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Rhein-Golo und Gobi-Gold Vie Mythen -er Völker und das gelbe Metall — „Ameisen" graben «ad „Greisseu" bewachen -as Gold Die Geldwäscherei ist uralt — aber wer Neiß in Europa jetzt noch Niel davon datz sie S»st am Rhein mit großem Erfolg betrieben Wvrde? Wenk heute das Wort „Nheingold" «rfklingt, denkt man unwillkürlich zuerst an die Nibelungensage von dem Goldschatz, den der finstere Hagen der schönen Krimhilde «Abte und in den Strom versenken lieh, »achdem er den blonden Helden Siegfried dorch Verrat getötet. Wagner hat dieser echr germanischen Sage neues Leben eingehaucht «nd sie unsterblich gemacht. Aber Gold- Wäscherei ist etwas ganz anderes und hat auch »ichts mit dem so oft zitierten ..Rheingold" «l tun, das den köstlichen Saft jener goldenen Trauben Preist, die an den Rheinusern so wundervoll gedeihen — nein — Goldwäscherei P nämlich etwas sehr Ernsthaftes und Prak» Usches! Es war ein Industriezweig, der seiner, geil speziellen Ketsch am Rhein blühte un- vielen Menschen Arbeit und Brot gegeben hat. Die feinen Goldkörnchen, die damals mit sehr primitiven Apparaten aus dem Sande des Flusses „herausgewaschen" wurden, haben gute Ausbeute gebracht. Aus welchem Grunde dann die Sache aufgegeüen wurde, ist leider ««bekannt. Aber mit großer Energie und Hoffnungsfreudigkeit geht man jetzt dort wieder an die Arbeit und hofft, mit Hilfe modernisierter Apparate diese Industrie wie der ertragfähig gestalten zu können. * DaS lebhafte Interesse, das in ganz Deutsch- Daud dieser Nachricht entgegengebracht wird, erinnert unwillkürlich an all die märchenhaften Berichte von Goldfunden in der antiken Welt. Scho» Herodot — ,cher Vater der Geschichte" — erzählt die mystische Fabel „von den gold- -benden riesenhaften Ameisen", welche das L aus der Erde herausscharren, behütet «on den ebenso mystischen .Greiffen", welche «» Fernen Osten die goldhaltige Sandwüste bewachten. Wie hätte sonst das Altertum die Sage vom „Goldenen Vließ" erfinden können, daS Jason als Anführer des Argonauten- Zuges aus Kolchis raubte. Aber das geraubte „Goldene Vließ", der märchenhafte Goldschatz verhärtete Jasons Herz, so daß er Medea ver stieß und sie aus Rache ihre Nebenbuhlerin und die Kinder ermordete. Immer aufs neue gibt das Gold Anlaß zu furchtbaren Tragö dien. — Doch: „Am Golde hängt, nach Golde -rängt doch alles — ach, wir Armen", läßt Goethe sein Gretchen sehnsüchtig sprechen. Ilnd der von Loki entwendete „Sack roten - GoldeS" wird, wie uns die Edda erzählt, in tieftragischer Form Ler Grund zur Götter dämmerung. Verfolgen wir nun jene Fabel von den gvldgrabenden Ameisen und den „Greiffen" die das Gold bewachten, weiter, so finden wir dieselbe bei zahlreichen Schriftstellern der antiken Welt. Ltrfias, der vier Jahrhunderte v. Ehr. lebte, scheint der erste gewesen zu sein, der aus führlich darüber berichtete. Doch hat er nur wiederholt, was bereits lange vor ihm Ari- steas, Proconnesius u. a. e^ählt haben. Fast Jahrhundert später versichert Nearch, vlare jener Ameisen selbst gesehen zu Strabo und Megasthenes, Arian und .mponius, selbst Plinius und Elian wieder holen die märchenhafte Kunde von diesen selt samen Tieren, während Philostratus mit besonderer Ausführlichkeit die seltsame Gestalt der goldbewachenden „Greiffen" genau be schreibt. Man spricht bei manchen Schriftstellern des Altertums von einem scytischen Volk der „Gryphen", sollte dies mit Anlaß zu der Fabel des goldbewachenden „Greiffen" gewesen sein? Es ist doch eine anerkannte Tatsache, daß jeder Legende und jeder Fabel als Kern irgendeine wirkliche Begebenheit zu grunde liegt, welche die Phantasie der Mensch heit mit tausend märchenhaften mythischen Zusätzen ausgeschmückt hat. Wenn ein Gold- land wie Kolschis durch seine unermeßlichen Schätze weit und breit berühmt war, sollte sich da nicht sehr leicht ein kühner Abenteurer gefunden haben, der um den Besitz des Gold schatzes bereit war, sein und seiner Gefährten Leben aufs Spiel zu setzen? Daß zu solchen Unternehmungen, die man damals als kühne Heldentaten feierte, sich eine schöne Frau fin det, die dem Anführer ihr Herz schenkt, ihm beisteht, ihm erst den Erfolg ermöglicht, die dann aber trotzdem später von dem Geliebten verlaßen wird und dafür blutige Rache nimmt, ist ebenfalls ein Motiv, dem man in der ganzen Geschichte der Menschheit nur zu oft begegnet. Läßt nicht Grillparzer seinen Jason in diesem Sinne das bittere Bekennt nis ablegen: „Ich habe viel gewünscht gehofft getrachtet" (nämlich nach Gold und Ruhm), und an anderer Stelle heißt es: „DaS ist des Unglücks eigentlichstes Unglück, baß selten sich der Mensch drin rein bewahrtl" Auch TheseuS könnte das gesagt haben er. der Ariadne auf Naxos treulos »erließ. 4rotz de» roten FadenS, mit dem sie ihn au- dem Labyrinth gerettet hatte. Bei seiner Heimkehr nach Atikah findet er das ganze Volk in Aufruhr gegen sich und muß flüchten denn alle Schuld rächt sich auf Erden. So darf man wohl mit Recht annehmen, daß der Fabel von den goldgrabenden Ameisen und den sie bewachenden „Greiffen" irgend eine, wenn auch noch so entstellte tvirkliche Tatsache zugrunde liegt. Finden wir doch diese Kunde sogar noch vom 13.—17. Jahr hundert immer aufs neue, selbst von Män nern erzählt, die man nicht ohne weiteres der Unwahrheit bezichtigen kann, sondern denen man wenigstens den guten Glauben an ihre Erzählungen zubilligen muß. So schreibt z.B. der berühmte Weltreisende Marco-Polo, der im 13. Jahrhundert lebte, daß die Greiffen unter den Vierfüßlern den Löwen am ähn lichsten seien, aber infolge ihrer Flügel wieder um auch den Vögeln verwandt schienen. Ihm pflichtet Mandeville bei. der sich sogar dazu versteigt, die Stärke eines „Greiffen" mit der von acht Löwen und hundert anderen Tieren zu vergleichen. Goropius behauptet in Un garn die Riesenklaue eines „Greiffen" selbst gesehen zu haben. De Thou (gest. 1617). der ein Geschichtswerk über die Zeit von 1545 bis 1607 verfaßte, erzählt mit größter Bestimmt heit. daß „Schach Thomas" von Persien 1559 durch seinen Gesandten den Solimann nebst vielen anderen Geschenken auch eine goldgra- bcnde indische Ameise übersandt habe, welche ungefähr von der Größe eines Hundes, aber ungemein „wild und beißig" gewesen sei. Bei dieser Erzählung drängt sich uns Kin dern des 20. Jahrhunderts unwillkürlich der Gedanke auf, daß es sich etwa hier nicht um eine Ameise, sondern um einen wirklichen Hund gehandelt hat, der vielleicht zum Gra ben nach den Goldkörnern abgerichtet war — etwa in der Art, wie man die scharfen und sehr oft bissigen Teckel zum Dachsschliefen be nutzte. Graben doch auch gewisse Hunderaffen mit besonderer Begeisterung nach Trüffeln, wobei ihnen freilich die Schweine starke Kon kurrenz zu machen pflegen. Man könnte allerdings andererseits einwenden, daß der fabelhaft stark ausgebildete Geruchssinn der Hunde den Dachs spürt und den eigenartigen Duft der Trüffel bereits von weitem wittert, während tsie Goldkörner im Sande für den Menschen doch völlig geruchlos sind. Aber es ist natürlich ein Unterschied zwischen dem ver hältnismäßig sehr schwachen Geruchssinn der Menschen und dem der Tiere überhaupt. Na türlich können wir in unserem Klima ebenso wenig die Eigenart der indischen Ameisen und Hunde beurteilen, oder die eines Tieres, das dort mit Recht oder Unrecht „Ameise" genannt wurde; auch kann es sich vielleicht um eine jetzt längst auSgestorbene Tierraffe gehandelt haben. Da in den alten Sagen häufig von den „Fellen" dieser Ameisen die Rede ist, hat 1799 Graf v. Veltheim, „Königl. Großbritanni scher, Churfürstlich, Braunschweigisch-Lüne- burgischer Bcrghauptmann der Königl. Sozie tät der Wissenschaft zu London, wie auch eini ger anderer gelehrter Gesellschaften Mitglied" also ein Mann, der Praxis und nicht allein der Wissenschaft, einen sehr interessan ten Versuch unternommen, diese merkwürdige Fabel aufzuklären oder wenigstens für die Entstehung derselben eine sehr eigenartige, aber doch ganz glaubwürdige Erklärung zu finden. So nimmt er z. B. an, daß es sich hier um eine Sage aus der Wüste (Schamo) Gobi handle, in der seit uralten Zeiten die Arbeit der Goldwäschevei eifrig betrieben wurde, um jene großen Goldtribute zu lie fern, die im Orient schon seit Menschengeden ken üblich waren. Die Methode, um hier das Gold zu gewinnen, war dieselbe, die unter dem Namen von „Seif-Arbeit" oder „Gold wäscherei" überall da bekannt ist. wo sich Golükörner im Fluß- oder Wüstensand in solcher Menge finden, daß der Betrieb loh nend ist. Unter diesen Umständen darf an genommen werden, daß gerade in den riesen haften Sandwüsten, wie Chamo-Gobi eine ungeheure Anzahl von Menschen mit Gold wäscherei beschäftigt war, und zwar nicht nur Sklaven, Kriegsgefangene und Staatsverbre cher, sondern erst recht eine Menge von Kin dern, die von klein auf zu diesem Berufe er zogen wurden. Statt der sonst üblichen Plane bediente man sich, um die Goldkörner einzusammeln, der Felle von den dort zahl reichen einheimischen Füchsen. Füchse sind ge wohnt, sich in die Erde einzugraben und un terirdisch zu leben. Abgesehen davon, daß schon hierdurch Hügel entstanden, bildete auch der durchgewaschene Sand gewaltige Er höhungen, die den Ameisen- — spez. — Ter mitenhügel außerordentlich ähnlich waren, so datz die Sage von Riesenameisen sehr leicht entstehen konnte; besonders da die völlig nack ten, braungebrannten Arbeiter sich zwischen diesen Hügeln ähnlich wie Ameisen eifrig hin und her bewegten. Was nun die Sage von den „Greiffen" anbetrifft, so darf man wohl mit Recht an- uehmen, daß dies kostbare Gebiet mit seinen Goldschätzen scharf bewacht werden mußte, um die räuberischen Nomadenstämme und die Ka rawanen reisender Kaufleute tunlichst fernzu- halten. Von diesen „Greiffen" findet man zahlreiche Abbildungen ihrer bekannten mysti schen Gestalten, in denen sie meistens mit Löwen-, Adler- oder Hundeköpfen dargestellt sind — aber in den Ruinen von Persepolis tragen die dort gefundenen Nachbildungen von „Greiffen" ein völlig menschliches Antlitz, so daß wir annehmen dürfen, man habe zum Schutz des Goldlandes ab und zu auf Hügeln Bildwerke von „Greiffen" mit menschlichen Zügen aufgestellt, oder auch wirkliche Men schen als „Greiffen" verkleidet dort mit riesi ¬ gen Flügeln auf weithin sichtbaren Höhe« postiert, um die Sage von diesen gefürchtete« Beschützern des Golülandes immer aufs neue, vor Augen zu führen und glaubhaft ,«. machen. Im Hinblick auf den großen Aber glauben im Fernen Osten waren diese furcht- baren Gestalten abschreckend genug, um jede» , sernzuhatten. der dort eindringen wollte.. Denn wenn auch das Betreten des Gold-- bezirks bei Todesandrohungen verboten war,' so hielt doch die abergläubische Scheu vor, furchtbaren mit übermenschlichen Kräften auS-. gestattete Geschöpfe die Räuber viel besser i«> Schach, als die Furcht vor den Strafen deS' Gesetzes. Th. Graf von Schlieben. ,^Ulle meine Entchen Photo: Dr. Weller — Bavaria (M). Ist Wasser aus Obst schädlich? Eines schickt sich nicht für alle Herr A. hat eine geradezu abergläubische Angst, auf Obst Wasser zu trinken, und schärft seinen Kindern diese Angst in Gestalt eines Verbotes als oberstes Gesundheitsgesetz rin. Der kleine Hans, neugierig, wie Kindern nun einmal sind, hat es doch einmal übertreten und bekam fürchterliche Leibschmerzen. Der Nachbar B. und seine Frau halten das für die alleinige Folge „fixer Ideen"; wenn sie irgendwo eingeladen find, bitten sie nach dem Obst mit der gleichgültigsten Miene der Welt unfehlbar um ein Glas Wasser, zum Ent setzen der Gastgeber; es geschieht ihnen aber gar nichts! Die Familie C.. nicht ganz so ängstlich wie Herr A., aber auch nicht so ro bust wie die Bs., hält es zwar fiir gefährlich, Wasser auf Obst zu trinken, hat aber merk würdiger Weise nicht die geringsten Bedenken gegen Obst auf Wasser; und fährt tatsächlich wohl dabei! Als das Herr A. aber einmal in einem Anfall von Heroismus nachmachen wollte, fiel er bös herein. Im übrigen ver speisen alle Milch, Wein, Limonade, Bowle, die doch zu 99 Prozent aus Wasser bestehen, zusammen mit Obst, ohne sich dabei etwas zu denken. Ist also Wasser auf Obst schädlich ccker nicht? Das ist nicht leicht zu beantworten! Eine Anfrage bei den Medizinern beweist, daß die Wissenschaft nicht weniger wider spruchsvoll ist als das Leben. Die einen be trachten die Volksmeinung, Wasser auf Obst fei gefährlich, einfach als Aberglauben, der entstanden sein mag in der Zeit der Cholera epidemien 1860 und 1873, als es Todesgefahr bedeutete, ungekochtes Wasser zu trinken oder ungereinigtes Obst zu essen. Andere find im merhin geneigt, da doch tatsächlich in vielen Fällen üble Folgen nicht zu leugnen sind, die Sache etwas ernster zu nehmen Ueber die Ursachen solcher Beschwerden find die Mei nungen auch wieder geteilt, vielmehr gibt es eben mehrere Ursachen; übereinstimmend wird das Wasser aber nicht unmittelbar verant wortlich gemacht. Die ziemlich verbreitete Ansicht, daß Quellungen schuld seien, wird nicht von allen Aerzten geteilt. Bei Quell versuchen zeigten verschiedene Obstarten, die mit Wasser vermischt worden waren, erst nach 14 Stunden ganz geringfügige Quellungen von 5 Prozent, während der Zwieback schon nach fünf Minuten um 50 Prozent aufquillt, ohne Schaden zu stiften. Andere Quellversuche ergaben freilich lvdentend höhere Ziffern, und das in kurzer Zeit. Bei Kirschen ». B. 100 Prozent (Sauerkirschen 60 Prozent), bev Aepfeln 10 bis 20 Prozent. Das Obst War aber in diesem Fall nur grob zerkleinert! worden. Aber das ist es ja! Meist wird es doch nur' hastig verschlungen und schlecht gekaut. ES liegt dann wie ein Haufen Steine iyl Mage«, und das verursacht unbändigen Durst. DaS Wasser reizt dann durch seine Kälte den über dehnten Magen und Darm zu heftigen Be wegungen (gesteigerte Peristaltik, und da»! Uebel ist da. Kirschen, Stachelbeeren und! Weintrauben sollen sich am härtesten an un-j gesitteten Essern rächen. Auch Bakterien wer den für die auftretenden Folgeerscheinungen, Koliken, Magenkatarrhe usw. verantwortlich gemacht. Alle diese Erscheinungen, die recht unange nehm sind, treten aber auch auf, ohne datz man Wasser getrunken hat. Vor allem gilt dies für Personen mit wenig Magensäure. Der Wassergenuß wirkt in diesem Fall ver schlimmernd, weil er die Magensäure ver dünnt und ihre Abwehrkraft gegen die ein dringenden Bakterien in größerem oder klei nerem Umfang herabsetzt. Was folgt aus allen diesen Tatsachen? GS zeigt sich, daß die populäre Meinung, Wasser auf Obst sei gefährlich, nur in bedingtem Maß stimmt, wenn auch ,^twas dran ist". So geht es mit allen Volksmeinungen dieser Art, denen ein Körnchen Wahrheit innewohnt. Man kann jedoch mit gutem Gewissen sagen, daß Genuß von Obst und Wasser, sofern er sich in engen Grenzen hält, im allgemeine« nicht schaden wird. Die Todesfälle, di« Ma» immer als Gegenbeweis anführt, stellen sich, wenn man ihnen genauer nachforscht und gründlich untersucht, durchweg nicht als un mittelbare Folge von Waffergenuß auf Obst heraus. Selbstverständlich ist eS bester, zu vor sichtig zu sein als überhaupt nicht. Wer sich' vor Schaden hüten will, esse nicht zuviöl und' stets nur reifes und sorgfältig gereinigtes Obst und kaue eS vor allem richtig. Glaubt er, unbedingt Master darauf trinken zu müs sen, dann trinido er nur mäßig und nicht z» kaltes. Daher. Ches: .Der SM Ihrer Briefe ist entsetzlich steif." Korrespondent: „Ja. ich steck» auch volle» Rheuma."