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ÄilsäruNer Tageblatt Nr. ISS — 2 Statt — 82 Jahrgang Sonnadenü / Sonntag 22. / 2Z. verembrr ty2Z Sprüche üer LrbemMirbrit. Von Paul Frenzel. Wähle immer von zwei Uebeln -bas kleinere. * Uebe die Mäßigkeit. Sie wird dir auch nicht als Untugend angerechnet. * Geht es dir gut, so beneide nicht diejenigen, denen es bester geht. Geht es dir nicht gut, so blicke unter dich: es gibt Menschen, denen es noch schlechter geht. * „Die vielen Leute!" So hört man oft klagend ausrusen. Tröstet euch, es sind ja nur wenige wirkliche Menschen darunter. Wärme ein Wort im Munde an, bevor du es diesem Ge wahrsam entschlüpfen löstest. Und bist du im Zweifel, so laste es auf der Zunge ruhig eine Weile brennen, und dann schlucke es hinunter, — dem Magen schadet cs nichts mehr. Bemühe dich, von Wohlstand und Glück dich ebenso leicht zu entwöhnen, wie du dich an beides gewöhntest. „Geld kann man nie genug haben." So sagen die Nimmer satten. Hast du allezeit einen Groschen mehr, als du gerade benötigst, so sei zufrieden. Womit du selbst fehlst, das verurteile nicht bei deinen Mit menschen. * Verschiebe nicht auf morgen, was du heute noch tun kannst. Im Affekt suche stets einen reichlich bemessenen Nachtschlaf ein zuschieben. * Wenn du sprichst, so sprich deutlich und deutsch, damit deine Zuhörer dir folgen können. Spricht ein anderer, so höre auf merksam zu. Gutes Zuhören ist schwerer noch als gutes Sprechen. Und wichtiger für dich ist es auch. Aus asm preMsat Sachsen. Meißen. Wie aus Berlin gemeldet wird, besteht die Ab sicht, die ehemals Königliche Porzellanmanufaktur in eine A.-G. umzuwandeln und in den Rosenthal-Konzern zu überführen. Dem Haushaltausschuß des preußischen Landtages soll gegen wärtig ein derartiger Plan vorliegen. Nach Erkundigungen bei sächsischen Regierungsstellen ist in Dresden selbst von einem der artigen Plane nichts bekannt. Radeberg. Dem Stadtrat liegt daran, festzustellen, inwie weit Wohnungsuchende bereit sind, mit eigenen Mitteln an der Herstellung neuer Häuser mitzuwirken, wenn das Stadtbauamt die Mitarbeit übernimmt. Alles weitere bleibt Vorbehalten, bis sich übersehen läßt, ob die nölige Anzahl Teilnehmer sich findet. Kamenz. In einer Versammlung der hiesigen Gastwirte gelangte eine Entschließung zur Annahme, in der «der Verein sein Befremden darüber zum Ausdruck bringt, daß trotz der Senkung des Gerstenpreises bis heute eine Rückwirkung auf die Bierpreise nicht zu verspüren sei. Es werde vcm den Brauereien mit Bestimmtheit erwartet, daß sie, wie sie sich seinerzeit den ansteigenden Preisen angeschlossen haben, auch die rückläufige Konjunktur mitmachen, damit dann auch die Gastwirte dem Pu blikum entgegenkommen können. Bautzen, 18. Dez. Die hiesige Staatsanwaltschaft ersucht die Presse um Abdruck folgender beherzigenswerter Darlegung: Obwohl bereits seit einiger Zeit die Mark stabil geblieben ist und obwohl sie jetzt im Äuslande ebenso hoch-, wenn nicht höher wie im Inlande bewertet wird, das Risiko ihrer weiteren Ent wertung also weggefallen ist, sind die seit Einführung der Gold währung sehr rasch gestiegenen Goldpreise teilweise nur un wesentlich zurückgegangen. Ein weiterer Abbau muß erfolgen, wenn Ruhe und Ordnung im Innern des Reiches aufrecht er halten werden sollen. Dazu ist erforderlich, daß Industrie, Landwirtschaft und Handel wieder scharf kalkulieren lernen und jedes Entwertungsrisiko aus ihren Kalkulationen rücksichtslos entfernen,.da kein Grund dafür besteht und seine Einsetzung des wegen nicht mehr anerkannt werden kann. Es ist ferner not wendig, daß die zur Zeit abnorm hohen Bankzinsen auf ein volkswirtschaftlich berechtigtes und erträgliches Maß herabgesetzt werden. Endlich kann nicht geduldet werden, daß in einer Zeit, in der der auf Einkommen aus Arbeit angewiesene Hauptteil des Volkes sich mit einem Bruchteil seines Friedenseinkommens begnügen muß, andere Schichten darauf Anspruch -erheben, die selben Reingewinne zu erzielen wie früher. Es muh erwartet werden, daß Landwirtschaft, Industrie und Handel sich diesen- selbstverständlichen Forderungen nicht weiter verschließen und ihnen aus eigenem Antriebe Rechnung tragen, ohne daß es erst des Eingreifens und des Durchgreisens der Behörden bedürfte. Rodersdorf. Ein durch die Nebenumstände ganz besonders tragischer Schicksalsschlag hat den hiesigen Rittergutsbesitzer Heinrich Dietze betroffen, dem nach ganz kurzer Ehe die Gattin im Alter von erst 24 Jahren durch den Tod entrissen wurde. Dietze, der im Jahre 1918 als Hauptmann in der Ukraine stand, hatte im Hause des hochangesehenen deutsch-russischen Arztes Är. Waegner in Charkow dessen jüngste Tochter Marie kennen gelernt und Beziehungen zu ihr angeknüpft, die im August d. I. zur Eheschließung führten. Kurz nach ihrer Hochzeit begab sich- die junge Frau, eine ungewöhnlich reizvolle Erscheinung, noch einmal zu ihren Eltern nach- Charkow, um dort verschiedene Angelegenheiten zu regeln und dann im Frühjahr in ihr neues Heim -einzuziehen. Im elterlichen Hause wurde sie am 25. No vember von einer schweren Lungenentzündung befallen, die ihrem blühenden Leben am 1. Dezember ein Ziel setzte. Döbeln. Wie tief die Moral und Kultur in unserer Zeit bereits gesunken sind, zeigt folgender Vorfall: Seit einigen Tagen vermißt man im hiesigen Rathause die an der Wand an gebracht -gewesenen großen Oelgemälde des früheren Bürger meisters Thiele und des früheren Stadtverordnetenvorstehers Johnsen. Auf Befragen erfuhr der „Döbelner Anzeiger", daß die beiden Gemälde abgenommen worden sind, well von dem einen ein Stück der breiten Goldleiste abgerissen ist. Nichts ist mehr sicher vor Roheiten und Diebstählen. Also mußten auch diese Bilder der beiden um die Stadtverwaltung verdienten Männer in Sicherheit gebracht werden, bis die Bevölkerung wieder dazu erzogen worden ist, an Kunstgegenständen sich nicht zu vergreifen. Hartha. Hier kosten 2 Brötchen wieder 5 Pfennige. Die Harthaer Bäcker-Innung hat seit einigen Tagen- die Semmel preise auf die Friedenspreise herabgesetzt. Freiberg. In der ehemaligen Iägerkaferne wird- eine städ tische Volksküche zu Massenspeisungen für Minderbemittelte ein gerichtet. Die Portion Essen soll 1-5 Gvldpfennige kosten. Chemnitz. Die Reichswehr hat Chemnitz wieder verlassen, nachdem die Bildung einer starken Hilfspolizei für Chemnitz be endet worden ist. Die „Chemnitzer Allg. Zeitung" schreibt: „Der Einsatz -der Reichswehr erfolgte hier, um Ruhe und Sicherheit wieder herzustellen. Man darf heute, da die Reichswehr Chem nitz verlassen hat, mit Genugtuung feststellen, daß ihr das in ganz hervorragendem Maße gelungen ist." Chemnitz. In einer der letzten Nächte ist einem Bewohner der Bernhardstraße das sämtliche Vieh, 6 Schweine, 7 Ziegen, Schafe und Hühner, im Stall durch- Rauch erstickt. Die Vieh besitzerin pflegte das Futter im Stall zu kochen. Vielleicht sind Funken dem Ofen entsprungen und haben das Heizmaterial zum Glimmen gebracht, wodurch Rauch entstand, n ist. * Chemnitz, 18. Dez. In den hiesigen Presto-Werken waren am Sonntag vormittag drei Leute mit dem Reinigen der Kessel beschäftigt. Dabei entzündete sich die Flugasche und die drei erlitten derartig schwere Brandwunden, daß sie nach dem Krankenhaus -gebracht wurden, wo der 16jährige Fritz Göttlich seinen Verletzungen erlag. Chemnitz, 18. Dez. In einem Hause der Gutenbergstraße kam es am Sonnabend früh zu einer Eifersuchtsszene, in -deren Verlaufe der sich betrogen fühlende Liebhaber seine Verlobte und deren Mutter mit einem Rasiermesser schwer verletzte. Der Täter schnitt sich dann- selbst die Schlagader am Arme durch. Schneeberg. Der Vorstand des hiesigen Amtsgerichtes, Oberjustizrat Dr. Gilbert, tritt Anfang nächsten- Jahres in den Ruhestand; er leitete seit einer längeren Reihe von Jahren als Vorsitzender -des Gesamtvorständes den Erzgebirgsverein. Am 1. April wird ferner Superintendent Oberkirchenrat Thomas nach Erreichung der Altersgrenze aus dem geistlichen Amte scheiden; er war vordem Pfarrer an der Nicolaikirche in Aue. Plauen, 18. Dez. Beim Ausladen- von Getreide in Säcken von 1st2 Zentner erlitt der Gutsbesitzer Böhler in Stangengrün eine Halsadernsprengung, die seinen Tod herbeiführte. Plauen. Die hiesige Verwaltungspolizei hat in den letzten Tagen wieder größere Mengen von Landbutter und Eiern be schlagnahmt, weil die dafür geltenden Preise von 1.25 -F über schritten worden waren. Einer Händlerin wurden 31 Stück Butter weggenommen. Auch zahlreiche Eier wurden- beschlag nahmt, weil sie teilweise mit 30 und 45 verkauft wurden. Recht so! Planitz, 17. Dez. Stadtrecht. Durch die Verschmelzung der beiden Planitzgemeinden ist die Einwohnerzahl -derselben weit über 20 MO gestiegen. Aus verwaltungstechnischen Gründen beschloß der Gemeinderat in seiner Mittwochs-Sitzung, um die Verleihung des Stadtrechts nachzusuchen. Wurzen. In Müglenz brach der neunjährige Sohn des Gutsbesitzers Seyfert beim Schlittenfahren in den großen Park teich ein und geriet mit seinem -Schlitten unters Eis. Den heldenmütigen Anstrengungen des Müllers Rosenberg gelang es, den Knaben unter Einsetzung seines eigenen Lebens zu fassen und zu halten, bis weitere Hilfe herbeikam. Nach- langen Mühen wurden beide mittels einer Leiter und eines großen- Seiles ans Ufer gezogen. Die Wiederbelebungsversuche bei dem Knaben waren von Erfolg. Netzschkau, 17. Dez. Für -die hiesige zweite Pfarrerstelle, die vorläufig nur vikarisch besetzt werden soll, ist v-om Landes konsistorium der Predigtamtskandidat Herr Karl Rud. Rübner aus Leipzig-Gohlis abgeordnet worden. Der neue Geistliche hat am Sonntag sein hiesiges Amt anzutreten. Leipzig. Ein -derartig reges Leben, wie am „silbernen" Sonntag, hat Leipzig wohl lange nicht gesehen, und wenn man einen Vergleich ziehen will, mutz man schon auf einen Metz- sonntag zurückgreifen, so fluteten die Menschenmassen durch die Straßen der inneren Stadt. Die Kaufhäuser konnten den An sturm kaum bewältigen und obwohl man alle Not- und- Per- sonalaufgänge für den Verkehr geöffnet hatte, herrschte doch! namentlich in den späteren Nachmittagsstunden oft eine geradezu beängstigende Fülle. Leipzig, 18. Dez. In der Nacht zum Sonntag wurde in der Wohnung -eines Ausländers in der Carlstratze ein geheimer Spielklub von 30 Personen durch die Kriminalpolizei ausgehvben. Die Berufswahl der Krau. Ein lesenswertes Buch des Geheimrats Moll. Die Frauen sind heute mehr als früher gezwungen, sich einen Beruf zu wählen. Nun gibt es Frauen, die glauben, alles ebenso gut leisten zu können wie der Mann, aber dieser Anschauung tritt der bekannte Berliner Arzt Geheimer Rat Dr. Albert Moll in einem dieser Tage erschienen Buche entgehen. „Man soll nicht vergessen," sagt der Gelehrte, „daß es Berufe gibt, für die die Frau eine ganz andere Eignung hat als der Mann. Ich erinnere an jene Berufe, die von jeher den Frauen Vorbehalten waren, etwa die als Erzieherin von kleinen Kindern, als Lehrerin von solchen, als Leiterin von Kindergärten, als Gesellschafterin, als Hausangestellte und Leiterin der Hauswirtschaft. Diese Berufe werden gegen wärtig oft unterschätzt. Und doch, wie viele Möglichkeiten bieten sich dem Mädchen, das die Haushaltung wirklich ge lernt hat! In Großbetrieben, in Sanatorien, in Hotels, ab gesehen von vielen Privathaushalten, ist die Hausbeamtin an ihrem Platze, die Frau auch in vielen Berufen, für die sie ganz anders geeignet ist als der Mann. Die Schneiderei, das Putzfach, die Blumenpflcge, künstlerische Anordnung von künstlichen und natürlichen Blumen sind wichtige Berufe für die Frau. Die Frauen haben sich auch, abgesehen von vielen Arbeiten in Fabriken und ähnlichen Betrieben, besonders der Bureauarbeit, zugewendet. Es scheint, daß sie für manche Arten der Bureauarbeit geeigneter sind als der Mann, für andere weniger. Wo es auf Ordnen ankommt, ist die Frau mehr am Platze als der Mann. Einer unserer größten Buch händler, der lange Zeit eine Abneigung hatte, weibliche Hilfskräfte anzustellen, teilte mir mit, als er dies auf meinen Rat getan hatte, er habe Ordnung in seinem Bureau und Laden, erst seit er dort Damen angestellt habe. Selbstver ständlich gehört auch dazu Verständnis, und man darf nicht etwa als Ordnen es ansehen, wenn, wie es so oft geschieht die Hausfrau auf dem Schreibtisch ihres Gatten alles, was SiWsalsMge. i ^llwrlLan. Sop^riZbt 1920 1,1t. Lur. N. Links, vroscksn-21. Roman von Matthias Blank. ^Glaube es, alles ist mit Geld leichter zu gewinnen. Aber so will es das Schicksal; der eine schafft und ringt und strebt, dabei soll gerade er am Wege liegen bleiben; der andere spielt und geht gleichgültig lachend dahin, und gerade ihm wird alles in reichster Fülle in den Schoß fallen." Axel v. Regensperg war durch die Ereignisse des Tages erbittert; zuerst hatte er die herbe Enttäuschung bei Ada v. Wallendorf erlebt, dann die weitere durch die Ablehnung der Beteiligung an seiner Erfindung, die schließlich auch am Mangel an Geld scheitern sollte; und was er an Aerger empfand, wandelte sich in Er bitterung gegen andere, die er vom Glück verwöhnt glaubte. Er redete sich selbst in Zorn. „Sind wir nicht alle vom gleichen Blut und Geschlecht wie jener andere Regensperg?" „Vetter Anton?" -Ja!" „Was hast du denn gegen ihn?" „Wir kämpfen mit Not, du trägst die einfachsten Kleider, er aber verschwendet, spielt und wird trotzdem noch so viel erben, daß ihm alles erlaubt sein wird. Dabei sind unsere Väter Brüder gewesen. Anton wird glücklich werden, denn er kann alles mit Geld erkaufen." „Aber, Axel! Ich weiß, Anton mag leichtsinnig sein, aber daran ist doch nur schuld, daß er den Wert des Geldes nie verstehen lernte. Schlecht ist er nicht." Axel v. Regensperg fuhr, ohne die Warte der Schwester zu beachten, verdrossen fort: „Warum darf er verschwenden, und warum sollen wir darben müssen? Wir tragen den glei chen Namen." „Du sprichst gehässig über Anton." „Und wenn ich ihn hassen würde, was dann?" „Er ist doch unser Vetter. Und immer, wenn er mir begegnet, ist er artig gegen mich. Er grüßt mich immer freund lich, er plaudert mit mir und begleitet mich auch, trotzdem ich ost aussehe, als könnte ich nur sein Dienstmädchen sein. Ich sagte es schon: Er ist leichtsinnig, aber nicht schlecht." „Das mag sein, aber mir steht er im Wege. Er liebt die, die ich liebe. Und er ist reich! Er braucht nur zu be gehren." Das also war Axels Schmerz? Für einen flüchtigen Augenblick war Ena v. Negensperg erblaßt. Sie wußte nichts mehr zu sagen und schwieg. Umso heftiger brach Axel v. Regensperg aus: „Wenn Anton nicht wäre, der nur verschwendet, der nie irgend eine nützliche Tätigkeit kannte, der nicht ahnt, was Arbeit ist, dann würde des alten Varons v. Regensperg Erbe uns gehören." „Axel, was sagst du da in deinem Aerger! Du kannst doch cm so etwas nicht ernstlich denken." Der ruhig ausgesprochene Vorwurf brachte Axel, der sich von einer leidenschaftlichen Aufwallung hatte Hinreißen lassen, wieder zur Ruhe. Er strich sich mit der Hand über die Stirn, als könnte er auf diese Weise lästige Gedanken fortwischen, und erklärte dann mit verlegenem Lächeln: „Du hast recht! Er ist da, und wir können daran nichts ändern. Es bleibt da mit so, daß wir nichts erwarten dürfen. Fort mit den Ge danken. Kein Wort mehr! — Was wolltest du? Geld?" „Ja! Für die Rechnung des Bäckermeisters." „Morgen wird er es bekommen. Sag' es ihm." Ena v. Regensperg wandte sich nach der Tür. Ueber ihr Gesicht huschte wieder der frohe, lachende Ausdruck, als sie nochmals stehen blieb, den Kopf seitwärts neigte und erklärte: „Nicht wahr, du wirst doch wieder fröhlich sein und lachen?" „Ja, ja, aber nun laß mich allein." Als sie zur Tür hinausgeschlüpft war, ballten sich seine Fäuste doch noch einmal, und zwischen den Zähnen preßten sich die halblaut geflüsterten Worte hervor: „Und doch steht er mir im Wege; ohne ihn müßte ich Ada gewinnen, ohne ihn gehörte uns des alten Barons v. Negensperg Erbe. Aber Ena hat recht, solche Gedanken sind unnütz." Dann brütete er mit gefürchteter Stirn lange vor sich hin, als irrte er schweren Gedanken nach. Ena v. Regensperg hatte die jähe Zornaufwallung ihres Bruders bald wieder vergessen; sie wußte, daß dies ein Erbe war, das allen Trägern der Familie zufiel; auch ihr Vater hatte in leidenschaftlichen Zorn ausbrechen können, um dann wieder der ruhigste, zärtlichste Vater zu sein. Sie selbst hatte die Gestatt und auch das Herz der Mutte- geerbt. Die beiden, Vater und Mutter, waren schon allzu früh gestorben und hinterließen ihnen nichts als das Andenken an sie. Wenn Ena von ihnen träumte, dann sich nur allzu leicht eine Träne an ihr Auge. Nur von Liebe war dies Gedenken er füllt; den Zorp des Vaters hatte sie ja nie fürchten müssen, denn ein zärtliches Streicheln seiner Wange hatte ihn stet^ schnell wieder beruhigt. Und so war auch Axel geartet. ' An ihn dachte sie an dem Tage noch oft. Als sie gegen Abend einen Svaziergang durch den Stadt park machte, mußte sie wieder nur an ihn denken; sie wußte doch, wie er sich quälte, wie er oft rechnete, wie er sorgte, um. den Haushalt im Gang zu erhalten. Gerne würde sie ihm oft geholfen haben. Aber sie vermochte ja nicht mehr zu tun, als den Haushalt zu führen, so gut es gehen wollte. Und zu - allem Ringen und Kämpfen, sich zu behaupten, quälte den Bruder nun auch die Ungewißheit einer Liebe. Wer mochte es nur sein, um derenwillen er diese Schmer- zen litt? Nur das eine hatte er verraten, daß auch Vetter - Anton die gleiche, ihr Unbekannte liebte. Ein besorgter Zug spielte um ihren Mund, als sie über den Detter nachdachte. Sie wußte es ja, wieviel schon von seinen leichtsinnigen ' Streichen erzählt worden war. Aber sie konnte ihm darum nicht ernstlich böse sein; für sie hatte er stets ein freundliches Wort gehabt. Aber mehr auch nicht. Deshalb solle er also keine andere lieben dürfen? Es war ungeschickt, darüber zu grübeln. Es war ihr bisher auch nie in den Sinn gekom- men, ihn zu beneiden, weil er einmal das große Vermögen seines Vaters erben würde. Sie hatte ihn immer gern ge sehen, wenn er auch als leichtsinnig galt. Wie die Jugend in der Welt nur das Glück sieht, so glaubte sie daran, daß er gut war. Eie war sogar immer stolz auf ihren Detter ge wesen. Und die er liebte, mußte schon sehr schön sein, stolz wie eine Prinzessin und viel schöner als sie, als seine Base Ena, die er doch immer nur in Waschkleidern gesehen hatte. Sie fühlte tiefes Mitleid mit dem armen Axel; aber noch andere Empfindungen und Gedanken beunruhigten sie. Daran mußte sie denken, wie es sein würde, wenn auch sie schöne Kleider tragen könnte, eine kostbare Kette um den Hals, Schmuck im Haar, wenn auch sie sich schmücken könnte mie andere. Ja, was hätte dann vielleicht geschehen können? Plötzlich flüsterte sie halblaut: „Welch törichte Gedanken!" Dann schritt sie rascher dahin, denn schon senkten die Schatten der Dämmerung sich tiefer. Da sah sie auf dem Reitwege zwei Reiter herankommen, von denen der eine ihr schon aus der Ferne zuzunicken schien.. — Detter Anton! (Fortsetzung folgst.