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Verlage zunr ^vcrnkenbevgev Tageblatt Dirn-tag, -e« «. April »»»7 iw. Jahrgang Lmms, Sie ferie Vin Roman von Georg Mallentin Urheberrechtsschutz: Korrespondenzverlag Fritz Mardicke, Leipzig L 1 S5 iNarbdruck verboten) Förmliche Angst klang aus ihren Worten. Liebenberg sah sie erstaunt an, aber er konnte in den Zügen lesen wie in einem auf geschlagenen Buche und entgegnete herzlich: „Nichts, Frau Emma — und alles! Ich bin kein dummer Bub, ich bin immerhin fünfuud- vierzig Jahre alt — und ich könnte ja Gussys Vater sein!" „Ja, das könnten Sie sein." „Also, da machen Sie sich keine Sorgen. Wir sind die besten Freunde und bleiben es. Und ich taste Gussy nicht mit einem Wort an. Nein! Wenn es aber das Schicksal einmal wollte, datz wir uns beide in Liebe —" „Nein, nein, das darf nicht sein!" rief Frau Emma angstvoll. „Das wäre ein Unglück!" „Warum?" fragte Liebenberg bestürzt. „Bin ich zu alt zum Heiraten?" „Nein, das — das sind Sie gewiß nicht. Und wer Sie anschaut — ich bin auch eine Frau — ja, ja, ich verstehe schon, datz viele Frauen sehr glücklich sein würden, wenn sie Frau Liebenberg sein könnten. Zu alt — sind Sie nicht. Aber — zu alt für die Gussy. Das Mädel ist doch knapp über die zwanzig Jahre alt. Da sind fünfundzwanzig Jahre Unter schied. Das ist ein Menschenleben. Das ist zu viel, daraus kann kein Glück kommen." Der Kammersänger antwortete nicht gleich, dann sagte er begütigend: „Lassen wir das der Zukunft, sprechen wir nicht darüber. Ich will Ihnen versprechen, dah ich — nie zu Gussy ein Wort von Liebe sprechen werde, be vor ich mit Ihnen darüber gesprochen habe. Ist Ihnen das recht?" „Nein, im Gegenteil, eine erstaunlich gute Stimme. Und ich habe ihr versprochen, dah ich sie schule. Wenn ich wieder austrete, dann soll Gussy bald folgen. Oder haben Sie etwas dagegen, wenn ich eine Sängerin aus ihr mache?" » „Nein, da habe ich nichts dagegen!" ent gegnete Frau Emma lächelnd. „Sie sind eine wundervolle Frau," entgeg nete Liebenberg fröhlich. „Ich habe schon Angst gehabt, dah Sie Schwierigkeiten machen wür den. Aber morgen legen wir los mit den Stunden!" Gussy packte die Sachen aus. Nichts war vergessen, Fleisch, Wurst, Käse, Fischkonseroen und Obst, alles war eingekauft worden, und der Krischan hatte treu und brav die beiden Körbe getragen. „Ist dir jetzt besser, Muttchen?" fragte Gussy herzlich. „Ja, liebe Nichte!" entgegnete Frau Emma trocken. Gussy schlug sich auf den Mund und seufzte: „Ach, es ist so schwer, zu dir Tante zu sagen." „Es muh aber sein." „Nein, nein, das muh nicht sein." „Du wirst es schon noch verstehen lernen, «Mädel. Ich war vorhin einmal im Garten und habe mit Herrn Liebenberg ein bihchen geschwatzt." „Ja - und -?" „Was — und — ?" „Du warst noch nicht fertig." „Hm — hast recht!" Emma sah ihre Tochter ernst an, und ihre Stimme war bittend: „Mä del, nicht wahr, das versprichst du mir: zwi schen dir und dem Herm Liebenberg wird — nie mehr als eine gut« Freundschaft sein!" „Ja, 'ch weih nicht — ob ich dir das so versprechen kann. Manchmal, da lommt's mir auf dem Vallan Hases Abschied wie s «nie nnd Hilde, Meiner Fran erging, das wiht ihr nun genau: Solang wie unser Leben lief, ging die Geschichte meisten- schief. Warum? Wer keine Zeitung hält, der hat da» Nachlebn immer, hat keine Ahnung von der Welt Und keinen blassen Schimmer. Ache« Morgen, Len der liebe Gott scheinen W werden läßt, gehen in das französische hcheunnnisterium am Quai d'Orsay einige HKchtelcgante, aber sonst wenig auffallende «wen, die von dem Haushofmeister, der drei KAolore als Schärpe trägt, ehrfurchtsvoll be- uW werden. Sie gehen nicht in das große« mrmer, das dem Außenminister Delbos Vor halten ist, sondern ihre Arbettsräume liegen l einem Seitenflügel. Es sind dies die Her- m, Lie als Referenten die Balkanangelegen- «e» bearbeiten. Diese Herren werden dem orrununique über die Konferem Ler Kleinen «tente in Belgrad nicht allzuviel Aufmerk- lUBrit geschenkt haben; sie werden einfach auf m Bericht des französischen Gesandten war- N, der viel interessanter und viel instruk- vor ist als ein« Preffeveröffentlichung der «t Außenminister von Prag, Belgrad und Wkarest. Im übrigen ist «» schon richtig, daß Li« Balkanreferenten vom Quai d'Orsay mit eini- ger Sorg« der Entwicklung auf dem Balkan «ntgegengesehen haben, auch diese Konferenz der Kleinen Entente hat diese Sorgen nicht beheben können. Ohne Zweifel ist eine neue Entwicklung auf dem Balkan im Gange, und es ist di« Frage, ob divfe Entwicklung von Paris gemeistert werden kann, run in das Strombett gelenkt zu werden, das das Pariser Außenministerium wünscht. Nach den bis herigen Erfahrungen kamen die Balkanrefe- renten sich sehr allmächtig vor. Jetzt aber er scheint es zum erstenmal so, alS ob auch diese französische Allmacht ein Ende hätte. Die Bal- kanroferenten sind seit Jahren in ihrer Branche tätig, sie haben schon mit Masaryk unL Benesch verhandelt, als es sich darum handelte, überhaupt einen tschechischen Staat zu gründen. Sie haben 191» die Sorgen des Königreiches der Serben miterlebt und nach her über die Vergrößerungswünsche von Jugo slawien verhandelt. Sie haben dann in den Pariser Vorortverträgen eine Ländervertei lung größten Stils getrieben, und aus dieser Länderzerstückelung erstand ja schließlich di« Kleine En tente, die von ihrer Geburts stunde an bis heute Loch nur dagewesen ist, um den Besitzstand der drei Länder zu sichern. Sie hat allerdings noch einen anderen Zweck, Len die Angehörigen dieser Entente nicht in vollem Umfange erkannten, und um den heute gekämpft wird. Dies« Klein« Entente sollte nämlich auch noch dazu dienen, um die Sicherheit Frankreichs zu garan tieren und um Frankreich dann Hilfe zu geben, wenn es solche Hilfe brauchte. Die Balkanreferenten vom Quai d'Orsay wußten natürlich, daß auch Gegenleistungen notwendig waren. Insbesondere mußten nach Kriegsende Geldströme in die Länder der Kleinen Entente gelenkt werden. Geld brauchte man vor allem in Prag. Die Herren von Paris bewilligten auch Geld, aber die Fran zosen sind in Geldsachen eigentlich niemals großzügig gewesen, wenn schon Geld geborgt wurde, so geschah es unter solchen Bedingun- . gen, daß es bestimmt kein Vergnügen war, von französischer Seite Geld zu borgen. Die finan ziellen Bedingungen waren zudem jedesmal mit politischen Bedingungen verknüpft, die eine Abhängigkeit von Frankreich zum Ziele hatten. Polen, das der Kleinen Entente nicht angehörte, aber doch auch Jahre hin- > durch diese französische Abhängigkeit zu spüren hatte, machte sich in gewisser Weife am ehesten davon frei, indem es die Gelegenheit aus nutzte und ausnutzen konnte, Großmachts- Politik auf eigene Faust zu treiben. Auf das polnische folgte das jugosla wische Beispiel. Das war in gewissem Sinne nur natürlich, da Jugoslawien heute eine Großmacht auf dem Balkan darstellt, inner lich gefestigt ist und über Männer verfügt, die wissen, was sie wollen. In Rumänien j ftnL «s die illnerpolitische« Verhältnisse, Li« j eine Schwächung LiestS sonst reichen Staates zur Folge haben, und in Prag ist es schließ lich das böse Gewissen, da» zur Abhängigkeit von Paris verpflichtet. Diese Abhängigkeit > ballerte an und wurde noch stärker, al» Bar- thou sein großes Euttreisungswerk gegen Deutschland begann, und e» kam zum Ab schluß, als der Franko-Sowjet-Pakt geschlossen wurde, in dem Prag ein« ganz besondere Rolle »»geteilt bekam. Die Selbständigkeitspolittk Jugoslawiens führte zum Abkommen mit Sofia und Rom, und infolgedessen mußte von französischer Seite zu neuen Mitteln gegriffen werben, um Lie Kleine Entente wieder enger mit Paris zu verbinden. Aus diesem Grunde erfand man den militärischen Beistands« Pakt, Ler in der Ministerzusammenkunft der Kleinen Entente eine große Rolle gespielt hat, und von dem wir auch in Ler Zukunft gewiß noch manches hören werden. Daß in diesem Zusammenhang der Prager Außenminister Dr. Krofta das Kollektivitätsprinzip vertreten hat und somit den Beistandspakt empfahl, kann als sicher gelten. Es fragt sich, ob der jugoslawische Ministerpräsident Stojadino- witsch ihn für vereinbar mit Len Unabhängig- keitsbestrebungen Jugoslawiens hält. Es kommt nämlich dazu, daß dieser Beistandspakt in Anlehnung an das franko« russische Bündnis wirksam werden soll. Dieses Bündnis aber wir- in Jugoslawien keineswegs besonders geschätzt; es mutz daran erinnert werden, daß Jugoslawien heut« noch keine offiziellen Beziehungen zur Sowjetunion unterhält. Alle Communiquös über den BestanL und die Sicherheit und die Zukunft der Kleinen Entente sind nur dazu La, um über di« tat sächliche Entwicklung hinwegzutäuschen. Das wissen auch die Balkanreferenten vom Quai d'Orsay, die zur Zeit auf dem Spruitge stehen, um sich dann einzuschalten, wenn eS nötig und möglich ist. französische Presse selbst ist sich aber nahezu darüber einig, datz die Pariser Diplomatie eine „schwere Schlappe" erlitten hat. Auch die der Volksfrontregierung nahestehenden Blätter bringen zum Ausdruck, -aß Lie Kleine Entente zerschlagen aus der Konferenz von Belgrad hervorgegangen ist. Bemerkenswert ist, daß auch von dem Besuch des tschechoslowakischen I Staatspräsidenten Benesch in Belgrad eine Aenderung der Lag« nicht erwartet Wird. Siii SaglSn-er warnt Sowjetrußland geht unnachstchtlich seinen Weg. Viscount Elibank, der Jahrzehnte im eng lischen Kolonialdienst hohe Posten bekleidet hat und eine Zeitlang auch konservativer Unterhausabgeordneter war, nimmt Lie kom- Emma nickte glücklich. „Ja, ja, ich danke Ihnen." Dann war eine Weile Schweigen zwischen beiden. Endlich sprach der Kammersänger wieder: „Warum haben Sie eigentlich nicht geheiratet?" „Warum? Weil — der Rechte — an mir vorbeigegangen ist." „Das verstehe ich nicht. Sie sind doch jetzt noch eine hübsche, stattliche Frau. Ja, ja, widersprechen Sie nicht. Wenn man Sie in die elegante Gesellschaftsrobe steckt und wenn Sie sich pflegen könnten, dann würden Sie wahrlich die meisten Ihres Alters ausstechen! Und in der Jugend waren Sie gewiß ein bildhübsches Mädel!" „Ich war nicht HLWch, gewiß! nicht, aber — es hat doch nicht zum Glück gelangt!" Dann raffte sie sich auf, tat einen tiefen Atemzug ' und fuhr schnell fort: „Ich bin deswegen nicht unglücklich geworden. Nein, das Leben, wenn es auch ost hart war und viel verlangte, hat mir doch viel an Freude gegeben. Und die Gussy, die ich aufgezogen habe, war mein« große Freude." „Wer sind Gussys Eltern?" Emma guckte zusammen und überwand ein« Nein« Verlegenheit. „Die — find tot — schon jahrelang. Gussy hat sie kaum kennen gelernt. Sie war damals — drei Iah« M." „Und so haben Sie ihr Ihr mütterliches Herz geschenkt?" .Mein mütterliches Herz? O ja, das habe ich der Gussy gegeben, und ich bin so glücklich, denn sie hat es mir mit aller Liebe gedankt." „Aber Sie hätten aus dem Mädel etwas machen sollen." „Meso — sie ist doch —" „Im Hauswirtschaftsberuf, nicht wahr?" „Das schon, aber sie hat eine gute Er ziehung genossen, und sie hat nicht einmal eine schlechte Stimme!" vor, als ob er mich so richtig von Herzen lieb hat — und wenn er mich fragen würde —" „Dann mutzt du nein sagen, hörst du! Das mutzt du tun, wenn du mich lieb hast, mutzt du es tun, Mädel!" drängte Emma, und ihre Stimme schwang vor innerer Erregung. „Es ist doch um dein Glück. .. Du sollst einmal einen Mann haben, der — der nicht so alt ist, datz er dein Vater sein könnte!" „Aber — kann denn ein« Ehe trotz des Altersunterschieds nicht glücklich werden?" „Nein, nein, das kann sie nicht! Ich glaub« nicht daran. Wenn es auch ein paar Jahve gut geht, wenn der Mann dann älter ist — wird die Differenz noch grötzer. Dann gibt es Mißstimmung, der Mann wird mißtrauisch Md ungenießbar, das ganze Leben ist dir verdor ben." „Ach, reden wir doch nicht mehr davon. Ich — ich — denke ja auch nicht dran." „Es reizt dich vielleicht, Frau Kammersänger zu werden?" „Nein, nein, das nicht. Nicht die Spur, das darfst du von mir nicht denken. Ich will mir mein Leben selber aufbauen und mir den Erfolg selbst erringen. Dann ist das Leben erst schön." Frau Emma atmete befreit auf. Aber ganz war die Sorge nicht aus ihrem Herzen ge wichen. "Am Nachmittag gab Dr. Wilm keine Ruhe. Gussy mutzte mit ihm zusammen durch die Wäl- >der streifen. Sie tat es gern, besonders da Mutter ihr sagte, Latz sie sich wieder ganz wohl fühle, und sie war lustig wie ein Kind, als sie an der Seite Wilms einherschritt. „Endlich habe ich Sie mal Herrn Lieben berg entführt!" kachle Wilm wie ein vergnügter Junge. „Ls ist unerhört, wie Sie der Herr Kammersänger beansprucht." (Fortsetzung folgt.) munisttsche Propaganda des S»wjetrundsmck» in englischer Sprache zum Anlaß, um in einer Zuschrift an den „Daily Telegraph" Deutsch lands und Italien» Haltung gegenüber der Sowjetunion als berechtigt anzuerkennen. Er sagt u. a., daß angesichts dieser offenen sowjetruffischen Propaganda und der Lage in Spanien und Frankreich, wo di« sogenannte Volksfront die Macht ausübe, doch etwas Ge sundes in Ler Haltung Deutschlands und Ita liens liege, wenn beide Länder w«iter rüstete« unü sich weigerten, sich mit der geräuschvollen Mitgliedschaft der Sowjetunion im Völker bund und Sowjetrußlands glühenden Ver sicherungen zugunsten -es Weltfriedens zufrie Lenzugeben. Es gebe mehr al» ei»«« Weg, den Wett frieden zu stören, und e» sei offenkundig, b« SowirtruMand «nnachaiedia diese Wege c Ter franzSfifch-stmqetruffifche Pakt sei gang offensichtlich ein Teil Vs« Sowjetr«Mm»dS bolschewistische« Feldzug, und «S scheine ihn». Lem Viscount ENbank, daher wichtiger den«, je, daß die englische Neuerung Großbrita«-! nie« in keiner Form verpacht«« dürfe, diese«! Pakt zu untrrftühen. Ein großer Tag für die Briefmarkensammler war Montag, der 5. April. An diesem Tag begann der Verkauf der Adolf-Hitler-Bnef- marke (Scherl-Bilderdi'enst-M.) MMlkdienft - Ehrendienst! cZie klttblt l-cilt blN'ä 2ÄT1