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Mrstunden nach Sein Mag Ser ReicksweNerdienit an der Arbeit remvelbofer Wekerpropheten Aus Berlin wird uns geschrieben: Jeden Abend, wenige Minuten nach 11 Uhr, Graust über unser kleines Haus draußen in Zehlendorf vor Berlin der London-Flieger. Geflogen wird bei jedem Wetter, und jeden Abend um 11 Uhr steigt auf dem Tempelhofer Flugplatz der Flieger auf, um seine Pflicht »u tun. Dieser London-Flieger ist gewisser maßen der Begriff der heroischen Selbstver ständlichkeit dieser Tage geworden. Er selbst wird wahrscheinlich gar keine großen Worte Deshalb machen, aber eine Kleinigkeit ist es «an- bestimmt nicht, jede Nacht und bei jedem Wetter von Berlin nach London und von London nach Berlin zu fliegen. Nun ist ein solcher Flug heutzutage nicht mehr ein Flug auf gut Glück, sondern von Tempelhof nach Croydon, auf dieser Strecke -wischen den beiden Flugplätzen, ist sozusagen alles genau bestimmt und genau geregelt. Ehe der London-Flieger sich in seine Maschine setzt, muß er noch bei der Flugwetterberatung vorsprechen. Er bekommt auch auf Grund der letzten Nachrichten eine genaue Mitteilung über das Wetter, das er auf seiner Strecke antreffen wird. Da wird ihm gesagt, daß der Fluganfang durch eine Mischungszone mit verbreiteten Schneefällen führt, er wird wei ter darauf aufmerksam gemacht, daß in Schnee und Wolken unter Umständen eine vereisungsgcfahr besteht. Bis zur Porta Westfalica reicht die Wolkengrenze bis 600 Meter, auf dem zweiten Streckentcil tritt dann höchstwahrscheinlich eine Sichtvcrbesse- rung bis über 10 Kilometer ein. Wenn der London-Flieger auf der Strecke selbst noch weitere Nachrichten haben will, so braucht er nur sein F. T.-Gerät in Betrieb zu setzen, und alle Flugwettcrstellen, die er anruft, sind be reit, ihm zu helfen, soweit es nur immer mög lich ist. Das ist eine Aufgabe und nicht die leichteste, die der Reichs-Wetterdienst zu erfüllen lmt. Die Zentrale ist draußen in Tempelhof. Das Ge setz über den Neuaufbau des Reiches aus dem Jahre 1934 hat es möglich gemacht, daß die frühere Zersplitterung der Meteorologie in Deutschland weggefallcn ist. Jetzt untersteht der Reichswetterdienst einheitlich dem ReichS- luftfahrtministcrium. und das ganze Netz der vielen Beobachter in Deutschland ist so aus- gebant, daß mit größtmöglicher Schnelligkeit gearbeitet werden kann. Denn Schnelligkeit ist das wesentliche bei der Wetterbeobachtung und Wettervoraussage. Das gilt für den Flug wetterdienst in besonders starkem Maße. Wenn man einen Blick in die Zentralstelle tut, so wird cs einem im ersten Augenblick gar nicht scheinen, als ob diese Zentrale über haupt etwas mit dem Wetter zu tun habe. Ueberall sitzen Zeichner mit der europäischen Karte vor sich, und alle diese Zeichner haben einen Haufen von Zahlen vor sich liegen und tragen nun bestimmte Zeichen in die Karten ein. Das sind die geschlüsselten Wettermeldun gen, die von den Beobachtungsstationen ein gelaufen sind, und die hier entsprechend ver wertet werden. Dieses Kartenbild gibt dann in seiner Gesamtheit die Uebersicht über das Wetter der letzten Stunde. Die wesentlichsten Beobachtungen werden so schnell wie möglich auch wieder hinausgefunkt, denn gerade auf dem Gebiete der Wetterkunde ist eine inter nationale Zusammenarbeit unerläßlich. Diele Zusammenarbeit hat sich in ihrer ganzen Art so gesteigert, daß es heute möglich ist, inner halb von drei Stunden die gesamte Wetterlage auf der nördlichen Halbkugel festzustellen. Der Reichswetterdienst unterhält auf den besonders geeigneten Plätzen, zum Beispiel auf dem Brocken oder der Zugspitze, Observa- torien, die mit Wetterwarten besetzt sind. Diese Wetterwarte haben einen ganz bestimm ten TageSlauf an Beobachtungen zu erledigen und müssen zu bestimmten Stunden ihre Mit teilungen melden. Es ist ein Leben in Ein samkeit, ein Leben, das strenge Pflichterfül lung fordert, denn die Wettermeldungen dür fen auch nicht ein einziges Mal ausfallen. In Loturm oder Regen, ganz gleich, muß der Wetterwart auf seinen Turm, um hier seine Apparate nachzusehen und die Ablesungen vorzunehmen und Lie Eintragungen zu machen. Damit man emen vertikalen Schnitt durch die Atmosphäre erhält, steigen an bestimmten Orten des Reiches, so in Hamburg, Breslau, Frankfurt a. M., München, Königsberg, Lin denberg, Norderney, Köln, Friedrichshafen und Stettin sowie hier auf dem Tempelhofer Flughafen, an jedem Tage zweimal die Flug- zeuge des Reichswetterdienstes auf, um zu schauen, wie es dort oben in luftiger Höhe aussieht. Der Aufstieg, an dem Tage, an dem Berlin von Schneestürmen überfallen wurde, war insofern besonders interessant, weil die kalten Luftmassen auf dem Erdboden eine Temperatur von minus 13 Grad hervor- gerufcn hatten, während in einer Höhe von drei Kilometern eine Temperatur von minus 3 Grad gemessen wurde. Für die Zwecke des Reichswetterdienstes stehen drei Maschinen zur Beifügung, die entsprechend der Wetter- läge eingesetzt werden. Ein Meteorograph zeichnet selbsttätig alles auf, was für die Wetterzwecke zu wissen notwendig ist. Der Aufstieg führt meistens in eine Höhe von 5500 Metern. Dieser Aufstieg wird innerhalb von 25 bis 30 Minuten durchgeführt, während der Abstieg oft nur sechs Minuten in An spruch nimmt. Man braucht hier Flieger und Wetterbeobachter mit gesunden Herzen, die Heimkehr vom Holzsammeln. Weltbild (M) oen schnellen Höhcnwechsel vertragen können. So wertvoll auch diese Beobachtungen sind, so wird doch erstrebt, mit neuen Maschinen einen Aufstieg in größere Höhen möglich zu machen. Man hofft, später tägliche Aufstiege- bis in eine Höhe von 11000 bis 12000 Metern- durchführe» zu können. Es ist eine eigen»! tümliche Arbeit, die diese Wctterflieger und! Wctterbeobachter verrichten müssen, wenn- man bedenkt, daß sie ziveimal am Tage eine Hülse erreichen, die der des Montblanc ent spricht. Ist nun alles Material für die Wetter propheten vorhanden, dann geht es an die Auswertung; denn es handelt sich hier nicht allein um ideelle Feststellungen, sondern diese Wettervoraussagen haben heute schon für jedermann einen höchst praktischen Wert. Es ist deshalb auch bedeutungsvoll, daß die Zahl der richtigen Voraussagen auf 85 vom Hun dert nach den Durchschnittsmeldungen festge stellt worden ist. Fehlprognosen kommen immer vor und werden auch in Zukunft immer vorkommen. Denn es gibt eine Reihe von Dingen, die stch jeder menschlichen Be rechnung widersetzen. Jedenfalls aber hat der Wirtschaftswetterdienst für die Landwirtschaft, für den Verkehr, für Aerzte und noch für viele andere Berufe eine große Bedeutung er- langt. Um die Beratungen sicherzustellen, ist von allen Wetterdienststellen dieser Wirt schaftssonderdienst eingerichtet, der die Land- und Lie Forstwirtschaft, Gärtnereibetriebe, See- und Binnenschiffahrt, Reedereien und Hafengesellschaften, Strombauverwaltungen, Wasserbauämter, Brückenbaufirmen, Elektri zitätswerke, Straßenverkehrsgesellschaften, all« Zweige der Geschäftswelt und der Börse, Ver sandgeschäfte, Transportfirmen, Brauereien, Kohlenhandel, Filmproduktion, Sport, Re« staurations- und Ausslugsbetriebe in ihre« besonderen Belangen berücksichtigt. Weiter ist es die Aufgabe des Reichswetterdienstes, di« tägliche Wetterkarte festzustellen, die ja in allen Zeitungen veröffentlicht wird. Dann werden vom Reichswetterdienst noch besondere Höhenforschungen durchgeführt. Hierbei wird mit gefärbten Ballonen gearbeitet, die nacht- mit einer elektrischen Birne versehen werden, und die in Höhen bis 10 000 Meter steigen. Hier wird vor allem mit Hilse von Präzi» sionsapparaten di« Windrichtung und Wind stärke festaestellt. Der Reichswetterdicust hat Henie ein Archiv ganz seltener Art. Aus feinen Karten kann für jeden Ort nnü für jede Stnnde nachträg lich das Wetter abgelesen lvcrden. Es ist des- halb kein Wunder, daß die Gerichte vielfach das Archiv des Reichs-Wetterdienstes uin Aus- kunft ersuchen. Gerade in der heutigen Zeit der gesteigerten Verkchrsunfälle sind diese Auskünfte besonders wichtig. Geplant wird überdies auch, die.zehntägigen Wetterprognosen in diesem Jahre iveiter aus- znbauen. Für 1037 ist vorgesehen, daß zu nächst diese Wettervoraussagen für zehn Tage sich auf vier Monate erstrecken. Endziel ist, sie über das ganze Jahr auszudehnen. Dis Wetterberatung ist Pflicht für jeden Flieger, ohne den Stempel der Flugberatungsstelle darf er überhaupt nicht starten. Während die großen Verkehrsmaschinen nur selten auf den Flugplätzen zurückgehaltcn werden, denn sir sind für jedes Wetter gebaut, kommt es freilich öfter vor, daß die kleineren Sportmaschinv. eine Starterlaubnis nicht erhalten, weil dit- Wettcrlage zu schlecht ist. Neue Mount-Everest-Pläne für 1SZS Wie nach dem großen Mißerfolg am Mount Everest im vergangenen Jahr zu erwarten blieb, unternimmt man in diesem Jahr 1937 keinen Versuch, den vermutlich höchsten Gipfel der Erde, den Mount Everest, zu erobern. Dagegen hat General C. G. Bruce bei seiner Anwesenheit in Bombay verraten, daß für das Jahr 1939 eine große Expedition vor bereitet werden soll. Im kommenden Jahr, also 1938, will man die einzelnen, bisher schon benutzten Stationen nochmals kontrollieren und mit den entsprechenden Vorräten ans- rüsten, um bei dem endgültigen Vorstoß mög- lichst unbeschwert zu sein. Der Hauptsturm aber soll dann im Jahre 1939 erfolgen. Bruce, der selbst ein Alpinist mit SOjähriger Erfahrung ist, gehörte dem Komitee an, das die verschiedenen Ruttledge-Expeditionen finanzierte. Er ist durch jene Fehlschläge und durch das Gutachten Professor T. Browns, der zur britisch-amerikanischen Nanda-Devi- Expedition gehörte, endgültig der Auffassung geworden, daß die Eroberung des Mount Everest nur mit ganz kleinen und gntgcschul- ten Kolonnen möglich ist. . Bruce will selbst die Vorbereitungen für den nächsten Mount-Evcrcst-Sturm leiten, d. h. er beschränkt sich auf die Ausbildung der einzelnen Teilnehmer, die vor dem Sturm auf den eigentlichen Mount Everest gewisser- maßen auf benachbarten Gipfeln Probeklettern veranstalten müssen. Ganz kleine Kolonnen von zwei bis vier Personen mit wenigen Trägern und leichtestem Gepäck — das werden nach der Auffassung des Generals Bruce dir Eroberer des Mount Everest sein. Bruce wurde in Bombay nach seiner Mei- nung über die in letzter Zeit angeblich mehr fach gesichteten Schnccmenschcn befragt. Er versicherte, daß er trotz langjährigen Aufent halts in Indien und zahlreichen Expeditionen in den höchsten Gebirgsgegenden Les Hima lajas nie auf den Schneemenschen oder auf geheimnisvolle Fußspuren gestoßen sei. Er schloß mit den Worten: „In jenen Höhe kann nicht einmal mehr ein Gespenst leben, be- stimmt kein Schuccmcnsch, der, wenn er Fuß- abdrücke hinterläßt, doch aus Fleisch und Blut sein müßte!" *—— Grippe - durch Sonnenflecke? Der Präsident der Königlichen Astronomi- schen Gesellschaft von Kanada, Ralph Delury, versicherte in einer Vorlesung an der Toronto- Universität, daß die diesjährige Grippe-Epi- dcinie genau dem Influenza-Einbruch des Jahres 1917-18 entspreche. Es handle sich um eine Grippe, die durch Lie Sonnenflecken vor- ursacht werde und so starke Ausmaße an nehme, weil — gleichfalls als Folge der Sonnenflccken — der vorhergehende Sommer nicht heiß genug und der bisherige Winter nicht kalt genug war. Er fährt wörtlich fort: „Das Wort Influenza bedeutet in Wirklichkeit Einfluß der Planeten Jupiter und Saturn. Jupiter und Saturn kommen einander wieder näher. Und außerdem erreichen die Sonnen- flecken den Höhepunkt, den sie auch 1917-18 hatten." Deutschlands Lichtspieltheater Am 31. März 1935 hat das Statistische Neichsamt erstmals eine Erhebung über die Lichtspieltheater im Deutschen Reich durch- geführt, deren Ergebnisse über Verbreitung, Zahl, Art, Größe, Gründungsjahr, Unter- nehmungsform, technische Ausrüstung, Spiel tage und Vorführungen je Spieltag, haupt- und nebenberuflich beschäftigte Personen, Ein- trittspreise der Lichtspieltheater im Reich und in den Reichsteilen Aufschluß geben. Von den insgesamt 50 815 Gemeinden des Deutschen Reiches hatten 2640 oder 5,2 v. H. ein oder mehrere Lichtspieltheater. In den einzelnen Gemeindegrößenklasscn ivar der An teil der Gemeinden mit Lichtspieltheatern sehr verschieden. Der Anteil Ler Gemeinden mit Lichtspieltheatern steigt mit der Größe der Gemeinden sehr rasch. Während unter 100 ländlichen Gemeinden (mit weniger als 2000 Einwohnern) nur eine Gemeinde Gelegenheit zum Kinobesuch bietet, verfügen die Land städte (Gemeinden mit 2000 bis 5000 Einwoh- nern) schon fast zur Hälfte, die Gemeinden mit 5000 bis 10000 Einwohnern zu 84 v. H„ die Gemeinden mit 10 000 bis 20 000 Einwohnern zu 94 v.H. und die Gemeinden mit 20 000 und mehr Einwohnern nahezu ausnahmslos über Lichtspieltheater. Trotz der geringeren Durchsetzung der kleineren Gemeinden mit Lichtspieltl-eatern entfällt von der Gesamtzahl Ler Lichtspieltheater, die am 31. März 1935 mit 4773 ermittelt wurde, auf die kleineren Gemeinden wegen ihrer großen Zahl ein ver hältnismäßig hoher Anteil. So stellen die Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwoh nern nahezu die Hälfte, die Landstädte (Ge meinden mit 2000 bis 5000 Einwohnern) allcin- fast ein Viertel aller Lichtspieltheater. Die Größe der Lichtspieltheater, gemessen an der Zahl der Sitzplätze und an der Zahl -der beschäftigten Personen, nimmt im allge meinen mit der Einwohnerzahl der Gemein- Len zu. Lediglich in den Gemeinden mit 500 000 und mehr Einwohnern ist (mit Ausnahme der Beschäftigtenzahl in Berlin) ein leichter Rück gang festzustellen. Täglich spielende Lichtspieltheater sind erst in den Gemeinden mit 20 000 nnd mehr Ein wohnern stärker vertreten, während sie in den Gemeinden unter 5000 Einwohnern fast ganz fehlen. Die Kinodichte wächst im allgemeinen mit Ler Größe der Gemeinden. Eine Ausnahme bilden bei den Kleinstädten die Gemeinden mit 10 000 bis 20 000 Einwohnern sowie die Mittelstädte (Gemeinden mit 20 000 bis 100 000 Einwohnern). Am höchsten ist die Kinoüichte, von Berlin abgesehen, in den Kleinstädten (Gemeinden mit 5000 bis 20 000 Einwohnern). ' Die geringste Dnrchschnittsgrvße (rund 300 - Sitzplätze) weisen die Lichtspieltheater im all- gemeinen in denjenigen Ländern auf, in denen Lie Großstadtbevölkcrung entweder ganz fehlt, wie in Thüringen, Mecklenburg, Oldenburg und Lippe, oder in denen bei einem geringen Anteil der Großstadtbevölkerung die ländliche und kleinstädtische Bevölkerung stärker ver treten ist, zum Beispiel in Bayern und Hessen. Das Verhältnis der Zahl der Sitzplätze zur Einwohnerzahl ist am günstigsten in den Stadtstaaten Bremen und Lübeck, wo aus 1000 Einwohner 46 nnd 44 Sitzplätze treffen, gegen beispielsweise nur 14 in Württemberg und 18 in Bayern.