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Rindfleisch 2800-3600, Kalbfleisch 220-4000, Hammelfleisch 2000—2600, Schweinefleisch 3200-4000, geräucherter Jnlands- speck NM), Leberwurst 2400—4800, Hasen 1800, Gänse ab 2500, Enten ab 2000, Hühner ab 2000, Kabeljau 1700—1800, Schell fisch 800-1700, Heringe 900—1000, Bücklinge 1600—2500, Sprotten 1600, Räucheraal 6000—8000, Salzsettheringe 180, Äpfel ab 100, Birnen ab 300, Kartoffeln 42,4, Weißkohl 70 bis 90, Rotkohl 146—150, Wirsing 100, Mohrrüben 60—70, rote Rüben 300, Tomaten 650—700, Zwiebeln 350, Erbsen 480 bis 620, weiße Bohnen 420-^60, Margarine 1080—1250, Limburger Käse 1700-2100, Harzer Käse 1800—2400, ein Ei 320, Kunst- Honig 800, Pflaumenmus 950—1000, Malzkaffee 450, Weizen mehl 320—380, Streichhölzer 50—60. proauktrnmarkt. 4- Berliner Prodnktenmarlt vom 29. November 1923. Amtlich festgesetzte Preise an der Produktenbörse. Getreide und Qlsaaten pro 1000 Kilogramm, sonst Pro 100 Kilogramm. In Goldmark der Goldanleihe oder in Äentenmark: Weizen märkischer 192—195. Stetig. Roggen märkischer 173—176. Stetig. Gerste, Sommergerste 196—203. Stetig. Hafer märki scher 164—167, pommerscher 160—163. Stetig. Weizenmehl Pro 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack 33—36H0. Feinste Marken über Notiz. Fest. Roggenmehl Pro 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack 30—33. Stetig. Weizenkleie frei Berlin 7,80—8. Stetig. Roggenkleie frei Berlin 7,60—7,80. Stetig. Viktoriaerbsen 45—55, kleine Speiseerbsen 33—36, Peluschken 17—19, Seradella 20—23, Rapskuchen 13, Trocken schnitzel 8, Torfmelasse 30-70 7, Kartoffelflocken 18—19. Rauh futter. Bericht der Preisnotierungskommtssion für Rauhfutter. (Nichtamtlich.) Großhandelspreise pro 50 Kilogramm ab märkischer Station für den Berliner Markt. In Goldmark: drahtgepr. Roggen- und Weizenstroh 0,80—1, desgl. Haferstroh 0,70-0,90, desgl. Gerstenstroh 0,70-0,90, bind- fadengepr. Roggen- und Weizenstroh 0,60—0,70, Häcksel 1,9h handelsübl. Heu 1,30—1,40, gutes Heu 1,60—1,80. Berliner Schafzucht- und Wollwvche im Dezember 1923. Wie alljährlich, findet auch in diesem Jahre -eine vom Nord deutschen Schäfsreiverband veranstaltete gröbere Tagung statt mit folgendem Sitzungsplan: Am 12. Dezember: 12 Uhr mittags Abteilung für Fleischfchaszucht, 3 Uhr Abteilung für Fleischwoll- schafzucht; am 13. Dezember: vormittags Besichtigung der Ver steigerungswolle im Woll-Lagerhaus auf dem Magerviehhof in Friedrichsfelde bei Berlin, 12 Uhr Abteilung für Merino schafzucht, 3 Uhr Abteilung für Hochzucht, 6 Uhr Vorstands sitzung des Norddeutschen Schäfereiverbandes; am 14. Dezember: 9-/- Uhr wertbeständige Wollversteigerung. Die Versammlungen finden im Sitzungszimmer des Klubs der Landwirte, Berlin SW. 11, Dessauer Straß-e 14, statt. Chemnitzer Produktenbörse vom 28. November. Weizen, 205—210, Roggen 205—210, Sommergerste 195—200, Hafer 165—170 Goldmark für 1O00 Kg., Weizenmehl 43, Roggen mehl 43, Weizcnkleie 8, Roggenkleie 8, Wiefenheu 7, Getreide- stroh geprotzt 3,50 Goldmark für 100 Kg. franko Chemnitz, bei Getreide in Ladungen von 200 bis 300 Zentner, bei Mehl in Mengen unter 100 Zentner und bei Heu und Stroh ladungs weise. * vrrrünrr SchlaAlvirftmsrkt. 29. November 1923. Auftrieb: 288 Stück. I. Rinder: I Ochse, 1 Bulle, 2 Kalben und Klhe, WS Kälber, 108 Schafe, 71 Schweine. Preis» in Mark für 0» ^8 für Lebend-u. (im Durchschn.) für Schlachtgewicht. Ochsen: 1. vollfleischigt, auSaemästete höchsten SchlachtwerteS bis zu 6 Jahren 830 b.850 Milld. (IS27 Milld.),2. junge fleischige, nicht aus- gemästete, ältere auSgemästete 760 bis 800 Mill. (1500), g. mäßig genährte junge, gut genährte ältere 600 bis 700 Milld. (1382), 4. gering genährte jeden Alters 300 bis 500 (1000). Bullen: I. vollfleischiae ausgewachsene höchsten Schlachtwertes 830 bis 850 Milld. (1450), 2. vollfleischigt jüngere 760 bis 800 Milld (I42l) 8. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 600 bis 700 Milld. (1246). 4. gering genährte 300 bis SOO (890). Kalben: und Kühe: 1. vollfleischige, auSgemästete Kalben höchsten Schlacht- wertes 830 bis 850 Milld. (1527). 2., vollfleischige, auSgemästete Kühe höchsten Schlachtwertes bis zu 7 Jahren 760 bis 800 Milld. (1500 Milld.). 3. ältere ausgemättete Kühe u. gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 500 bis 600 Milld. (1422) 4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 350 b. 450 (WOO Milld.), 5. mäßig und gering genährte Kühe und gering genährte Kalben 250 bis 300 Milld. (8W). Kälber: I. Doppellender —- bis — — ( ). 2. beste Mast- und Saugkälber 780 bis 820 Milld. I2S0 Milld.), 3. mittlere Mast- und gute Saugkälber 6S0 bis 750 Millo. (1166 Milld.), 4. geringe Kälber 600 bis 700 Milld. (1180 Milld ). Schafe: 1. Mastlämmer und jüngere Masthammel Goldpfennig und Goldmark zur Papiermark nach dem Goldmark- und Dollarstande vom 29. November 1923: 1 G«ldpfe«»ig . . 1Ü ovo 000 ovo Papiermark 5 Goldpfeuuige . . so ovo 000 oos „ 10 Goldpfeuuige . . 100 000 000 ooo „ 25 Goldpfeuuige . . 250 000 000 000 „ 50 Goldpfeuuige. 500 000 000 000 1 Goldmark. . 1000 000 000 000 „ IVvIar 4200s000000000 „ 1200 biS 1800 Milld. (2500 Milld.), 2. ältere Masthammel WOO bis IWO Milld. (2333), 8. mäßig genährte Hammel u. Schafe (Merz- schafe) — bis — Milld. (— —). Schweine. 1. vollfleischige der feineren Rassen und deren Kreuzungen im Alter bis 1'/, Jahr 1800-2000 Milld. (2440 Milld.), 2. Fettschweine 1800-2000 Milld. (2375 Milld.), 3. fleischige 15oO—1600 Milld. (2066), 4. gering ent wickelte 1000 b. 1400 (1855). 5. Sauen und Eber — bis — (—,—Mill.) Ausnahmepreise, über Notiz. Die Preise sind Markt preise für nüchternes Gewicht der Tiere und schließen sämtliche Spesen des Handels ab Stall, Frachten Markt- und Verkaufs- kostcn, Umsatzsteuer sowie den natürlichen Gewichtsverlust ein, er heben sich allewesentlich über die Stallpresse. Ueberstand: — Rinder, — Schafe, 4 Schweine. Scböllengericbt lvilsarull ' 29. November. Berhandlungsleiter: Herr Amtsgerichtsrat Dr. Scholler. Schöffen: Die Herren Waldarbeiter Maune und Postagent Schanze, Herzogswalde. — Der vorbestrafte frühere landwirt- fchaftliche Arbeiter R. aus G. ist geständig, in Grumbach je eine Ente und Katze, sowie ein Posten Stabeisen gestohlen zu haben. Das Schöffengericht warf hierfür eine Gefängnisstrafe von 14 Tagen aus. — Der Rotzschlächter T. in Dr. hatte in einem -hiesigen- Gasthaus, in dem eine Schlägerei im Gange war, den zur Hilse gerufenen Pvlizeibeamten gewaltsam ver hindert, dagegen einzuschreiten und Ruhe zu stiften. Das Ge richt erkannte auf die gesetzlich höchste Strafe von 1 Billion Mark. — Die Ehefrau P. in Bf. sollte eine den Gutsangestellten- B. in W. verletzende Aeutzerung getan haben-. Nach dem Gange der Verhandlung ließ sich der Nachweis hierfür nicht feftstellen, so daß -die Privatklage noch vor der Urteilsfällung zurückgezogen wurde. — Bei einer weiteren Verhandlung, die ihren Grund in fortgefetzten Schimpfereien und Tätlichkeiten zwischen Schwiegereltern und -Schwiegersohn hatte, kam ein Dergleich zustande, nach welchem Klage und Widerklage zurück gezogen wurden. — Wegen unerlaubten Stoppelns von Kar toffeln wurden die Ehefrauen L. und K. in W. zu 500 bzw. 300 Milliarden Mark Geldstrafe verurteilt, dagegen erfolgte wegen gleichzeitiger Anklage wegen Bedrohung Freispruch. Eingelanüt. Für diese Rubrik übernehmen wir nur die prcßgesetzliche Verantwortung. Zur Frage der Deputate für Landarbeiter sendet uns der Oberfchweizer eines benachbarten Gutes folgende Zeilen, denen wir gern, wenn auch etwas gekürzt, Aufnahme gewähren: 8 Stunden bummeln oder 13 Stunden schuften ist zweierlei! Wer 8 Stunden lang nach der Uhr- fleht, ob nicht bald Feier abend ist, benötigt und verdient gar nicht soviel zum Esten wie wir Schweizer, die 12—13 Stunden schuften. Jederzeit tausche ich -mit dem Einsender vom 14. -d. Mts., wenngleich er arbeits los wäre. Bei 8 Stunden Arbeit reiße ich nicht soviel herunter und verdiene einen Batzen Geld, wofür man das bekommt, was wir in natura bekommen. Denn unser Barlohn gleicht nur einem Trinkgeld. Einsender müßte aber erst den Beruf gründ lich erlernen und -dann sich daran gewöhnen, Sonn- und Feier tage, wie auch in der Woche, oft ganze Nächte hindurch auf dem Posten zu sein, früh um 0-4 Uhr aufzustehen und ununterbrochen bis 0-10 Uhr zu schuften, dann erst das erstemal etwas essen, dann wird er wohl das Genannte verdient haben, es benötigen und es wird ihm trotz alledem nicht zu wohl werden. Nun muß er aber trachten, daß er vor 10 Uhr wieder an die Arbeit kommt, wenn er bis 12 Uhr sertig werden will. Von 2 bis 7 Uhr nachmittags wieder arbeiten, ohne sich umzufchauen. Beim Lesen des „Eingesandt" dachte ich -mir: Der Einsender scheint nicht zu wissen, was Schweizer und Schäfer für Verantwortungen haben, daß -die Schweizerkinder nicht von der Luft leben können, daß man vom Schwein -den Abgang nicht genießen kann, denn sonst hätte er kein Dreiviertelpfund Fleisch für den Tag herausge bracht. Wenn- er im Stall wäre, würde er -vielleicht noch mehr Milch für sich benötigen als ein Liter, der auf ihn kommt. Der landwirtschaftliche Arbeiter, ob Schweizer oder Schäfer usw., hat auch nur denselben Magen wie jeder andere Mensch, und was er i von seinem Naturallohn nicht für sich benötigt, läßt er sich ent weder bar bezahlen oder er gibt ihn an die Städter für Ware oder Bargeld ab. In erster Reihe natürlich an feine Verwandt schaft, was jeder tun würde, wenn er dazu in der Lage wäre. Kirchennachrichten. — 1. Advent Wilsdruff: Vorm. 0-9 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. 9 Uhr Predigtgottes-dienst (Text: 1. Timoth. 1, 15). 0-11 Uhr Kindergottesdienst. Abends 6 Uhr Iungmännerverein (Jugend heim). — Mittwoch, 5. Dezember: Nach-m. 3 Uhr Wochen kommunion. Abends 6 Uhr Iungmännerverein (Jugendheim). — Donnerstag, 6. Dezember: Abends 0-8 Uhr Bibelstunde. — Kollekte für die Heidenmisflon. Kirchenmusik: „Das ist der Tag des Herrn", Duett für Sopran -und Bariton mit Orgelbegleitung von Mendelssohn. Sopran: Konzertsängerin Frl. Marie Bluhm-Meißen, Bariton: Herr Helbing-Meißen. Kesselsdorf: Vorm. 0-9 Uhr Beichte (Pf. Heber). 9 Uhr Predigt (Pf. Zacharias). 0-11 Uhr Kindergottesdienst (Pf. Zacharias). Nachm. 2 Uhr Taufen. Sora: Vorm. 0-9 Uhr Beichte und heil. Abendmahl (An meldungen tags zuvor erbeten). 9 Uhr Festgottesdienst. Röhrsdorf: Vorm. 8 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. 0-9 Uhr Predigtgottesdienst. 10 Uhr Kindergottesdienst. Abends 0-8 Uhr Iungmännerverein. — Dienstag: Abends 7 Uhr Ad- ventsandacht in Röhrsdorf. — Mittwoch: Abends 7 Uhr Ad ventsandacht in Klipphausen. Limbach: Vvrm. 9 Uhr Predigtg-ottesdienst. Danach Kinder gottesdienst mit den vier obersten Schulklaffen. Abends 7 Uhr Gottesdienst zur Vorbereitung der Notsammlung für -die Innere Mission in geheizter Kirche. Blankenstein: Vorm. 0-9 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Orielkasten. Am Skattisch bei R.: Der reichste Mann der Welt ist gegen wärtig der Automvbilfabrikant Henry Ford, dem ein Vermögen von 550 Millionen Dollar eigen ist. John Rockefeller, der Petroleum- könig, kommt erst an zweiter Stelle, er hat „nur" 500 Millionen Dollar. Literatursreund in K.: Alessandro Manzoni war einer der ita lienischen Neuromantiker unter den Dichtern Italiens, ja sogar einer der Führer derselben. Er lebte von 1785 bis 1873. Einer, der noch nie fragte: Bevor Sie die neue Politur auf tragen, reingen Sie das Holz mit einer Abkochung von Quilläjarinde. Wir glauben nicht, daß Sie vorher neu beizen muffen. Die Politur kaufen Sie am besten gebrauchsfertig in einem Farbwarengeschäft, wo man Ihnen auch gern weiteren Rat geben wird. Rita D. in L.: Ueber Spiritismus unterrichtende einschlägige, au-fllärende Bücher und Broschüren sind im Verlage von Iohannes Baum in Pfullingen in Württemberg erschienen- und durch jede Buchhandlung zu beziehen. A. B. in R.: Treiben Ziegen auf und erkranken an Blähung, wird als gutes altbekanntes Heilmittel -ein Eßlöffel Rüböl empfohlen. Leider ist dieses jetzt -unerschwinglich teuer und auch nicht immer zur Hand. Dagegen ist ein anderes, weniger bekanntes, aber -leicht zu beschaffendes Mittel in der Schafgarbe und im Kümmel gegeben. Diese Kräuter, im Grünfutter gegeben, sollen der Gefahr der Auf blähung wirksam vorbeugen. Der Einfachheit und Billigkeit wegen ist diese Vorbeuge jedem Ziegenhalter nur zu empfehlen. Natürlich darf man gleich nach der Fütterung den Tieren kein Master anbieten. „Landpfarrer": Das Hauptwerk von Jean Jacques Rousseau, „Emil", wurde auf Befehl des Pariser Parlaments unmittelbar nach seinem Erscheinen durch Henkershand im Jahre 1762 -verbrannt. Nammen. Roman von Hans Schulze. Trude stand wie erstarrt. In ihrem Kopf stürmte und wirbelte alles wild durch- emander. Was bedeutete dieser Brief, der dem düsteren Drama, dessen Mitwisserin sie so plötzlich geworden war, auf einmal eine ganz neue, blitzartig überraschende Wendung gab. Graf Eickstädt und Hella. — Alsleben und Hella. Und endlich jener geheimnisvolle Fremde, der letzte der Männer, mit deren Leben und Ehre die rätselhafte Frau in Grausamkeit und lächelnder .Kraft ein so frevelhaftes Spiel trieb. — Ganz verstört und fassungslos kam sie endlich wieder zur Diele herab und öffnete die Haustür. In diesem Augenblick bog der Jagdwagen des Gutes in scharfer Fahrt auf den Schloßhof ein; ein weißer Herren- sirohhut leuchtete. „Dr. Reinwaldt, Sie schickt mir der liebe Gott!" Erschrocken sah ihr der kleine Philologe in das weiße, erregte Gesicht. „Um Himmelswillen, Fräulern Trude, was ist denn ge schehen?" Er hatte kaum ausgesprochen, als sich die Haustür von neuem öffnete und Herta und Fräulein Grigoleit auf der Freitreppe erschienen, in Hut und Mantel, reisefertig. „Spannen Sie nicht erst aus, Christian!" rief sie zum Kutscherbock hinauf. „Ich fahre mit Ihnen gleich weiter!" Verwundert wandte Trude den Kopf. „Wo willst du denn jetzt noch hin, Herta?" „Es brennt in Greifenhagen!" war die Antwort. „Meine Schwester ist mit den Gutsleuten schon seit einer Stunde drüben. Und ich fühle, daß ich auch dorthin gehöre!" Dann saß sie im Wagen, ruhig und sicher. Ein Zug harter Entschlossenheit stand auf ihrem feinen Gesichtchen. „Es ist eine seltsame Nacht, Trnde," sagte sie. „Aber ich glaube, cs wird doch noch alles gut. Du hast jetzt Dr. Reinwaldt zur Seite. Tut, was ihr für recht haltet. Ich vertraue auf euch!" > Einundzwanzig st es Kapitel. Gras Eickstädt hatte die ganze Zeit seit der nächtlichen Zusammenkunft auf Schloß Greifenhagen wie in einem schweren Fiebertraum verbracht. In seinem Herzen lebte nur eine einzige, große Emp findung, die sein Denken bis zum innersten Grunde erfüllte und ihm alles andere klein und nichtig erscheinen ließ, die lodernde, verzehrende Leidenschaft für Hella. Immer wieder sah er ihr süßes, blasses Gesicht vor sich, hörte er den Klang ihrer Stimme, fühlte er den Druck ihrer weichen Arme. Und seine Sehnsucht schrie nach ihr. Er glaubte sich zuweilen krank und dachte dann wieder mit einer Klarheit des Geistes, daß er jäh und harrscharf die völlige Unhaltbarkeit seiner Situation erkannte. Je weiter die Woche ihrem Ende zurückte, um so quä lender wuchs in ihm das Bewußtsein einer rettungslosen Gefangenschaft, einer völligen Machtlosigkeit gegenüber dem stürmischen Toben seines Blutes, und er hätte doch immer wieder vergehen mögen in Zorn und Scham über seine Ge wissenlosigkeit gegen jene andere, die er noch den Betrug einer Verlobung vorspielen sollte. In ruheloser Spannung wartete er von Stunde zu Stunde auf eine Nachricht aus Pahlowitz, die ihm wenigstens dies Letzte, Schwerste ersparen würde, allein der Freitag verging und der Morgen des Sonnabend kam heran und immer noch blieb Hella stumm. Da ließ er endlich das Auto aus der Garage bringen und fuhr nach Berlin, um mit seinem Anwalt zum zehnten Male die Erfordernisse einer Trauung in England durchzu sprechen. Dann saß er in dumpfem Brüten an dem Fenster seines Hotelzimmers und starrte in die langweilige Oede des heißen Sommertages hinaus. Er mochte heute niemand mehr sehen, mit niemand mehr sprechen und bog in eine Seitenstraße ein, als er nachmittags auf dem Kurfürstendamm einem Bekannten begegnete. Mit dem ersten Abendzuge kam er endlich wieder nach Frankfurt zurück, wohin er sein Auto mit den Eingängen der Tagespost bestellt hatte; doch auch jetzt suchte er in dem Stapel der Briefe und Drucksachen vergebens nach einer Auf schrift von Hellas Hand. Eine telephonische Verbindung mit Pahlowitz, auf die er im Fernsprechamt des Bahnhofs fast eine Stunde lang ge- ' wartet hatte, wurde kurz vor halb neun noch im letzten Moment wegen Gewittcrmeldung abgesagt. Einen Augenblick schwanke er, ob er die Nacht in Frank furt zubringen und ein paar befreundete Offiziere zu einer Bowle zusammenladen sollte; ihm graute vor dem Allein sein in seinem einsamen Schlosse. Dann aber befahl er, den Motor anzukurbeln. Vielleicht war doch noch in den späten Abendstunden eine Bötschaft von Hella eingegangen, die ihm endlich die für sein Leben entscheidende Wendung brachte. Es dunkelte bereits, als das Auto aus dem Straßen gewirr der Frankfurter Vorstadt auf die Chaussee nach Greifenhagen hinüberlenkte. Am Nachmittag in Berlin hatte die Sonne wie mit glühenden Messern gestochen, dafür glaubte der Graf sich jetzt in eine drückende Treibhausatmosphäre versetzt, daß kaum der scharfe Luftzug der raschen Fahrt die erstickende Schwüle ein wenig zu meldern vermochte. Zur Linken über dem Oderbrnch stand eine graudüstere Wolkenwand, die langsam über den Ring des Himmels da hinkroch, wie ein Riesenungeheuer, bereit, die Welt zu ver schlingen. Zuweilen wetterleuchtete es am Horizont. Ein lauersames Schweigen hatte sich allenthalben ver breitet, es war, als hielte die ganze Natur den Atem an, in banger, angstvoller Erwartung. Graf Eickstädt hatte sich weit in die Polster zuriickgelehnt und schaute zwischen den halbgeschlossenen Lidern in das Licht der Scheinwerfer, die ein breites, gelbes Band quer über die Straße legten, das flackernd und lebendig unablässig vor dem Wagen einherflog. Die Bäume der Chaussee versanken wie graue Schatten in die wachsende Dunkelheit. Eine frische Kiesschüttung sprühte gegen das Chassis; das Klirren der springenden Steine Lang gellend, scharf im Ohr. (Fortsetzung folg?,)