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MMN» KKM MDW -LM-^AMW Ger war Rübezahl und wo ledie der Wilde Läger? / Oer Teuselsspuk auf dem Brocken / Gin Turm mitten im Rheine Deutung von Erschcinnngcn augcn- Photo (5): Scher! Bilderdienst. Gottes- Paul Deparade Gestalt. Wir finden den Wilde« Jäger i« Mecklenburg als Wode — unverkennbar steckt der Sturm- und Wettergott Wotan hinter diesem Namen — und in Nieder sachsen und Westfalen als Hackelberg. Die Uckermark hat ihren Wilden Jäger, ebenso Thüringen; hier aber sind sie weiblichen Ge schlechts und unter dem Namen Fran Frick sowie Fran Holle bekannt. Anch auf dem Brocken liegt der Ur- sprnng von Sagen ans vorchristlicher Zeit. Die Walpnrgisnacht hat eine gewisse Aehn- lichkeit mit der Wilden Jagd. Einst opferte nian aus dem Gipset des Brockens den Göttern, und als das Christentum in diese woben. Die Noßtrappc besitzt eine Ver- ticsung, die entfernte Achnlichkeit mit dem Abdruck eines riesenhaften Pfcrdchnscs hat. Die Sage erzählt von einer Königstochter Emma ans dem Nicscngebirgc, die, von dem Riesen Bode aus dem Böhmer Wald verfolgt, mit ihrem Pferd über den Felsen hinwcggesctzt sei und so jenen Eindruck in diesem harten Gestein hinterlassen habe. Es besteht kaum ein Zweifel, daß die Noßtrappc eine altgermanischc Opfer- nnd Totenstättc war, und diese Tatsache sowie.die Vertie fung in dem Felsen haben Anlaß zu der Sage gegeben. Von den Sagen, die auf historische Er eignisse zurückgehcn, spielt die berühmteste ans der Wartburg und ist uns als der tlärung. Allein der Sagen des Riesenge birges und des Harzes, vor allem des Brockens, sind unendlich viele. Hier wie dort »ins; man bis in die vorchristliche Zeit zurückforschcn, um dcu Hintergrund für diese Sagen zu finden. Woher der Berg geist des Ricsengebirgcs, Rübezahl, seinen Namen ha», ist noch recht ungeklärt; viel leicht hängt er mit den» Rübezahlmärchen znsammcn, das uns den Berggeist beim Rübenzählen zeigt, vielleicht aber ist auch dieses Märchen durch den Namen Rübezahl entstanden; wahrscheinlicher aber ent stand der Name aus Nübczagcl — gleich Rübcnschwanz. Dieser schlesische Berggeist ist eng verwandt mit dem Wilden Jäger; vermutlich verkörpert er sogar die gleiche Mit Vorliebe haust Frau Sage in Kloster- und Burgruinen, an Quellen, Seen und Küsten sowie in bcrggipfelreichen Lan den. Nicht selten tritt die Sage in gleicher »der sehr ähnlicher Gestalt in verschiedenen Gegenden auf. Es sei nur an die Weiße Frau erinnert, die in einer ganzen Reihe von Schlössern gespensternd erscheint nnd freudige, vor allem aber traurige Begeben heiten ankündet. Eine der bekannteste»» Weißen Franen ist Wohl die von Orla münde in Thüripgen,, die man lange Zeit als Ahnherr!» der nnheilvcrkündendcn Weiße»» Frauen hohcnzollcrnschcr Schlösser ansah. Der irdische Leib gehörte der Sage fälligen, wie in den Bergen, übersinnlichen, wie den der christlichen Götter — oder ge schichtlichen Vorgängen, wobei sie sich nicht nnr mit der Deutung als solcher begnügen. Sie entscheiden über Schuld und Uuschuld, sie verteilen Lohn und Strafe. Und wer will leugnen, daß sich gerade darin die deutschen Sage»» durch gesunden Sinn ans- zeichnen. die Sage, daß der Erzbischof Hatto von Mainz sehr grausam gegen die Bevölkernng gewesen sei; bei einer Hnngersnot soll er arme Leute in eine Scheune gesperrt, diese sodann angezündct und, als man das Klagegeschrei der Eingeschlossenen vernahm, die Umstehenden scherzend gefragt haben, od sie seine Brotmäusc piepsen hörten. Da überfielen ihn zahllose Mäuse und be drängten ihn so, daß er, uin sich vor ihnen zu retten, mitten im Rhein einen Tnrm er bauen ließ. Aber auch hier fand er keine Nnhe vor den Mänsen nnd wurde endlich von ihnen aufgefressen. Die Sage vom Mäuseturm ist dadurch entstanden, daß man dem Namen des Tnrmes eine falsche Deutung gegeben hat. Der Mäuseturm heißt eigentlich Mautsturm, ei»» Name, der von Mnscrie, d. h. Geschütz, abzuleiten ist. Nnn ist es aber gar nicht so entscheidend, ob sich der Ursprung der Sagen durch ge schichtliche Vorgänge begründen läßt oder ob sie nur der Phantasie des Volkes ent sprungen sind. Immer versuchen sie, eine Oben: Der Mäuseturm bei Bingen, der nichts mit Mäusen zn tun hat. Links: Die Burg zn Braunschweig mit der berühmten Löwcnsänle. RechtS: Zahlreich sind die Äage», die iin Harz spielen. Der Hcxcntanz- plntz steht im Mittelpunkt mancher Erzählung. Lande drang, blieb die Brockenhöhe noch lange der Ort des geheimen Göttcr- opfers. Daraus ent stand die »»»alle Sage des Tenfcls- » spnks ans dieser Höhe, die, als im 16. Jahrhundert der Glaube au Hererei die Geister bewegte, Veranlassung gab, dei» Brocken als Schauplatz unheim licher Feste zn be trachten. Auch an dere Felsen des Har zes siild sagcnnm- nern der Stadt blutige Rache ge schworen haben, nnr den Franc»» sollte das Leben geschenkt werden. Der König erlaubte ihnen sogar, beim Verlassen der Stadt das ihnen Liebste mitznnehmen. Ge treu diesem Versprechen nahmen die Frauen ihre Männer ans die Schnltern nnd trugen sie ans der belagerten Stadt. Schließlich sei noch zweier be rühmter deutscher Sage» gedacht, der Sage vom Rattenfänger von Hameln nnd vom Binger Mäusc- tnrm. Ende des 13. Jahrhunderts erschien in Hameln ein Ratten fänger, der sich bereit erklärte, ge gen entsprechenden Lohn alle Ratten ans der Stadt zn vcrtrei- «ach der Gräfin Agnes von Orlamünde; aber die Geschichte kennt leine Agnes von Orlamünde, und wer als Urbild dieser Ge spenstergräfin zu gelten hat, ist nicht er wiesen. Ob der Norden, Süden, Westen oder Osten unseres Vaterlandes, jeder Gau hat seine eigenen Sagen, die in irgendeiner Be ziehung zur Landschaft stehen. Es sind also meistens Heimatsagen, die kann» über das engere Gebiet hinausdringen nnd deshalb für Fremde wenig verständlich sind. Aber ein kleiner Teil der Sagen ist doch Gemein gut des deutschen Volkes geworden. Endlos ist die Zahl der Sagen, die mit den Gebirgsländern verbnnden sind. Fast jeder bizarre Gipfel und jede seltsame Gc- stelnsbildnng finde»» im Volksmunde eine rbenso merkwürdige wie wunderbare E»- Links: In» großen Saal der Wart- bürg hängt ein Gemälde von Moritz von Schwind, das den Sängerkrieg darstellt. Auf dem Bilde steht: „In diesem Saale wurde der Sängerstreit gehalten den 7. Jnli 1207." Rechts: Das Nattenfängcrhaus zu Hameln. Die Sage vom Nattenfün- ger ist anscheinend auf die Kinder- kreuzzüge zuriickzuführen. ben. Da mau ihn» aber den Lohn vorenthielt, beschloß er, sich zu rächen und lockte während des dienstcs sämtliche Kindcr aus den Häusern in den nahen offene»» Kocppelberg, »im etwas später mit ihnen in Siebenbürgen wieder zum Vorschein zn kommen, wo er mit den Kinder»» ans Hamel»» die Kolonie Sängerkrieg auf der Wartburg überliefert der siebeubürgischen Sachsen begründete, worden. Ob dieser Sängerkrieg wirklich Es ist möglich, daß diese Sage in de« stattgefunden hat, kann die Forschung nicht Kinderkreuzzügcn jener Zeit ihre Erklärung mit Bestimmtheit sagen. Dem unbekannlen findet. Und nun zu Bingen. Hier erzählt Verfasser dieses um das Jahr 126» erschienenen Berichtes lag Wohl auch mehr daran, die berühmtesten Sänger des Mittelalters zu ver herrlichen und gegeneinander aus- zuspielen. — An Heinrich vou Sachsen erinnert die vor der Burg von Braunschweig errichtete Löwen- säulc. Vor den Torei» Braun schweigs war Heinrich einst Zeuge eines Kampfes zwischen einem Löwen und einem Lindwurm. Der Kampf schic»» sich zuungunsten des Löwens zu entscheiden; da über wältigte Heinrich den Lindwurm, uud der Löwe blieb ihm treu bis zum Tode. Den» Herzog und den» Löwen zn Ehren wurde die Säule errichtet. — Eine der schönste»» Sa gen, die einer Begebenheit aus dem 12. Jahrhundert ihr Entstehen ver dankt, ist die von den Irenen Wei ber»» zu Weinsberg; ihnen zu Ehren hat ein vor Weinsberg liegender Hügel den Namen „Wci- bcrtren" erhalten. Bei einer Be lagerung der Stadt dnrch König Konrad III. sott dieser allen Män-