Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 25.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192312252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19231225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19231225
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-25
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.12.1923
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Ailsclrutter Tageblatt Nr. 151 — 2 Slatt — S2. 3sbrg«ng virnrlsg / MittwoM 25. / 2S. veriember IY23. Aus Uer Lanaesvsuptltaai. Dresden, 24. Dezember 1923. Die Bewährungsfrist. Iustizministei Neu hat verfügt, daß vom 1. Januar an die Gerichte die Ermächtigung haben fallen, denjenigen Verurteilten, die keine längere Gefängnisstrafe als sechs Monate oder entsprechende Geldstrafe erhalten haben, eine Bewährungsfrist mit der 'Aussicht auf künftige Begnadigung bei guter Führung während der Probezeit einzuräumen. Bisher lag diese Befugnis beim Justizministerium. Die Entscheidung über den Beamtenabbau hinausgeschoben. Der Haushaitausfchub A und der Rechtsausschuft des Land tages berieten in gemeinsamer Sitzung über die Frage des Be amtenabdaus. Auf deutschnationalen 'Antrag hin wurde die Beratung abgebrochen und die Entscheidung vertagt, weil der Fünfzehner-Ausschuh des Reichstages wichtige Beschlüsse faftte, die bei ihrer Durchführung auch auf das sächsische Abbaugefetz von groftem Einfluß seien und wesentliche Aenderungen ver anlassen mühten. Infolgedessen wurde die sächsische Regierung beauftragt, sofort mit der Reichsregierung Fühlung zu nehmen und darüber Gewiftheit zu schaffen, inwieweit die Beschlüsse des Fünfzehner-Ausschusses zur Durchführung kommen. Der Kreisausschuft hält am Freitag, den 28. Dezember, vormittags 11 Uhr eine öffentliche Sitzung ad. Ein Volksbegehren über die Mieterrechte. Der in Dresden tagende erweiterte Vorstand des Bundes deutscher Mieter vereine beschloß, an den Reichspräsidenten, an den Reichs kanzler, den Reichsarbeitsminister, den Reichsfinanzminister und an den Fünfzchner-Ueberwachungsausfchuh des Reichstages folgendes Telegramm zu senden: „Die Rcichsregierung beab sichtigt, auf Grund des Ermächtigungsgesetzes die schwer er kämpften Mieterrechte zu beseitigen, das Reichsmietengeseh aufzuheben und die Goldmieten zugunsten des Hausbesitzes und der allgemeinen Staalsfinanzen einzuführen. Zu diesen Fragen Hal der Bund deutscher Mietervereine mit den Landes- und Ottsorgamsationen eingehend Stellung genommen und den Bundesvorstand einstimmig beauftragt, sofort das Volksbegehren einzuleiten, falls die Regierung ihre Absichten verwirklicht." Die neue Hilfspolizei. Vom Wehrkreiskommando wird uns mitgeteilt: Die sächsische Landespolizei verfügt schon seit längerer Zeit über eine große Zahl von Fehlstellen. Diesem Schwächezustand ist es zum Teil zuzuschreiben gewesen, wenn in den vergangenen Monaten an vielen Orten die Sicherheit des friedlichen Bürgers, der Schutz von Privateigentum und Gütern aller nicht genügend gewährleistet war. Die zur Hilfe entsandte Reichswehr hat da, wo sie eingesetzt wurde, Wandel geschaffen und das Gefühl für Ruhe und Ordnung neu gestärkt. Jetzt nach ihrer Abbeförderung in ihre Standorte übernimmt die Polizei in erster Linie alle Ausgaben zur Sicherung von Ruhe und Ordnung. Um ihre geringe Stärke zu schützen, die Fehl stellen Kis zur Heranbildung ausreichenden Polizeisatzes auszu gleichen, ist von dem Inhaber der vollziehenden Gewalt in Sachsen eine Hilfspolizei aufgestellt worden. Diese Hilfspolizei setzt sich aus allen Kreisen der Bevölkerung zusammen. Sie ist auf überparteilicher Grundlage gebildet. Sie steht fest aus dem Boden der Verfassung. Ihr Leitsatz soll sein, dem Vaterland und der Allgemeinheit in der jetzigen bitterernsten Zeit zu dienen und Unruhen, die die Not < nur noch größer machen können, unbedingt zu verhindern. Die Führung der Hilfspolizei liegt in der Hand von Polizeifachleuten, teils von Polizeioffizieren, teils von Beamten im Polizeiwachtmeisterrang. Sie trägt die Uniform der Landespolizei, dazu die frühere Kopfbedeckung der Ländesp-olizei, dem Tschako, wie er aus dem Frieden von den Jägern her bekannt ist. Zum Unterschied von der Landespolizei werden bei der Hilfspolizei von den Angehörigen der Wacht meisterklaffe als Dienstgradabzeichen, keine Schultergeflechte, sondern silberne Sterne am Kragen getragen. Ausstellungsorte für die Hilsspolizei sind Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Plauen, Glauchau und Riesa. Mit Rücksicht auf die fehlende polizeiliche Vorbildung wird die Hilfspolizei im allgemeinen nicht im polizeilichen Einzeldienst verwendet. Sie bildet einen Rückhalt für die bestehende Polizei, die so in größerem Um ¬ fange zum Außendienst verfügbar wird. Sie ist außerdem eine starke Reserve in der Hand der Saatspvlizeiverwaltung, der sie unmittelbar unterstellt ist, um schnell in die Städte und Teile des Landes verlegt zu weiden, wo besonders polizeilicher Schutz nötig wird. Polizeilichen Schutz gewähren zunächst wie bisher die Polizeibehörden der Städte und die Amtshauptmann- bezw. KreishauLtmannfchaften mit den ihnen zur Verfügung stehenden Polizeikräften. An diese Stellen sind in erster Linie An forderungen auf polizeilichen Schutz zu richten. Eine Unter stützung durch weitere Pvlizeikräfte — Hilfspolizei — kann und wird auf Antrag vorgenannter Stellen, aus eigner Entschließ ung der Staatspolizeiverwaltung oder auch auf Anweisung des Wehrkreiskommandos überall dort gewährt werden, wo be sondere Hilfe nottut. — Ungeachtet dieses Polizeischutzes im Land bleibt dem Inhaber der vollziehenden Gewalt in der Reichswehr das stärkste und letzte Mittel, die Ruhe und Ord nung im Lande ficherzustellen. Die Reichswehr kann und wird auch weiterhin überall dort, wo Willkür und Gewalt durch Polizeieinsatz nicht niedergehalten werden können, eingesetzt werden. Falsche Schatzanweisungen. Seit einigen Tagen werden hier Fälschungen von Schatzanweisungen des Deutschen Reiches über 5 Dollar mit dem Datum vom 25. 8. 23 in Verkehr ge bracht. Die Falschscheine tragen sämtlich den Buchstaben G und die Sericnnummer 498397. Außerdem sind sic an der schlechten Schrift auf Vorder- und Rückseite und dem Reichsadler, der bedeutend größer ist als an den echten Scheinen, erkenntlich. Die Kriminalpolizei bittet um sofortige Benachrichtigung bei sich wiederholenden Fällen und um Festhaltung der Verausgaber bis zum Eintreffen der Polizei. Schutzhast für säumige Milchlieferer. Das Wehrkreis kommando in Münster fordert die Behörden aus, die Kuh- haster, die ihrer Milchlieserungspslicht im Sinne der Wehrkreis- Verordnung vom 27. Oktober 1923 nicht mehr oder nicht in genügendem Mähe nachkommen, namhaft zu machen. Die Benannten sollen dann in Schutzhaft genommen und ins Sammellager (Senne) gebracht werden. Polizei und Straßenbahn. Eine bemerkenswerte Aenderung steht bezüglich der Beförderung der Polizeibeamten auf der Straßenbahn bevor. Schlechthin wurde jeder Polizeibeamte, der in Uniform oder in Zivilkleidung gegen Vorzeigung der Dienstmarke die Straßenbahn benutzte, als sogenannter „Frei berger" angesehen. Der Staat zahlte bisher an die Stadt einen gewissen Pauschalbetrag, insgesamt konnten dadurch etwa über 700 Polizeibeamte die Straßenbahn unbeschränkt benutzen. Durch Vermehrung der Dresdner Kriminalpolizei, durch gewisse Einverleibungen und weiter auch durch das Hinzukommen der grünen Polizei ist die Gesamtzahl aller für Dresden in Frage kommenden Polizeibeamten außerordentlich gestiegen und die Belastung der Straßenbahn sehr beträchtlich geworden. Zwi schen den beteiligten Stellen sind schon seit längerer Zeit Ver handlungen im Gange, um eine Erhöhung des Pauschale- an- zustreben oder dann aber die Zahl der freifahrtberechtigten Polizeibeamten herabzumindern. Wie verlautet, dürfen in nächster Zeit nur diejenigen Polizeibeamten (blaue und grüne Abteilung), deren Wohnung von der Dienststelle weiter als vier Kilometer entfernt liegt, zur freien Benutzung der Straßen bahn berechtigt sein: diesbezügliche Erhebungen usw. finden bereits statt. Unerlaubte Ausgabe von Golduotgeld. Die zu Beginn der Währungsreform geschaffene Möglichkeit, wertbeständiges Not geld gegen entsprechende Sicherung auszugeben, war als Ueber- gangsmaßnahme notwendig. Infolge des reichen Gebrauchs, der von dieser Möglichkeit gemacht worden ist, besteht die Ge fahr, daß die Ausgabe solchen Notgeldes die sich anbahnende Gesundung unseres Geldwesens zerstört. Nur die schärfste Kontrolle über die Ausgabe von Goldnotgeld vermag dem vorzubeugen. Das Sächsische WirlschLftsministerium hat des halb an die Herausgabe solchen Notgeldes von Anfang an den strengsten Maßstab angelegt und zahlreiche Genehmig,ungsgesuche zurückgewiesen. Leider hat die Erkenntnis von der Notwendig keit dieses Vorgehens offenbar noch nicht alle beteiligten Kreise erfaßt und es sind bereits Fälle vorgekommen, daß Goldnotgeld — über dessen Wertbeständigkeit dann natürlich jede Kontrolle fehlt — ohne die erforderliche Genehmigung ausgegeben worden ist. Das Sächsische Justizministerium hat deshalb die Staats anwaltschaften angewiesen, gegen die Ausgeber solchen unge nehmigten Notgeldes mit aller durch die Gefährlichkeit des Vergehens gebotenen Schärfe vorzugehen. Taschenfahrplan. Zum Taschrnfahrplan der Reichsbahn direktion Dresden ist ein Nachtrag, gültig ab 15. Dezember, herausgegeben worden, der alle bis jetzt durchgeführten Zug einschränkungen und Fahrplanänderungen enthält. Er ist auf den Stationen an den Schaltern zum Preise von 0,20 Goldmark käuflich zu Haben-. Einbruch. Am 18. und 19. Dezember wurden aus einer Zigarettenfabrik in der Tharandter Straße mittels Einbruchs am ersten Tage 1-5 000 Stück Zigaretten der Marke „Meine Extra-Oualität" und am zweiten Tage 10 400 Stück der Marke „Tetty" in 20-, 50- und 1-OO-Packungen gestohlen. Die 10 400 Stück sind ohne Steuerzeichen. Elbbrücke Pillnitz—Zschachwitz? Wie verlautet, sind jetzt lebhafte Bestrebungen im Gange, die auf den Bau einer Elb brücke zwischen Pillnitz und Zschachwitz abzielen. Mr die rechts der Elbe liegenden Ortschaften sowohl, als auch für das In»' dustriegebiet links der Elbe Niedersedlitz und Umgegend ist dieses Projekt zweifellos von größter Bedeutung. Die jetzt vorhan denen Elbbrücken Loschwitz—Blasewitz und Pirna—Copitz, die die beiden Elbufer verbinden, liegen gegen 14 Kilometer aus einander. Aus aem ksteiftsat Sachsen. Scharfenstein. Die Gcmeinderäte von Scharfenstein und Hopfgarten haben die Vereinigung der beiden Gemeinden be schlossen. Die Vereinigung soll nach dem verabschiedeten Orts gesetz am 1. Februar 1924 erfolgen. Die Wahl der Gemeinde verordneten am 13. Januar 1924 soll angesichts der Ver einigung der beiden Gemeinden innerhalb vier Wochen- nach der Verschmelzung -erfolgen. Dem Ministerium des Innern liegt der Antrag auf Erlaß der erforderlichen Uebergangsvor- schrift vor. Meißen. Nach einer nahezu Mähttgen Tätigkeit im öffentlichen höheren Schuldienste nahm am Montag, zugleich seinem 65. Geburtstag, Oberftudicnrat Prof. Dr. Luft von der Lehrer- und Schülerschaft des Realgymnasiums und der Real schule Abschied, um mit Ende dieses Jahres in den Ruhestand zu treten. Freitag-Birkigt. In dem Werke der Elisabeth-Hütte I. Krüger ereignete sich ein schweres Unglück dadurch, daß der Arbeiter Arthur Hentschel aus Gittersee in einen glühenden Schmelzofen fiel. Er zog sich schwere Brandwunden zu, so daß Lebensgefahr besteht. Großschönau. Die Volksküche im Kinderheim, gegen die schon zu Beginn allgemeine Abneigung austrat, weist leider nur eine schwache Beteiligung auf. Der Preis für eine Portion Esse» ist auf 40 Pfennig herabgesetzt worden. Chemnitz. Die Bezirksgruppe Chemnitz des Sächsisch- .Thürinaschcn Brauereivereins Leipzig, G. m. b. H., hat die Bierpreise seitens der Brauerei auf 32 Goldmark für 1 Hekto liter Vollbier, 40 Goldmark für 1 Hektoliter Spezialbier und 45 Goldmark für 1 Hektoliter Bockbier herabgesetzt. In diesen- Preisen ist die Reichsbiersteuer, die etwa 2-0 Prozent ausmacht, inbegriffen. Oetsmtz i. V. Beim Fusammenprallen eines Personen- Automobils mit einem Langholzwagen aus der mit Glatteis bedeckten Strafte Oberlosa—Oelsnitz wurde das in den Wagen hineinrutfchenbe Auto zertrümmert und dem Besitzer, einem hiesiaen Fabrikanten, ein schwerer Beinbruch und Quet-sckungen zugesügt. Der Krastwagensührer wurde auf die Straße ge schleudert und kam ohne Verletzungen davon. Jühnsdorf bei Stollberg. Der Gemeindcrat hat da: Orts- gefetz über die Einführung der kostenlosen Totenbestattung ge nehmigt, das mir dem Tage der Genehmigung durch die Auf sichtsbehörde in Kraft treten soll. Treuen i. V. Auf dem Spielplätze des Fußballklubs Hartmannsgrün Treuen wurde in einer der letzten Nächte -das „Tor" — zwei starke Balken — abgesägt und samt der Quer verbindung spur- und verdachllos gestohlen. Reichenbach. Der' Stadtrat gibt bekannt, daß Erwerbslose, die auf Tanzböden und in Kinos angetrofsen werden und die sich Sachbeschädigungen zuschulden kommen lasten, in Zukunft keine Erm-erbslosenunterstützung mehr erhalten. Borna. In der Nacht zum 18. Dezember wurden bei einem Gutsbesitzer in Hain 17 Gänse gestohlen. Die Diebe wurden am Bahnhof Kieritzsch- -von der Gendarmerie sestgenommen. Als Täter kommen drei Personen aus- Großzössen in Frage. - SMWsmge. ^werücan. Lop^rigbt 1920 b> Lit. Luv. St. Llulls, Lrssckeu-21. Roman von Matthias Blank. „Aber ein schönes Kind! Du hast recht, Kinder muß man behüten, daß sie nicht der ersten Leidenschaft verfallen. Deshalb verbirgst du sie wohl so sorgfältig?" „Ich Hobe gor nichts Uber sie zu bestimmen. Axel läßt sich von mir nicht beraten." „Ihr Bruder?" „Ja!" „Ich will sie noch mal sehen." Die Worte zischten förmlich über seine zusammengepreß ten Lippen, und der entschiedene Ton verriet, wie sehr er es gewöhnt war, daß seine Wünsche erfüllt wurden. „Ich wiederhole dir, daß sie zu gut ist, um ein Spielzeug für dich zu sein." „Also doch eifersüchtig? — Genügt dir Ada v. Wallen dorf nicht?" „Mein Väschen ist eine Regensperg, vergiß das nicht." Nicht ohne Stolz gab Anton v. Regensperg den Bescheid. Sofort antwortete der Fürst: „Wer sagt dir, daß ich dabei nicht weiter denke? Sie ist schön genug, um als Für stin bewundert zu werden." Ein rascher Blick streifte ihn; dann erklärte Anton von Regensperg beharrlich: „Ich habe nichts zu bestimmen." Und nun wurde der Name Ena v. Regensperg zwischen beiden Freunden nicht mehr genannt; sie plauderten von anderen Dingen, vom nächsten Frühjahrsrennen, vom Spiel und von Pferden. Als sie sich jetzt trennten, fragte der Fürst noch: „Bist du nachts im Klub?" „Ja!" Ich werde kommen und darf hoffen, dich zu sehen?" „Gewiß." „Auf Wiedersehen!" Im Weiterreiten hielt Anton v. Regensperg die Zügel lässig in der Hand; die Fuchsstute kannte den Weg. Seine Gedanken waren zu seiner Kusine Ena zurückge irrt. Nein, sie war zu gut für den Fürsten. Ob Pascadianu im ernst daran dachte, sic zu seiner Frau zu machen? Er glaubte nicht daran; in ein paar Tagen hatte dieser Ausländer die Begegnung sicher wieder vergessen. Jedenfalls war es zwecklos, darüber nachzugrübeln; Ena war doch noch ein Kind, ausgelassen, toll und lustig. - Er konnte sich nicht vorstellsn, daß der Georgier ernstlich daran dachte, sie trotz ihrer Armut zu heiraten. Und was würde das für ein Glück werden für die kindliche Ena? Sie zur Fürstin machen zu wollen, war gewiß nichts als eine leere Redensart gewesen. Bald vergaß er, selbst weiter darüber nachzusinnen. Was ihn mehr als alles beschäftigte, waren Gedanken an das Spiel. Er, hatte im Klub zuletzt große Summen verloren und hatte sich vorgenommen, sie in der kommenden Nacht wieder zurück- zugewinnen. Als Fürst Wuka Pasadianu in den Spielsaal des Klubs trat, verkündete ein Gongschloq der Uhr die zweite Stunde; er trug Frack, Seidenweste, Lackstiefel und eine Blume im Knopfloch. Seine schwarzen, stechenden Augen glitten suchend umher; er schlenderte an Spieltischen vorbei, blieb bald da und dort stehen, um eine Welle zuzusehen, ging dann aber weiter. Das Spiel hatte überall den Höhepunkht erreicht; man sah erregte Gesichter, und mancher der Spieler schrieb mit zit- ternder Han- Anweisungen. Fürst Wuka suchte das Rauchzimmer auf; aber auch dort traf er Anton von Regensperq nicht an. Ein Herr näherte sich ihm und fragte: „Suchen Sie Baron v. Regensperg?" „Ja, leider konnte ich ihn aber nirgends sehen." „Er ist hier gewesen, aber das Glück war ihm auch heute nicht günstig. Sie wissen, mit welchem Mißgeschick er zuletzt spielte. Heute beging er die Unbesonnenheit, das Glück zwin. gen zu wollen; er versuchte es mit den höchsten Sätzen." Der Fürst zeigte keinerlei Erregung. Leichthin antwortete er: „Das gelingt nie." „Es ist so, wie Sie sagen. Und so kam es auch, daß er große Summen verlor. Zuletzt stellte er noch Scheine aus. Gegen ein Uhr war er verschwunden, ohne eine Erklärung zu hinterlassen." „Sagte er, ob er wiederkommen würde?" „Nein!" „Nun, ich werde noch etwas warten." „Wollen Sie nicht spielen, Fürst?" „Ich bedauere. Es macht mir kein Vergnügen." Er verabschiedete sich, dankte noch für die Aufklärung und schlenderte wieder zu den Spieltischen. Dort war jeweils nur die Stimme des Bankhalters zu hören, das Klingen von Geldstücken, das Knittern von Bankscheinen und dazwischen manchmal ein halbunterdrückter Ausruf. Lächelnd beobachtete Fürst Pasadianu das Spiel. Die Zeit verstrich schnell, denn als er auf die Uhr blickte, war cs fast drei. Langsam ging er nun dem Ausgang zu; er wollte nicht mehr länger warten. Unter der Tür des Spielsaales stieß er mit Anton v. Re- gensperg zusammen, der wieder zurückgekommen war. Dessen Gesicht verriet in hohem Grade gereizte Stimmung; seine sonst roten Wangen sahen fahl aus, das leicht gewellte braune Haar war zerzaust, als hätte seine Hand wiederholt in den Locken gewühlt, und die Lippen waren zusammengekniffen. Seine dunklen Augen leuchteten erregt. Fürst Wuka rief ihm entgegen: „Endlich! Ich wollt» schon nach Hause. Gehen wir zusammen?" „Ich kann jetzt nicht!" „Was willst du noch hier?" „Spielen! Hellerskopf wollte meine Anweisungen nicht mehr annehmen; nun werde ich bar bezahlen." „Hast du deshalb Geld geholt?" „Ja!" „Das war töricht. Du spielst nicht im Glück." „Ich will zeigen, daß meine Anweisungen so gut wie bares Geld sind." „Soll ich auf dich warten?" „Nein! Ich will spielen!" Mit diesen Worten hastete er dicht an Pascadianu vor bei nach dem Spieltisch, an dem er kurz vorher noch Geld ver. loren hatte. Dem Fürsten schien es, als habe Anton v. Re gensperg jede Besinnung verloren. Er sah, wie er an den Spieltisch trat, wie er aus seiner Rocktasche ein Bündel zer knitterter Bankscheine zog, auf das grüne Tuch legte nud da bei irgend ein erregte Erklärung machte. Er war im Banne der Spielleidenschaft. Da konnte Fürst Pascadianu nicht daran denken, ihn doch noch zu erwarten; er zog die Schultern hoch und ging allein. Hinter sich hörte er noch die laute Helle Stimme Anton v. Regenspergs sagen: „Genügt es? — Gut! — Ich halte die Bank." Korilekuna soloL.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)