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AüsaruNer Tageblatt > Nr. IL3 — 2 Ll»tt — »2. IahrgsmI vonnrrstag / preit«s b. 7. vrremvrr I-2S Nsv uns kern. o Drahtlose Telephonie im Schwarzwild. Nach Ver suchen, die in Freiburg i. B. angestellt wurden, gestatte! der Schwarzwald für den Funkverkehr Wellen von den Stationen Berlin, London, Paris, Mailand usw. aufzu nehmen. Infolgedessen will eine Gesellschaft die besonders günstige Lage des hochgelegenen Kurortes Höchenschwand im Schwarzwald benutzen, um im dortigen Kurhaufe einen Funkbetrieb einzurichten. Es wird möglich sein, aus den verschiedensten europäischen Großstädten Konzerte, Opern aufführungen usw. anzuhören. O 700 Wucheranzeigen in Geestemünde. Zufolge einem einstimmig erfolgten Beschluß hat der Einzelhandel im Unterwesergebiet bei Papiermarkzahlung einen Ent wertungsaufschlag von 25 Prozent in Ansatz gebracht. Dieser allgemein durchgeführte Beschluß hat zur Folge, daß allein in Geestemünde nicht weniger als 700 Wucher anzeigen bei der Staatsanwaltschaft anhängig sind. O Auslandshilfe und Deutschlands Not. Dem Kardinal erzbischof in Köln sind von den Bischöfen in Fünfkirchen und Vacz 3 500 000 ungarische Kronen zur Linderung der Not zur Verfügung gestellt worden. — Aus Sammlungen in Wien zur Linderung der Not und zur Speisung von Kindern sind weitere 5 959 000 österreichische Kronen ein gegangen. — Von der chilenischen Dichterin Gabriele Mistral ist in mexikanischen Schulen für die notleidenden deutschen Kinder eine Sammlung veranstaltet worden, deren Ergebnis von 1317,38 amerikanischen Dollars seiner Bestimmung zugcführt worden ist. Für den gleichen Zweck haben der Kaufmann Stellmann in Triest 200 italienische Lire und James Fluegel in Baltimore 500 Billionen Mark gestiftet. O Vollstrecktes Todesurteil. Der Schlosser Andreas Heringer, der wegen Doppelraubmordes an dem Ober- amtsrichter Luber und dessen Haushälterin in St. Georgen am Ammersee vom Volksgericht Augsburg zum Tode ver urteilt wurde, ist jetzt in Augsburg durch Erschießen hin gerichtet worden. O Einbrecher im bayerischen Nationalmuseum. In der Nacht zum 30. November hat ein unbekannter Täter einen Einbruch in das bayerische Nationalmuseum in München verübt. Gestohlen wurden eine schwer goldene Genfer Repetieruhr mit dazugehöriger Kette, ein Taufgeschenk des Königs Max I. an seinen Enkel Max II., eine Rokokostand uhr und ein Uhrständer aus Bronze, der einen Engel darstellt. O Das Doppelleben eines Villenbesitzers. Aus Bad Berka wird gemeldet: Der hier wohnende Villenbesitzer und Privatmann Brachmann ist in Basel bei einem Einbruchs- dicbstahl in ein Juweliergeschäft angetroffen und auf der Flucht erschossen worden; , einer mitbeteiligten Person ge lang die Flucht. Der Mitbeteiligte konnte als der Land wirtssohn Hausmann aus Stotternheim festgestellt und von der Weimarer Kriminalpolizei in der Wohnung feiner Braut in Weimar festgenommen werden. Dort wurde noch eine große Menge Diebesgut, darunter 92 goldene Herren- und Damenringe, teilweise mit kostbaren Juwelen besetzt, sowie Broschen, Ketten und andere Schmucksachen vorge funden. Ebenso wurde im Hause des Brachmann eine Menge Vrillantringe, Ketten, Uhrm usw. beschlagnahmt. O Kein Rückkauf von Orden und Ehrenzeichen. Das preußische SLaatsministerium hat mit Rücksicht auf die ent wertete Mark die bisherigen Bestimmungen außer Kraft ge setzt, wonach Orden und Ehrenzeichen von den Beliehenen oder nach deren Tode von den Hinterbliebenen käuflich er worben werden können. Es sind daher künftig alle Aus zeichnungen, soweit sie nicht durch besondere Vorschriften von der Rückgabe befreit sind, nach dem Ableben der In haber zurückzuliefern. O Für die Erhaltung des Kölner Doms. Der Ver- waltungsausschnß des Zentraldombauvereins hat an den preußischen Minister für Volkswohlfahrt eine Eingabe ge richtet. in der er daraus binweist. dak infolae der wirt- « Flammen. Roman von Hans Schulze. „Hierher, die Pahlowitzer MannschaftI" klang sein Helles, bcfehlgewohntes Organ. Ein Flugfeuer sprühender Funken stob über ihn hin weg, daß das Pferd scheu zurückhupfte und die Menge krei schend auseinanderwich. Der Spritzenwagen wurde herangeholt. Fünfzig Hände griffen gleichzeitig zu. Und dann brach ein mächtiger Wasserstrahl in den Brandherd des Daches hinein, das sich das Feuer auf einmal bang zusammenzuducken schien und dicke, gelbe Dampf wolken zum Himmel empörschlugen. Mit starren Augen sah Graf Eickstädt auf das gewaltige Bild des entfesselten Elementes. Eine große Ruhe war auf einmal über ihn gekommen und zugleich damit eine seltsame Empfindung, als ob dies Feuer zu seinem Schicksal gehörte und in diesem Glutkern die Entscheidung seines ganzen Lebens lag. Und immer weiter glitt das Licht der Brandstätte über Stallungen und Scheunen hinweg bis zum Schloß hinüber, das jetzt blend-weiß wie ein schimmerndes Märchenbild aus dem Nachtdunkel des Parkes heraustrat. Da klang auf einmal ein kläglicher Laut durch das Knistern der Flammen wie ein leises Kinderweinen. Der Graf zuckte zusammen. War das wirklich ein Kind, das da schrie? Ein vergessenes Kind in dem brennenden Hause? Unwillkürlich packte er Alslebens Arm. „Herr von Alsleben, hören Sie nichts?" Und dann kreischte plötzlich eine Weiberstimme in gellen- dem, markerschütternden Tönen: „Um Jesu Barmherzigkeit willen! Die Liesel verbrennt, mein Schwesternkind!" Auf einmal war es totenstill. Die Stille der Erstarrung, herzlähmender Angst. Wie eine steinerne Mauer standen die Menschen um das Haus. „Ein Kind, das da drinnen lebendig verbrennen mußte!" Die Baronin hatte sich krampfhaft an d'" WEndeichsel geklammert. icyafmmen «Schwierigkeiten und Geldmangels, vre In stand haltungdesKölnerDomeseinge stellt werden müßte. Die wirtschaftliche Lage der Deutschen im besetzten Gebiet sei dermaßen schlecht, d,aß es dem Verein unmöglich sei, auch nur einen kleinen Teil der Gelder für Löhne und Werkzeuge zu beschaffen. Es wird beantragt, eine we-rtbe ständige Lotterie Mr die Instand setzung des Kölner Domes zu genehmigen. Gleichzeitig wird aus Kreisen des Vereins um Spendenausganz Deutschland für den Dom gebeten. O Hilfsakttonen Mr Deutschland. Aus verschiedenen Ländern kommen neue Nachrichten über Hilfsaktionen für Deutschland. In Madrid fanden am Sonntag in allen Theatern Sammlungen zugunsten deutscher Notleidender statt. Die Sammlungen hattet ein glänzendes Ergebnis. — Das holländische Note Kreuz hat nach dem be setzten Gebiet sechs Waggons mit Lebensmitteln und Kleidungsstücken abgehen lassen. — Im rumänischen Banat find von Deutschen, Ungarn und Rumänen Mr die hungernden Kinder Deutschlands bisher 40 000 Lei (200 Dollar) gesammelt worden. — Eine großartige Hilfstätig keit für Deutschland entfaltet seit längerer Zeit schon die schweizerische Bevölkerung. Es werden ganze Eisen bahnzüge mit Lebensmitteln, Wäsche und Kleidungsstücken nach Deutschland gesandt. Eine besondere Organisation sorgt für darbende deutsche Intellektuelle. Für darbende Arbeiterkinder tritt der Schweizerische Gewerkschafts bund ein. O Erbrochene Amerikabriefe. In der Nähe von Alfeld fand ein Hilfsweichensteller in einer Hecke am Bahnkörper ein kleines Paket. Der Inhalt bestand aus 41 erbrochenen Briefen aus Amerika. Aus dem Inhalt der Briefe, die an Adressaten in verschiedenen Gegenden des Reiches ge richtet waren, ergab sich, daß in den meisten amerikanische Dollarnoten enthalten waren. Die Wertscheine waren aus den Briefen geraubt. Nach oberflächlicher Schätzung sind dem Dieb insgesamt weit über 1000 Dollar in die Hände gefallen. In einigen Briefen befanden sich auch Schecks. Diese hatte der Briefmarder nicht an sich ge nommen. O Falsche Gerüchte über einen deutschen Dampfer. Ge rüchte, die über den Untergang des deutschen Dampfers „Palomo" verbreitet waren, haben sich nicht bewahrheitet. Das Schiff ist vielmehr wohlbehalten in Rio de Janeiro angekommen und hat seine Fahrt nach Buenos Aires fort gesetzt. O Selbstmord oder Mord? Aus Paris wird berichtet: Der geheimnisvolle Tod Philippe Daudets, des 15jährigen Sohnes des royalistischen Abgeordneten Loon Daudet, er regt in der Öffentlichkeit unvermindertes Aufsehen. LSon Daudet hat jetzt bei der Staatsanwaltschaft Verfolgung gegen Unbekannt wegen Mordes beantragt. Die Unter suchung stützt sich vor allem auf mehrere Briefe des jungen Daudet an den Herausgeber der kommunistisch-anarchisti- schen Zeitung „Libertaire" namens Vidal. Philippe Daudet nimmt in diesen Briesen von seinen Eltern Abschied und äußert sich in unverständlicher Form über seine Zukunfts absichten. Von anderer Seite wird dagegen nach wie vor die Ansicht vertreten, daß der junge Mann freiwillig aus vem Leben geschieden sei. O Autounfall Baldwins. Der englische Ministerpräsi dent Baldwin ist, als er im Auto nach London fuhr, bei einenl Zusammenstoß mit einem andern Auto mit knapper Not einem schweren Unfall entgangen. Das Auto des Ministers wurde schwer beschädigt. O Grubenunglück in England. In einem Bergwerk bei Skeffield stürzten infolge Bruches eines Kabels zwei Fahrstühle in die Tiefe. Nach den ersten Angaben sollten 40 Bergleute getötet und mehr als 100 verwundet worden sein. Das Unglück ist aber nicht ganz so groß. Die Zahl der Toten beträgt vielmehr 5, die der Verwundeten 46. S Die deutsche Einwandererquote in Amerika. Einer Blättermeldung aus Newyork zufolge werden dort am Sonnabend etwa 5000 deutsche, polnische und italienische Einwanderer eintreffen. Die zulässige Eiuwandererzahl ist damit nahezu erreicht. Man glaubt, daß die Quote der Staatsangehörigen der drei genannten Länder binnen zehn Zilien sein 'mrurv o Drei Brüder angeschossen. Von einem Polizeibeamten angeschossen und schwer verletzt wurden in Berlin drei Brüder Lucas, die sämtlich Chauffeure sind. Der Beamte war von den Brüdern überfallen worden und machte in der Notwehr von der Waffe Gebrauch. In ihren Schläfen hämmerte es dumpf, ein würgendes Entsetzen schnürte ihr fast die Kehle zu. Nur irgend etwas tun in dieser furchtbaren Stille, die das Blut erstarren machte. „Wo ist das Kind?" fragte jetzt eine wohlvertraute, ge liebte Stimme klar und ruhig durch das zitternde Schweigen. „Im ersten Stock! Die Kammer an der Treppe!" Mit einem prüfenden Blick maß Alsleben die Haustür, aus der bereits ein grauweißlicher Rauch langsam heraus quoll. „Ich hole die Kleine!" sagte er einfach. Doch der Graf vertrat ihm den Weg. „Da komme ich zuerst, Herr von Alsleben! Auch finden Sie die Kammer nicht. Das Haus ist ganz verbaut und winklig!" Dann holte er noch einmal tief Atem und riß die Tür weit auf. Eine sengende Hitze schlug ihm entgegen, der scharfe Qualmgeruch verbrannten Holzes benahm ihm sofort die Luft. Links neben der Treppe war ein Teil der Zwischenwand bereits eingestürzt. Ein großes Loch glühte oben in der Decke. Jetzt hatte er die Kammer erreicht und sprengte mit einem einzigen Fußtritt die morsche Tür. Der Helle Flammenschein lag in den niedrigen Fenstern und beleuchtete ein armseliges Leutebett, in dem ein kleines, blondes Mädchen verängstigt herumkroch. Mit einem raschen Griff riß er das Kind heraus und sprang wieder zur Tür. Das Treppenhaus war jetzt fast vollständig verqualmt. Kleine Flämmchen schossen an den Wänden entlang und züngelten um die Geländerpfeiler. Aus dem Loch in der Decke löste sich ein schweres Stück Mörtelwerk und schlug ihm wuchtig auf den Kopf. Etwas Warmes rieselte ihm über die Stirn. Da biß er die Zähne zusammen und stürmte mit der Kraft der Verzweiflung durch Rauch und Flammen wieder die Treppe hinab. Nur Luft, nur Freiheit zum Atmen! Taumelnd stürzte er gegen einen der schwelenden Tür pfosten. Das Kind schrie und krallte sich fester in seinen Rock. vermischter. — Die GcsundungSmöglichkcit angeblich „unheilbarer" Geisteskranker. Der Schweizer Arzt Dr. Hauswirth hat beim Schweizer Bundesrat den Anttag auf Abänderung des schweizerischen Jrrengefetzes gestellt: es soll dem Arzt erlaubt werden, die als unheilbar erkannten Wahnsinnigen und Idioten zu töten. Viel Anhänger dürfte dieser radikale Antrag schwerlich finden. Ein italienischer Irrenarzt er bebt energischen Protest gegen dieses summarische Ver fahren mit dem Hinweis, daß es überhaupt unmöglich sei, einen Fall als unheilbar so sicher festzustellen, daß man auf Grund dieser Feststellung den Vorschlag Hauswirths über haupt nur diskutieren könnte. Seine Meinung über diesen Punkt saßt der Italiener in die Erklärung zusammen: „Das Wort „unheilbar" ist ein Ausdruck, den man in der Zrrenheittunde nur mit außerordentlicher Vorsicht gebrau chen sollte. Nur nach einer Anstaltsbeobachtung von 15 bis 20 Jahren wird man sich hierüber Halbwegs zuverlässig äußern können. Ich habe oft genug beobachten können, daß in diesem Zeitabschnitt Geisteskranke die Vernunft wiederfanden. Beispiele solcher Heilungen gibt es in der Geschichte der Jrrenheilkunde genug. Von ihnen ist eins besonders bekannt geworden: der berühmte französische Philosoph Auguste Comte, der Begründer der sogenannten positiven Philosophie, wurde in Charenton interniert, weil er in einem Tobsuchtsanfall seine Frau und sich zu ermor den versucht hatte. Er blieb längere Zeit in der Anstalt und wurde als geheilt entlassen. Daß er vollständig ge sund war, bewies er am schlagendsten dadurch, daß er kurz varauf eines seiner philosophischen Hauptwerke schrieb. — Unterseetanks. Nach englischen Blättermeldungen be absichtigt die britische Admiralität, im nächsten Jahre mit Hilfe kleiner Unterseetanks zur Hebung von zahlreichen gescheiterten Schiffen zu schreiten. Diese kleinen Tanks, die von einer einzigen Person bedient werden, können bis dreihundert Meter in die Tiefe hinabgehen, um sich dann auf dem Meeresboden in der auf dem Lande üblichen Weise fortzubcwegen. Gleichzeitig werden Experimente mit einer neuen Taucherrüstung aus Stahl gemacht, die gleichfalls das Arbeiten in einer Tiefe von dreihundert Metern ge stattet. — Entdeckung eines bedeutsamen Grabgewölbes. Vor einigen Tagen brach in Petersburg der Fußboden in der Peter-Pauls-Kirche durch. Bei den Aufräumungsarbeiteu entdeckte man unter der Kirche ein Grabgewölbe und vier Särge. Die Verzierungen der Särge und die Bekleidung der Skelette in ihnen, besonders das gut erhaltene gold gestickte Kleid eines kleinen Mädchens, haben einen hohen Kunstwert. Bemerkenswert ist eine Tonvase mit Malereien aus der Zeit Peters des Großen. Alle diese Gegenstände sind dem historischen Museum in Petersburg überwiesen worden. — Rentenmarkschrcierisches. Ein Schweizer Großkauf mann, der für eine Geschäftsreise nach Berlin Rentenmark brauchte, erzählte bei seiner Ankunft in der Reichshaupt- ftadt, daß ihm von mehreren namhaften Schweizer Banken die Abgabe von Rentenmark als eine Unmöglichkeit be zeichnet wurde, da „größere" Beträge nicht zu beschaffen seien; andere Banken forderten Kurse, die die Parität er heblich überschritten. Schließlich habe ihm ein Bank institut „aus Gefälligkeit" 1000 Rentenmark Mr 2000 Schweizer Franken überlassen. Laut dieser Rechnung, war also unsere Nentenmark in der Schweiz als neueste Edel valuta mit — 2 Franken berechnet worden. Wie heißt es doch im modernisierten Grimmschen Märchen? „Wer's glaubt, zahlt 'ne Nentenmark!" — Wenn der Chef Geburtstag hat. — An dem Schau fenster eines Berliner Fleischerladens prangte dieser Tage folgendes Plakat: „Bei Zahlung in Goldanleihe 10 Pro zent Rabatt. Bei Zahlung in Nentenmark 10 Prozent Rabatt. Bei Zahlung in Papiermark 10 Prozent Rabatt." Der Verkäufer erklärte das Rätsel mit den Worten: „Der Chef hat heute Geburtstag." Es ist sehr erfreulich, wenn die Großen dieser Erde die Allgemeinheit auf diese Weise an ihrer Geburtstagsfeier teilnehmen lassen. Q Die Opfer des japanischen Erdbebens. Nach einer Meldung aus Tokio ergeben die vom japanischen Kriegs ministerium veröffentlichten Statistiken über die Opfer der Erdbebenkatastrophe im September, daß die Gesamtzahl der Toten sich auf 99 375 beläuft, darunter 68 215 in Tokio und 29 238 in Uokohama. Die Zahl der Verletzten beträgt 113 071, die Zahl der Vermißten 42 890. Doch schon ergriffen ihn kräftige Fäuste und rissen ihr ganz ins Freie. Noch einmal sah er das Bild des brennenden Hauses, über dem jetzt krachend und prasselnd der Dachstuhl zusam menbrach. Dann schlug er wie ein gefüllter Daum besinnungslos zu Boden. Zwei und zwanzig st es Kapitel. Axel von Lessow hatte Hella von der Insel nach Schloß Pahlowitz hinübergerudert und war dann gleich nach dem Dorfe weitergefahren. Im Kruge brannte noch Licht. Eine halbblinde Oellampe schwelte durch die Stickluft des öden Gastzimmers. Die Kinder des Wirtes hockten auf der Tonbank am Schenktisch unter den verräucherten Bildern voller Fliegen schmutz. Die halbwüchsige Tochter stichelte über einer Stickerei. Daneben der Flachskopf ihres fünfjährigen, kleinen Brü derchens, der die Wiege mit dem leise krahlenden Jüngsten an einem langen Wiegenbande in unregelmüßig-schaukelnder Bewegung hielt. „Wir warten noch auf den Vater!" berichtete das Mäd- chen mit altkluger Wichtigkeit. „Er ist mit der Feuerwehr nach Greifenhagen. Der Blitz hat auf dem Gute des Herrn Grafen eingeschlagen!" Axel ging die schmale Stiege zum Oberstock hinauf und trat in das kleine Zimmerchen, das er sich für-seine letzte Nacht in Pahlowitz bestellt hatte. Die Fenster standen weit geöffnet. Ein lauer Luftzug kam von der einsamen Dorfstraße herein, daß die Kerze auf dem wackligen, alten Nachttischchen unsicher aufflackerte. Das Mondlicht lag mit tiefschwarzen Schlagseiten in den Kastanien des Pfarrhofes. Dahinter ragte der Turm der Kirche wie ein mahnend erhobener Finger still und weiß in den dunklen Himmel. — (Fortsetzung folgt.)