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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znm Frankenberger Tageblatt N. 1 Sonntag, den 3. Zannar LSZ7 (Nachdruck verboten.) „Apökheker?" »Ja. Und noch ein wenig Botaniker dazu. Leider.., und Gott sei Dank. Gott ser Dank, denn ich liebe meinen Beruf außerordentlich. Leider: Ich sehe kaum eine Mög- lichkett, in ihm zu arbeiten. Provisor in irgendeiner Kleinstadt? Nein. Da warte ich halt, bis es zur Apo- theke reicht. Na, und wenn mein Freund Ottokar erst Leine blühende Erbschaft antritt, nurd's wohl auch bei mir so weit sein. Aber ..." unterbricht er seine Erzäh lung, „wir reden hier immer von unseren gleichgültigen Angelegenheiten, und Fräulein Willbrandt wartet dar auf. daß die Sache geklärt wird, die sie hergeführt hat." Babett wird ein wenig verlegen. Sie fühlt sich von der kleinen Gemeinsamkeit am sommerlichen Kafseetisch eingefangen und kommt sich plötzlich wie ein unwill kommener Eindringling vor. „Es ist wirklich nicht dringend!" versucht sie einzu wenden, aber Peter schneidet ihr das Wort ab. Er winkt ganz einfach mit der Hand, und seltsam, sie schweigt so fort. Man mutz schweigen, wenn Peter so mit der Hand abwinkt. „Nein, nein! Bitte kein Versteck spielen! Ich bin zwar auch verwandt gewesen mit der guten Tante Erna, meine Mutter und der erste Gatte der Tante sind Ge- fchwister gewesen, aber das ist so weitläufig, daß daraus natürlich keinerlei Erbansprüche zu stellen sind. Ein Testament ist nicht vorhanden ... Sie sind die recht mäßige Erbin, das Bruderkind. Es kommt mir nur dar aus an, wann wir hier ausziehen und Ihnen das Feld räumen müssen." Babett ist erschrocken, ehrlich erschrocken. Nein, das hat sie nicht gewollt. Sie denkt mcht daran, in den nächsten Monaten hier einzuziehen. Sie mutz weiter, an den Rhein, da wartet eine Aufgabe, die gelöst wer- den soll, und dann mutz sie arbeiten, reisen, photogra phieren, schreiben. Schließlich hat sie die Verträge von drüben nicht für die Katz mitgebracht. Nein, nein, die beiden netten Jungen können hierbleiben, ihretwegen für immer. Ja, sie kann sich denken, daß sie aus gezeichnete Kameradschaft mit ihnen halten würde. Sie würden bei allem Uebermut doch immer die Frau in ihr respektieren. Das fühlt sie, das weitz sie, das steht beiden auf der klaren Stirn geschrieben ... und Babett, mach dir nichts vor ... du sähest diese Lösung nicht un gern. Darum wehrt sie PeterS Worten und erklärt waS sie hierhergeführt hat. „Ich wollte nur wieder sehen, was mir das Schicksal in den Schoß geworfen hat, aber sonst ... bitte lassen Sie vorerst alles beim alten. Sie nehmen mir nichts, im Gegenteil, ich weiß daS Haus in bester Hut, wenn Sie beide hier wohnen. Eine Frau könnte es nicht sauberer und ordentlicher halten!" fügt sie schall- Haft hinzu. Peter sieht Ottokar an. Der macht ein Gesicht, daS zum Gotterbarmen komisch ist. „Peter..." flüstert er endl ch zaghast, „Peter, könnten mir daS großartige Angebot nicht wenigstens in Er- wäaung ziehen?" „Ich bin nicht gern abhängig." „Unsinn!" wirft vabett ärgerlich dazwischen. „Eie sind frei und können gehen und tun, waS Ihnen beliebt. Das^ist keillMÄruL LLL ich ÄdseL Ls anhjete, süüdLLl! ich schlüge Ihnen ein Geschäft vor, öder eine vernünftige Abmachung, wenn Ihnen daS bester klingt. Ich kann daS HauS in den nächsten Monaten nicht bewohnen. Vermieten möchte ich es nicht, verkommen lasten ebenso wenig. WaS bleibt mir übrig: Ich müßte mir eine Art Hauswart suchen. DaS kostet Geld, macht Umstände . . . wie einfach ist alles, wenn Sie hierbleiben! Ich kann doch jederzeit kommen und einschlüpfen." Peter steht auf und beginnt eine kurze, nachdenkliche Wanderung. Ottokar folgt ihm ängstlich mit den Augen. Babett wartet auch und ertappt sich darüber, daß sie gespannt ist wie ein Schulmädel, was er wohl sagt. Endlich bleibt Peter ftehen. »Jal" sagt er. „Wir nehmen Ihr freundliche» An- gebot an. Wir bleiben. Allerdings . . . Ottokar bleibt meistens allein. Ich habe ja außerdem noch mein möb- liertes Zimmer in Magdeburg. Also zunächst bis zum Oktober." „Peter!" Ottokar hat sich mtt Freud eng eh eul ans den Freund gestürzt. „Seit Wochen dein erster vernünftiger Entschluß! Gott sei gelobt und gedankt... ich kriege meine Char- lamowsky durch! Zum Herbst sind sie transportfähig!" Babett sieht diesem Freudenausbruch etwas verständ- nislos zu. Was oder wen kriegt er durch? Ist jemand krank? Peter sieht ihre Ratlosigkeit und kommt ihr lachend zu Hilfe. „DaS/md Aepfel, Fräulein Willbrandt. Eie werden gleich alles bester verstehen, wenn wir ein wenig durch den Garten gehen und Sie Ottokars Schätze besehen. Er ist ein Obstzüchter vor dem Herrn wie weiland Noah." Ottokar freut sich, endlich jemand gefunden zu haben, dem er von seiner Arbeit erzählen kann. Er zeigt Babett seine Züchtungen, seine Veredlungen, erklärt ihr, wie man es macht, auf einen Baum, mit besten Lei stungen man nicht zufrieden ist, die richtige Sorte zu pfropfen. Mit flinken Fingern schneidet er einen Zweig, lätzt sie die Schichten sehen, in denen der Eaftstrom, stark und geheimnisvoll, Leben und Wachstum spendend, aufsteigt zu Blatt und Frucht, um geläutert im reinen Atem der Sonne wieder hinabzusinken ins dunkle, warm gehütete Mutterreich der Erde. Ein Kreisstrom des Blutes, an gerührt vom heiligen ZeugungSwillen eines Allmäch tigen, Unbegreiflichen, der einst über Baum und Strauch sein „Werde" sprach. Voller Erstaunen steht Babett, daß sich hinter diesem kleinen jungen Mann em ganzer Kerl verbirgt. Er steht mit beiden Füßen sest auf der Erde, aber sein Kops steckt in einem wunderlichen Himmel, in einem Himmel voller edler und reichtragender Obstbäume. Hier wächst kein Baum im Garten, der nicht seine gärtnerische Geschichte Hütte. Er hat sich das alles praktisch erarbeitet, was ihm im Lehrsaal als ödes Geschwätz erschien. „Schauen Sie, mein alter Herr ist ein schnurriger Kauz. Er sitzt auf seiner Klitsche, weit im Osten, dicht am Korridor, es geht ihm nicht gerade glänzend. Er ver steht seine Landwirtschaft nur auf die alte Weise und findet sich nicht in die Fortschritte unserer Zeit, will'» auch nicht, weil er ein Starrkopf ist. Aber glauben Sie, er lätzt mich ans Ruder kommen? . . . Nicht ehe du verheiratet hist. Basta. Dr hat es dann eise klein«