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^rankenbvrger LrzSMvr VrNsgr z«m ^ra«rze«bor-»» ENgsbUM 22. Mai 1SS7 Mnnh-strbüöm Än -vaL^nnanvin» ^ans Lvnft »7 (Nachdruck verboten.) lFortsitzung fo««^ »W» M-Kv» dü^ahrtw?* üsat TbüstovL plötzlich >»u > »W> 1 Urd-d-rr-cht-schuy durch verlagdanftalc Mauz, München E- geht dahin in leichtem Trab. Da» Welter ist sch-», und grad eine Lust ist«, durch di« herrlich liegenden MMW zu fairen. „Oh, da brauchst keine Angst haben. Der Vater redet »war ein biß! viel, avtr vor euch Tansthofern hat er doch Resvett." Christoph wird ordentlich stolz dabei. Im Geiste steht er sich schon auf dem Godlhof oorsahrsn. Die zwei Mgest R-ss-r wird er nehmen, versteht sich. Und da» neu« Geschirr. „Sagst du zu deinen Leuten etwa«, daß wit uns heut« getroffen haben?" fragt er. Sie schüttelt lachend dm, Kopf. Sonst sind sie ia nimmer Überrascht, wenn du kommst.^ Die Sonne ist läuast dinunterarSalUltN. dltDLlüMUUNg „Bom Eödl bin ich. vom Gödl von Penting." „So, so, vom Eödl von Penting bist?" „Ich hab gedacht, du tätest mich kennen." „Nein, ich kann mich net erinnern, bah ich dich schon ein mal gesehn hält. Das ist doch der Einödhof htnterm Reindl- wald? Wenn ich n«i irr. haben wir da einmal Saatkartof feln g'holt." ,Has weiß ich net. Aber du bist ein Tannhofer, gelt?" Es freut ihn ungemein, bah sie ihn kennt. Ueberhaupt — es wird ihm so sonderlich warm, fast Heitz. Da» Mäd« .chen vom Eödlhof geht neben ihm, gleichen Schrittes, und er spürt ihren Atem zuweilen von der Seite. Herrgott I Wenn er fetzt auch das erleben könnte, womit die andern Burschen gern prahlten! Er weiß ja gar nicht, wie das ist, wenn man ein Mädchen kützt, das man gern hat. Das mals, die Küsse, die er Bärbel geraubt hat, das war ja nichts. Heute ekelt ihn vor solchem Tun. Ganz feierlich ist ihm zumute. Am liebsten hätte er die Hand des Mädchen» gefaßt und eine kühne Frage getan. „So, so, ein Kälber! hast nach Wettzell gebracht?" brichi das Mädchen die Stille. Und obwohl diese Frage eigentlich gar keinen Bezug mehr hat auf das vorher Gesprochen«, ist er doch froh, ihre Stimme wieder zu hören. ,Ha, weil die Wettzeller Metzger um drei Pfennig mehr zahlen. Meine Mutter, weißt, die knickt um jeden Pfennig." „So mutz es sein," antwortet das Mädchen. „Man kann es auch oft genug hören, was die Tannhoferin für ein« tüchtige Bäuerin ist." Kennst du sie? Sie ist nämlich auch von Draxelried gebürtig." „Nein, die Tannhoferin kenn ich net. Aber euch kenn ich. Ich weiß bloß net, was du für einet bist, der Gute oder der Wilde." Da lacht Christoph laut und breit heraus, ein urgewal tiger Ton ist's. „Der Gute und der Wilde! Nennt man uns so?" „Bist du amend gar der, der die schönen Bilder schnitzt?" „Nein, der bin ich net. Ich bin schon der Wilde. Und — jetzt hast wohl Angst vor mir?" „Nein, Angst hab ich net. Du schaust ja auch gar net so wild aus. Und stolz bist auch gar net, denn du hättest mich doch auffitzen lassen." „Sagen sie vielleicht das auch, daß wir stolz find?" „No, das ist doch schon sprichwörtlich: stolz wie die Tann hofer." Da muß er wieder lachen. Diesmal faßt er aber ihre Hand dabei und es ist gar nichts von Wildheit an ihm, wie er diese weiche, kleine Hand drückt. Der Braune bleibt stehen; er will den Berg lieber auf zweimal nehmen. „Wie heißt denn nachher du?" fragt Christoph und schaut sie an. „Martha heiß ich." „Vielleicht komm ich einmal bei euch vorbei," meint er und beugt sich ein wenig zu ihrem Gesicht hin. „Ja, das tat mich schon freuen." „Ist es wahr, Martha? Und — wär ich dir net zu wild?" Sie schüttelt mit einem feinen Lächeln den Kopf. „Das sagen bloß die Leut. Ich glaubs net." Sie fühlte sich mit sanfter Gewalt an seine Brust gezo gen. Ein Zittern geht durch sie hin. Aber ihr Mund kommt dem seinen entgegen, gibt sich zögernd und doch willig hin. Der Braune wiehert hell und schreckt sie auf. Sie lösen ihre heißen Gesichter voneinander und sehen sich nicht an. Christoph nimmt in seiner Verlegenheit die Peitsche voist Wagen, knallt ein parmal und zerreißt damit das Schwei gen im Walde. Sie gehen wieder hinter dem Wägelchen her, Hand in Hand in schöner Eintracht. Das schmale Gesicht des Mäd chens ist von einer flammenden Röte überhaucht, und Chri stoph schaut so feierlich drein, als wäre ihm ein Wunder widerfahren. Da lichtet sich der Wald und ein Wiesenhang im Absndf gold liegt vor ihnen. Gleich ein Stück weiter vorne zweigt ein Sträßlein links ab, das zum Gödlhos hknaufführt. Martha verlangsamt den Schritt und fragt, ohne ihn anzusehen: „Was denkst jetzt du von mir?" „Oeha," sagt Christoph, und der Braune bleibt stehen. „Denken möcht ich schon was, aber ich trau mir» net recht, Nämlich — ob du mir ein wenig gut sein kannst?" „Sonst hält ich es doch net getan. Ich hab vorher noch nie «inen Buben gebußelt." „Jst's wahr?" Er ist ganz gerührt von diesem Geständ» ni». „No ja, dann schau ich halt nächsten Sonntag einmal -ü Lei euch. Wie sind denn dein« Leut? Lassen st« reden S. Robert geht ein paar Tage wortkarg und verschlossen pmher. Und ohne mit der Mutter eine Aussprache gehabt »u haben, reist er nach einem plötzlichen Entschluss« rasch wieder ab, wie er kam. Eine unausgesprochene Trauer lag Aberm Tannhof. Die Mutter spricht kein Wort und Bärbel sitzt in den Ecken und seufzt. Nur Christoph ist in diesen Tagen etwas fröhlicher ge worden. Das hat aber mit Robert nichts zu tun, sondern eine ganz andre Bewandtnis. Bisher hat er sich um kein Mädchen mehr gekümmert. And wenn die Mutter immer wieder drängt, er solle doch Umschau halten Lei den Bauerntöchtern im Umkreis, so sagt er wohl, daß er bereits daran sei, aber es könne ihm keine gefallen. Einmal hat er es versucht und hat an einem Sonn- tagnachmittag einen Besuch beim Lacherbauern abgestattet, der drei Töchter hat im heiratsfähigen Alter. Aber dann hat er nicht gewußt, welche von den dreien eigentlich dis Wichtige sein könnte. Sie find alle rötlichblond, schwergliedrig Md sehen mit ihren strengen Gesichtern gar nicht wie Mädchen au», sondern wie Frauen, die schon im Mittag ihres Lebens stehen. Die erste holte ihm gleich ein Krügleln Most aus dem Keller, die zweite brachte Streuselkuchen und die dritto kochte Kaffee. Jede war eifrig um ihn bemüht, denn sie ahn!en wohl, weshalb er gekommen sei. Aber als er gesät tigt und von dem guten Most schon heiter gestimmt war, sagte er, daß er wegen dem zweijährigen Fuchsen gekommen sei, denn er habe gehört, daß der Lacherbauer ihn verkaufen möchte. Der Bauer antwortete ihm darauf ziemlich unfreundlich, daß er daran noch gar nie gedacht habe, die Töchter beka men einen ganz sauren Mund und sahen noch älter aus. Dann habe er also den Weg umsonst gemacht, sagte Chri stoph. Wie die Leute nur immer so lügen könnten. Er habe bestimmt gehört, daß der Lacherbauer den Gaul verkaufen möchte. Aber das schade weiter nichts, und vielleicht käme her Lacher auch einmal am Tannhof vorbei, damit man sich erkenntlich zeigen könne für die heutige freundliche Auf wartung. Der Lacherbauer kam nicht und Robert gab es wieder duf, in den Nachbarshöfen Umschau zu halten. Heute aber, wie er so auf der Chamer Landstraße dahin- fährt, hat er eine Begegnung, die ihn aus seiner Ruhe scheucht. Er hat ein Kälbchen nach Wettzell bringen müssen und ist nun aus dem Heimweg. Ganz gemütlich trottet der Gaul dahin. Sein Herr hat die Zügel um den Bremsgriff tzehängt und fitzt mit aufgezogenen Knien, die Arme um die Lehne des Sitzes geschlungen, auf dem Wägelchen. Ungefähr dreißig Meter vor ihm geht auf der linken Straßenseite ein Mädchen. Lr glaubt wenigstens, daß es «in Mädchen ist, denn für eine Frau ist ihr Gang viel zu rasch, die Haltung ihres Körpers zu straff, die Formen zu jugendlich. Sie geht schon eine ganze Weile vor ihm her, und viel leicht ist das schuld, daß dem Christoph Meißner so wunder- Üche Gedanken durch den Kopf ziehen. Er mutz plötzlich den ken, daß es eigentlich ganz fchön wäre, so eine Frau zu ha sten, die am Abend mit ihm vor der Türe sitzt, die Freude Lat an dem großen Hof, die ihm Kinder bringt und das Geschlecht der Tannhofer weiterführt. And weil er nun das rasch dahinschreitende Mädchen Lmge genug von rückwärts betrachtet hat, spürt er starke Wust, nun auch ihr Gesicht zu sehen. Er schnalzt dem Brau- ^Mn um die Ohren, das Wägelchen rollt, und schnell hat er We eingeholt. „Guten Abend," sagt er freundlich. „Aufsitzen?" Zwei dunkle Augen schauen zu ihm auf und ein kirsch roter Mund lacht ihn an. „Nein, es ist nimmer der Müh wert. Draußen vor dem Wald muß ich seitwärts." „Schad. Ein wenig Gesellschaft hätt ich ganz gern ge habt. Kommst auch von Wettzell?" „Nein, von Draxelried. Bei einer Beerdigung war ich. Eine Base von uns ist gestorben. Kommst du von Wettzell?" „Ja, ein Kälberl hab ich hingebracht." „So, so, ein Kälberl." Eie hängt sich mit der einen Hand am Wäger! ein und plaudert schnell und klingend wie der Waldbach, der an den vorbeispringt. Von der Beerdigung erzählt sie, daß fö schrecklich viel Leute der guten Base das letzte Geleite g^- geben hätten. Hernach seien sie in die Wirtschaft gegangen »qd ihr Vater habe zu karteln angefangen, deshalb sei fi« allein auf dem Weg, denn der Vater sei ein Hockenbleibet. Und so kommen sie in den Wald. E» geht «inen schmalen, steilen Hohlweg hinauf und da» Mädchen mutz nun hinter v«m Fuhrwerk gehen. Da springt Christoph vom Fuhrwerk und gesellt sich zu ihr. Der Wald steht dicht, uralt und hoch, e, fällt kaum noch chr lichter Strahl herein. Da» Mädchen redet nicht» mehr, Überall ist Schweigen, das RSderrollen hebt die Still« nitk wächst und breitet sich au». Da erst trennen sich die LeidiL St« reichen sich die Hand und dann geht Martha rasch den Hckiia hinauf. Christoph schaut ihr nach, bis sie in der Dämmerung ver schwindet. Dann steigt er auf das Wägelchen. „Hü, Bräundl," sagt er, und das Pferd schüttelt iHs Mähne und zieht an. Es weiß den Weg von selbst. Es geht bald auf- bald abwärts im Gelände, einmal durch dunklest Wald und dann wieder über Wiesen und Felder. Fein singt das Rad. Christoph fitzt weit zurückgelehnt, schaut zu den Sternen auf und träumt mit wachen Äugelt. Er steht sich schon als junger Bauer. Lauter heitere Biu>«r steigen vor ihm auf. St« wandeln im Frühling durch den Wald, er unL Martha. Und er wird ganz still und heimlich lächeln, weng p- an Stellen vorbeigehen, wo er in früheren Lagen dick Büchfe krachen ließ... Eie schreiten Sonntags durch di« Feld«», wenn di« Aehrml Weiß find in der Mittagssommersonn«. Er in Kemdürmel«, still und gelassen, einen Schweizerstumpen zwischen d«n Liv? pen. Martha hell und aufgeschlossen, in der luftigen Tracht der jungen Bäuerinnen... Sie fitzen zur Winterszeit unter dem milden Schein de» Lampe. Die Stube riecht «ach Harz und Aepfeln, da» EpinpZ fad schnurrt unter Marthas flinken Händen, und die MuL ter wird dann lautlos durch die Stube huschen, wird sich i« großmütterlicher Sorg« über den jüngsten Tannhofer »«« gen, der neben dem Ofen in der Wiege liegt... So träumt der Christoph, bis ihn das raschere Rolle« der Räder aus seinen Gedanken rüttelt. Der Braun«, die Nähe des heimatlichen Stall«» rosste jzrnd, schlägt einen flotten Trab an. Christoph hindert th» sticht daran, und fünf Minuten später halten sie schon v»H dem Tannhof. Christoph wirft Steffel die Zügel zu, tätschelt dem BrM Nen den Kals und betritt dann die Stube. Die Mutter sM im Aerrgottswinkel und schleißt Bohne«. Ei« unterbrich; diese Arbeit auch nicht, als Christoph das Geld für da» v«v kaufte Kälbchen auf den Tisch legt. „Stimmt," sagt sie. .Hast eingekehrt auch, weil du so. lang« au» List?" ' „Unterwegs hab ich einmal Halt gemacht," antwortet Christoph und dreht sich um. Bärbel bringt für Christoph das Essen und er macht sich mit großem Appetit darüber. Die Mutter betrachtet ihn heimlich und lange, Lis fie sagt: „Deinem G'schau nach möchte man meinen, e» fri di« was recht lustiges begegnet." „Kann sein, Mutter," antwortet Christoph und schmust« M. Die Bäuerin fragt nicht weiter, obwohl fie e» gar M gerne gewußt hätte. Christoph stopft sich nach dem Essen umständlich eine Pfeife und wölkt fein Gesicht »in. Ging schöne, verheißungsvolle Stille macht sich Lrelt. „Weißt du schon, Mutter, daß fie uns stolz nennend fragt er dann unvermittelt. „So? Sagen fie das? Na, Schänd ist es keine." „Und ich und der Robert find der Gute und der Wilde.st „Hast du das alles heut erfahren?" fragt dis TaE hoferin. .. " „Ja, heut hab ich» erfahren. Heut hab ich überhaupt viel erfahren," setzt er bedeutungsvoll hinzu und passt wi« der, daß es leise brodelt im Pfeifenkopf und die Rauchwok« ken sein Gesicht verschleiern. Am andern Tag meint der Christoph so beiläufig, dasi man Saatgetreide brauche, denn es sei ziemlich viel Unkraut im Roggen gewesen. Er müsse da halt einmal Umschau Ham ten. Beim Gödlbauern in Penting, ja, das habe er zufällig erfahren, dort gäbe es gutes Saatkorn und er könnte ja schließlich am Sonntag einmal hinfahren. „Ich höre dich schon traben," denkt die Mutter und geht lächelnd hinaus auf die Weide, wo der alte Steffel «in«k Baumstamm aushöhlt zu einem Vrunnentrog. „Du, Steffel," sagt sie. „Du kennst doch den Eödl vd« Penting?" „Freilich kenn ich den," gibt der Alte Auskunft. „Di- Eödlin ist eine geborne Eschwendner von Sommerau." Die Tannhoferin beschaut sich nun recht angelegentlich den halbausgehöhlten Baumstamm und sagt nach eiiM Weile: „Eigentlich sollt man einen Vrunnentrog betonierest lassen. All« zwei, drei Jahr verfault so ein Stamm und -»tz was ich sagen will: sind Töchter auch da auf dem Eödlhof?" „Eine einzige bloß. Ein Bub war noch da, aber der M stmgekommen im Wald. Ein Baumstamm hat ihn «rschlm tzett. Das hast doch sicher gehört damals?" „Ja, ich kann mich jetzt schon erinnern," meint die BSsttz rin nachdenkend. „Mein Gott, ist auch schwer für so Leut." Sie wendet sich wieder ab. Steffel lächelt verschmitzt hinter ihr her und denkt sich auch: „Ich hör dich schon traben, Bäuerin." Am Sonntag mittag zieht Christoph das bessere WagePs yps dem Schuppen und trägt di« zwei schönen Lausgeschjrtt vom Speicher herunter. P«t«r, der jung« Knecht, hilft iM einspannen, und als die Mittagsglocken läuten, ist ok« junge Tannhofer fahrtbereit. Stattlich ist er anzufehen, wie er neben dem sauber-I Fuhrwerk steht, so groß und schlank, schulterbreit in gelassS ster Würde. Nichts Verschlossenes, Listiges ist mehr in s«» nem Gesicht, die Kerb« zwischen seinen Brauen ist heufis auch nicht da und di« blonde Stirnlock« kräuselt sich keck unt« dem weiten Hutrand hervor. Nun steigt er auf und nimm» di« Zügel in die Hand.