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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znm Frankenberger Tageblatt Rr. iS bosulag. d« 21. Zrtt IM Drei Xiaöer unS ein rilemlelien-er Zlm Roman von Edmund Kabott. 11 (Nachdruck verboten.) Sie wartete keine Antwort ab, sondern drehte sich um und ging rasch hinaus. Kurze Zeit später fuhren sie nach Berlin, um Koffer und Rucksäcke abzuholen. Die Kinder blieben in der Ob hut der Timmes. Diesmal nahmen sie den Weg über Kladow zur Heer- straße und kamen an dem Haus vorbei, wo Albrecht gestern Joa zum letztenmal gesehen hatte. Er sah verstohlen hin über, und seine Welt, die eben noch in Ordnung gewesen war, wurde ein wenig erschüttert und die Erinnerung an den vergangenen Abend lag aus seinem Herzen als be schämende und drückende Last. Sie fuhren zuerst ins Hotel. Während Dorothee die Habseligkeiten der Kinder zusammensuchte, verabschie dete sich Albrecht von Wilkening und bezahlte die Rech nung. „Sie sind zufrieden, daß Sie uns los find, nicht wahr?" fragte er. -Uno ich mutz Ihnen gestehen, daß ich niemals lieber -von Ihnen weggegangen bin als heute." Wilkening verwabrte'stch Kegen diese Herabsetzung sei nes Hauses, zeigte aber Verständnis, als Albrecht ihm er klärte, daß er mit Sack und Pack und Kind und Kegel in sein eigenes Heim übersiedle. „Und mit dem Dorothee-Mädchen?" erkundigte sich Wilkening mit ehrbarem Gesicht. „Ja, natürlich! Mit ihr! Soll ich in Potsdam die Kinder allein betreuen?" Der alte Herr lobte Albrechts Entschluß, schüttelte ihm die Hand, klopfte ihm auf den Rücken und wünschte ihm alles Gute. Danach meldete Albrecht ein Ferngespräch nach Duisburg an. Er war mit dem Leiter der Bankfiliale, die seinen „Spargroschen" verwaltete, gut bekannt und durfte hoffen, auch nach Eeschästsschluß noch eine Auskunft dar über zu bekommen, wie reich oder wie arm er eigentlich war. Er wartete noch auf die Verbindung, als Dorothee zu ihm in die Halle kam. Sie war mit den Habseligkeiten der Kinder rasch fer tig geworden, hatte alles bereitgelegt, damit er es nachher leicht ins Auto schaffen konnte. Sie selber wellte inzwi schen zu ihrer Wohnung fahren, um auch für sich das Not wendige zusammenzupacken. Er versprach, sie pünktlich in einer Stunde abzuholen. Danach wartete er auf das Gespräch mit Duisburg. Er hatte das Glück, seinen Bekannten, den Leiter der Bank filiale, in dessen Wohnung anzutreffen, aber die Unter redung brachte leider ein ziemlich trübes Ergebnis. Al brechts Guthaben reichte nicht aus, um Danzers Forderung voll zu befriedigen. Genaue Ziffern konnten Albrecht zwar nicht genannt werden, aber ein ungefährer Ueberschlag ließ sich machen. An eine großzügige Abfindung Danzers war jedenfalls nicht zu denken. Albrecht bat, ihm am nächsten Tag so früh wie möglich den genauen Stand seines Guthabens telegraphisch zu melden und beendete das Gespräch. Er ging hinauf in sein Zimmer, um seine Sachen zu- sammenzuräumen. Mutloser war er nach dem Telephon- gespräch nicht geworden, wohl aber erbitterter. Er verfügte noch über ein geringes Guthaben bei der „Niederrheini schen", da war ferner der kleine Vermogensrest aus dem Nachlaß, der aber voraussichtlich zum größten Teil für be hördliche Abgaben draufgehen würde. Allzu rosig sah also der Anfang nicht aus. Aber er hatte iv Heu lebten 2ab- I ren noch nie eine Arbeit begonnen, die rosig ausgesehen hatte. Man muhte Danzer zwingen, seine Forderung zu er- ' mäßigen. Aber wie? Albrecht wußte es nicht. Der Man« > war im Recht, seine Forderungen vollkommen einwand frei. Es war ein Würgevertrag, auf den er sich berief, jeder würde das zugeben, aber Jürgens hatte ibn eben nicht abschließen solle«! Kein Gericht konnte ihn jetzt vor den Folgen bewahren. Gab Danzer nicht klein bei — und damit war kamt» zu rechnen, nachdem er von Jürgens so fürchterlich verprügelt worden war —, so hatte er künftighin sogar noch den Vorteil, daß sich zwei Menschen für ihn zuschanden arbei tete«. Unter dieser Begingung mit der Arbeit anzufangen, war unsinnig. Also mußten Mittel und Weg« gefunden werde«, Danzer hinauszuwerfen. Als er Dorothee später mit ihrem Koffer abholte, galt ihre erste Frage dem Gespräch mit Duisburg. „Es sähe ziemlich düster aus," ««twortete er, sagte es aber in eurem so zuversichtlichen To«, daß sie den Kopf schüttelte. „Ihren Optimismus möchte ich haben!" „Ich bin gar kein Optimist!" erwiderte er. ^ch habe nur den Vorsatz, mich durchzubeißen, ob meine Sache gut sicht Ä»er schlecht. Dar ist aller!" Eie sprachen wenig während dieser Rückfahrt, Und als sie in die dunkle, menschenleere Straße einbogen, a« der sein Haus lag, hörten sie schon vo« weitem Ruf« zu sich herüberdringen. „Sie find dal Erna! Sie find' Sri» Es war Erwin. Er stand auf dem Zaun und winkt« mit einem Lappen, den er in der Hand hielt, kletterte dann zur Straße hinüber und lief dem Wcmen entgegen. Ein paar Sekunden später kam Lieschen hetbei und trüg «twa- unter dem Arm, das wie ein kurzer dicker Knüppel aur- sah. Im Lichtschein der Straßenlaterne zeigte^ es Al- brecht und Dorothee vor. Sie nannte es sine Puppe. Ei« war aus Lumpen und Hottwolle angefertigt und hatte nichts Menschenähnliches. Aber Lieschen hatte zugesehen, wie Frau Tim« sie zusammengestopft und zufammengenäht hatte, und sie erkannte alles: die Augen, die Ohren, die Nase, den Mund, und sie zeigte, wo das alles saß. „Ja, hast du denn an der schönen Pupp« von gestern nicht genug?" fragte Albrecht beinahe enttäuscht, weil Lieschen das Lumpenbündel so zärtlich an sich preßte. Lieschen sagte: „Doch! Aber das hier is di« Mammi! Von alle beide — von Erna ihre und von mein«..." I Albrecht gab sich zufrieden und sah zu, wi« Dorothee > die Puppe und Lieschen auf den Arm nahm, er sah, daß > Lieschens Augen von Wiedersehensglück schwammen. Dann , kam Erna, der es nicht gegeben war, ihr« Freude so hem- 1 mungslos zu zeigen. Sie mixt« nur, gab jedem die Hand ' und lehnt« sich scheu an Albrechts Arm. Es durchrann ihn warm. Der hätte ich das Herz yanz zerbrochen, dachte er, wenn ich sie wieder weggeschickl hatte. Und er war so glücklich über seinen Entschluß wie nie zuvor. , 18. Das Telegramm der Duisburger Bankfiliale lies schon früh am anderen Vormittag ein. Frau Timm«, di« es dem Boten abgenommen hatte, brachte es in die Veranda, vo Dorothee mit den Kindern beim Frühstückstisch saß. Albrecht hatte seine Fahrt nach Nowawes noch aufge schoben und unterhielt sich inzwischen mit Erwin. Er ver- suchte, dem Jungen klarzumachen, was eine Gießerei oxm und was man dort herstellte. Erwin war aufmerksam bei der Sache. Alles, was er vom Gießereiwesen mußt«, stammte aus Schillers Glock«, und das war nicht viel. Er hatte das Gedicht einmal in der Schule vortragen gehört und sich kein rechtes Bild machen können, wie so ein Guß vor sich ging. Es interessiert« ihn besonders, daß man Gießformen in §»ntzLwLLÜivte,^AMnz ggMMchen Sand, des «sg