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ai>o vas feste Verhältnis der Papiermark zu den wertbe ständigen Zahlungsmitteln gefunden, d. h. die Papiermark wäre stabilisiert. Eine ziemliche Gewähr für diese An nahme bot auch die heutige Verdoppelung des Dollarkurses, der mit 2520 Milliarden amtlich no tiert wurde. In Millionen Mk. Was kosten fremde Werte? In Millionen M. Börsenplätze 13. 11. 14. 11. gesucht angev. gesucht angev. Holland 1 Guld. 947 625 952375 478 800 481200 Dänemark 1 Kr. 428 925 431 075 215 460 216 640 Schweden 1 Kr. 661 335 664 335 331170 332 830 Norwegen 1 Kr. 363 090 364 010 181 545 182 465 Finnland Maik 67 830 68170 33 560 33 687 Amerika 1 Doll. 2513 700 2 526 300 1256 850 1263150 England 1 Pfd. 10982500 11027500 6 486250 6 613750 Schweiz 1 Fr. 442 890 445110 219 450 220 280 Frankreich 1 Fr. 137 655 138 542 69 825 70 175 Belgien 1 Fr. 115 170 116 290 69 850 60 160 Italien 1 Lira 107 730 108 270 63 865 64 135 Tschechien l Kr. 73 815 74185 35 910 36 019 Osterr. 1000 Kr. 35 901 36 090 17 965 18 045 Ungarn 1000 Kr. 135 660 136340 66 835 66 165 Deutsche Werte am 15. November. , Dollarschadanweisungen . . steine Notierung) Goidanlethe (1 Dollar) amtlich . 2:20 Miüiard. Papierm. Ein Goidpfennig . . . 6 „ Eine Goldmark . . . . ... 600 „ Eine Goldmark, umgerechnet über den amtlichen Berliner Briefkurs für Auszahlung Newyork (1 Dollar 2 526 300 Millionen (gleich 604 500 Millionen. * Lebensmittel markt. * Brot 240 Milliarden. Vom 15. November ab kostet das dunkle Brot in Berlin 210, das Helle 240 Milliarden, eine Schrippe 9 Milliarden Mark. * Ein Liter Milch 78 Milliarden in Berlin. Das Ernäh- mngsamt teilt mit: Der Preis für 1 Liter Vollmilch beträgt für den 15. November 78 Milliarden, für 1 Liter Magermilch 28 Milliarden Mark. * Der Zentner Briketts 686 Milliarden. Nach dem amtlich» Dollarstanse stellen sich die Brikett- und Kokspreise inBerlin ab 15. d. M. wie folgt: Küchen- und Osenbrandbrikctts ab Lager 665, frei Keaer 686 Milliarden, Gaskoks ab Lager 1467, frei Keller 1491 Milliarden. * Der Kampf gegen den Fleischwuchcr in Berlin wird gegen- wärtig scharf betrieben. Am 15. November wurden im Schlacht- Hof bei den Großhändlern scharf« Kontrolle durch zahlreiche Kriminalbeamte aus-geübt, ob die Richtpreise für den Groß handel innegehalten würden. Auf Grund der Großhandels- richtpreise wurden dann für den 15. 11. die Kleinhandelsricht preise festgesetzt. Danach stellten sich tm Landenverkauf die Preise wie folgt: Schweinefleisch: Bauch, Rücken-fett und Liesen 1,1 Billionen das Pfund, Magerfleisch 1 Billion, Dickbein 700 Milliarden, Spitzbein 300 Milliarden, Rindfleisch: Schmorfleisch 700 bis 900 Milliarden, Suppenfleisch 60V--800 Milliarden, Ge hacktes 800 Milliarden bis 1 Billion, Fleisch ohne Knochen 25 -L mehr; Kalbfleisch: Keul« 680 Milliarden bis 1,15 nen, Nucken 600 Milliarden bis 1,05 B'llionen, Brust 500 Mil liarden bis 1 Billion^ Hammelfleisch 600 Milliarden bis 1,1 Billionen das Pfund. * In der Berliner Aentralmarkthalle Wurden am 15. Novem ber solgcnde Prnndpreise (in Milliarden Mark) verlangt: Kabeljau 350 bis 500. Schellfisch 300 bis 400, Salzfettheringe 250 bis 350, Äpfel 250 bis 360/ Birnen 300 bis 400, Kartoffeln 11 Weihkohl 14, Rorkohl 25 bis 30, Wirsingkohl 22. Spinal 35, Mohrrüben 80, Tomaten 100, Zwiebeln 80, Margarine 240 bis 310, Harzer Käse 160. Nah unü Pern. o Dividende in Lebensmitteln. Der Aufsichtsrat der Sinner A.-G. in Karlsruhe-Grünwinkel hat beschlossen, auf die zu erwartende Dividende einen Vorschuß in der mutmaßlichen Höhe dieser Dividende auszuschütten, und zwar '/« Dollar pro Aktie. Denjenigen Aktionären, die ihren Wohnsitz innerhalb 150 Kilometer von Karlsruhe haben, soll es freistehen, statt des Geldbetrages Lebens mittel zu beziehen, die frei Wohnort des Empfängers ge liefert werden. Die Auswahl unter verschiedenen Lebens mitteln steht dem Aktionär zu, jedoch behält sich die Ge sellschaft ie nach ihrem Vorrat eine andere Zuteilung vor Ml, Hü o Deutsche Jagdausstellung 1924. Die deutsche Jagd- kammer hat beschlossen, auch im kommenden Jahre eine große Jahresausstellung zu veranstalten. Mit der Aus stellung wird eine Jägerwoche verbunden, in -die die Haupt versammlungen aller jagdlichen und forstlichen Vereine fallen. O Erwerbskosenklmdgebungen und Lcbensmittelunruhen. In Dortmund bildete sich nach Auflösung einer Er- werbslofenversammlung ein Demonstrationszug, der sich nach dem Stadtinnern bewegte. An der Spitze des Zuges marschierten mit Knüppeln bewaffnete junge Burschen. Ein Polizeikommando, das zur Auflösung des Zuges aus gesandt wurde, wurde mit Schimpfworten empfangen. Der Aufforderung, den Zug aufzulösen, wurde keine Folge ge leistet. Es entstand ein Kampf, bei dem auch Schüsse gewechselt wurden. Gegen die Polizeibeamten wurden zwei Handgranaten geworfen, wodurch zwei Beamte ver letzt wurden. Der Polizei gelang es schließlich, die Ordnung wieder herzustellen-. — In verschiedenen Stadt teilen Mannheims kam es zu Überfällen und Plünde rungen von Lebensmittelläden durch Erwerbslose. Die Polizei wurde in Kraftwagen eingesetzt. Zahlreiche Ver haftungen sind erfolgt. OUnterhaltungsrundfunkdienst in Bayern. In Bayern wird, Vorerft versuchsweise, wahrscheinlich noch im No vember, in beschränktem Umfange ein Unterhaltungsrund funkdienst eröffnet. Der erste Sender wird in München errichtet mit einem Aktionsradius von etwa 100 Kilo metern. O Hinrichtung. Aus Karlsruhe wird berichtet: Der Tagelöhner Geiger, der vor Jahresfrist den Steinhauer Josef Hermann aus Oberbalbach erschlagen und beraubt hatte, wurde im Hose des Bruchsaler Zuchthauses hinge- richtet. O Die Nobelpreise für Physik und Literatur. Das Nobelpreiskomitee hat den Preis für Physik für das Jahr 1923 dem Professor Millikar von der Universität La Pa in Kalifornien zugesprochen. — Die schwedische Akademie hat den Nobelpreis für Literatur dem irischen Dichtei William Butler Deals verliehen. O Eine niederländische Hilfsaktion für Deutschland. DaS Niederländische Rote Kreuz hat einen Aufruf veröffentlicht, in dem alle Organisationen, die bereits in Deutschland hilfreich tätig sind, aufgefordert werden, sich zu vereinigen, um die Unterstützung einheitlicher und wirkungsvoller zu gestalten, besonders im Hinblick auf eine geplante Samm lung, die die niederländische Zentrale für die deutschen Ferienkinder veranstaltet. Vom 22. bis 24. November wird in Amsterdam ein Wohltätigkeitsbazar zum Besten deut scher Kinder stattsinden. O Ein Amokläufer. In einem Pariser Arbeiterviertel hat ein Araber die Inhaberin eines Kolonialwaren- geschästs, die seine Anträge zurückgewiesen hatte, auf offener Straße in bestialischer Weise ermordet, um dann in einer Art Blutrausch mit gezücktem Mkksser durch die Straßen zu rennen. Der Raserei des Amokläufers sind weitere drei Frauen zum Opfer gefallen, von denen eine, eine Frau von sechzig Jahren, sofort getötet, zwei andere schwer verletzt wurden, ehe es einer Radsahrerpatrouille der Polizei gelang, den Wütenden mit einigen Revolver schüssen niederzustrecken. O Absturz eines spanischen Postflugzeuges. Ein Post flugzeug der Linie Sevilla—Larasch (Marokko) stürzte über der Straße von Gibraltar ab. Der Führer sowie die Passagiere wurden von Fischerbooten gerettet. O Raubüberfall in der Untergrundbahn. In der Brooklyner Untergrundbahn wurden zwei Bahnbeamte von zwei Banditen erschossen; die Räuber entkamen mit 42 500 Dollar, die sie geraubt hatten. vermischtes. — Die Gebote der hygienischen Häuslichkeit. Was alles zum hygienischen Leben gehört, zeigen die Vorschriften, die die Newyorker Akademie der Medizin zu Nutz und Frommen der Menschheit erlassen hat; es heißt da: „Ent ferne fast alle Möbel aus der Wohnung und behalte nur das Allernotwendigste. — Wirf alle Haustiere, Hunde, Katzen, Affen, Eichhörnchen, weiße Mäuse, Hühner und Tauben erbarmungslos binaus. — Schaffe alle Vorhänge, Teppiche, Gemälde, Büsten und Nippes ab und schaffe alles aus dem Zimmer, was als Staubfänger anzusehen- ist. — Laß dein Zimmer nie mit dem Besen fegen und dulde keinen Abtreter vor deiner Tür. — Das Parkett muß aus eisenhartem Holz sein; auch ist streng darauf zu achten, daß die Fenster deiner Wohnung ununterbrochen geöffnet bleiben." Als letztes Gebot sollte man hinzufügen: „Wenn du dir deine Wohnung in dieser Weise wohnlich gemacht hast, so kaufe dir einen Strick und hänge dich auf." flkbeitek «na eingestellte. Berlin. (M üh l e n a rb e i 1 e rst re ik.) Die Arbeiter allre Groß-Berliner Mühlen sind infolge Lohnbi sfcrenzcn plötz lich in den Streik getreten. Berlin. (B n chd r u ck e r a u s st a nd — S t r e i k p o st e n- stehen strafbar.) Beim Ausstand im -Berliner Buchdruck- gewerbe haben sich -keine Änderungen der Lage ergeben. Die Zeitungen erscheinen nicht: die Reichsdruckerei sucht mit gerin gen Kräften einen Notbetrieb für die Notenherstellung anfrccht- zu-erhalten. Das Wehrkreiskommando gibt bekannt: In der Arbeiterschaft ist anfechinend die Ansicht verbreitet, -daß -das Streikpostenstehen keine strafbare Handlung -sei. Wer Streik posten steht, tut es in der Absicht, Arbeitswillige von der Arbeit abzuhalten. Er macht sich -daher nach -der Verordnung vom 11. 11. 19L3 strafbar und fetzt sich der Gefahr sofortiger Fest nahme aus. Gehört -der Streikposten einem der lebenswichti gen Betriebe an, in denen der Streik verboten ist, so läuft er außerdem Gefahr, nach der gleichen Verordnung wegen Arbeits niederlegung bestraft zu werden. — Es sind mehrere -Streik- sührer verhaftet worden. Kirchennachrichten. — 25 Sonntag n Tr Predigttext: Offend. Joh. 3, 1—6. Wilsdruff: Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst, Uhr Kindergottesdienst. Nachm. 2 Uhr Taufgottesdienst. Abends 6 Uhr Iungmännerverein (Jugendheim). Kesselsdvrf: Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst (Pf. Heber). Nachm. 2 Uhr Taufen. Sora: Vorm. 9 Uhr Lesegottesdienst. Nöhrsdorf: Vorm, st-9 Uhr Lesegvttesdienst. Limbach: Predigtgottesdienst, darnach Christenlehre mit der kons. Jugend. Blankenstein: Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. krieikasten. Rheinländer in der K.straße: Das Wort „Separatist" fand früher Anwendung auf Abtrünnige von der herrschenden Kirche, die eigene Religivnsübungen veranstalteten. Seiner Anwendung auf die Dorten-Leute steht sprachlich kaum etwas im Wege. Frau Angelika Kl.: Gegen Blähungen hat sich Pfefferminztee, kalt getrunken, sehr gut bewährt. „Blinder Eifer": Der Tintenstift Kohinor hat zweifellos seinen Namen von dem großen indischen Diamanten gleichen Namens, dem kostbaren Kronjuwel der Königin von England. Kohinor heißt eigent lich „Berg des Lichts" (indisch). Freier Schweizer in M-: Munizipalität heißt soviel wie Stadt behörde, Stadtobrigkeit. Munizipalgarde — Stadtgarde, städtische Wehrieute. „Jung gefreit": Trübgewordcne Wasserflaschen werden wieder klar, wenn man sie schwefelt: Man zündet einen Schwefelfaden an, steckt ihn in die Flasche und schließt dieseleicht. Nachdem der Schwefel verdampft ist, füllt man den Behälter gut mit reinem Master aus. Schafzüchtcr in Bl: Nach Argentinien sind wohl in Australien tdic meisten Schafe anzuireffen. Es kommen dort auf einen Menschen über 20 Schafe. (Wieviel Schafe bei uns zulande zweibeinig herum laufen, ist eine Gewissensfrage, die der Onkel nicht zu beantworten wagt!) Köchin vom Berge: Gießen Sie die Sauerkohlbrühe ja nicht ungenützt fort! Sie ist ein vortreffliches Mittel zum Putzen des Messings . Ist dasselbe sehr schmutzig, so soll man -es in die Brühe legen und noch etwas Asche zu Hilfe nehmen. Hartnäckige Flecken in einem Messingsieb, die keinem Mittel weichen wollen, sollen auf diese Weise ausgetilgt worden sein. August und Bertha: Hymen war den alten Griechen der Gott der Ehen. Klothilde v. S.: Gewiß unterliegen Sprachen fortwährender Ver änderungen. Am wenigsten verändern sich die lateinische und die chinesische Sprache. Letztere soll sich sogar 4000 Jahre hindurch fast unverändert erhalten haben. (Frdl. Gruß!) MWmen. Roman von Hans Schulze. And sie bat und schmeichelte und schlang ihren Arm lockend um seinen Hals. Und nun kamen ihm zum ersten Male ihre Lippen ent gegen und sie erbebten beide in einem süßen, taumelnden Rausch, daß sie selbst in diesem Augenblick an eine tiefere Empfindung für ihn glaubte. Ihr schlanker, warmer Körper lag weich in seinen Armen und sie fühlte, wie langsam jeder Wille, jeder Widerstand in ihm dahinschwand, wie sie die Stärkere war und die Siegerin blieb. — Da riß sie sich auf einmal los und sah ihn an mit blitzenden, stahlharten Augen. „Ich gehe am Sonnabend mit Ihnen nach England." — Achtzehntes Kapitel. Als Hella sich gleich nach dem Abendbrot in ihr Zim mer zurückgezogen hatte, war die Baronin noch einmal durch den Park gegangen und hatte dann von der Terrasse aus in stiller Versunkenheit dem Spiel Dr. Reinwaldts gelauscht, der sich zu Hertas Verlobung ein kleines Konzertprogramm zusammengestellt hatte und die Muße des einsamen Abends zur technischen Durcharbeitung einiger besonders schwieriger Vortragsstücke benutzte. Die nervös-gespannte Stimmung, die seit einiger Zeit über Pahlowitz lagerte, hatte sich jetzt endlich auch der schönen Schloßherrin mitgeteilt, daß die dickleibigen Wirtschafts bücher heut lange unaufgeschlagen vor ihr aus dem Tische liegen blieben und sie statt der Prüfung der Milch- und Butterrechnungen allerlei nachdenkliche Betrachtungen um Vergangenheit und Zukunft spann. Mit Alsleben war sie seit der Aussprache am See nur ein einziges Mal flüchtig auf dem Felde zusammengetroffen. Sic hatte eine Begegnung mit ihm nicht gesucht, aber auch nicht gemieden. Seit langem schon war sie sich darüber klar, daß sich der Eindruck des ersten Tages allmählich zu einer starken Rei- gung vertieft hatte, zu einer reifen Liebe, die ihr Schicksal kennen will und muß und sich danach sehnt, zu besitzen und Bcr sein. ^'c fühlte sich zu chm hingczogen mit der unwiderstch- --*t eines großen Heimwehs, und ihre Seele wurde still und ruhig, wenn sie auch in seinen Augen den Abglanz jenes Feuers zu erblicken meinte, das in ihrem Herzen mit einer so keuschen, reinen Flamme glühte. Noch hatten sie kein Geheimnis miteinander, wie sehr sie auch ein letztes, entscheidendes Wort von ihm ersehnte, daß sie die seltsam-spröde Zurückhaltung und Undurchdring lichkeit seines ganzen Wesens zuweilen fast mit einem leisen, eifersüchtigen Argwohn betrachtete. Um halb elf kam Dr. Reinwa-ldt wieder auf die Terrasse, saß noch ein Viertelstünd-chen und ging dann bald nach sei nem Zimmer hinauf. Der Mond stand jetzt gerade über der Lichtung des großen Vorplatzes; sein weißer, zitternder Schein, streifte über die üppigen Glyzinienhänge und die zarten, blassen Schatten gaben allen Linien einen e-gnen, geheimnisvollen Reiz. Vom Park dufteten die Tannen betäubend stark herauf. Es war so still, daß man die alte Standuhr der Diele bis auf die Veranda ticken hörte. Wie etwas Drohendes, Dämonisches lag es in der ban gen Schwüle der unbewegten Lust. Da klang auf einmal ein leichter Schritt. Die Baronin sah verwundert auf. Ein Helles Kleid leuchtete auf der Verandatreppe. „Guten Abend, gnädige Frau!" Trude Warkentin stand vor der Baronin, ohne Huk, wie sie von Hause fortgelaufen war, und in einer großen, weißen Hängenfchürze. „Ich wollte mich noch ein wenig nach Herta umsehen!" sagte sie entschuldigend. „Wir haben bis zum späten Abend eingekocht, und die alte Lene hat mich nicht früher fort gelassen." „Das ist aber sehr lieb von Ihnen, Fräulein Trudchen!" war die freundliche Entgegnung. „Herta hat schon den gan zen Tag nach Ihnen gejammert!" „Darf ich noch einmal zu ihr hinaufgehen? Es ist zwar schon ziemlich spät, aber sie hat noch Licht!" Die Baronin hielt Trudes Hand noch immer in der ihren; von der wundervollen Frische des jungen Mädchens ging es wie ein belebender Strom auch auf sie über. „Memetwegen, liebes Kind! Doch plaudern Sie mir nicht mehr zu lange. Ich komme selbst bald einmal herauf und bringe Ihnen noch etwas zum Raschen!" Mit einem leisen Seufzer nahm die Baronin jetzt die Bücher zur Hand und begann die gewohnte Prüfung. Alsleben hatte in der letzten Zeit für Süßrahmbutter eine neue Verbindung nach Berlin angeknüpft und mit dem Vertreter einer Buttergroßhandlung einen sehr gün stigen Verkanfskontrakt abgeschlossen. Gleich die ersten Abrechnungen ergaben eine nicht un erhebliche Mehreinnahme gegenüber den früheren Lieferun gen an die in Konkurs geratene Wartenberger Vereins molkerei. Auch der Ertrag der Schweinemästerei war unter seiner umsichtigen Verwaltung beträchtlich gestiegen; überall stieß sie auf seine fest durchgreifende Hand und während sie die mächtigen Seiten des Hauptbuches umblätterte, schien es ihr auf einmal, als blickten ihr seine klaren, blauen Augen mit einem Ausdruck stillen Ernstes aus den langen, steilen Kolonnen der schwarzen Zahlen entgegen. Dann stand sie am Büfett des Speisesaals, füllte für die beiden Mädchen Konfekt und Früchte auf eine Kristall schale und ging damit die Treppe der großen Halle zum ersten Stock hinauf. Die Tür zu Hertas kleinem Reich war nur angelehnt, ein schmaler Lichtstreif fiel in das Dunkel des Korridors; zugleich damit erklang erregtes Sprechen, von halbunterdrück tem Schluchzen 'begleitet, aus der Tiefe des Schlafzimmers, daß die Baronin unwillkürlich lauschend ihren Schritt hemmte. Der Name Alsleben wurde mehrmals kurz hinterein ander genannt, und jetzt traf auf einmal das abgerissene Bruchstück einer Unterhaltung ihr Ohr, daß ihr für Augen- blicke der Atem stockte. „Es war gar kein Zweifel, Herta", schnitt Trudes Heller Sopran scharf und bestimmt durch des nächtliche Stille. „Dr. Reinwaldt hat die Hansen ganz sicher erkannt, als sie gestern kurz nach Mitternacht das Kavalierhaus verließ." „Trude, ich kann es mir noch immer nicht denken." „Ich hab' mich anfangs auch dagegen gewehrt, aber die Sache liegt doch zu klar. Die schöne Hellt hat Alsleben eben auch den Kopf verdreht. Und seine ganze kühle Reserviert heit war bisher nichts als Maske, um dies Verhältnis zu bemänteln!" „Mein Gott, wie wird das meine Schwester treffen! (Fortsetzung folgt.)