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— 4 — Schenke halt'» geg'n fufzg Franzos'»! Den sollst du dle Pferde beschlag'n! Aber mach schnell, sonst setzt's Grobheet'tt un Schlimmers!" „Nur ruh'g Blut, Ernst! Dorentwag'n loof'ch keen schnell'» Schritt. Die Karle miss'» jo doch wart'n, bis'ch konim'. Mir scheint, se pfeif'» wohl bald ofn letzt'» Loch!" Räumt sein Handwerks zeug in den Beschlagkaften, beruhigt seins erschrockene Frau und macht sich mit dem Boten auf den Weg. Der erzählt: »Leit' frih in Dustr'n sin ze mindstn 1000 Franz männer dorch's Oberdorf. Se kam von Mittweede un macht'» nach Kamtz. Bei Eberschdors Hamm se geschoss'n wie nich gescheit. Um neine kam se schon wedder retnr un macht'», datz sie Nach Mittweede kam'. Se sah'» ticht'g abgerackert aus, un schimpf',, tat'» se wie de Rohrspaatzen. E Sticker fufzg kunnt'n nich weiter. Den» ihrs Pferde sollst de aam wedder uf »ei vorricht'n." Unter diesen Reden sind die beiden an der Oberlichtenauer Schenke angekommen. Ungeduldige Menschen schwadronieren auf sie ein. Der Schmied läßt sie ruhig reden, nimmt sich den ersten der abgetriebenen Gäule vor, klopft ihm den Hals, streichelt ihn, untersucht seine Füße, winkt zwei Dorfjungen heran, die gerade Maulaffen feilhalten, und beginnt sein Werk. Den ganzen Tag hat er zu tun. Die Franzosen drängen zur Eile. Er kümmert sich nicht drum. Er ist kein Pfuscher. Pferdehnfe wollen sorgfältig behandelt sein. Endlich hat er's geschafft. Mächtig warm ist ihm geworden. Er nimmt die Schirmmütze vom Kopfe und streicht sich mit der ruhigen Hand den Schweitz von der Stirn. Die Reiter lassen sich nicht lumpen. Sie zahlen ihm ein hübsches Sümm chen, leider ist's nur Ledergeld. „Was soll ich mit dem Dreck?" denkt der Schmied, „man kriegt ja doch nichts dafür!" Packt sein Handwerkszeug in den Kasten und macht sich, einen Grütz brummend, auf den Heimweg. Es ist stichdunkel. Der Schmied ist noch keine drei Minuten fort, da hört er hinter pch Pferdegetrappel. Die Franzosen haben sich anders besonnen. Der gerade Weg nach Mittweida ist ihnen zu unsicher. Sie fürchten die schnellen ungarischen Husaren, die ihnen möglicherweise folgen könnten. Sie wollen auf einem Amwege zu ihrer Truppe gelangen. Sie drücken dem Schmied eine Laterne in dis Hand und machen ihm begreiflich, bah sie über die Zschopau nach Sachsenburg und Seifersbach geführt sein wollen. „Sackerlot!" denkt der Schmied, „erst nach Merzdorf nauf und drüben wieder runter, dann durch die Furt nach der Fischerschenke, im Augrund nauf nach Sachsen burg, das ganze Dorf naus und dann noch nach Seifersbach: das ist ein weiter Weg! And ich bin hundemüd'! — Ach was! Hol euch der Geier!" Sieht flüchtig die Laterne an und setzt sich in Marsch. Die Reiter vorsichtig hinter ihm drein, dah ihre Pferde auf dem miserablen Wege und bei dem unsicher» Schein nicht zu Sturze kommen. Rasch vertieft sich das Tal. Zur Rechten steigt unmittelbar über dem Bach ein steiler Buschhang wohl 10 m in die Höhe. Die finfternisgewohntrn Augen des Schmie des suchen die richtige Stelle. Behutsam öffnet der Zeigefinger der rechten Hand das Türchen an der Laterne, während die Linke den schweren Beschlagkasten trägt. Im Nu hat der heftige Oktobcrwind das Lichtlein ausgeblasen. Im. nächsten Augenblick fliegen Laterne und Beschlagkasten ins Gebüsch. Mit einem Satz ist der Schmied über dem Bach, klettert wie eine Katze auf allen Bieren durch die Haselnußbüsch« bis zur Ge- hängeschulter, rennt in langen Sätzen die'Anhöhe vollends hmauf zum nächsten Gut«) «nd versteckt sich dort in der Scheune. Unten stehen die Franzosen in rabenschwarzer Finsternis. „Lacrebleul peste! ckiadle! rlsmnöl cansille! coquinerie!" fluchen sie durcheinander «nd wissen sich zu- nächst keinen Rat. Schließlich reiten ein paar di« kurze Streck« bi» zur Schenke zurück, fordern eine neue Laterne, greifen sich den ersten besten Mann und bedeuten ihm nicht eben sanft, sie nach der Schmiede zu führe». Dort angekommen, donnern sie an da» Tor der Werkstatt. ^Fortsetzung und Schluß folge») ») E«t Nr. 8, jetzt Anton Römer.