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VilsdmfferÄMM Früher: Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend «rscheml bis auf weitere« nur Moniags, Mittwochs u. Frettags nachmittags 5 Uhr für den folgenden Tag. Aezugsveeis bei Gelbftabboiung f. die Woche v. 4.11.—10.11. 23 Milliarden, durch unsere Austräger zugetragen in der Stadl 23 Milliarde» auf dem Lande 23 Milliarden, durch die Poff monatlich entsprechend. Affe Poffanstalten und Postboten sowie »nsere Ausiräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Zm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmanuschast Meißen, Fernruf Wilsdruff 6 / Postscheck Dresden 2640 Anzeigenpreis tür die SgespalteneRaumrcile 100Ml. mai Wochrn.Schlüsselzahl sWoche v. 4.11.—10.1L 24000000) Aenumezeile 2L0 Ml. mal Wochen-Schlüffelzahi, amiiiche Anzeigen, die 2 gespaltene Korpuszeile 200 Ml. mol Wachen-Schlüsselzahl. Nachweisungs-Gebühr 100 Mb. mal Wochen-Schlüffelzahl. Anzeigenannabme bi» vormittags 10 Uhr. Für dir Richtigleit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir leine Garantie. Zeder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werde» muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. des Amtsgerichts «. Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 131 — 1923 — 82 Jahrgang. Donnerstag / Freitag 8. / 9 November Wege» des gesetzliche« Feiertages am Freitag erscheint die nächste Nummer dieses Blattes erst am Sonnabend Le« 10. Nov. zur gewohnte« Zeit. „RW-HM" M RW-PWemM Der Wkerblma. Eme der unsinnigsten „Errungenschaften" des grossen Völ- kerkrieges ist der „Völkerbund", jenes Gemengsel von Vertretern der Reiche, Staaten und Stätchen, die sich von Wvodrow Wilson, dem Vater des Bundes, zusammentrommeln ließ, als der „Friede" geschlossen werden sollte. Die Regelung von schwebenden Fragen mit seinen „Mitgliedern" galt sein Werden. Die Schlichtung von Streitigkeiten sein Bestehen. Der Ratten fängerflöte des amerikanischen Präsidenten waren sie gefolgt, alle die Länder, die da glaubten, ihren durch die Abwürgung der europäischen Mittelstaaten vergrößerten Besitzstand nunmehr auf ewig unangetastet zu sehen. Die Toren! Als ob es einen Völkerfrieden jemals geben könne! Als ob durch den „Völker bund", gleichviel, wie er zusammenkam, welchen Voraus setzungen er sein Dasein verdankt, sich jemals die Begriffe „Konkurrenz", „Wettbewerb", „Ehrgefühl", „Hader", „Neid" aus der Welt schaffen ließen! Wem das der große Krieg noch nicht gezeigt, der wirds nie begreifen. Wo er aber noch ein letztes Hoffnungsfünkchen am Glimmen ließ, da sollte doch die Nachkriegszeit den löschenden Tropfen gegeben haben. Wohl gibt es unverbesserliche Friedensapostel und Anhänger der großen, internationalen Friedensidee, auf den Völkerbund als Verwirklicher ihrer Ziele dürfte aber wohl keiner mehr zu setzen wagen. Die deutschen Sozialdemokraten haben denn auch ihre Forderung vom 12. August, nur eine Regierung zu stützen, die den Antrag zur Aufnahme in den Völkerbund stellt, nicht mehr wiederholt. . . . Ein geradezu vernichtendes Urteil über die Institution des Völkerbundes fällt Nitti, der ehemalige italienische Minister präsident. In seinem Werke „Der Niedergang Europas" schreibt er (nach der „M.-A. A.") u. a.: „Um die Ansprüche der Sieger zu vertreten und allen Miß bräuchen eine gesetzliche Form zu verleihen, existiert der Völker bund mit dem Sitz in Genf. An diesem Bunde sind alle Staaten beteiligt: tatsächlich aber sind die Besiegten ausgeschlossen, da sie nicht eher ausgenommen werden können, als bis sie allen Verpflichtungen nachgekommen sind, d. h. in Wirklichkeit nie mals. Andererseits arbeitet der Völkerbund, von dem sich die Vereinigten Staaten von Amerika mit ernstem Tatsachensinn und politischer Würde ferngehalten haben, ausschließlich als Schutzorgan der Sieger. Grundprinzip ist, daß die Mitglieder des Völkerbundes sich verpflichten, die territoriale Unverletz barkeit und die gegenwärtig bestehende politische Unabhängigkeit aller an dem Bund Teilnehmenden zu achten und vor Angriffen zu schützen (Artikel 10). Also müssen sich in Wirklichkeit alle zum Bund gehörigen Staaten für die Ungeheuerlichkeiten ver bürgen, die durch die Verträge geheiligt sind. Irgendwelche Ab änderung kann nicht zugelassen werden. Der Völkerbund sank tioniert auch solche Gewalttätigkeiten wie die Zerstückelung Deutschlands in zwei Teile und den Danziger Korridor, den ernsthafte Polen selbst als eine moralische Ungeheuerlichkeit be trachten, für welche sie jedoch alle Verantwortung ablehnen, Weil Polen noch nicht existierte, als der Versailler Vertrag auf gesetzt wurde. Diese Mißbräuche wurden weniger zu dem Zwecke verübt, Polen nützlich zu sein, für das sie im Gegenteil eine ständige Gefahr bilden, als vielmehr um Deutschland zu be schimpfen." An anderer Stelle sagt Nitti: „Die Verträge des Jahres 1919/20 haben einen gemein samen Charakter, nämlich den Geist des Hasses vereint mit der Tier, die Besiegten mittels unmöglicher Bedingungen zu ver nichten; sie haben zugleich auch eine gemeinsame Haltung nach außen hin, indem sie die Besiegten als die einzigen Schuldigen Und die Sieger als die Männer des Friedens erscheinen lassen, als jene Männer, die jedem Einzelvertrag jenen Vertrag der Gesellschaft der Nationen, den sogenannten Völkerbund, vor ausschicken, der vielmehr ein Dokument der Ironie ist. Denn denn die Verträge, wie Clemenceau ausdrücklich in der fran zösischen Kammer gesagt hat, nichts sind als eine Art, den Krieg svrtzusetzen, dann ist der vorangestellte Gesellschaftsvertrag l Weniger eine Beschimpfung der Besiegten, als eine Ironie auf § "an Frieden selbst." Der siegreichen Demokraten gedenkt Nitti im Vor worte seines Buches ganz besonders. Ihnen gelten folgende alvrte: . „Die siegreichen Völker suchen ihren Ruhm in denselben Gingen, die sie vordem als Schmach gegeißelt und begehen -andlungen, die weit grausamer und sinnloser sind als alles, Was angeblich während des Krieges in der Absicht des Be ugten gelegen hatte. Nur eins hat sich geändert: die Er- ?vcssrmgen, die Vergewaltigungen, die Taten der Wut, die Ber iechen werden im Namen der siegreichen Demokratie be engen." Ob es nach diesen Aeußerungen eines Mannes, der selbst Kreise der Sieger eine hervorragende Stelle einnahm, nun Asner noch „Parlamentarier" gibt, die ihrer Regierung das Inseln um Aufnahme in diesen „Bund" zur Pflicht machen, ^f bezweifelt werden. Selbst in Anbetracht dessen, was bei ?? Deutschen und ihren politischen „Künsten" alles ^«lich ist... . F. Berlin, 5. November. Die Reichsregierung, unterzeichnet vom Reichspräsidenten Ebert und dem Reichskanzler Dr. Strese mann, erläßt unter dem heutigen Tage folgenden Appell an das Deutsche Volk: „In schwerster Lage drohen dem Reiche innere Erschütte rungen. Gewisse, wenn auch nicht zahlenmäßig starke Kreise ver suchen, gestützt auf die Notlage unseres Volles, einen ungesetz lichen Druck auf die Staatsgewalt auszuüben und vielleicht jogar die Brandfackel des Kampfes Deutscher gegen Deutsche in das deutsche Haus zu werfen. Die Reichsregierung ist entfchlossen, solchen Bestrebungen mit äußerster Energie und mit ganzer Kraft entgegenzutreten. Sie wird alle hierzu notwendigen Maßnahmen ergreifen. Wenn wir über die Zeit des Uebergangs zu der neuen wertbeständigen Währung und wenn wir über die Zeit schwerer Arbests- und Erwerbslosigkeit, schwierigster Wirtschafisverhältnisse und des unerhörten außenpolitischen Druckes hinwegkommen Zöllen, dann ist Voraussetzung dafür die Erhaltung der Reichseinheit und der Ordnung und Sicherheit im Innern. Jede Erleichterung unserer außenpolitischen Lage ist, wie wir wissen, davon abhängig, daß diejenigen Völker und führenden Persönlichkeiten, die Deutsch lands unerträgliche Notlage erkannt haben und Deutschland helfen wollen, nicht am deutschen Volke verzweifeln, wenn sie sehen, daß es sich in einer solchen Zeit gegenseitig zerfleischt., Bedenkt auch, wie eine Zerfleischung im Innern auf unsere Brüder an Rhein und Ruhr wirken müßte, die im schwersten Kampfe gegen bezahlte, bewaffnete separatistische Horden ihr Deutschtum verteidigen. Sie haben das Recht, zu erwarten, daß das ganze deutsche Volk ihren Kampf mit führt und daß nicht im ? Innern des Reiches Deutsche kämpfen ohne ein Ziel, das irgend eine Aussicht auf Besserung gibt. Sei man sich auch klar darüber, daß jede Möglichkeit, außen politisch überhaupt etwas zu erreichen, mit dem Augenblick end gültig geschwunden ist, in dem an Stelle einer verfassungsmäßigen Regierung irgendeine ungesetzliche Macht Deutschland nach außen» hin zu vertreten suchen wird. Die deutsche Regierung besitzt die Machtmittel, um jedem Putsch mit Erfolg zu begegnen und die Verfassung des Reiches zu schützen. Die Reichswehr und die Schutzpolizei werden getreu ihrem Eide ihre Pflicht tun. Die Reichsregierung vertraut fest daraus, daß, wenn ihr der Kampf gegen ihren Wunsch und Willen aufgezwungen werden sollte, das gesamte deutsche Volk geschlossen für die Ordnung und Freiheit des Deutschen Reiches eintreten wird." Plünderungen in Berlin. Die Plünderungen im sogenannten Scheunenviertel in Berlin haben sich auch am Dienstag fortgesetzt. Es liegen da rüber folgende neuere Meldungen vor: Berlin, 6. November. Es ist ausgefallen, daß sowohl von deutschvölkischer als auch von kommunistischer Seite eine lebhafte Straßenagitation betrieben wurde. Aus allen Teilen der Stadt liegen den Aufsichtsbehörden Meldungen vor, die besagen, daß die Hetzer von rechts und links versuchen, die Plünderungen, die aus ganz andern Motiven entstanden sind, in national-kommunistisches Fahrwasser zu leiten. Minister Severing hat nunmehr Anweisung gegeben/der Bewegung mit allen verfügbaren Mitteln entgegenzutreten. Im Scheunenviertel wurde eine gründliche Säuberungsaktion vvrgenvmmen, um eine Wiederholung der Vorgänge am Montag zu verhindern. Da zahlreiche Angriffe gegen Bürger jüdischen Glaubens gerichtet wovden sind, hat der Kommandeur der Schutzpolizei in einem besonderen Erlaß seine Beamten nachträglich angewiesen, den Schutz allen Bürgern ohne Unterschied der Konfession angedeihcn zu lassen. Für den Fall, daß sich die Unruhen auch auf weitere Stadtteile ausdehnen sollten, sind besondere Verordnungen des Reichspräsidenten zu erwarten. Annähernd 400 Personen sind von der Berliner Polizei festgenommen worden. In vielen Fällen handelt es sich um halbwüchsige Burschen. Im ganzen sind nach den eingelausenen Anzeigen weit über tausend Geschäfte im Laufe des Montag ausgeplündert worden. Am Dienstag vormittag wurde in der Inselstraße ein Wäsche-Engrosgeschäft von einer Anzahl Erwerbslosen mit Brechstangen und andern schweren Werkzeugen erbrochen und der Inhalt des Ladens ver teilt. Das gleiche Schicksal widerfuhr einem Schneidergeschäft in der Nähe des Spittelmarktes. Jedesmal, wenn Schutzpolizei in die Nähe kam, verschwanden die Plünderer um die nächste Straßenecke. In der Seidelstraße gelang es einem einzigen Schupomann, mit vorgehaltenem Revolver einen Zug von Plünderern zum Halten zu bringen. Auch Charlottenburg wurde von den Plünderern stark heimgesucht. Auch dort kam es zu Ausraubungen von Geschäften, namentlich von Schläch tereien, Bäckereien und Delikatessengeschäften; auch einzelne Zigairengeschäfte wurden ausgeraubt. In der Kantstraße in Charlottenburg wurden sogar Privatautos auf der Straße an- gehalten, die Insassen herausgezerrt und ihnen die Brieftaschen genommen. Durch das scharfe Vorgehen der Polizei, die jedes Stehendleiben und jede Ansammlung verhindert, wurden größere Ausschreitungen verhütet. Aufschub der sächsischen Gemeindewahlen. Die sächsische Regierung beabsichtigt, einen Gesetzentwurf an den Landtag zu bringen, durch den die auf den 18. November angesetzten Gemeindewahlen bis zum Februar nächsten Jahres verschoben werden. Sollte der Landtag am Donnerstag aufgelöst werden, so will die Regierung eine Notverordnung erlassen, die, das gleiche Ziel verfolgt. Wie die „L. N. N." hören, ist es sehr wahrscheinlich, daß die Regierung nicht mit einem Gesetzentwurf, sondern mit einer Verordnung herauskommt, dir die Gemeindewahlen bis auf unbestimmte Zeit verschiebt. Auf jeden Fall kann aber damit gerechnet werden, daß die Gemeindewahlen nicht am 18. No vember stattfinden. Verordnung über Geltung des Berliner Mark-Kurses. Berlin, 5. November. Der Reichspräsident hat heute auf Grund des Artikels 48 der Verfassung des Deutschen Reiches folgende Verordnung erlassen: Z 1. Bei vertraglichen Verpflichtungen, die nach einem außerdeutschen Kurse der Mark bemessen sind, kann die Erfüllung während der Geltungsdauer dieser Verordnung verweigert werden, sofern der Forderungsberechtigte die Annahme der Leistung auf der Grundlage des Berliner Kurses der Mark ablehnt. 8 2-. Die Reichsieglerung bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieser Verordnung. 8 Z. Die Verordnung tritt mit der Verkündung in Kraft. Als Verkündung gilt die Verbreitung durch das Wolsssche Büro und die Veröffentlichung in der Presse. Oral Aestarp in Meißen. M e i ßen, 7. November. Gestern Dienstag hatte der Deutschnationale Verein in der Amtshauptmannschaft Meißen zu einer öffentlichen Versammlung nach dem großen Saale der „Sonne" in Meißen eingeladen; als Redner des Abends war der weit über Deutschlands Grenzen bekannte Reichstagsabgeordnete Graf Westarp aus Berlin (Oberverwaltungsgerichtsrat a. D.) gewonnen worden. Soviel Menschen wie am Dienstag abend hat der „Sonnen"-Saal wohl kaum jemals beisammen gesehen. In der Hauptsache hatte sich die Landwirtschaft des Bezirks eingefunden, aber auch aus andern Kreisen, vor allem aus der Arbeiterschaft, waren Zu hörer erschienen. Der deutschnationale Führer, oft von stür mischem Beifall, leider auch von pöbelhaften Zwischenrufen' unterbrochen, legte in seinem Vortrag „Lieber die politische Lage" etwa folgendes dar: Wir befinden uns noch mitte» im Weltkriege, der im August- 1914 fernen Anfang genommen hat. Vor wenigen Tagen haben wir einen neuen Feldzug, den Kampf an Rhein und Ruhr, ver loren, weil wir den Kampf nicht als einiges Volk geführt haben. Wir Deutfchnationalen sind zunächst auch für den passiven Widerstand eingetreten, haben aber erwartet, daß der passive Kampf sich nach und nach aktiv auswachsen werde. Helden wie Schlageter Haden das ganz richtig erfaßt. Die marxisk-lcke Presse aber hat diese Helden als Verbrecher hingestellt. Als der passive Widerstand infolge der Halbheit der sozialistischen. Regierungsmitglieder nicht aktiv ausgestaltet wurde, mußte er in sich zusammenbrechen. Friedrich der Große, der größte König, Feldherr und Staatsmann Preußens, hat immer darauf hingewiefen: Wer zu früh das Schwert in die Scheide steckt, hat nichts getan, weil er nicht alles getan hat. Solange marxistisch in Deutschland regiert wird, kommen wir nicht vorwärts. Alles, was Scheidemann im November 1918 dem deutschen Volke versprochen hat, hat sich als eitel Dunst erwiesen. Es ist ein Lknfug, wenn die deutsche Sozial demokratie noch immer von Völkerverständigung, Völkerversöh nung, Weltzewissen redet, während die ganze Welt um uns in Waffen starrt! Soll es besser werden, dann muß ohne die Sozialdemokratie regiert werden auf einer Basis, die gebildet wird von allen staatsbürgerlichen Deutschen. Die nationale Regierung richtet sich nicht gegen die Arbeiterschaft, sondern nur gegen deren Führer, die bewußt oder unbewußt für das französifch-belgisch- englisch-amerikanische, d. h. internationale Großkapital arbeiten. Es ist eine Nichtswürdigkeit, wenn die marxistische Presse