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HrankvnbvLgvL ErzSKIor Vrttsg» zrr« ^r«rk»o«dvLSMG ^«grdUM 27. MLrz 1LS7 Mmlststrbüben ^al^rMnmrvM» ^ans Lrnst s -l rii« «>8«,»« L«Ku«ßD Ur^b<rr«cht«schug durch »«rlaglanstalt Manz, M»nch«n r glaub, nein, ich weih es bestimmt, ich kann kein Bauer und werd« kein Bauer werden. Es fehlt di« innere Freud. Ich bin zu anderem, zu Höherem berufen." . Da lacht di« Tannhoferin schrill auf und ihre Stimm« klingt hart: „Hochmut ist das, nicht« als sträflicher Hochmut, Ein« bilduna! Sprüche I Angelesenes Zeug, das in deinen dum« men Büchern steht k Zu Höherem berufen? Als ob es einen wichtigeren Beruf als den Bauern gäbe! Die Bauernarbeit geht dir von der Hand. Du bist gesund und kräftig, fleißig und sparsam, du, du wärst der Mann für den Tannhof. Ja, wie stellst du dir das Leben eigentlich vor?" „Ich möchte Bildhauer werden!" „Ich kenne nur Bildschnitzer und das find Hungerleider!" „Ein Bildhauer in der Stadt ist kein Hungerleider. Dia Linde hat es mir erzählt." — Robert hält inne, beißt sich auf die Lippe, er siebt di« böse Wolke auf der Stirne der Mutier, die immer Unwetter ankündet, und schon bricht «a aus ihr heraus: „Aha, di« Linde! Hab ich es dir net gesagt, daß fta dir diese Flausen vom Bildhauer in den Kopf gesetzt hat?" „Reden wir net von der Linde, Mutte«, reden wir von mir, weil wir da» Thema nun schon angefangen haben. Ich Litt dich, Mutter, laß mich auf eine Bildschnitzerschule!" „Auf die Bildschnitzerschul? In die Stadt? Ausge« schlossen! Nie und nimmermehr. Ja, auf die Landwirt« schastsschule kannst du gehen. Tannhofbauer sollst du wer« den. aber kein entwurzelter Städter." And wieder klingen ihre Worte beschwörend und dl« ganze Mutterliebe bricht daraus hervor. „Robert, schau, nimm doch Vernunft an Hast es ja so gut. Noch ein paar Jäbrlein, vier bis fünf Jahrlein, dann kannst du dich mitten ins warme Nest hier setzen. Dann kannst du nebenher schnitzen den ganzen Winter durch, so« viel du willst. Dann kannst du dir eine Bäuerin holen, eins echte, rechte Bäuerin, die zu dir patzt, ein Mädchen aus dei« nem Stand. Aufs Geld brauchst du nicht zu schauen, abe* schlag dir die Gedanken vom Bildhauer aus dem Kopf." „Mutter, du weißt net —" „And vor allem, latz die Linde!" „Mutter!" — „Still! und Schluß jetzt damit; es ist längst Schlafens« zeit, denn morgen geht» wieder früh an die Arbeit. Gut Nacht!" 2. Mit schönem Hall läuten die Glocken von Wolfsbach den Sonntag ein. Es ist ein rechter Frühlingstag von einer strahlend blauen Schönheit. Kleine, weiße Wolken schwim« men tm tiefen Blau des Himmels und ziehen trag über den Arber hin in die Ferne. Droben im Sanatorium funkeln alle Fenster in der Morgensonne und es sieht aus, als brech« Feuer aus ihnen. Ein Schwarzspecht schlägt drüben im Wald unermüdlich und schnell an einen morschen Stamm. Ein Bussard steigt lautlos aus den Wipfeln auf und zieht in majestätischem Flug über den Tannhof weg. Sonntäglich aufgeräumt sieht heut der Hof au». Di« Bäuerin sieht streng darauf, daß kein werktägliches Arbeits« gerät im Hof liegen bleibt über den Sonntag. Nach der Morgensuppe geht die Tannhoferin in di« Kammer und kommt dann mit einer schweren, «isenbe« schlagenen Kassette zurück, aus der sie einige Silberstück« nimmt. Steffel bekommt seinen Lohn, die Buben jeder drei Mark Taschengeld. Eine halbe Stunde später verlassen st« zu dritt den Hof. Es ist eine Pracht, die Tannhoferin mit ihren beiden Söhnen gehen zu sehen. Sie trägt noch di« dunkle, ernste Tracht des Waldes, die vortrefflich paßt zu ihrem stattlichen Wuchs. Feierlich und ernst gehen di« Söhne neben ihr her. Auch im Gang unterscheidet sich Christoph ein wenig von seinem Bruder. Er wiegt sich ein wenig und schlenkert im Gehen die rechte Hand, eine Ge« wohnheit, die auch sein Vater an sich hatte. Der alte Steffel hat heut Kirchenwacht im Dorf. Die Kirchenwacht geht reihum im Walddorf. Wenn alk Manns- und Wcibsleut in der Kirche sind, muß eins dit Runde um die Häuser und Gehöfte machen. Es ist wegen Feuers- und Diebsgefahr. Als Zeichen seiner Würde trägt er einen hellebardeähnlichen Spieß. Schön gemütlich trippelt der Steffel, seinen Spieß uw term Arm, um den Hof, geht dann noch ein Stücklein dl« Viehweide hinauf, wo er das Dorf schön übersieht, unkt läßt sich auf einen Baumstock nieder. Umständlich stopft er seine Pfeife. Er hat um ihren Bek« her den Gummi von einem Limonadenflaschl gespannt, das mit er die Pfeife bester zwischen den zahnlosen Lippen Hal« len kann. Dann pafft er ein paar blaue Rauchwolken in di« Luft, sieht ihnen mit lustigem Augenzwinkern nach, wie st« langsam zu wandern beginnen, und schickt sein« Gedanke«! hinter ihnen her. Was kann denn ein alter Mann noch viel Gedanken h« ben? Gar ein solcher wie der Steffel, der auf dem Tanck« Hof die sichere Ruhe seiner vielen, arbeitsreichen Tage und Jahre verlebt. Niemand drängt ihn mehr zur Arbeit, « schafft und werkelt, weil es ihm Freude macht, hat fei« gutes Esten, seine Kammer und seine Pflege. Ja, di« Tann« hoferin läßt es an nichts fehlen und vergißt nicht, daß der Steffel schon vor ihrem Mann auf dem Tannhof war und? dessen Vater schon gedient hat. l^ortseming folgt.» (Nachdruck verboten.)» Der Christoph freilich, der hatte wieder andere Neigun gen. Stubenhocken und Sinnieren war nicht sein Fall. Ein scharfer Tarock im Wirtshaus und eine lärmende Unterhal« tung war ihm schon lieber. Dabei war er nicht gerade eng« herzig in der Wahl seiner Freunde, mit denen er sein« Abende verbracht«. Manch einer von den Gesellen, die er in» Haus brachte oder die ihn am Sonntag fortholten, wollte der Tannhoferin nicht recht gefallen. Nun find es Zwillinge, sehen einander gleich und find doch so grundverschieden im Charakter, denkt die Mutter und läßt ihr Spinnrad schnurren. Und dann verfinstert sich ihr Nares ausdrucksvolles Ge« sicht wieder. Eie denkt an das, was Christoph von der Lind« erzählt hat, von der Sanitätsrats Linde; hat sie ihrem Ro bert nicht den Kopf schon ganz verdreht? Das fehlte noch? Robert, der Erbe vom Tannhof, «in Bauer, und sie di« halbstudierte Sanitätsratstochter? Das zarte, schmale, jeder Arbeit ungewohnte Ding? — Aber der Bub wollte von jeher oben hinaus! Bauer war ihm zu wenig. Sein Herz hing an seiner Schnitzarbeit und sein Kopf war voll dum mer Träume. Und die Linde bestärkte ihn, gab ihm Bücher, erzählte ihm von Künstlern. Nicht als ob sie etwas gegen die Linde hätte, sie war ein liebes, herziges und bescheidene» Mädchen, so gar nicht überheblich wie sonst die Töchter dieser Kreise oft find, aber sie soll ihren Buben in Ruhe lassen! Jawohl! Christoph ist jetzt mit seiner Zeitung fertig und streckt gähnend die Arme. „Was wird denn das?" fragt er, hinter Robert tretend. „Das sollst schon kennen; ein Auerhahn!" Christoph lacht laut heraus. ..Fängst jetzt schon mit den Vögeln an? Vielleicht wirst noch a Herrgottsschnitzer wie die zu Oberammergau. Fehlen bloß noch die langen Haar." „Wenn weiter nichts fehlt," geht Robert auf die Sti chelei ein und lehnt den Kopf an die Kacheln des Ofens. „Jeder Mensch muß a Freud' haben," meint Christoph trocken. „Mich tät nur dis Zeit reuen. Also, gut Nacht mitsammen." Eino Weile spater verlaßt auch Bärbel die Stube und die Tannhoferin räumt ihr Spinnrad! auf, setzt sich an den Tisch und liest noch ihre Zeitung. Robert schaut aus seinem Dämmerwinkel zur Mutter hin, auf deren gesenkten Scheitel das Haar im Schein der Hängelampe so hell aufleuchtet wie frischgesponnener Flachs. Ein paar Silberfäden mischen sich freilich schon drein. Die harte Kriegszeit halt und Kummer und Leid der schweren Zeit nachher haben dies Antlitz gezeichnet. Aber stark ist sie geblieben, die Tannhoferin, und hat da» Heft nicht aus -er Hand gegeben. Die alte Kuckucksuhr räuspert sich und zehnmal lugt der kleine Vogel aus seinem Kästchen heraus. „So, Robert, jetzt wird es Zeit," sagt die Mutter und beginnt die schweren Zöpfe zu lösen. „Das hat's nicht nötig, daß du allweil die halbe Nacht für ein Stück! Holz hinfitzt." Robert steht auf und legt das Schnitzmesser weg. „Es macht mir halt Freud, Mutter, und die Freud soll Man mir lassen." „Niemand nimmt dir die Freud, Robert, aber der Schlaf, den du versäumst bei Nacht, geht dir am Tag Lei der Ar beit ab. Zuerst aber kommt die Bauernarbeit und hernach meinetwegen die Liebhaberei." „Ich glaub net, daß ich schon einmal meine Arbeit ver säumt hab' über der Schnitzerei," verteidigt sich der Bub, „aber Freud', wirkliche Freud' macht mir halt doch nur das Schnitzen. Ich kann mir net helfen, aber mittendrin packt es mich, dann muß ich das Schnitzmesser nehmen. And ich hab' so das Gefühl, daß ich Geschick dazu habe und daß ich es in der Schnitzerei zu was bringen könnt. Du müßtest mich bloß a Schul besuchen lassen..." „Nein," fährt die Bäuerin hart dazwischen, indem sie Leide Fäuste auf die Tischplatte stemmt. ,Ich kann dich net fortlassen. Der Hof braucht dich. Schlag dir nur die Flausen aus dem Kopf! Du bist und bleibst ein Vauernbub und sollst ein Bauer werden. Aus seiner angeborenen Haut kann keiner raus und deine ist gesund und fest angewachsen." Robert steht mit bleichem Gesicht und hat einen trotzigen Zug um den Mund. Jetzt wendet er sich ab und geht zur Türe. „Robert...!" Er hat die Klinke schon in der Hand, dreht langsam das Erficht über die Achsel. „Ja, Mutter?" „Geh her zu mir!" Er rührt sich nicht, steht wie angegossen. Da geht sie zu ihm hin, ganz langsam, den Blick in seine Augen gerichtet, steht dann vor ihm und legt die «ine Hand «nf seine Schulter. „Dummer VuL, was willst denn schon wieder trotzen?" „Ich trotz' net, Mutter, es verbittert mich bloß, daß mich kein» verstehen will von euch." Der Vorwurf trifft die Mutter schmerzlich. Daß es ge« rade ihr liebster Bub war, der ihr dies Leid antun und fortgehn wollt«! Zögernd kommt «« von ihren Lipp«n: ,M«nn dich Kin» versteht, Bub, di« Mutter versk-t dich gckt. Ja, wenn'» der Christoph wär, der fortwollt«, ich weiß, ick tüt ibn n«t halten. ab«r -ich will iS baltm. N-r bert, weil du der Bauer hier sein wirst! Wes! sch dich net verlieren will. Dich halt ich, Robert, und du mußt -leiben." „Aber Mutter —" „Red' nicht und widersprech mir nicht: ich weiß, was du sagen willst. Di« alt« Geschtcht: Du seist zu Höherem ge boren al» zu einem gewöhnlichen Bauern. Di« Linde hat dir den Kopf voll geschwätzt." „Mutter, jetzt tust du ihr unrecht." „Nein, ich tu niemandem unrecht; die Linde wird dein Unglück, Bub. Siehst du denn nicht den Unterschied zwi schen euch? Du bist ein Bauernsohn und sie des Sanitäts rats Tochter." „Der Eanitätsrat hat noch nie einen Unterschied zwi schen ihm und uns gemacht. Sind wir nicht als Nachbars- kinder wie Geschwister nebeneinander aufgewachsen? Und damals, wie ihre Mutter gestorben ist und der Dr. Burg staller niemand hatte, hast du da die Linde nicht für einig« Monate auf den Hof genommen, bis der Doktor ein« tüch tige Haushälterin gefunden hatte? Und wie nett ist sie nicht mit der Bärbel? Wir haben aber auch gar nichts mitein ander. Wir kennen uns doch und wenn die Linde einmal kommt, fühlt sie sich auf dem Tannhof wie zu Hause. Alles andere ist dummes Geschwätz." „Meinst du, Robert? Aber ihr seid jetzt keine Kinder mehr und Nachbarn auch net. Das Doktorhau» ist ver kauft. Eie find in das Dorf gezogen. Die Linde ist fort und aus den höheren Schulen gewesen. Schau sie doch nur an, sie kleidet sich wie eine Städtische. Eie will höher hinaus. Und mit dir? Sie spielt nur mit dir." „Nein, Mutter, sie ist immer noch die gleiche Linde ge blieben." Da läßt die Mutier wie verzweifelt dl« Hande, die sie Robert auf die Schulter gelegt hatte, fallen, schaut betrübt vor sich hin und seufzt. Fast scheint es, als ob sie schwanken würde. Aber dann richtet sie sich wieder auf. „Robert, als dein Vater in den Krieg zog, sagt ich ihm: Sorg dich gar nicht um den Hof; wir werden's schon schaf fen. Dem Tannhof wird nichts geschehen. Und wir haben geschafft, der alte Steffel und ich. Von früh bis in die Nacht gearbeitet und geschuftet, daß das Blut fast unter den Fingernägeln hervorkam. Der Hof ist ganz geblieben. Kein Stücker! ist weg. Die Felber im Schwung. Es kam kein Brief von draußen, in dem nicht stand: Hab acht auf den Hof; halt ja den Hof zusammen! Ich schrieb immer wi der: Sorg dich nlt um den Hof, lieber Mann. Der Hof ist gut und geht in Ordnung!" „Aber der Hof steht doch, auch wenn nicht ich der Bauer bin." ,Laß mich reden Bub, dann verstehst du mich vielleicht besser. Als dein Vater zum letztenmal aus dem Urlaub fortging, hab ich ihm gesagt: Der Robert wird jetzt groß und der Christoph wächst auch heran und die kleine Bärbel streckt sich. Wir halten alle zusammen. Der Robert wird ein Bauer, das verspreche ich dir. Und dann schrieb er, es war der letzte Brief: Paß mir auf den Robert auf; der Bub träumt zuviel; er schaut nach Dingen, die einen Bauern nichts angehen. Der Robert mutz ein Bauer werden, der Hof braucht ihn. Das hat er im letzten Brief geschrieben. Der Vater ist nimmer heimgekommen, aber ich hab gewußt, was ich wollte." Ja, sie weiß, was sie will. Robert schaut stumm in der Mutter energisches Gesicht. Sie fährt fort: „Es find darnach viele gekommen, Bau ernsöhne, reiche darunter und solche, die nicht glauben wollten, daß ein« junge Frau zeitlebens Witwe sein soll. Eie meinten, ich sei das dem Hof schuldig, daß ich heirate. Ein richtiger Bauer müsse da sein; die Buben seien doch noch zu jung. Ich hatte auch ein warmes Herz und war ja noch jung. Das Leben wäre schöner gewesen, wenn ich jemand yätt mitschaffen und mitsorgen lassen können. Ich hab zu allen nein gesagt und hab allein weiter geschafft. Ich hab an den Vater gedacht und hab an dich gedacht, Robert. So wie ich den Hof von den Tannhofern übernommen hab,. aber noch stattlicher und schöner will ich ihn dir geben. Der Tannhofer selig hat vor dem Feinde seine Schuldigkeit ge- tan. Ich wollte in der Heimat auch das meine tun, um das Bätererbe ungeschmälert weiter zu geben. Darüber bin ich älter und älter und auch einsamer geworden. Aber kein Fremder soll in den Tannhof kommen." „Du hast doch den Christoph!" „lieber den Christoph habe ich mich noch nie einer Hoff nung hingegeben; er hat böse Leidenschaften. Vielleicht, daß «r noch ein ganz brauchbarer und tüchtiger Mann wird, wenn er in die rechten Hiind kommt. Mir ist er schon fast entwachsen. Aber er wird nie einen Kos instand halten kön- nen wie den Tannhof; er kann nicht Hausen und nicht spa ren und das Geld fitzt ihm zu locker in den Taschen. Er tät das verschleudern, was dein Vater und ich mit Müh und Fleiß und in harter Arbeit aufgebaut haben. Mit dir ist es anders; du hast die Kraft." Schwelgend steht der Bub vor seiner Mutter. Die Stille lastet schwer auf ihm, und die eindringlichen Worte, die er vernommen hat, brennen in seiner Seele. So hat die Mut ter noch nie zu ihm gesprochen. Jetzt steht sie vor ihm und wie eine stille Trauer liegt es auf ihren Zügen. Mitleidig greift Robert nach ihrer Hand. «SchM. Mtter, ich mMt dir »et web tun. Mr* ich