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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 17.07.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-193707175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19370717
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19370717
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1937
-
Monat
1937-07
- Tag 1937-07-17
-
Monat
1937-07
-
Jahr
1937
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NU in dir Welt Krieg oder Frieden in Fernost? Die zahlreichen Nachrichten, die gegenwärtig über di« ernste Situation vor Peipiirg ein- lausen, müssen mit kritische» Augen ge lesen werden, und es muß jedesmal genau jberücksichtigt werden, ob sie aus chinesischer oder japanischer Quelle stammen. Nur so Können die zahlreichen Widersprüche erklärt werden, die sich in dem vorhandenen Nach- richtenmatcrial finden. Während in gewissen Meldungen davon gesprochen wird, daß eine Liebliche Lösung im Hinblick auf die Meldun gen. über die Mobilisation der chinesischen Zeutralarmee und der Luftwaffe ausgeschlos sen ist, liegen andere Nachrichten vor, di« be reits Bedingungen für einen Akkord enthal ten. Diese Bedingungen sind aber so weit- gel-end, daß sie eigentlich nur als Versuchs ballon gewertet werden können. Vielleicht ist es richtig, wenn man sagt, daß ein Krieg beiden Parteien zur Stunde noch nicht gelegen ist. Die Japaner stecken mitten in ihrer Aufrüstung, in einer Aufrüstung, di« viel Geld kostet und die nicht ohne innere Schwierigkeiten durchgeführt werden kann. Sie haben weiter alle Hände voll zu tun, um der kommunistischen Agitation in ihrem eigenen Lande und in den von ihnen besetzten chinesischen Gebieten Herr zu werden. Dazu kommt, daß auch das innere Gleichgewicht in Japan noch nicht so wiederhergestellt werden konnte, daß eS eine höchste und letzte Kraft anstrengung, wie sie Ler Krieg erfordert, absolut verbürgt. Aehnliche Gedankengänge haben für China Gültigkeit. Zweifellos hat die Nankingregierung zur Festigung ihrer Autorität getan, was sie nur tun konnte, und auch Tschiangkaischek hat versucht, die chine sischen Truppen fest in die Hand zu bekommen. Wieweit das wirklich gelungen ist, läßt sich natürlich auch nicht genau feststellen. Sicher «ber ist, daß der chinesische Widerstand gegen über den japanischen Forderungen sich seit geraumer Zeit versteift hat. Schon früher haben ja die Japaner versucht, eine Auto nomie der fünf nördlichen Pro vinzen zu erzwingen. Sie haben damals von ihrem Verlangen abstehen müssen, und erst jetzt tauchen die Forderungen wieder auf. Der Ernst der Lage in China soll nicht unter schätzt werden, aber zur Stunde ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Priester als Diplomaten. Im Vatikan ist immer hohe Politik getrie ben worden, wenn auch nicht immer auf ge raden Wegen. Wenn einmal eine Veröffent lichung der Vatikanakten stattfinden würde, so könnte man sehen, mit welch merkwürdigen Mitteln der Vatikan gearbeitet hat, um seine Ziel«' zu erreichen. Die Priester, die als Diplomaten für den Vatikan tätig sind, möch ten gern überall ihre Hände mit im politischen Spiel haben. Mitunter ist ihnen das gelun gen, mitunter ist es aber auch vorbeigelungen. Mit einem gewissen Staunen hat die Welt den Besuch verfolgt, den Ler Kardinalstaatssekretär Paccelli jetzt in Paris abgestattet hat. Daß ihm aus Anlaß dieses Besuches sogar von den Kommunisten Lobeshymnen gesungen Wurden, haben wir bereits vermerkt. Ob diese Hymnen dem Kardinalstaatssekretär nicht doch etwas merkwürdig in den Ohren geklungen haben? Sicher ist jedenfalls, daß dieser Besuch bei der Volksfrontregierung einen erheblich politischen Charakter hat. Das zeigte sich so gar bei der Pontifikalmesse, die Paccelli in der Notre-Dame abhielt und bei der er be tonte, daß die Religion in Gefahr sei. Heute ginge es um das innere Wesen der Religion. Ihre Wiederherstellung oder ihre Vernichtung sei der Einsatz unerbittlicher Kräfte, die die Grundlagen Europas und damit der ganzen Welt erschütterten. Es wäre besser gewesen, wenn der Kardinalstaatssekretär sich ein wenig deutlicher ausgesprochen hätte. Meint er nun die Bolschewisten oder meint er sie nicht? ES gibt aber Versionen, wonach der Vatikan be sonderen Wert darauf legt, nicht nur mit der französischen Volksfrontregierung die herz lichen Beziehungen zu vertiefen, sondern auch Beziehungen wieder mit dem Sowjet regime anzuknüpsenl Frankreich ist der Verbündete der Sowjetunion, und deshalb mag ein Besuch in Paris als ein geeigneter Weg erscheinen, um mit Moskau ins Einver nehmen zu kommen. Man wird sich aber nicht auf ein Thema beschränkt haben, so dürfte an zunehmen sein, daß Paccelli auch von Spanien gesprochen hat und von den Interessen, die dort die katholische Kirche vertritt. Dabei dürfte man aber weniger an Valencia-Bolsche wisten als an General Franco gedacht haben, Eben-Man vor dem Ausschuß Unterbrechung der Sitzung aus Anttag Frankreichs Der Londoner Nichteinmischungsau-schuß nahm in seiner greitagsitzung de« von Lem englischen Außenminister Eben ausgrarbeite- ten Vorschlag entgegen, der von Lord Plh- mouth überreicht wurde. In der Debatte er gab fich eine beträchtlich« Mehrheit für die An- nähme dieser Vorschläge al» Diskussions grundlage. Zur allgemeine» Ueberraschung er- klärte jedoch der französische Botschafter, baß er noch keine endgültige» Anweisungen feiner Regierung habe. Infolgedessen wurde die Sitzung um mehrere Stunden vertagt. Im einzelnen hatte di« Sitzung folgenden Verlauf: Lord Plymouth gab zunächst eine kurze Erklärung über die englischen Vorschläge ab. Botschafter von Ribbentrop und der ita lienische Botschafter Graf Grandi gaben hier auf im Namen ihrer Regierungen die Erklä rung ab, daß sie den Plan als Erörterungs grundlage annehmen. Sie beantragten, daß der Ausschuß der Kommission mit der Beratung der Einzelheiten beauftragt werde. Hierauf gaben die Vertreter Norwegens, Polens, Griechenlands, der Tschechoslowakei, der Türkei, Jugoslawiens, Dänemarks, Finn lands, Schwedens und Irlands die Erklärung ab, daß ihre Regierungen den englischen Vor schlag annehmen. Dann erhob fich der franzöfische Vertreter zur allgemeinen Ueberraschung und erklärte, daß er um Vertagung der Sitzung bitten müsse, da er noch keine endgültigen Anweisun gen seiner Regierung habe. Volschasier von Ribbentrop hatte in seiner Erklärung zunächst der bri tischen Regierung seine Anerkennung für die schnelle Arbeit ausgesprochen und dem hollän dischen Gesandten den Dank für die in der letzten Sitzung ergriffene Initiative übermit telt. Botschafter von Ribbentrop fuhr dann fort: Im Nam«n meiner Regierung erkläre ich, daß der britisch« Plan als Ausgangspunkt der Diskussion angesehen werben kann. Die Einzel heiten des umfangreichen englischen Doku ments werben zur Zeit von meiner Regierung geprüft. Es ist offensichtlich, baß die Einzel- heften des neuen Planes und besonders bi« Art der zeitlichen Reihenfolge seiner Durch führung im einzelnen erörtert und endgültig festgelegt werden müssen. Im Verlauf diese» Erörterungen werde ich dem Ausschuß die Ansichten meiner Regierung zu diesen Punk- ten übermitteln und Abänderungen zu ge- wisse» Einzelheiten des Blane» vorschlaaen. Der britische Pian selbst steht die Mitarbeit der beiden Parteien in Spanien vor. Wir hoffen alle bestimmt, daß diese Mitarbeit er folgen und somit die Einstellung der beiden spanischen Parteien ein entscheidender Faktor für unsere Arbeit sein wird. Was die Me thoden deS weiteren Vorgehens anbetrisst, so scheint e» mir am besten, wenn die Einzel heiten des britischen Planes vor einem kleine ren Gremium erörtert werden. Ich bin der Ansicht, daß der Unterausschuß unseres Vorsitzenden unter der bewährten Verhand- lungSleitung von Lord Plymouth hierfür am geeignetsten wäre. Der italienische Botschafter Graf Grandi hatte in seiner Rede u. a. auSg«fuhrt: Dir . italienische Regierung könne erfreut feststellen, j daß der britische Plan daS enthalte, was nach s Ansicht Deutschland» und Italiens di« wes«nt- lichen Elemente für eine Lösung der augen blicklichen Schwierigkeiten darstelle. Dies« Ele mente seien di« Verstärkung der Nichtein- mischungSpolitik durch die Erklärung der lega- len Reutralitt, der Ausbau deS Ueber- wachungSshstemS durch Zugestehen kriegfüh render Rechte sowie die Erhöhung der Garan tien zwecks Isolierung deS spanischen Kon flikt» durch Teilnahme der außereuropäischen Länder am Nichteinmischungsabkommen. I« Anbetracht drr notwendige« Eile, zu einem endgültige« Plan zu gelangen, sagt« Grandi a«, baß ber Ausschuß ober d«r Unter- au»schuß ober irgendein« vom Richtein- mischungsauSschub ernannte Körperschaft ohne Verzögerung in die Prüfung der britische« Vorschläge eintrete. Dieser Prüfung werb« di« italienische Regierung konstruMV« Mit arbeit angedrihen lasse«. Zur Erörterung angenommen Die Nachmittagssitzung schloß mit ber ein stimmigen Annahme ber englischen Kompro mißvorschläge als Erörterungsgrundlage. Der französische Vertreter machte den Vorbehalt, daß zuerst die Einzelheiten der neuen Kontrolle und der AuSkämmung der Freiwilligen geklärt sein müßten, bevor Frank reich in eine Erörterung der Zuerkennung der Kriegsrcchte treten könne. Der sowjetrus sische Vertreter kündigte an, daß „seine Re gierung wesentliche Abänderungen vor zubringen beabsichtige". Der portugiesische Vertreter erklärte, daß seine Regierung drin gend die Beteiligung der südamerikanischen Völker an den Beratungen des Ausschusses wünsche. Ferner erklärte er sich im Namen seiner Regierung bereit, die Kontrolle an der portugiesisch-spanischen Grenze wiederherzu stellen, falls die Kontrolle an der französisch spanischen Grenze wiederhergestellt werde und falls die zur Zeit noch bestehende alte See patrouille völlig verschwinde. Die weitere Erörterung deS Vorschlages Wird dem Ausschuß des Vorsitzenden übertra gen. ber zu diesem Zweck am Dienstagvormit- tag 10.30 Uhr wieder Zusammentritt. dessen Endsieg in diesem blutigen Krieg, der nun bereits ein ganzes Jahr tobt, nicht mehr zweifelhaft sein kann. Daß der Vatikan sich den Forderungen Ler Stunde anpassen kann, wenn er will, das hat ja die Neuordnung der> kirchlichen Verhältnisse in Abessinien gezeigt^ hier ist er den Wünschen der italienischen Staatsführung iveitgehend gefolgt in der' Hoffnung, daß der Lohn für dieses Entgegen-! kommen nicht auf sich warten läßt. ! Der britische Konsul in Bilbao. Der britische Konsul in Bilbao hat, nachdem! die kriegerischen Ereignisse einer friedlichen Entwicklung gewichen sind, auch seine politische Tätigkeit wieder ausgenommen. Der britische Konsul ist in dieser Stadt ein wichtiger Mann, denn wie bekannt, bat England Konzessionen Über die spanischen Erze in Bilbao, dw für die englische Wirtschaft von ausschlag gebender Bedeutung find. Sie waren schon immer wichtig diese Erze, aber sie sind heut« wichtiger denn je, denn ohne diese Erze könnte England Las Tempo seiner Aufrüstung wahrscheinlich nicht innehalten. Der britisch« Konsul hatte unter der baskischen Regierung al» Konsul gewirkt und wollte das nun unter General Franco in gleicher Weise tun, alS O nichts geschehen wär« und als ob sich nicht- Verändert hätte. Der spanisch« Staat sches aber war der Meinung, daß doch eine B«r- iinderung eingetreten sei, und so wurde erklärt, daß der britische Konsul alS Konsul solange nicht anerkannt werden könne, solange England Franco nicht als Kriegführenden Unerkannt hätte. Das ist durchaus logisch denn wie kann ein Regierungschef einen KoU» sul anerkennen, der ihn seinerseits nicht alS Regierungschef anerkennt. England» Vorschlag grprüft Sitzung de» französische« KabkrettSrat». Di« französischen Minister und Unterstaats sekretäre find, wie Havas meldet, unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Chautemps zu einem Kabinettsrat zusammengetreten. Wie verlautet, war der Kabinettsrat ausschließlich dem Bericht des Außenministers DelboS über die englischen Kompromißvorschläge zur Reor ganisation der Nichteinmischungskontrolle in Spanien sowie dem Meinungsaustausch der Minister hierüber gewidmet. Einen Beschluß werde die Regierung jedoch erst in dem nächste« Ministerrat fassen. .. Erschütternde Anklagen Wieder 16 klösterliche DittlichkeitSve«dr»ch«r vor Gericht. Die Dritte Große Strafkammer deS Land gerichts Koblenz tagte in Trier. Auf der An klagebank saßen nicht weniger als 18 jetzig« und ehemalige Angehörige der Genossenschaft ber Barmherzigen Brüder von Trier und g Angestellte des Ordens. Sie waren beschul digt. in den Jahren 1929 bis 1936 in Bonn, Dortmund, Saffig und Saarbrücken unzüch tige Handlungen an Personen unter 1S Jahren und an ihnen anvertrauten Pfleglin gen verübt, sowie widernatürliche Unzucht mit anderen Männern getrieben zu haben. Erschütternd war es, die Anklagen zu hören, die viele einst Verführte, die zur Zeu genvernehmung geladen waren, den Kloster brüdern ins Gesicht schleuderten. Einer sprach für viele den bedeutungsvollen Sah auS: „Was mir da Passiert ist, hätte ich draußen in Ler Welt niemals erlebt." Bezeichnend war die Bekundung eines Zeu gen, den Bruder David seiner Braut abspen stig machen wollte, indem er erklärte, daS „Weib ist bas größte Ekel, das auf GotteS Erde herumläuft". Der einzige Lichtblick in diesem Sumpf war die Tatsache, daß ber al» Zeuge vernommene stellvertretende Generalobere, Bruder Au gustin, bekundete, er habe alle ihm bekannt geworbenen strafbaren Hanblungen ber Mit- glieder mit sofortiger Entlassung geahndet. Er bekenne ehrlich: Man müsse dem Dritten Reich dankbar sein, daß es diese Säu- bernngsaktion durchführe. Die Strafen bewegen sich zwischen dreiein halb Jahren Zuchthaus und acht Monaten Gefängnis. In einem Falle erfolgt« Frei spruch. Verschiedenen Angeklagten wurde die Untersuchungshaft voll angerechnet. Aberken nung der bürgerlichen Ehrenrechte erfolgt« bei mehreren Verurteilten auf drei bzw. zwei Jahr«. - " - n > , Manuskript« nicht zweiseitig deschreiben! DK Woche lu Berlin Manner an Vauzäunen / Die Komödie eilws Lebensmüden Feste werden Tradition / Der biumensrobe Veriiner Berlin lacht wieder im Sonnenschein und hat di« trübcn Tage überwunden, und Berlin kann lachen, weil es immer schöner wird. Freilich diese beständige Arbeit in der Ver schönerung des Stadtbildes hat auch ihre« Nachteile. Es wird wieder einmal gewaltig gebuddelt in Berlin, besonders in der Innen stadt. So eine Buddelei besitzt außerordent liche Reize. Es ist nur ei» Glück für die Ber» liner, das; es keine Bauzäune ohne Astlöcher! gibt, sonst iveiß ich nicht, tvas er anfangen sollte, um seine Neugier zu befriedigen. Aw so einem Bauzaun stehen nicht etwa die be rühmten Berliner Rangen, nein, da stehen; würdige Herren mit Aktentaschen unter dem- Arm, Männer, die keine Zeit lwben, denen jede Straßenbahn zu langsam fährt. Knrzum„ diese Männer stehen an den Bauzäunen, be lagern jedes Astloch und jede Lücke, die nur; irgendeinen Durchblick gewährt. Da sehen sies den Ausschachtungs- und Abbrucharbeiten zu^ mit einer Geduld und Ausdauer, die sogar; noch den Angler beschämen muß. Ein Bagger^ eine Dampsramme. ein Preßluftbohrer sind! Musik in den Ohren der Berliner. Wo sie er-' tönen, ist etwas los. da kann man etwas sehen; «nd da kann man einmal stchenbleiben. Berlin lacht wieder im Sonnenschein, Bertin; lacht aber auch über die Geschichte von einem; Lebensmüden, der sich vor den Augen seiner; Braut in die Spree stürzte. Er hatte aber: leine Lust zu ertrinken, verbarg sich hinter; ! einem Pfeiler und sah der Suchaktion der ; Feuerwehr zu, die auf die entsetzten Hilferufe seiner Braut herbeigerufen worden war und den Lebensmüden vergeblich suchte, der mittlerweile nach Hause geeilt war. Ein Polizist, der das traurige Ereignis des „Selbstmordes" und der vergeblichen Suche! nach der Leiche in der Wohnung melden; wollte, war natürlich sehr erstaunt, als ihm; der Tote selbst die Tür öffnete. Außer Liebes-; kummcr konnte der seltsame Lel»cnsmüde keine! anderen Gründe für sein Verhalten angeben.' Ohne natürlich irgendwelchen Ermittlungen; vorgreisen zu wollen, machen sich die Berliner! besonders an den Stammtischen ihre eigenen; Gedanken über den Vorfall. Da Verliebt«! des öfteren verdreht sein sollen und vor allem! mit irgendwelcher romantischen Geschichte ihrer Liebsten zu imponieren suchen, hat sich viel leicht dieser junge Mann gedacht: Wie wäre «S. wenn du einmal in die Spree springen würdest. DaS wär« doch so ein« Art LwbeS- probe. So mögen ihn die Hilferufe seiner Braut wirklich gerührt haben, und wohlver- borgen hinter seinem Pfeiler wollte er den .Schmerz der Geliebten genießen, bi» er schließlich flüchten mußte, um nicht von der suchenden Feuerwehr entdeckt zu werden. BiS Dahin ist die Sache ja auch sehr romantisch ge wesen. aber dem Jüngling ist die Phantasie auSgegangen. Wie soll er den Mangel an ernster Leben»müdigk«it erklären, wie soll er es erklären, daß er zu Hause seelenruhig sein Abendbrot verzehrte und recht wenig an den Schmerz der Braut um den Totgeglaubten Lachte. Nach der Romantik kommt die Wirk lichkeit. Was auch die Motive des Jünglings gewesen sein mögen, die angeführte Feuerwehr und die Polizei werden ihm wohl eine ziem lich teure Rechnung überreichen. Aber der Berlimr hat an sich für die Leberrsmüden nicht viel übrig. Wir sollen an das Leben glauben und nie verzweifeln, selbst wenn es einmal etwas hart hergeht. Lebens bejahung und Lebensfreude, das sind die her vorstechenden Züge der Gegenwart. Der flei ßige Berliner feiert gern seine Feste, und manche Feste fangen an, traditionell zu wer den. Das „Weißenseer Blütcnfest", dessen Reingewinn dem Hilfswerk „Mutter und Kind" zufließt und das jetzt wieder gefeiert wird, hat sich zu einem blütenfrohcn Volks fest entwickelt, das nun schon Besucher aus ganz Berlin herbcilockt. Es ist das Volksfest der Farbenpracht, der frohen Kinder, der Rei gen und Tänze, Las Fest der Blumenver- losung und des Autoblumenkorsos, daS für Lie Besucher zu einer Augenweide wird und zu einer rechten Freude, weil die bunte Pracht der Blumen in ihrer Fülle allein schon die Herzen mit Lust erfüllt, zumal die Liebe zu den Blumen gerade unter den Berlinern sehr groß ist. Die Blumen geben der Stadt ihre Schönheit, die Blumen unterbrechen daS Einerlei der steinernen Wände, wenn sie unS von den Fensterstöcken und Balkonen grüßen, die in ihrem Bkütenschmuck jeden erfreuen. DaS Lob darf man dem Berliner ohne weiteres spenden, daß seine Balkon«, dank drr gediegenen Pflege der Blumen, von Jahr zu Jahr schöner geworden find. Jörg. Ardett-lo» - arbeitsmschig Wenn auch in Deutschland die brennendste» Aufgaben der Arbeitslosigkeit gelöst find, s» nehmen die Arbeitslosen in anderen Staaten eher zu als ab. Die Dringlichkeit der Arbeits losenfrage in Amerika geht daraus her«; vor, daß man auch mit wissenschaftlichen Un tersuchungen vorgeht. Der amerikanische Psy chologe D. R. Sheares hat soeben Ergebnisse veröffentlicht, die er in einer Stadt von 30 000 Einwohnern mit mehr als 10 Prozenk Arbeitslosen erzielt hat. Es handelt sich meist um Arbeiter der Schiverindustrie, die zum größten Teil schon längere Zeit ohne Arbeit waren. Bei Lem Versuch, sie probeweise wie«) der in einen Arbeitsgang einzuschalten, stellte sich eine erschütternde Tatsache heraus. FüM Prozent der Untersuchten waren vollkommen' arbeitsunfähig durch den Verlust jeden mora lischen Pflichtgefühls; nur zehn Prozent Kes' gannen sofort mit hinreichend guter Arbeit^ Erst durch eingehenderes Training und' Hebung war eS möglich, die restlichen 85 Pro zent zu vollwertigen Arbeitern zu erziehen. Durch die lange Arbeitslosigkeit nehmen dm Menschen weniger Schaden durch daS Verler nen bestimmter Handgriffe, als durch den» Verlust an Pflichtbewußtsein; die beim ar beitenden Menschen fest im Unterbewußtsein lie gende ArbeitSeinficht fehlt, und darum geling« eS außerordentlich schwer, sie zur Durchführung einer Ausgabe anzuhalten. Dr. Shearcik schließt seine Veröffentlichung mit d«r Fest^ stellung ab, daß di« ArbeitSlosensrage in Ame rika jetzt nicht mehr rein wirtschaftlich ist, so», dein daß sie auch Aufgaben stellt, di« nutz durch ein große- LrziehungSwerk z« lösen stE
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