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Wit den Dr. Faust -er Teufel schelt Bor 4vo Mren starb der sagenhafte Magier - Bor NO Fahren «Wen bas erste Faustbmh Eins von zwei Daten steht fest: Vor genau 450 Jahren erschien das erste Faust-Brich, die Lebensbeschreibung des Mannes, den seit sei nem Leben und Sterben die Phantasie des ganzen Volkes nicht mehr losgelassen hat und der die größte symbolische Figur des deutschen Geisteslebens geworden ist, mehr noch, des germanischen Geisteslebens. Denn nicht nur Vie deutschen Dichter und Denker haben sich mit dem Leben und Sterben des Dr. Faust «useinandergesetzt, auch die Engländer taten eS, die Skandinavier, und darüber hinaus hat Fäust unter diesem seinem Namen bei den Franzosen Gastrecht gefunden und unter dem Namen Pan Twardowski auch bei den Polen - wobei hinzugefügt sei, daß sehr viel deut sches Geistesgut im Zuge der Reformation »ach Polen gekommen und dort nationalen Vorstellungen angeglichen und national um- Gebildet worden, ist. Das Faust-Buch, das 1587 in Frankfurt am Main von Spieß herausgegeben worden ist, j also vor genau 350 Jahren, ist die erste Sammlung, man möchte schon eher sagen An sammlung von Geschichten, Schwänken und Posten, die um den Dr. Faust umgingen, es enthält dazu aber vieles, »vas vvn den an deren Magien, und Nekromanten jener Zeit erzählt wurde und was man einfach auf die volkstümlichere Gestalt des Dr. Faust über trug. Goethe hat — entgegen der landläufigen Meinung dieses in seiner Vaterstadt erschie nene Faust-Buch ebensowenig gekannt wie das Widmannsche Faust-Buch, das 1599 heraus kam. Das Spieß'sche Faust-Buch läßt den „Erz- zaubercr" einen Wittenberger Stadtgenosten Luthers sein. Das erregte damals schon in gewissen reformierten Kreisen Anstoß, trotz dem das Buch sich stark moralisierend gab und den Sieg des Glaubens über den Unglauben, des Herrn über den Teufel verherrlichte. Die Bedenken jener Kreise wurden stärker, als un gefähr zehn Jahre nach dem Erscheinen des Radierung von Rembrandt. . Photo: Scherl (M). Faust bei maMchee Beschwörung Spieß'schen Faust-Buches englische Komödian ten den Faust-Stoff als Schauspiel nach Deutschland brachten, in dem Faust gar Dok tor der Theologie an der Wittenberger Hoch schule war. Man fühlte dadurch Kirche und Schule zu Wittenberg geschmäht und verleum det". Es erschienen Abwehrschriften und aus einer derselben, der des Heidelberger Profes sors Hermann Witekind, erfahren wir nähe res über Faust's Todesjahr. Witekind hat sein Buch unter dem Namen August Lerchhcimer von Steinfelücn unter dem Titel „Christlich Bedenken und Erinnerung von Zauberei)" er scheinen lasten. Im allgemeinen gibt man als Faust's Todes jahr das Jahr 1539 oder 1540 an, und man stützt sich dabei auf einige ungenaue und zu fällige Angaben. Witekiuds Buch enthält aber eine ganz genaue Angabe. In der dritten Auflage, die 1597 erschienen ist, steht: „Den Faust aber hat der Teufel vor nun 60 Jahren geholt." Das iväre also 1537 gewesen. Diese Jahreszahl wird durch einige andere Angaben erhärtet. In einem Gesuudhcitsbüchlciu des Wormser Stadtphysikus Philisip Begardi heißt es in der Ausgabe von 1539 in der Vorrede, daß der Faust, der „vor etlichen Jahren vast durch alle Landtschaft, Fürstenthoumb und Königreich" gezogen sei. nun schon tot sei. In der Zimmerschen Chronik steht zum Jahre »539 „es ist auch umb die Zeht der Fauftus zu «der doch nit weht von Stauffen, dem neilin 4* Brrisoow gestorben", «um letztenmal wird des Dr. Faust als eines Lebenden in einem Brief des Joachim Camerarius vom 13. August 1538 gedacht. Nach 1537 gibt es keinen Hin weis mehr, daß der Dr. Faust noch gelebt habe. Also halten wir uns an Witekind mit 1537. Wer war nun der Dr. Faust? Goethe nennt ihn mit Vornamen Heinrich. Der Name ist willkürlich. Der historische Faust, den wir zweimal in Urkunden erwähnt finden, im Nürnberger und Augsburger Ratsprotokoll, und in beiden Fällen handelt es sich bezeich nenderweise um Stadtvcrwcisung, wird dort Jörg genannt, also Georg, Dr. Georg Faustus. Zwei Humanisten, der Erfurter Dichter Mu tianus Rufus und der Rebdorfer Abt Kilian Leib, sprechen von ihm als Georgius Faustus Helmstctcnsis, also Georg Faust aus Helm stadt, und auch der Abt von Sponheim, Jo hann Trithemius, Faust's gelehrter Gegen spieler, führt den Vornamen Georgius an. Dieser Vorname Georg widerspricht zwar dem Vornamen Johann, den Faust in dem Spieß- schen Faustbuch trägt, aber Namen ivarcn zu jener Zeit mehr noch als Schall und Rauch die Träger wechselten sie nicht nur selbst narb Belieben, die Willkür der anderen war darin noch größer. Faust wurde, so nimmt man an, im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts in Knittlingen in Württemberg geboren, vielleicht um 1480. Jedenfalls ist diese süddeutsche Ecke die eigent liche deutsche Faustecke. Seine Person hat sich dann sehr schnell in -er Vorstellung seiner Zeitgenossen mit der anderer Magier ver mischt. So ist es wohl möglich und sogar wahrscheinlich, daß der Helmstädter Faust, von dem Rufus und Leib sprechen, der Knittlinger Faust ist, der vielleicht mit Absicht Geburtsort und Abkunft im Dunkel gelassen hat. Die Verwirrung wird dadurch noch größer, daß in Heidelberg, wo auch unser Faust studiert hat — er hat nebenbei noch in Erfurt und Krakau und angeblich auch noch in Wittenberg studiert — ein Georg Helmstedter immatrikuliert war, der auch dort seine Doktorprüfung bestand und von der Neckarstadt aus seine Laufbahn als Magier und Alchimist begann. Jedenfalls von-Dr. Faust und seinen an geblichen Wundertaten und auch sehr schnell von seinem Bündnis mit dem Teufel — denn wie anders konnte man solche Wunder wirken, wie er sie angeblich wirkte — war das ersk Drittel des 16. Jahrhunderts voll. Es sind die Wunder, die allezeit so etwas wie Wunschvor stellungen -er Menschheit waren: Auf einem ausgebreiteten Mantel durch hie Luft fliegen zu können, aus warm kalt und aus kalt warm zu machen, Herr über Wind und Wetter zu sein, auch zu wissen, wie einem die gebratenen Tauben geradewegs ins Maul fliegen, und man zu solcher Mahlzeit vom dürren Stock sich Wein zapfen kann; es sind dazu uralte magische Vorstellungen und selbstverständlich auch viel Possenhaftes. Es ist im Geist der Zeit dabei gar nicht ver» wunderlich, daß der Gottesleugner und Teu- felsbündler Faust sich am Hose hoher Kirchen fürsten aushält. So weilte er bei dem Fürst bischof Georg Schenk von Limburg, dessen Astrologe er ist; er ist am Hofe des Kölner Erzbischofs Herman von Wied und an dem des Fürstbischofs von Eichstedt, Moritz von Hutten; und dem Bischof von Münster, Franz von Waldeck, den die Wiedertäufer aus seiner Residenz vertrieben haben, soll er das Ende der Herrschaft der Wiedertäufer auf den Tag genau vorausgesagt haben. Faust hat, wie alle Leute seiner Zeit und seiner Zunft, sein Licht nicht unter den Scheffel gestellt. Und wie das immer so ist, die an ¬ deren, deren Licht Las seine überstrahlte, havat alles getan, sein Licht zu verdunkeln. Begardi» Trithemius schreiben in ihren Briefen «nhi Berichten in sehr hämischen und gehässig«! Ausdrücken über ihn; aus diesen Berichte» erfährt man auch über Faust's angebliche Zau berei, und dort steht auch die Andeutung seines Bündnisses mit dem Teufel. Wobei immer noch fraglich bleibt, ob die gelehrtem und frommen Herren dieses Bündnis so sehv, mißbilligten, oder ob sie nur auf den Dr. Faust neidisch waren, der augenscheinlich eins schärfere Formel zur Beschwörung und Ban«i nung des Bösen wußte als sie selbst. Im übri» gen nmß es dem historischen Faust, das be weisen schon die Verweisungen aus Augsburg und Nürnberg, nicht immer und überall guh gegangen sein; sein Leben wird neben wenigen Höhen sehr viele Tiefen gekannt haben, und' möglicherweise war das Ende so kläglich, daßi man wirklich meinen konnte, der Teufel hab« ihn geholt. Den Dr. Faust unserer Vorstel lung, den hat erst eine gewisse Wunschvorstel» lung der Zeit und des Volkes und darauf, weiterbauend die Literatur, zunächst unab- sichtlich und dann in voller Erkenntnis g«» schaffen. Das ist der Faust, in dessen Brush zwei und mehr Seelen leben, der die irdisch«! und himmlische Welt erfassen und durchfor schen möchte, der Gott gleich fein will und wissen, was gut und böse ist, dessen — nun, -essen faustischer Drang vor nichts zurück schreckt, auch nicht vor dem Bündnis mit dem Teufel. Bei allem Schwankhaften in den alte» Faust-Büchern ist von diesem höheren Drang, schon etwas zu spüren. Irgendwie haben di» Verfasser geahnt, daß das Ende nicht so sei« könnte, wie in den Hanswurstiaden, daß Faust' den dummen Teufel am Ende Prellt. Er muß di« Rechnung bezahlen, die er aufgemacht hat. Und wenn die Humanisten schon so rationa listisch waren, daß sie an Wunder nicht recht glauben wollten, und — vielleicht unbewußt — mit dem Teufels-Wundertäter Faust do himmlische Wunder parodierten, so waren sic doch noch nicht „humanistisch" genug, an das Ende ihrer Faustgeschichte statt des „Gerichtet* das „Gerettet" zu setzen. C. E. Ankr MW Nrst / "-LüL Nach Deutschland kam das Brot um die Wende des 8. Jahrhunderts durch die Römer, obwohl unsere Vorfahren schon früher eine Art Brot in runder Form kannten, das sie in Tontöpfen herstellten. In den Klöstern wurde dann das Müller- und Bäckergewerbe frühzeitig ausgebaut und zu einem Beruf ver einigt. Auf dem Konzil zu Frankfurt im Jahre 794 wurde bestimmt, daß ein halbes Brot, ein Pfund wiegend, als tägliche Nah rung jedem Mönche genügen müsse. Mit dem Aufblühen der Städte entwickelte sich das Bäckergewerbe immer mehr, während auf dem Lande jede Banernfamilie ihr Brot bis in die Neuzeit hinein selbst bereitete. Gerade beim Landmann ist das Brot mit mancherlei ehrfürchtigen Sitten und Ge bräuchen eng verbunden. Die Ehrfurcht vor dem Brote spricht sich in zahlreichen Volks bräuchen, Sagen und Märchen aus. Heute noch lebt auf dem Lande die Scheu, Brot fort- zuwersen oder gar auf Brot zu treten. Dem Volksglauben nach sollte man das Brot nicht durchstechen, weil man sonst den Leib des Herrn durchbohren würde. Solches Anstechen des Brotes galt aber nicht nur als Sünde, sondern auch als gesellschaftliche Unart; des halb schrieb schon Erasmus von Rotterdam darüber in seinem Buch „Neber die Höflich keit": „Man solle das Brot fein manierlich rund anschneiden. Von den Voreltern sei das Brot immer unter feierlichem Zeremoniell angeschnitten worden, und noch immer sei die Sitte zu loben, daß man Brot, das zur Erde gefallen ist, nach dem Aufheben küssen solle." Das wird auch heute noch als frommer Bauernbrauch mancherorts beachtet. Der Volksglaube bestraft die Brotfreuler und Brotverächtcr auf mancherlei Weise. Kinder, die böswillig Brot verderben, werden versteinert oder vom Sturme weggeführt (Dreißer Gegend). Ein Hirtenjunge aus Granzow in der Uckermark mußte umkom men, weil er den Käse den Hügel Herunter rollen ließ und das Brot mit den Worten nochmals: „Düwel rennt, un unse leve Herr gott kriegt eml" Die reiche Jungfrau von Stavorcn wurde zur Bettlerin, weil sie sogar den Weizen verachtete und ins Meer werfen ließ. Die Sechandelsstadt Jumne, das Bineta der Sage, ging unter, weil frevelhafte Men schen klein« Löcher in den Wänden mit Brot verstopften und ihren Kindern aus reine« Uebermut mit zarten Semmelkrumen den Schmutz abricben. In der Mark weiß man von dem im Gohlitzsee versunkenen Dorf zu erzählen, dessen stolze Bauern so viel Weizcn- brot hatten, daß sie damit die Schweine füt terten und di« Kinder ebenfalls mit Brot krumen abwischten. Weil sie so mit der Gottes gabe umgingen, versank ihr Dorf im See. Mehrfach.berichten Sagen von Müttern, di» ihre Kinder, statt sie zu waschen, mit Brot ab- rieben und dafür in die Erde versanken, vom, Blitz erschlagen oder sonst bestraft wurden. In Tirol erzählt man die Geschichte von der stolzen Frau Hütt, die ihren in einen Sumpf gefallenen Sohn mit iveichen Brotkrumen reinigen läßt und dafür in einen Stein ver wandelt wurde. Im deutschen Volksglauben kommt dies immer wieder zum Ausdruck, un- auch im Sagenschatz anderer Völker findet sich di« Geschichte von Brotfrevl«rn, die für ihren Mißbrauch des Brotes versteinert werden. Nebenbei bemerkt gibt es auch eine ganz» Anzahl schönst Brotwundersagen, von denen die bekannteste die der heiligen Elisabeth von Thüringen ist, wo das für die Armen be stimmte Brot sich in Rosen verwandelt, al ber böse Gemahl die fromme Frau bei ihrer Mildtätigkeit zu ertappen glaubte. Die Ehrfurcht vor dem Brote brachte es mit sich, daß man ihm auch geheimnisvolle Kräfte zuschrieb. Dem neu einziehenden Paare wird n<^ heute in vielen Gegenden Deutschlands Brot und Salz ins Haus gebracht, damit eS dem Hausstande nie an Nahrung fehle. Der Volksglaube meint, man solle nie ohne Brok im Hause sein. In Böhmen wird dieser Glaube damit begründet, wenn Brot im Hause ist, habe man auch in Stunden der Ge fahr die nötige Geistesgegenwart. Brot soll auch vor Behexung schützen, deshalb legt man dasselbe den Kindern in die Wiege. Weitver breitet ist der Glaube, daß ein Stück HauS» brot, das man aus der Reise mitführt, den Betreffenden auch wieder gesund heimbringt- Mit Brotkrumen soll man auch vergiftete» oder verseuchtes Wasser unschädlich machen, und ebenso schnell soll man allerlei Krank heiten heilen können. Brot kann auch da» Fieber an sich ziehen: Wirft man Brot, da» man dem Kranken auf die Brust gelegt hatt» ins Wasser, dann soll auch das Fieber hin- wcgschwimmen. Dem Schwerkrauken legt nm» Brot-auf die eine, Erde aus die andere Seit« Dreht er sich zur Erde, so stirbt er; Wendel er sich zum Brot, so bleibt er am Leben Solche Anschauungen gehen allerdings i» krassen Aberglauben über und haben mit »W Ehrsurcht vor dem Brote nichts gemein. Die Tatsache, daß «S AU allen Zeiten 1U»T bei allen Völkern eine wirkliche Ehrfurcht vo« dem Brote gegeben hat. sollte auch uns Wiedes verständlicher werden. Wir sollten das Brot wieder mehr schätzen lernen, um das schließ lich alle Menschen bitten: „Unser täglich Brok gib uns beutel"