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Kapitän Saases Museum GMschlea aus der romantischen Seit -es Tierhan-elS Boni Ette befreit... Scherl m). Miasl die «Mim »dl Sie bringt nichts als Üirglmk Sollte Lie vielbewuuderte Riesenschlange im ^Berliner Aquarium eines Morgens gestorben /fein, so würde das Publikum heute den Ver- <H«st kaum bemerken. Nach einigen Tagen ist «ämlich di« Riesenschlange wieder da, nicht dieselbe, aber genau so lang, genau so dick und , genau so schläfrig. Früher war daS anders. Es ivar nicht so leicht, eine Riesenschlange zn bekommen. Es war noch eine — romantische Angelegenheit. Die Romantik ivar interessänter nnd auch Igar nicht so rückständig. Wenn man auf eine «eue Riesenschlange ein halbes Jahr ivarten mußte, «m so seltener nnd großartiger war dann die neue Riesenschlange. Heute diktiert der Aquariumsleitcr nur eine Postkarte an die große Tierhandelsfirma: „Bitte, senden Sie umgehend einen Python molurus, weib- kich, acht Meter lang, gilt fressend, cinge- wühnt." Aber früher konnte man ihm auf die Schulter klopfen, wenn ein neuer Python da war: „Das haben Sie fein gemacht!" Es ist noch nicht so sehr lange her. Dieselben Männer, die den Python heute durch Post karte bestellen, haben in ihrer Jugend noch die romantische Schule mitgemacht. Zu jener Zeit war der Seemann der Tier importeur. Ein Seemann hat mancherlei Talente. Unter anderem verstand er sich auch auf Zoologie. Es gab Spezialisten auf diesem Gebiet. Solche Spezialisten wurden bei ihrer Heim kehr von großer Fahrt nach Westindien, Afrika, Oflasien, Südamerika nicht nur von ihren Bräuten am Landungskai erivartet, son dern es hatten sich bedeutende Herren des TierhanLels zu ihrem Empfang eingefunden Sie hatten Welte Reisen gemacht, um den Bootsmannsmaat, Oberheizer oder Unter steuermann zu begrüßen. Wenigstens hatten sie ihren Vertreter bereit, einen der vielen Tierzwischenhändler, die nebenbei auf eigene Faust Tiere von den Seeleuten erwarben — Affen, Schlangen, Schildkröten, Krokodile. Gürteltiere — und den zoologischen Gärten im Land und den privaten Liebhabern an boten. Tierschau im Kohlenkeller. Einen von diesen Zwischenhändlern der romantischen Schule lernte ich in Hamburg kennen. Der Mann hat sich früher sehr gut gestanden, aber die romantische Zeit des Tier handels ist vorbei. Ich begleitete ihn in ei» dunkles Viertel der Stadt, wo sich die Reste seiner Tierhandlung befanden; sie war im dritten Hof in einem alten Kohlenkeller Eine alte Stürituslampe wurde mit einiger Schwierigkeit angezündet und an der Deck- aufgehängt. An den Wänden aufgetürmt standen vergitterte Kisten und Terrarien. Die meisten Waren leer. In einer saß ein kleiner Pavian, in einer anderen zwei Rhesusaffen; unten rappelten sich zwei Gürteltiere aus dem Stroh hervor. In den geheizten Terrarien lagen noch ein echtes Nilkrokodil, eine Boa. eine große Strahlenschildkröte und eine Ge- lenkschildkröte. Alle diese Tiere waren gut gehalten. Es fehlte ihnen an nichts. Vielleicht hatte der Mann zu Hause selber nicht mehr viel zu essen und zu Heizen, aber der Ofen bei seinen Tieren glühte an diesen kalten Tagen, und der Mann setzte sich hin und fing an. Kar toffeln zu schälen. Die Affen hatten nachher beide Hände voll» Kartoffeln und Bananen, die Gürteltiere schmatzten an ihrem Abend essen, die Schildkröten fraßen ihren Kohl, das Krokodil schluckte. Alle hatten sie, was sie brauchten, Wärme und Futter. Der Mann saß da unter der Lampe und sah seine Tiere an, als sie nun alle versorgt waren, und die Affen, mit den Kartoffeln in den schwarzen Händchen, sahen ihn an. Es war die Traurig keit um eine sterbende Welt. Dieser Mann wird sich schwer von den Tieren trennen können . . . Freiwillig ließ er sich noch lange nicht unterkriegen. Die Strahlenschildkröte ivar schon bestellt von einem Mann, der sie im Garten halten will, sobald es ivarm wird, auch das Nilkrokodil war so gut wie verkauft. Man kennt seine Leute — Tiergärtner, Lieb haber, Gastwirte, die Tiere halten, Artisten—, da wird dieses und dort jenes Tier gesucht, das muß mau erfahren, nnd man muß dann wissen, wo es zu haben ist. Wenn man diesen Mann nach verschiedenen Arten von Panzer echsen, Schildkröten, Leguanen, Prachtfinken, Affen fragte, das kannte er wie das Einmal eins und brauchte keinen Brehm zum Nach schlagen. „Reticulatus" sagte er und meinte eine Art Pythonschlange, „Porosns" sagte er und meinte ein Leistenkrokodil. Als gewöhn licher Tierliebhaber kam man bei der fach männischen Unterhaltung nur mühsam mit. Ein solcher Kenner wird immer gebraucht werden, eine Anstellung wird er immer finden. Aber das ist eS nicht . . . Als die Tiere im Kohlenkeller schön zuge deckt waren — die Affen gaben noch immer fort Händchen, und das Nilkrokodil seufzte ttef —, gingen wir zitsammen einen Grog trinken, den man äußerlich wie innerlich brauchen konnte (es wehte eine sehr „er frischende" Hamburger Brise). Mit knallroten Rasen und Ohren gingen wir in .„Kapitän Haases Museum" vor Anker. Wir sahen in der Ecke unter dam Taucher, der soeben von einem Schwertfisch ausgespießt wird; meine« Hut und meinen Mantel hatte ich an einigen Elefantenzähnen aufgehängt. Von Zeit zu Zeit verabfolgte das elektrische Klavier eine Portion Musik. Gavial — vier Meter lang. Hier war cs richtig; es paßte zu unserer Unterhaltung über die romantischen Zeiten. Da standen und hingen und baumelten Lie Raritäten, die der Seemann mitgebracht hat — Haifische, Büffelhörner, Schildkrötenschalen, Glaskästen voller Schmetterlinge, Käfer und exotischer Eidechsenmumien. Da hing an der Wand, vom Tabak schwarzgeräuchert, ein vier Meter langer Gavial (Schnabelkrokodil), und vor kurzem habe ich von dem Gavial im Ber liner Aquarium, einer seltenen Neuerwer bung, berichtet, der doch nicht länger war als mein Arm! Alle Achtung vor der roman tischen Schule! Aber der Seemann hat zwei Seelen in seiner Brust, eine zu Wasser und eine zu Lande. Was sollte der Seemann an Land mit den Andenken an ferne Länder und Meere! Er braucht einen Grog und noch einen Grog, er braucht Geld unter den fun kelnden Lampenboge'n der „Großen Freiheit". Die lebenden Tiere wurden schon gleich von Bord weggehandelt und weggeholt, nutt stran deten auch die ausgestopften und anderen Raritäten beim „Kapitän Haase". Der Haifisch, der mir über dem Kopf bau melt, hat sich das auch nicht träumen lassen; er hatte die Absicht, den Seemann zu schlucken, statt dessen — verschluckte der Seemann ihn. Ueberhaupt, wie brachte der Mann das Un getüm hier herein? Das muß damals eine andere, eine tolle Reeperbahn gewesen sein, als man mit einem Haifisch unter dem Arm oder mit einer Elefantenschildkröte auf dem Rücken hier ging und beim alten Haase seine Rechnung damit bezahlte! Der Grog, den man hier trinkt, ist unter Brüdern auch wohl einen Haifisch wert. Zu erst den Zucker ins heiße Wasser, dann läßt man den Rum ans dem Fläschchen tropfen weise am gläsernen Stab aus das Wasser rinnen. Der Rum muß schwimmen! Nach dem ersten Glas sch-m w-rh einem das Herz warm. Mein Freunv. oer L.erqanowr, erzählte wieder von der Zeit, als man am Landungs- ka, aus den Dampfer aus Afrika oder aus Indien wartete. Die Händler und Diergärt ner kannten sich allzu gut, aber jetzt standen sie stocksteif unter dem Regenschirm und taten so. als hätten sie sich nie im Leben gesehen. Kaum lvar der Landungssteg ausgelogt, da stürzten sich alle ins Schiff. Nun kam es dar auf an, daß man wußte, wo der richtige Mann zu finden war. Wer zuerst kam, mahlte zu erst. Und da kam es vor, daß eine Schlange, eine Schildkröte, eine Zibethkatze im Sack schon dreimal verkauft war, ehe sie von der Lan dungsbrücke herunter war. Einer kaufte sie vom Seemann, von ihm kaufte sie im Salon der zweite Händler, von dem ein dritter an Deck, von dem der vierte, der gerade die Lan dungsbrücke heraufkam. Heutzutage, wenn man ein Tier von der Großhandlung erwirbt, wird es vorher besichtigt und untersucht, das gab es damals nicht. Man nahm auf gut Glück, was man kriegte. Einer hatte einmal in der Kiste einen schwarzen Panther gekauft; er hatte geschwind Hineinschauen können in die Kiste: Prachtvolles, kerngesundes Tier offenbar und spottbillig (damals noch eine große Seltenheit). Stzolz brachte der Tier gärtner seine Errungenschaft nach Hause, in seinen Zoo: „Na, wie habe ich das gemacht, Kinder!" Man ließ den schwarzen.Panther aus der Kiste heraus in seinen Käfig. Prachtvolles Tier, gesund, nur leider — fehlte ihm eine Kleinigkeit. Er hatte — keinen Schwanz. Einer hatte eine Riesenschlange gekauft und selber nachgemessen, sie war acht Meter lang. Er ging dann noch einen Whisky trinken auf dem Schiff. Ms er die Schlange zü Hause hatte, war sie — o Wunder — um vier Meter kürzer geworden! — Und Himer ein neues Glas Grog und eine neue Geschichte. „Fräu lein, ich kann aber nicht bezahlen, ich habe doch keinen Haifisch!" Die Mumien hier fan gen nun an zu leben, der Alligator schiebt sich an der Wand vorwärts, der goldene indische Götze bewogt ivie eine Spinne seine zehn Arme. Und nun sehe ich deutlich, wie über dem zärtlich verschlungenen Liebespaar in der Sofaecke die Tigerschlange auf ihrem Ast langsam abwärts zu kriechen beginnt. So ist das Leben — dachte ich —: Kaum ist man verliebt, da kommt von oben die Tigerschlange. Und ich nickte meinem Freund, dem Tierhänd- ler, philosophisch wehmütig z« in der abge klärten Erkenntnis, die nur kw Grog zu Ver leihen vermag, daß man die Tigerschlangen nicht stören sollte in der ihnen von der Schöp fung zugewiesenen Aufgabe. Irgendwie muß ich dann in mein Hotelbett gelangt sein. Mir träumte von einem Schiff bei kräftigem See gang, voll von Krokodilen, Schildkröten, Hai fischen und schwanzlosen Panthern. Wolf D Wer bedroht das kostbare Volksvermögen? Die Zahl der Schädlinge geht in die Milliar den und Billionen: einer aber von ihnen wird nur selten, wenn auch wenig höflich, aber da für um so treffender beim Namen genannt: es ist der faule, gedankenlose und träge Mensch, der niemals nach dem „Woher" und dem „Wohin" der Dinge fragt — jener Mensch, dem es beispielsweise ganz gleich gültig ist, wie seine Winterkartoffeln lagern, ob in zu heißen oder zu kalten Kellern, und der nicht fragt, ob die guten Früchte neben den schlechten liegen, durch die sie gefürchtete Infektionskrankheiten bekommen. Doch schon allein die falsche Lagerung der Kartoffeln in Stadt und Land kostet Deutschland rund 4 Millionen Tonnen Kartoffeln' Verlust. Selbst wenn man mit der Hälfte eines un umgänglichen Verderbs rechnen müßte, so könnten wir doch noch immer 2 Millionen Tonnen einsparen und weniger anbauen — damit aber gewönnen wir genau so viel als Anbaufläche, die wir für den so sehr notwen digen Flachsanbau gebrauchen. Denken wir also nicht: Ach, die Paar Kartoffeln. . . Was kommt es auf die an? Wenn 60 Millionen Menschen so denken wollten, schafften wir nie, was wir im Vierjahresplan schaffen möchten und müssen. Unsere Eßvorräte werden von vielen Insek ten bedroht; es sind vor allem Mehlmotte, Kornkäfer und Diebkäfer. Es ist schon vor- gelommen, daß die Mehlmotte die kleine Ursache zu großen Schäden gewesen ist, denn manche Mühle mußte ihretwegen stillgelegt werden. Vor allem ist aber auch das fertige Brot vor dem Verschimmeln und vor dem Vertrocknen zu schützen. Der Hausfrau stehen heute praktische Tongcfäßc zur Aufbewahrung zur Verfügung. Recht schädlich sind die bekannten Küchen schaben, die fast alle Gtzwaren angreifen und verschmutzen. Die Dörrobstmotte gefährdet Dörrobst, Rosinen und Mandeln, der Saft käfer Datteln', Feigen und Erdnüsse, der Tabakkäfer die Zigarren, und selbst der schöne deutsche Wein, den wir für festliche Stunden aufheben wollten, kann ausgelaufen oder ver dorben sein, weil die kleine Korkmotte den Kork z^fraß. Für alle Insekten aber gibt es Abwehrmaßnahmen, die im Zweifelsfalle in der Biologischen Reichsanstalt zu erfragen sind. Fett, Fleisch nnd Käse sind, wie jede Haus frau weiß, ein beliebter Treffpunkt der Flie gen, und auch der Speckkäfer führt gern seit» Schlemmerdasein in unseren teuer erkauften Vorräten. Jedoch Gazeschränke und Draht« gitter schützen unsere Eßwaren gut. Die „Glückssliege", die man im Winter oft nicht zu töten wagt und an die »och immer manche Menschen glauben, wird so leicht zur Unglücksfliege. Also gehen wir ihr und un serem kleinen Aberglauben mutig zu Leibe. Es lohnt sich! — „Du kriegst die Motten", sagt der Berliner mit Recht, wenn er einen großen Schreck deutlich machen will. Jetzt aber, in diesem Monat, bereitet sich jene, Schreck langsam aber sicher in unseren Truhen und Schränken vor. Man soll deshalb sein« Sachen ständig nachsehen, denn es ist immer noch besser, die Motten unangenehm zu über raschen, als von ihnen überrascht zu werden. Am besten ist es allerdings, eulanifierte Ge webe als Hüllen zu kaufen. Gegen die Nageschädlinge, also gegen Mäuse und Ratten, legt man jetzt mit gutem Erfolg Getreidegift und benutzt dazu die sehr praktische neue Giftflinte. Ein Mäusepaar hat ungefähr 300 Nachkommen im Jahr; diese Familie frißt zusammen vier Zentner Getreide auf. Das ist eine Brotmenge, die ausreicht, um einen Soldaten unserer Wehrmacht zehn Monate mit seiner täglichen Brotration zu versorgen. Wenn also in jeder von unseren 57 000 deutschen Gemeinden ein Mäusepaar mit seinen Nachkommen restlos vertilgt wird, so gewinnen wir damit die zehn Monats rationen für 38 deutsche Regimenter! Jetzt ist es auch die beste Zeit, de» still da» liegenden Garten zu entrümpeln, und es ist die notwendigste und dringendste Aufgabe des Gärtners nnd Kleingärtners, sich jetzt um sein Fleckchen Erde und die ihn bedrohenden Schädlinge zu kümmern. Der Obstbaumbestand muß in den Kronen gelichtet werden, damit die Sonne als Mitkämpferin gegen die Schäd linge genügend Zutritt hat. Die Rinde soll möglichst mit Karbolineum bestrichen und die Krone gespritzt werden, damit man die Mil lionen und Milliarden von Larveninsekten zur rechten Zeit vertilgt. Die EntEumPelung aller unordentlichen Gartenstellen, Abfallgrubcn usw. aber nimmt den Ratten und Mäusen die beliebten Schlupfwinkel und hilft, der in die sem Jahr besonders starken Maffenplage durch den Kampf in seiner Gesamtheit Herr zu werden.