat eigentlich nur einen „politischen" Einfluß als Hüter der Verfassung; die Beziehungen zwischen Reich und Einzelstaaten zu pflegen, auszugleichen, eventuell auch verfassungsrechtlich anders zu gestalten, gehört zu seinem Ausgabenkreis. Nun war Koch den Bayern einmal als Demokrat und daher als Zentralist sehr verdächtig, verdächtiger noch, weil er seinerzeit eine zentralistische Antwort auf die bekannte bayerische Denkschrift über die föderalistische Umgestaltung der Beziehungen zum Reich verfaßt hat. Ebensowenig hat aber praktisch das Reichs ministerium auf einem anderen Gebiet zu sagen, das zu seinem Ressort gehört, dem der Schutzpolizei.! Auch hier muß es sich auf eine allgemein regelnde Tätigkeit beschränken. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Tätigkeitsgebiete, wie Gesundheits-, Presse- und Vereinswesen, die Fragen der Neichsangehörigkeit und Bevölkerungspolitik, Versicherungswesen und Zensur, Fremdenpolizei und Sport — aber überall findet hier nur eine „Tätigkeit der Richtlinien" statt — abgesehen von der Statistik —, während die Ausführung den Ländern obliegt. Als „Hüter der Verfassung" hat der Reichsinnen- minister aber noch einige andere Aufgaben, die an Kitz ligkeit kaum etwas zu wünschen übriglassen, weil sie inncrpolitische Streitfragen allererster Ordnung betreffen. Es gibt nämlich in der Verfassung einige Artikel, die nur allgemeine Grundsätze enthalten und dazu den Zusatz, daß „alles Nähere durch ein Neichsgesetz geregelt" wird. Da ist z. B. der Artikel 48, der den sogenannten „Belagerungs zustand" behandelt. Da ist ferner der Kampf um den Ar tikel 18, also der Kampf um die Art, in der die Neugliede rung des Reiches, Veränderungen im Bestand der Einzel staaten, erfolgen soll. Da ist der vielleicht umstrittenste Artikel 146, der die Verhältnisse im Schulwesen regelt oder vielmehr nicht regelt, da bis zur Verabschiedung eines Reichsschulgesetzes alles beim alten bleiben muß. Bekanntlich ist ein derartiger Entwurf schon 1821 heraus gekommen, aber 1924 ergebnislos wieder zurückgezogen worden; 192b wurde ein Referentenentwurf bekannt, wo durch ein erbitterter Kampf um das Schicksal der Be kenntnisschule entfesselt wurde. Und hierin wollen sich die Bayern mit einem Demokraten nicht befreunden, da seine Partei ja Vorkämpferin der Simultanschule ist. Da hierüber die Meinungen selbst innerhalb der Mittel parteien arg auseinandergehen, hat das Zentrum auf das Innenministerium unter der stillschweigenden Vor aussetzung verzichtet, daß ein solcher Reichsschulgesetzent wurf vorerst nicht herauskommt. Es ist also doch etwas drau an dieser „Dame ohne Unterleib". Sie Regiemngsverhandlungen. Man sprach in Berlin schon von dem vollständigen Schellern der Mission Dr. Luthers, der seinen Auf trag zur Regierungsbildung in die Hände des Reichs präsidenten zurücklege,l wolle. Die Idee eines Beamten« kabinetts fand wenig Anklang. Aber in dieser Zeit der Überraschungen kam es wieder einmal anders. Nachdem Montag alles gescheitert schien, wurden Dienstag früh die Verhandlungen Dr. Luthers mit den Parteien wieder ausgenommen, mit Einschluß der Demokraten. An den Beratungen nahmen teil von der Deutsche» Bolkspartei Dr. Scholz und Dr. Zaps, vom Zentrum Marx und Fehrenbach» von den Demokraten Haas und Erkelenz, von der Bayerischen Volkspartei Dr. Leicht. Später kamen an Ministern noch ReichSaußen Uiinister Dr. Stresemann, Reichsarbeitsministcr Brauns, Neichspostministcr Stingl unv Reichswehr- Minister Geßler hinzu. Zu Beginn der Sitzung gaben die demokratischen Vertreter von dem aekabten Beschluß Das neue Kabinett. Der letzte Appell ües keicbsprWaenten. Berlin, 19. Januar. Amtlich wird mitgeteilt: Der Herr Reichspräsident ernpsing heute nachmittag um 6 Uhr die Ver treter der vier für die Koalition der Mitte in Frage kommenden Parteien und gab den erschienenen Herren folgende Erklärung ab: „Ich habe Sie zu mir gebeten, meine Herren, nm vor Ahnen auszusprechen, datz meines Dafürhaltens nunmehr eine Regierung zustande kommen mutz. Nachdem durch das Ausscheiden der Deutschnationalen Bolkspartei der bisherigen Mehrheitsregierung die Grundlagen entzogen worden war, nachdem trotz der hin gebungsvollen und sehr dankenswerten Bemühungen des Herrn Abg. Koch die andere Möglichkeit einer Mehrheitsregierung, nämlich die sogenannte Große Koalition, sich ebenfalls nicht hat verwirklichen lassen, blieb als zwar weniger tragfähige, aber immerhin doch durchaus gangbare Lösung die Regierung der Mitte übrig. Sollte auch dieser Versuch scheitern, so wäre damit das deutsche Vaterland vor eine Lage von größtem Ernst ge stellt, da jedem Gedanken einer andere» Regierungsbildung schwerste Bedenken entgegenstehen. Ach habe es deshalb aufrichtig begrützt, datz die von Ihnen, meine Herren, geführten vier Par teien sich grundsätzlich bereit erklärt haben, eine Koalition der Mitte einzugehen. Herr Reichskanzler Dr. Luther hat mich fortlaufend darüber unterrichtet, welch große Schwierigketten durch die einzelnen Par teien bisher haben überwunden werden müssen, um einer prak tischen Lösung näherzukommen. Cs ist ihm leider nicht gelungen, diese Schwierigkeiten ganz aus dem Wege zu räumen. Aus der anderen Seite erträgt aber die Lage des Landes eine längere Ver zögerung nicht mehr. Was nach einem völligen Scheitern der Versuche dieser letzten Woche, eine parlamentaryche Regierung der Mitte zustande zu dringen, folgen würde, ist nicht zu über sehen Knter diesen Umständen habe ich mich für verpflichtet ge halten, den Herrn Reichskanzler Dr. Sucher zu bitten, nunmehr aus Grund seiner bisherigen Bemühungen den Parteien einen Plan zur endgültigen Beschlutzfassung über die Besetzung der Ministerien vorzulegen. Ich bin von vornherein überzeugt, daß der Herr Kanzler nicht alle, an sich berechtigten Wünsche der Parteien erfüllen kann, bin mir aber klar, daß es einen anderen Weg, baldigst aus der Krisis herauszukommen, nicht gibt. In Ausübung meiner verfassungsmäßigen Verantwortung mutz ich es begrüben, datz der Herr Reichskanzler Sie nunmehr ersuchen will, ihm noch heule abend Ähre endgülige Stellung zu seinen Vorschlägen mttzuteilen. Ich bitte die hier vertretenen Par teien, ihre Bedenken hinter die groben vaterländischen Gesichts punkte zurückzustellen und jedes Opfer zu bringen, damit endlich das betrübende Schauspiel der unausgesetzten Regierungskrisis beseitigt und die Möglichkeit fruchtbarer Arbeit, die jetzt mehr denn je erforderlich ist, wieder geschaffen wird." Hierauf begaben sich die Vertreter der vier Parteien in ine Reichskanzlei, wo ihnen Reichskanzler Dr. Luther seine Miuister- ryrer Mranron zrenmms, der ven Widerspruch der Baye rischen Vottspartei gegen die Kandidatur Koch für das Neichsmnenministerium ablehnte. Der Kanzler regte zu nächst an, in neue Kompromißverhandlungen einzutreten/ und verhandelte dann mit jeder Fraktion einzeln. Nach einiger Zeit entfernten sich die beiden demokratischen Ver treter, um Fühlung mit Koch und ihrer Fraktion aufzu- nehmen. Die Vertreter der übrigen Fraktionen und die Minister blieben beisammen, um die Möglichkeiten einer Kompromißlösung zu prüfen. Der Kompromißvorschlag bestand darin, daß das Innenministerium der demo kratische Abg. Dr. Kuelz erhält, das Finanzministerium der demokratische Führer Koch, das Wirtschaftsmini sterium der volksparteiliche Abg. Dr. Curtius. Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung soll vom Zentrum besetzt werden, eventuell durch den ge genwärtigen preußischen Landwirtschaftsminister Steiger. Natürlich ist der Vorschlag gemacht unter der Voraus setzung der Zustimmung der Bayerischen Volks partei, die aber im Laufe des Nachmittags noch nicht vorlag. Der Reichspräsident hatte dem Verneh men nach die Absicht, die Parteiführer noch im Laufe des Tages zu empfangen, um auf eine Lösung hinzuwirken. Die in Betracht kommenden Parteien hielten Sitzungen ab, wobei die Demokraten, wie gerüchtweise verlautet, be schlossen hätten, ans ihrem Standpunkt zn verharren und im übrigen abzuwarten. Demokraten und Bayern. Die Beschlüsse der beiden Parteien, welche den ent standenen Schwierigkeiten bei der Kabinettsbildung zu grunde lagen, lauten: Die Bayerische Bolkspartei faßte folgende Erklärung: 1. Die Reichstagsfraktion der Bayerischen Volkspartei erklärt eine Lösung der Kabinettsbildung mit Herrn K o ch als Innenminister als untragbar und würde beim Festhalten an dieser Lösung an einer Koalition auf liste vorlegte, die ebenfalls ohne wettere Aussprache entgegen- genvmmen wurde. * cutberr MimsteiM. Berti», 19. Januar. Die vom Reichskanzler Dr. Luther heute abend vorgelegte Ministerliste lautet wie folgt: Reichskanzler: Dr. Luther Aeutzeres: Dr. Stresemann Inneres: Dr. Külz Finanzen: Dr. Reinhold Wirtschaft: Dr. Curtius Justiz: Marx Reichswehr: Geßler Post: Stingl Verkehr: Krohne Ernährung voräufig unbesetzt. ' * Var Sabinen gebildet. Berlin, 19. Januar. Nachdem im Laufe des Abends die Fraktionen des Zentrums, der Deutschen Volkspattei, der Deutschen Demokratischen Pattei und der Bayerischen Bolks- partei ihre Zustimmung zu der vom Reichskanzler Dr. Luther vorgeschlagenen Besetzung der Reichsministerien mitgeteilt Hoche», bat der Reichskanzler dem Reichspräsidenten mitgeteilt, daß das Kabinett der Mitte nunmehr gebildet ist. Das Kabinett Hot die Zustimmung des Reichspräsidenten gesunden. Sie Seuischen SSdiirols vogelftei! - Androhung mit Ausweisung! In einer Verordnung der italienischen Negierung wird bestimmt, daß die Verwaltungsbehörden das Recht haben die Optionen der deutschen Bewohner Südtirols aufzu! heben, wenn sich tzerauSftcA, datz der Optant sich wegen seiner politischen Haltung der italienischen Staats- angehörigkeit unwürdig zeigt. In Zukunft könne» daher auf Grund einer einfachen behördlichen Anordnung atk politisch verdächtigen Südtiroler nach Aberkennung der italienische» Staatsangehörigkeit ausgewiesen wer de». Die deutsche Presse in Nordtirol sowie die gesamte» österreichischen Blätter erheben schärfsten Einspruch gegen diese neue Vergewaltigung des Deutsch tums, das durch diese Bestimmung völlig entrechtet wird. Sie weisen darauf hin, daß hierdurch alle Deutschen füi völlig vogelsrei erklärt werden. Das Presseamt der faschi stischen Partei Italiens teilt mit, daß jenseits der italieni schen Grenze in allen Orte» Touristenvereine gegründet würden, die die Aufgabe haben, die Jtalienisiernng diese, Gebiete zu fördern. dieser Grunviage nicht tettneymen. 2. nngestaM ver großen politischen Schwierigkeiten für den Fall einer parteipolitisch-parlamentarischen Besetzung des Innen«? Ministeriums erachiet die Fraktion die Besetzung mit einemf „Fachmann" als richtige Lösung. 3. Je nach Erledigung dieser beiden Punkte wird die Stellungnahme zu de»^ weiteren Verhandlungen sich gestalten. Die Demokraten antworteten darauf: Die Frak»K tion der Deutsch-Demokratischen Partei ist nicht gewillt, tw-1 folge des Einspruchs der Bayerischen Volkspartei auf ihrej Wünsche über die Besetzung des NeichsinnenminifteriumsZ zn verzichten. Sie hat diese Besetzung aus der Überzeugung^ vertreten, daß durch sie die Führung der Innenpolitik im' Geiste der Verfassung gesichert werden solle. Die Fraktion f ist nicht in der Lage, diese Überzeugung einem unbegründe ten partikularistischen Mißtrauen preiszugeben. * Der Ältestenrat des Reichstages will unverzüglich zusammentreten, um sich darüber schlüssig zu werden, wann- die Regierungserklärung angesetzt werden kann. Man! rechnet auch bei einem günstigen Ausgang der letzten Be-f sprechungen Dr. Luthers mit einer V e r t a g u n g, da sich: der ursprüngliche Termin, Mittwoch, Wohl ans keinen Fall einhalten lassen wird. Die Stärke -er Besahungsiruppett. Eine Interpellation im Reichstag. Im Reichstag ist eine Interpellation der Fraktion ver Deutschen Vottspartei eingegangen, in der es u. a. heißt, daß nach englischen Zeitungsmeldungeu der Unteraus- schuß des Botschafterrates vorgeschlagen habe, Vie StärkederinderzweitenunddrtttenZone verbleibenden Besatznngstruppen auf etwa 75000 Man» festzusetzen. Es wird gefragt, ob diese Nachricht zutriff» und welche Schritte die Negierung getan bat bzw. zn tt-v