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Wilsdruffer Tageblatt : 22.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192311228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19231122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19231122
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-22
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 22.11.1923
- Autor
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Hantle« und tterkehn. Airttchattsrsdlrn Mr ürn 20 November IY23. 1 Goldmark: Berl. Geldkurs . . 598500000000 Papiermark do. Berl. Mittellurs . 800000000000 Papiermark do. Berl Briefkurs . . 601500000000 Papiermark 1 Dollar Goldanl. (Berliner Kurs) . . . 2520 Milliarden 1 Dollar Schatzanw. (Berliner Kurs) .... - Milliarden Reichsbankdiskont .... monatlich 7>/z»/g, jährlich 90»/« Reichsbanklombard .... wertbeständig IO»/« jährlich do. . . gegen Papiermark l08»/„ jiyrlich Goldankaussprei» 640 Dollar p. Kilogr. I Zwanzigmark-Stück 1t de0500000000 Silberankaussprei» (1-Mmk-Slück) .... 230000000000 Goldumrechnungssatz für Reichssteuern und Eisenbahntarif 600000' 00000 Reichsrichtzahl (Steigerung 121,8»«) .... 218500000000 Sächsische Gesamtrichtzahl (mit Bekleidung) . 204000000000 (Steigerung 1)5,9»/« Grotzhandelsrichtzahl 265600000000 (Steigerung t»b,0°/°) Gegenwert des Goldfrankeu bei Auslandspystsendungcn usw 600000000000 Fernsprechgebühr im Orts- und Vorortsverkehr . . 0,10 Goldmark im Fernverkehr bis 100 km . 0,10-0,90 Goldmark (umzurechnen nach dem Goldumrechnungssatz für Reichssteuern) Dollar unverändert. In der Erwartung, daß am Montag der DollarkurS heransgcsetzt würde, wurden an der Berliner Börse viele Papiere höher bewertet. Die Erwartung wurde enttäuscht, die amtliche Devisennotieung änderte sich nicht und die Anregung am Effektenmarkt ließ bald wieder nach. Es ging sogar das ziemlich bestimmt auftretende Gerücht um, die Papiermark werde auf der jetzigen Basis von 600 Milliarden für eine Goldmark stabilisiert werden. Dollarschatzanweisungen waren nicht im Verkehr und wurden nicht notiert, Goldanleihe wurde ebenfalls nicht nmgesetzt. Ein kleiner Streit der freien Makler, die sich gegen die Vorauszahlung des Börsenstempels sträuben, konnten den matten Verlauf der Börse beleben. In Millionen M. Was kosten fremde Werte? In Millionen Mk. Börsenplätze 18. 11. 17. 11. gesucht angev. gesucht angev. Holland 1 Guld. 952 613 957 387 947 625 952375 Dänemark 1 Kr. 434 910 437 OSO 428 925 431 075 Schweden 1 Kr. 674 310 677 680 664 335 667 665 Norwegen 1 Kr. 369 075 370 925 363 OSO 364 910 Finnland Mark 67 830 68 170 67 830 68170 Amerika 1 Toll. 25Ni7<w 2ösu:roo 2513 700 2 526 300 England 1 Pfd. 10972 500 11027500 10972500 11027500 Schweiz 1 Fr. 444 885 447115 442 890 445110 Frankreich 1 Fr. 131 670 132 330 137 655 138 345 Belgien 1 Fr. 113 715 114 285 115710 116 290 Italien 1 Lira 107 730 108 270 107 730 108 270 Tschechien 1 Kr. 73 815 74 185 73 815 74185 Ostcrr. 1000 Kr. 35 910 36 090 35 910 36 090 Ungarn 1000 Kr. 139 650 140 350 149 625 150 375 Deutsche Werte am 19. November. Eine. Rentenmark ...... 600 Milliard. Papiernr Dollarschatzanweisungen . . . keine Notierung Goldanleihe (1 Dollar) amtlich . 2820Milliard.Papierm Ein Goldpfennig 6 „ „ Eine Goldmark 600 „ „ Eine Goldmark, umgerechnet über den amtlichen Berliner Briefkurs für Auszahlung Newyork (1 Dollar 2 526 300 Millionen (gleich 601500 Millionen. Kurse für Ostdevisen und Noten am 19. November in Berlin. Auszahlungen: Bukarest 13 432 G.. 13568 B., Katto- Witz 1333 G. 13 067 B., Riga 991,5 G. 10075 B.. Reval 7245 G. 7355 B., Kowno 245^00 G. 252500 B. Nolennotierungen: Polnische Mark 1316 000 G. 13S10O0 Brief, Lettischer Rubel 9360 G. 9840 B-, Estnische Mark 7020 G. 7380 B., Lit. 234 000 G. 246 000 B. . * Amtlicher Moskauer Dollarkurs am 17. November. Ein Dollar gleich 201 Milliarden Rubel (1 Rubel gleich 2,10 deutsche Mark). 214 Trillionen Banknotcnumlauf Ende Oktober. Der der- spötet erschienene Ausweis der Reichsbant vom 31. Oktober bringt die Feststellung, daß zu diesem Tage der Banknotenum laus sich wieder um zwei Trillionen, auf insgesamt 2,5 Tril- kw^nerböbt batte. Dresdner SchlachLviehmarkt vom 19 Noo Austrieb729Sick.l Rinder: — Ochsen, — Bullen, — Kalben u. Kühe, — Kälber, — Schafe, — Schweine. Preise in Mark für >/z kg für Lebend-u. (im Durchschn.)für Schlachtgewicht. Ochsen; 1. vollsteischige, ausaemäilete höchsten Schlachtwertes bis zu 6 Jahren 830 b 850 Milld. (1527 Milld.), 2. junge fleischige, nicht aus- gemäste>e, ältere ausgcmästcte — bis — Mill. (— —), 3. mäßig genährte junge, gut genährte ältere 600 bis 700 Milld- (1382), 4. gering genährte jeden Alters — bis — — — —, Bullen: I. vollsteischige. ausgewachsene höchsten Schlachtwertes 830 bis 850 Milld. (1450), 2. vollfleischige jüngere 760 bis 800 Milld (1420) 3 mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 600 bis 700 Milld. (1246). 4. gering genährte — bis — ( ). Kalbens und Kühe: 1. vollsteischige, ausgemästete Kalben höchsten Schlacht- wertes 830 bis 850 Milld. (1527). 2., vollsteischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlachtwertes bis zu 7 Jahren 760 bis 8')0 Milld. (1500 Milld.). 3. ältere ausgemästete Kühe u.gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 600 bis 700 Milld. (1445) 4, gut) genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 400 b. 500 (1125 Milld.), 5. mäßig und gering genährte Kühe und gering genährte Kalben 200 dis 300 Milld. (735). Kälber: 1. Doppellender —- bis — — ( ), Z. beste Mast- und Saugkälber 76o bis 800 Milld. 1258 Milld.), 3. mittlere Mast- und gute Saugkälber 640 bis 700Milld. (N33 Milld.), 4. geringe Kälber 500 bis 600 Milld. (1000 Milld.). Schafe: >. Mastlämmer und jüngere Masthammel 900 bis 950 Milld. (1850 Milld ), 2. ältere Masthammel 700 bis 850 Milld. (1667), 3. mäßig genährte Hammel u. Schafe (Merz- schafe) 400 bis 6' 0 Milld. (1376). Schweine. 1. vollfleischige der feineren Rassen und deren Kreuzungen im Alter bis O/s Jahr 850 bis 900 Milld. (1122 Milld.), 2. Fettschweine 950—1000 Milld (1220 Milld.),3.jfleischige 7oO bis 800 Milld. (1000), 4. gering ent wickelte— — b. . ( ), 5. Sauen und Eber — bis — ( (—,— Mill.) Ausnahmepreise, über Notiz. Die Preise sind Markt- i preise für nüchternes Gewicht der Tiere und schließen sämtliche l Spesen deS Handels ab Stall, Frachten Markt- und Verkaufs- - kosten, Umsatzsteuer sowie den natürlichen Gewichtsverlust ein, er- ? heben sich allewesentlich über die Stallpreise. Ueberstand: 11 Rinder, l — Kälber, — Schweine. * Dresdner Produktenbörse vom 19. November (amtliche No- l tierungen). Weizen inländ. 20 bis 20,50, ruhig. Roggen inländ. 19,50 bis 20, fest. Sommergerste 18 bis 18,50, ruhig. Hafer 16,50 bis 17,25, ruhig. Raps geschästslos. Mais 20,50 bis 21, ruhig. Wicken geschäftslos. Peluschken geschästslos. Rotklee 170 bis 190, ruhig. Trockenschmtzel 9,20 bis 9,50, ruhig. Zuckerschnitzel 13 bis 16, fest. Kartoffelflocken geschästslos. Weizenkleie 8,60 bis 8,80, ruhig. Roggenkleie 8,60 bis 8,80, ruhig. Bäckermundmehl 43 bis 44, fest. Inlandmehl (Type 70 Proz.) 42 bis 43, fest. Noggenmehl (Type 70 Proz.) 42 bis 43, fest. Feinste Ware über Notiz. — Die Preise verstehen sich per 100 Kilogramm in Goldmark. Rotklee, Erbsen, Wicken, Peluschken, Lupinen und Mehl (Mehl frei Hau») in Mengen unter 5000 Kilogramm ab Lager Dresden, alles ondew in Mindest mengen von 10 000 Kilogramm waggonfrei sächsischer Madestationen. 4- Berliner Produktcnmarkt vom 19. November 1923. Amtlich festgesetzte Preise. Getreide und Olsaaten pro 1000 Kilogramm, sonst pro 100 Kilogramm. In Goldmark. (4,20 Golomark gleich 1 Dollar Goldanleihe.) Weizen märki- scher 193—200. Ruhig. Roggen märkischer 183—187. Ruhig. Sommergerste 178—184. Ruhig. Hafer märkischer 162—1S5, pommerscher 155—160, schlesischer 160—164. Ruhig. Weizen mehl pro 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack (feinste Marken über Notiz) 31,50—35. Ruhig. Roggenmehl pro 100 Kilogramm frei Berlin brutto inkl. Sack 30,50—32,50. Ruhig. Weizenklcie frei Berlin 8,40. Stetig. Roggenkleie frei Berlin 8—8,20. Stetig. Viktoriaerbsen 43—52, kleine Speiseerbfen 33—36, Peluschken 17—19, Seradella 20—23, Rapskuchen 13,50 bis 14, Trockenschnitzel 8, Torfmclasse 30-70 7,50-8, Kartossel- flocken 16,50—17. Ra uh futter. Bericht der Preisnotierungskommission für Rauhfntter. (Nichtamtlich.) Großhandelspreise pro 50 Kilo gramm ab märkischer Station für den Berliner Markt (in Goldmark): drahtgepr. Roggen- imd Weizenstroh 0,80—1,00, deAgl. Haferstroh 0,70—0,90, dcsgl. Gerstenstroh 0,70—0,90, bindfadengepr. Roggen- und Weizenstroh 0,60—0,70, Häcksel !,90, handelsübl. Heu 0,80—0,90, gutes Heu 1,10—1,20. 4- Frachtstundung sür Hausbrand. Auf eine im Reichs kabinett gegebene und zum Beschluß erhobene Anregung hat sich der Reichsverkehrsminister bereit erklärt, zwecks Erleichte rung der Versorgung der Bevölkerung mit Hausbrandkohlen die Fachten hierfür mit 75 sür die Höchstdauer eines Mo nats zu stunden, und zwar längstens bis zum 31. Dezember. Anträge sind an die betreffende Reichsbahndirektion zn richten. Sie kommen vor allem für die Gemeindeverwaltungen und sür Großbetriebe in Betracht. * Levensmittelmarkt. * In der Berliner Zentralmartthalle wurden am 19. No vember folgende Pfundpreise (in Milliarden Mark) verlangt: Rindfleisch 1600-3000, Kalbfleisch 1800—2700, Hammelsleim 1400—2400, Schweinefleisch 2600—2800, geräucherter Inlands- speck 4300, Lev-Erwurst 1600—3600, Schlackwurst 4000—4400, fersen 850—900, Gänse 1200—2000, Enten 1500—2000, Hühner >200-1500, Kabeljau 800, Schellfisch 400-650, Bleie 600 bis 800, Heringe 650—700, Bücklinge 1200—1400, Sprotten 1400 bis 2400, Salzsettheringe 90—150, Apfel bis 1500, Birnen bis 1500, Kartoffeln 23,1, Weißkohl 30-35, Rotkohl 90—102, Spinat 66—80, Mohrrüben 26—40, Tomaten 150—350, Zwie beln 180, Erbsen 290—315, Weiße Bohnen 180^-200, Margarine 580—650, Schmalz 700, Harzer Käse 480—700, Kunsthonig 400 bis 420, Pflaumenmus 330—450, Malzkaffce 220, Weizenmehl 190—210, Vollreis 195—240, Graupen 200-WO, Salz 50, Streichhölzer 20 Wckgang der Bevölkerung SrnMan-s Zunahme der Sterbezahlen. Aus kürzlich veröffentlichten Mitteilungen des Statisti schen- Reichsamtes ist zn ersehen, daß der Geburten überschuß Deutschlands im laufenden Jahre auf die Hälfte zurückgegangen ist. -Während der Ge burtenüberschuß vor dem Kriege regelmäßig rund 800 000 pro Jahr betrug, beträgt er zurzeit kaum 400 000 und ist in stätigem weiteren Rückgänge begriffen. Es braucht wohl kaum näher dargelegt zu werden, daß der Geburteir- übcrschuß bei jedem Volke der beste Gradmesser für die allgemeinen sozialen Verhältnisse ist. Im Jahre 1913 betrug in Deutschland die Geburten ziffer nahezu 29 pro 1000, das heißt also: auf 1000 Ein- wohner kamen 29 Neugeborene. Im Jahre 1923 ist diese Ziffer auf unter 24 herabgesunken. Dieser in der wirt schaftlichen Not Deutschlands begründete Geburtenrückgang hält ununterbrochen weiter an. Besonders schlecht schneidet Berlin ab, wo es überhaupt keinen Geburtenüberschuß mehr gibt; die Zahl der Todesfälle übersteigt hier die der G- burten um 3855. Berlin würde also einen Rückgang der Einwohnerzahl aufweisen, wenn diese nicht durch fremden Zuzug eine gewisse Regulierung erführe. Da aber auch dieser Zuzug zu stocken beginnt und die Abwan derung im Steigen begriffen ist, so ist der Tag nicht mehr fern, wo der Rückgang der Einwohnerzahl Berlins effektiv werden wird. Aber nicht nur in den Großstädten zeigt sich der Geburtenrückgang, sondern auch in den ländlichen Gebieten, wie etwa in Ostpreußen und in Pommern, die ehemals als äußerst fruchtbar gelten durften. Während nun die Zahl der Geburten zurückgeht, nimmt die Zahl der Sterbefälle ständig und in ganz beträchtlicher Weise zu. Was die Zahl der Eheschlie ßungen, die kurz nach dem Kriege geradezu eine Hoch flut erreichte, betrifft, so geht sie langsam zurück. Die Heiratsziffer ist zwar noch immer höher als 1913, aber er heblich geringer als während der letztvergangenen Jahre. Besonders h/iratslustig sind die Städte Berlin, Hamburg, Bremen und Braunschweig. In den ländlichen Bezirken scheint man dagegen nur recht geringe Neigung zu Ehe schließungen an den Tag zu legen. Dies erklärt sich dar aus, daß auf dem flachen Lande die Ansprüche der Ehe- schlicßenden sozusagen größer sind als in den Städten, weil die Landbevölkerung sich nur schwer zur Heirat bercit- findet, wenn nicht die Voraussetzung für ein zwar ein faches aber doch einigermaßen sicheres Unterkommen be steht. In den Großstädten ist man in diesem.Punkt be scheidener geworden: gibt es doch heute unzählige Ehe paare, die sich damit begnügen, in irgendeinem Mietzim mer zu Hausen, auf eigene Hauswirtschaft verzichten, im Restaurant speisen und eine Art Zigeunerleben führen. Die verhältnismäßig hohe Zahl der Eheschließungen in den Großstädten ist also durchaus kein Maßstab für eine günstige wirtschaftliche Lage, aber für das Gegenteil da von zeugt unwiderleglich das krasse Mißverhältnis zwischen Eheschließungen und Geburten. W. I. Aus dem Gerichtssaal. ß Plattner und seine Gruppe vor dem Staatsgericht. In Leipzig begann vor dem Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik der Prozeß gegen die „Gruppe Plattner", die im Jahre 1921 ganz Mitteldeutschland durch Überfälle auf indu strielle Betriebe, durch Sprengungen und ähnliche Terrorakte in Schrecken gesetzt hat. Die Angeklagten gehören keiner poli tischen Partei an, sondern sind Mitglieder illegaler Organi sationen: der Allgemeinen Arbeiterunion, der kommunistischen Arbeiterpartei und anderen radikaler Gruppen « Flammen. Roman von Hans Schulze. Der Platz des Brautpaares wurde zuguterletzt noch mit einer Rosengirlande geschmückt, und die Baronin befahl, be reits zur Suppe Sekt zu reichen, der dann auch bald eine angeregte Stimmung erzeugte und Fräulein Emilie schon beim zweiten Glase allerlei intime Einzelheiten über die Languettenspitzen an ihrer Brautwäsche verraten ließ. Dabei vergaß sie doch nicht, den trefflichen jungen Hüh nern Grigoleits alle gebührende Ehre anzutun, und auch später beim Kaffee auf der Terrasse legte sie noch eine so ungeheure Bresche in den künstlich geschichteten Turm der frischen Spritzkuchen, daß Trude vor dieser verblüffenden Leistung die Bemerkung nicht unterdrücken konnte, ihr Ap petit schiene durch die bräutliche Liebe bisher noch keinen wesentlichen Abbruch erlitten zu haben. Um vier Uhr ließ die Baronin den Jagdwagen anspan nen und schickte die kleine Gesellschaft in den Wald. Auf einmal hatten ihre Nerven wieder so völlig versagt, daß sie die Gegenwart der plaudernden und lachenden Men schen fast wie einen körperlichen Schmerz empfand. Dann lag sie auf dem Ruhebett ihres Schlafzimmers hinter herabgelassenen Vorhängen, indes sich die Gedanken hinter ihrem klopfenden Hirn jagten, rasend und rastlos wie in einem ewig geschlossenen Kreise. Hella und Alsleben! Die Tränen traten ihr immer wieder heiß in den Augen, wenn sie der grenzenlosen Demütigung der vergangenen Nacht gedachte, und groß und zwingend wuchs aus dem be leidigten Stolz des liebenden Weibes allmählich in ihr die Ueberzeugung auf, daß sie mit jenen beiden ihr Leben nicht weiterleben konnte, feit sie wußte, wie es zwischen ihnen stand. Mit Hella ,das empfand sie klar, war eine Entscheidung in kürzester Zeit Herbeizusuhren. Da genügte es, wenn sie ihr schon mehrfach gemachtes Angebot in die Tat umsetzte und sie zur Vervollständigung ihrer Gesangsausbildung so bald wie möglich nach Berlin auf ein Konservatorium schickte. Dann war sie fürs erste aus Pahlowitz ausgeschieden und es stand ganz bei ihr, diese einstweilige Verbannung in eine dauernde nm,zuwandeln. Eine absichtliche Kränkung Hellas lag ihr dabei völlig k fern, sie war ehrlich und vornehm denkend genug, um sich I einzugestehen, daß sie jene nicht für eine Leidenschaft ver- i antwortlich machen konnte, der sie selbst in gleicher Weise k erlegen war. Auch fühlte sie, daß sie dieser plötzlichen Lösung ihres bisher so nahen Verhältnisses eine Form geben mußte, die auch den Schatten eines Verdachtes ausschlosi, als ob sie die einstige Freundin aus Eifersucht aus ihrer Umgebung ent fernt hätte. Aus Eifersucht! Auf einmal schossen all ihre Gedanken in dieser einen Vorstellung zusammen. Wenn ihre Liebe zu Alsleben schon für die jungen Mäd chen klar zutage lag, wie sollte sie da den welterfahrenen Mann über die wahren Beweggründe ihres Handelns hin wegtäuschen, diesem Mann, dem sie sich ja selbst mit einem jeden ihrer Blicke verraten hatte, von dem sie sich bis auf den Grund ihres Wesens durchschaut fühlte. Draußen auf dem Korridor klangen zuweilen Schritte und lustiges Lachen, die Hausmädchen neckten sich mit dem Diener herum. Sie hörte das alles ganz scharf und deutlich und doch! war in ihren: Kopf ein seltsames Gefühl von Leere, daß sie an tausenderlei andere Dinge denken mußte, die in gar keinem Zusammenhänge standen mit dem, was sie in innerster Seele bewegte. Und dann brach auf einmal eine verzehrende Unruhe in ihr auf, ein leeres Hoffen. Ihr graute vor einem Wiedersehen mit Alsleben und doch war in ihr nur eine einzige große Sehnsucht, daß er zu ihr kommen und nie wieder von ihr gehen möchte. Und langsam begann ihr die Erkenntnis aufzudämmern, daß man auf Liebe nicht leichter verzichten könne als auf das Leben. Ein Mädchen trat in diesem Augenblick ins Zimmer. „Herr von Alsleben wünscht die gnädige Frau zu sprechen!" Die Baronin schreckte empor. „Ich lasse Herrn von Alsleben bitten, sich ein paar Mi nuten zu gedulden!" Nun standen sich die Baronin und Alsleben im Speise- saal gegenüber und er führte ihre Hand mit tiefer Ver beugung an seine LPven. Ich komme wegen des neuen Motors für die Brennerei!" sagte er, sie in ihr Arbeitszimmer geleitend. „Die lieber j landzentrale hat die Modellzeichnungen geschickt, sür die ich » Ihre Genehmigung einholen möchte!" Er sprach ruhig und sachlich in seiner seltsam zurück haltenden, fast geschäftlich-unpersönlichen Art, als er ihr jetzt die Vorteile der Betriebsänderung auseinandersetzte und an - der Hand von Zahlen und Tabellen die voraussichtlichen Ge- winnsteigerung berechnete. Die Baronin hatte sich über den Aufriß der Maschinen teile gebeugt, um ihn ihre Erregung nichi sehen zu lassen, die sie kaum mehr zu bemeistern vermochte. Sie verstand gar nicht, was er ihr eigentlich vortrug; sie lauschte nur auf den Klang seiner Stimme, die sie wie eine weiche, warme Welle umhüllte. Sie fühlte, daß sie ihn nie heißer geliebt hatte als in diesem Augenblick, da er ihr schon fast ganz entglitten war, und ihres Herzens Sehnen schwoll noch einmal wie ein Strom im Frühlingswehen. Und dann trat wieder die Erinnerung an dis andere vor ihre Seele, aufreizend, aufpeitschend, daß sich ihr ganzes Innere verhärtete in Schmerz und Haß und Verachtung und sie in zitternder Angst nach einem Anfang, einem Uebergang suchte, um der Pein dieses unerträglichen Zusammenseins ein schnelles Ende zu bereiten. — „Fräulein Hansen wird uns schon in den nächsten Tagen verlassen!" begann sie plötzlich ganz unvermittelt, sein Gesicht scharf beobachtend. „Sie will ihre Gesangsstudein in Berlin wieder aufnehmen!" Alsleben sah überrascht auf, eine jähe Röte schoß ihm in die Schliffen. Aller Selbstbeherrschung ungeachtet, vermochte er in dt. sem kritischen Augenblick ein tiefes Erschrecken nicht zu bemeistern. Mit Blitzesschnelle übersann er, ob er hier nicht einem neuen Schachzug Hellas gegenüberstand, der ihm in Anlage und Ziel noch völlig unverständlich war. „Darf ich mir vielleicht eine Frage gestatten?" sagte 5 er endlich. „Geht Fräulein Hansen auf eigenen Wunsch?" S „Oder auf meine Veranlassung?" fiel ihm die Baron'" ! der feine Bewegung nicht entgangen war, heftig.ins W Ihre Hände tasteten unsicher über die Schreibtisch: i sie mied seinen Blick (Fortsetzung w ,
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