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HrsnkenbvLgvr LrzSKIer > (Nachdruck verboten.) »Hatz wir uns lieb haben, mein ich," spricht sie weiter, ^vag mir einmal, wie lieb du mich hast. Oder kannst du »-« nicht?" „Nein, das kann ich net sagen. Aber ich glaub, bah ich ßchon sterben könnt für dich, wenn es sein müßt." „So ist es auch mir ums Herz. Nur sagen kann man du» nicht so recht, weil es in ein paar armselige Worte «tcht htneingeht. Und —" sie tippt mit gespreiztem Zekge- Dnger auf sein Herz — „und das Herz da? Gehört es mir yanz allein?" „Dir ganz allein." ' »Aann ist es gut. Das mutz ich nämlich wissen, weil lia» sehr wichtig ist. Begreifst du, wie wichtig das für »ich ist?« „Wichtig ist schließlich nur, datz wir uns lieben." „Ja, aber dieses Wissen mutz ich bei mir haben, wenn du im Herbst fortgehst. Du hast doch gesagt, datz du auf ein« Kolzschnitzerschule gehst?" Roberts Gesicht verfinstert sich. > „Ach, die Holzschnitzerschulei Die Mutter sträubt sich mit aller Kraft dagegen. Die Mutter läßt mich nicht fort." »Arine Mutier?" fragt Linde erstaunt, „das kann ich Nicht glauben. Sie ist doch so gut und will sicher nur das Beste für dich, ich mein, du bist doch ihr Liebling!" „Sie versteht mich nicht, sie sagt, ich mutzt Bauer wer den, der Bauer vom Tannhof. Und weißt du, Linde, sie steht es auch nicht gern, daß wir uns lieben." „Oh!" Der kleinen Linde gibt es einen Stich in« Her». »Ivie traurig das ist. Aber deine Mutter war doch immer so lieb zu mir." „Sie schätzt dich hoch, sie hat dich gern, aber sie sagl, da stehst viel zu hoch für einen Bauernburschen." Da geht ein Lächeln über das Gesicht des Mädchens, und fast still für sich hin sagt sie: „Oh, wie kennt mich dein« Mutter schlecht!" Der Bursche fahrt fort: „Sie kann es einfach nicht ver stehen, daß ich nicht Bauer werden will." Still ist's im Zimmer. Draußen tobt noch das Gewitter, Und den be'den jungen Menschen ist es, als ob auch über Ihre Liebe das erste Gewitter hinginge. „Weißt du, Robert, ich werde einmal mit deiner Mutier reden." . „Sie versteht mich nicht und versteht auch dich nicht!" ' „Schau, wenn ich ihr sage, daß ich an dich felsenfest glaube, daß du ein großer Künstler wirst und daß du doch ein so großes Talent in dir hast, ein Geschenk Gottes —" „Du kennst meine Mutter nicht: sie hat mir vorgestern abend ihr Herz eröffnet und zu mir gesprochen wie noch nie. Sie hängt mit allen Fasern an dein Hok." „Als wenn ihr der tote Hof lieber wäre als das Glück sthres lebendigen Kindes! Ich rede mit ihr, Robert, und ich werde es ihr begreiflich machen. Sie wird dich ziehen lassen. Und wenn du ihr dann beweist, daß du etwas kannst, wenn du einmal ein großer Künstler bist, dann wird sie stolz«auf dich sein. Denke doch, was das ist, mit seiner Kunst viele, viele Menschen aufzurichten und zu beglücken. Auch sie wird das verstehen und es wird alles gut werden, Robert, ich spür es." Des Mädchens Zuversicht muntert auch Robert auf. Junge Herren sind elastisch wie die Wipfel der Bäume; wenn der Sturm üver sie hinbraust, biegen sie sich und rich ten sich wieder auf. „Du hast recht, Linde, red einmal mit ihr. Du wirst dis Worte finden, die ihr zu Herzen gehen, und sie wird unser- Liebe gutheißen und segnen." „Sicher, Robert, schau, wir sind fa auch noch so jung. Bis wir heiraten können, werden noch Jahre vergehen. So lang müssen wir einander treu sein, ganz fest und uner« Mütterlich." , Und wieder schmieden zwei junge Menschen Zukunfts pläne, kühn und weit. Bildhauer soll der Robert werden, ein großer und berühmter Künstler. Es ist zum erstenmal, datz Robert einen Menschen findet, der an seine Berufung glaubt. Da breitet er denn sein ganzes Hoffen und Wün schen, seine ganze Seele vor ihr aus und Linde ist es, die ihn bestärkt in seinem Streben. „Laß nur die andern spotten, Robert! Ich glaub an dich und an das Talent, das in dir liegt. Vielleicht könntest du jetzt schon ein paar Proben deiner Kunst, die kleine Ma donna zum Beispiel, die du mir letztes Jahr zum Namens tag geschenkt hast, in die Ausstellung für Volkskunst geben." „Wohin denn?" „Ja, da muß ich Helmut einmal fragen, der kennt sich t» Kunstdingen aus." Und immer noch wütet das Gewitter draußen. Alle paar Sekunden zuckt ein blaugelber Schein an den Fenstern vor über. Die Worte gehen ihnen aus und eine große Stille macht sich breit. Mitten in dieses Schweigen hinein sagt dann Linde: „Du, Robert, wenn du mich doch so lieb hast, dann mutzt du mich doch auch küssen." Noch niemals hat er einen andern Mund geküßt als den feiner Mutter. Er erschrickt beinahe, als sie das sagt. Sein Hestcht wendet sich ihr z». Er sieht ihre großen, strahlenden Augen, sieht den weichen, halbgeöffneten Mund und beugt sich ihm entgegen. , „Nun sind wir verlobt," meint sie mit einem gelösten Lächeln. Dann sieht sie ihn lange an: „Robert...!" Wie ein Gebet quillt ihr der Name auf und dann löst sich der gespannte Ausdruck in ihrem Gesicht in ein wei ches Kinderlächeln auf. Ein gewaltiger Donnerschlag erschüttert da» ganze Haus. Es ist der letzte. Und während die Fenster noch leise klir ren, beginnt der Regen schon sanfter zu strömen. Robert und Linde gehen wieder zum Fenster hin. Zu erst tauchen ein paar Vaumspitzen auf, dann ganze Wälder, noch dampfend, und mit durchsichtigen Schleiern behangen. Dann hebt eine Wolke sich sanft empor, förmlich hochgeris sen wird sie und die Sonne bricht plötzlich durch. In der Tiefe leuchten Aecker auf und fromme Frühlingswiesen, im mer Heller wird das Land, reiner und höher der blau« Himmel. In den Zweigen hängen die dicken Wasfertropfen wie Perlen aus Glas. Ein leichter Windstoß fährt hinein in die glitzernde Pracht, die Tropfen rollen herab und fallen mit Hellem Laut zu Boden. Ein frische, leuchtende Welt ist aus dem Gewitter auf erstanden, neu geschaffen und stark wie das junge Glück der beiden Menschen. Robert hat den Arm um Lindes Schulter geschlungen und sie hat ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Als sie draußen vor der Türe einen Schritt hören, lösen sie sich hastig voneinander. Lindes Bruder ist es, der hereinkommt. Er ist um vierzehn Jahre älter als Linde und im Gegen satz zu ihr von hohem Wuchs, breiten Schultern und dunk lem, beinahe schwarzem Haar. Er weiß um die Jugend freundschaft seiner Schwester und hat den Tannhoserbuben immrr gern gesehen. Jetzt fällt ihm auf, datz eine leise Verlegenheit in beider Gesichter steht. Um ihnen darüber wegzuhelfen, fragt er unbefangen: „Nun. Robert, was macht die Schnitzerei?" „Ja, Hellmut, weil du schon davon sprichst: wir wollten dich um die Adresse fragen von der Ausstellung in Passau. Robert möchte nämlich etwas ausstellen," erwidert Linde. „So? Schon so weit vorgeschritten? Da kann man sich ja freuen. Und die Adresse — auswendig weiß ich es nicht. Ich muß Doktor Hartwig darum fragen. Du kommst doch diese Woche sicher nochmal rauf, Linde, dann kannst du sie mitnebmen." „ Sie plaudern noch eine Weile über belanglose Dinge, dann verabschieden sich Robert und Linde. Hellmut Burgstaller sieht ihnen vom Fenster aus nach und pfeift durch die Zähne. „Mir scheint, da will sich etwas entwickeln, was nicht sein kann. Da heißt es rechtzeitig vorbeugen." Er nimmt sich vor, bei nächster Gelegenheit mit Linde zu reden. Es dunkelt schon, als Robert und Linde sich vor dem Döktorhaus in Wolfsbach verabschieden. „Gute Nacht," sagen sie alle beide und eins tritt vom andern zurück. Linde geht durch den großen Garten auf das Haus zu, bleibt dann unter der Türe noch stehen und blickt zu den schwarzen Wäldern hinauf. Dort oben ja, dort ist das große Glück über sie gekom men, das ihr jetzt schier die Brust sprengen will. Herrlich ist das, einem Menschen etwas zu sein — alles. Herrlich das Wißen, daß dieser Mensch sonst niemand gehört, daß er einem ganz und gar zu eigen ist. Wie vieles wissen die Menschen über die Liebe zu sagen. Und gar die Dichter erst! Und doch hat es noch keiner ganz ausgeschöpft, was es geheimnisvolles, hohes und tiefes zu gleich, um das Erwachen des Herzens am Morgen der jun gen Liebe ist... So sinnt Linde; indessen schreitet Robert den Hang zum Tannhof hinauf. Wie leicht es sich doch geht, mit der Freude im Blut und dem hoffenden Glück im Herzen! Im mer noch glaubt er das feine, schmale Gesichtchen vor sich zu sehen, das hauchfeine Streicheln ihrer Hände zu spüren. Alles, alles erlebt er wieder, das ganze jung« Glück, da» ihm ins Herz gefallen ist, wie die Sonnenstrahlen im Früh ling in das offene Herz der Erde. Man könnte jubeln und singen, ein kleines Lied etwa, wie es patzt für den Frühling: Und da sah ich mein Lieb unterm Lindenbaum stehn, war so klar wie der Himmel, wie die Erde so schön; und wir küßten uns beid', und wir sangen vor Lust, und da hab' ich gewußt, wohin mit der Freud'. Daheim ist die Mutter noch auf, Christoph und Bärbel. Bärbel atmet erleichtert auf, als Robert die Stube be tritt. Mein Gott, was hat sie ausgestanden! In Angst und Karge hat «sie gezittert, daß ihm etwas zugestotzen sei« könnt«, denn ein Gewitter im Wald ist nicht so leicht zu »ehmen. Am liebsten wäre st« jetzt hingegangen, hatte beide Krm« um ihn gelegt und hätte ihm gesagt: „Ich bin so froh, Robert, weil du wieder da bist. Wenn du net daheim bist kehlt mir einfach was." Mex das kann und darf sie jg nicht tun. Sie kann ibn nu« anschauen mit zärtlichem Blick, kann ihm die Pantof fel hinstellen und da» Esten au« der Küche holen. „Latz dir» gut schmecken," sagt sie. Dann seht st« sich aus pl« Ofenbank, stützt den Kopf in die Hände und betrachtet Robert unverwandt. Da wird Christoph aufmerksam und zieht die Brauen hoch. Hollah, was hat denn die Bärbel? Und plötzlich fällt e» ihm wie Schuppen von d-n Augen: Die Bärbel ist ver liebt in den Robert, stockverliebt. „Wo hab ich denn meine Augen allweil gehabt?" schimpft er sich. Ein jäher Schmerz durchzuckt ihn. Hat Bärbel vielleicht schon einmal ihm die Pantoffel mit so zärtlicher Bedacht« famkeit hingestellt? Hat sie ihn schon einmal so warm und lieb angeschaut, wie jetzt den Robert? War sie ihm nicht immer kichernd entwischt, wenn er einmal im Scherz nach ihr fasten wollte? „Wo warst du denn heute unter dem Gewitter?" fragt die Mutter dazwischen. „Alle sind noch rechtzeitig heimge kommen. Nur du und Linde seid ausgeblieben." „Wir sind nach dem Sanatorium," antwortet Roberte „Du hättest dich net sorgen brauchen, Mutter." „Man kümmert sich aber doch um eins," sagt Bärbel aus dem Winkel heraus. Mutter und die zwei Söhne blik- ken gleichzeitig zu ihr hin. Bärbel erhebt , sich, rot angeflammt in Heller Ver legenheit. " „Nun ja," meint sie wie zur Entschuldigung, „man sorgt sich doch, wenn jemand aus dem Haus ist bei einem Ge witter." Christoph starrt sie merkwürdig an und verzieht das Gesicht. Da senkt Bärbel den Kopf und geht schnell hinaus. „Die Bärbel ist so verändert in letzter Zeit," meint di« Tannhoferin. „Man hört sie nimmer singen und lachen. Am End ist sie krank, oder es fehlt ihr sonst etwas." „Vielleicht ist sie verliebt?" sagt Christoph und schaut seinen Bruder an. „Aber Christoph!" wehrt die Mutter ab. „Warum soll sie net verliebt sein, Mutter? Du siehst in der Bärbel allweil noch das Kind," meint Christoph. „Das ist sie aber nimmer. Frag nur den Robert!" „Latz mich aus dem Spiel!" fährt Rodert aus, aber sein Bruder hat die Stube schon verlasten. Robert will ihm folgen, da sagt die Tannhoferin: „Bleib noch, Robert!" Robert bleibt überrascht stehen. „Und —?" Die Mutter schaut ihn fest an. „Ist denn meine ganze Ermahnung umsonst gewesen? Ich will net hoffen, datz du auf mein Reden nichts gibst. Jetzt sag ichs dir nochmal: die Geschichte mit dir und der Linde duld ich nimmer! Meine Gründe kennst du ja." Robert bringt kein Wort heraus. „Sollst doch weiterdenken, Bub! Ein Tannhoferbub und ein Doktormädel, das gibt kein rechtes Paar." „Aber davon ist ja noch gar net die Rede!" entrüstet sich Robert. „Vor deiner Mutter sollst du kein Geheimnis haben, Robert. Ich hab doch längst gemerkt, wie's um dich steht." Ein kurzes Zucken fliegt um die Mundwinkel des Jun gen. Dann sagt er ganz ruhig: „Dann hast du mehr g'wutzt, Mutter, als ich selber. Mir kam es erst heut' zum Vewutztsein, wie lieb ich sie hab." „Also doch! Aber merkst du denn immer noch net, datz da kein Weg ist von der Linde zu dir, hab ich umsonst mit dir geredet? Siehst du denn das net ein?" „Nein, das seh ich durchaus net ein," erklärt Robert mit einer Festigkeit in der Stimme, die die Mutter überrascht. „Wenn zwei zusammengehören, dann gibt es immer auch einen Weg, der sie zusammenführt. Und wenn ihn niemand steht, diesen Weg, die rechte Liebe findet ihn." „Dann spielt sie also net mit dir, Bub? Dann meint ps es ernst?" Roberts Gesicht wird rot. „Mutter, glaubst du, die Linde spielt? Ich schäme mich fast, daß du die Linde für so eine hältst." Stille wirds im Zimmer, die Mutter schaut zu Bodem, „Ja, du hast recht! Sie ist keine, die spielt, sie ist ein«, die für ihre Liebe stirbt, und es ist schon manch eines zu Grund gegangen an einer unvernünftigen Liebl", antwor tet die Tannhoferin mit tiefem Ernst. „Ich hab es so kom men sehen und ich bin auch die letzte, die dir weh tun möcht'. Aber es wird viel Leid kommen über euch. Doktor Burgstaller wird es niemals zugeben, datz sein Mädl in einen Bauernhof heiratet." „Ich will ja den Hof gar net, Mutter. Gib ihn dem Christoph und latz mich msin Nest nur selber bauen. Es wird schon was rechtes aus mir werden." Aber Robert stößt auf granitenen Widerstand. „Kein Wort mehr darüber! Den Hof übergeb ich nur einem und das ist des Tannhofers ältester Sohn und das bist du." „Mutter, die Linde will einmal mit dir über all das reden, über meinen Kiinstlerberuf —" „Die Linde kann zu mir kommen, wann sie will, aber ich red mit der Linde nicht über diese Sachen; sag es ihr!" „Sie glaubt an meinen Kiinstlerberuf!" „Und ich glaub und hoff auf dein Bauernblutl" „Mutter, laß mich an die Schnitzerschule. Ich mutz auf die Schnitzerschule."