Volltext Seite (XML)
AilsäruNer Tageblatt Nr. 14b — 2. List! — 82. Jahrgang vonnsrslsg/ Freitag IS. /14. vexemver 1Y2S. Hus Sem preiltaat Sschlen. Zufammenlegung der Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen? Von Ser Regierung wird die Vereinigung der Kreis hauptmannschaften Dresden und Bautzen erwogen. Ein fester Plan liegt aber zurzeit noch nicht r>or. Lausitzer Blätter äußern sich hierzu wie folgt: Eine derartige Maßnahme würde zweifel los in der ganzen Oberlausitz nur mit äußerstem Befremden ausgenommen werden. Die wirtschaftliche Struktur der Lausitz ; hat ein so eigenes Gepräge, daß gerade sie in ganz besonderem Maße die Erfordernisse eines selbständigen Regierungsbezirkes erfüllte. Dazu kommt, daß die Derkehrsverhältnisse nach! Dresden von der Lausitz aus so mangelhaft sind, daß das Anstrichen des Sitzes des Regierungsbezirks für die Bevölkerung der Lausitz mit den größten Beschwerden verbunden sein würde. Hoffent lich werden sich vor einer Entschließung in dieser Sache die zu ständigen Stellen die Angelegenheit nochmals reiflich überlegen, so daß das Projekt gar nicht erst über den Stand der ..Er wägungen" hinauskommt. Oberwartha, 11. Dez. Die Grundbesitzer der Gemeinde beschlossen, eine besondere Steuer auf den Grundbesitz zu er heben, um die bisher schuldenfreie Gemeinde vor der Aufnahme eines Darlehens zu bewahren. Der Gemeindevorstand wurde außerdem ermächtigt, dieselbe Steuer wieder zu erheben, sobald die Finanzlage der Gemeinde es erfordern würde. Freiberg. Zwei große Brände, die vermutlich beide auf böswillige Brandstiftung zurückzuführen sind, brachte der letzte Freitag zwei großen landwirtschaftlichen Betrieben der Frei berger Umgebung. So brach früh in der 5. Stunde Großfeuer auf dem Braunschen Rittergut Langenau aus. Eine große Scheune mit anstehenden Gerreideschuppen ist niedergebrannl. Der Schaden ist außerordentlich bedeutend. Neben- dem Ge bäudeverlust fielen 1000 Zentner unausgedroschenes Getreide und 100 Zentner Körnergetreide den Flammen zum Opfer. Außerdem verbrannten sämtliche Geräte und viele landwirt schaftliche Maschinen. Die Stallgebäude "konnten gerettet werden. Am Abend brannte im benachbarten Loßnitz das große massive Scheunengebäude des Winklerschen Gutes bis aus die Umfassungsmauern nieder. Auch hier sind große Ernte vorräte rind ein Teil Geräte und landwirtschaftliche Maschinen verloren gegangen. Der Feuerschein war weithin sichtbar. Großnaundorf. In der Nacht zum 5. Dezember wurden einem hiesigen Gutsbesitzer mittels Einsteigens aus seiner ver schlossenen Scheune ein wertvoller Drehstrommotor und zwei je 10 Meter lange und 10'—12 Zentimeter breite Ledertteibriemen gestohlen. Der Spürhund aus Radeberg verfolgte vom Tatorte aus eine kurze Spur bis auf die Dorfstraße in der Nähe der s Schule. Trotz der sofort angestellten Ermittlungen konnte die - Sache bisher nicht geklärt werden. Radeberg, 11. Dez. Im Zusammenhang mit den Vor gängen am letzten Donnerstag, die zur Freilassung eines ver- ? hafteten Kommunisten führten, sind hier 13 Personen, darunter , eine weibliche, verhaftet worden. Am Dienstag mittag lösten s berittene Sicherheitspolizeibeamte die zur Verstärkung der hie sigen Polizei eingesetzte Arnsdorfer Gendarmerie ab. Königstein, 11. Dez. Von einem hiesigen Holzlagerplatz an der Elbe würden nachts 150 starke lange Bretter gestohlen, auf zwei Schaluppen verladen und stromabwärts gebracht. Als Täter dürften auswärtige Schiffer in Frage kommen. Neustadt. Die hiesige Bäckerinnung verkauft ab 7. De zember ein Vierpfundbrot für 65 Pf. Bei weiterem Fallen der Mehlpheise sollen die Preise dementsprechend herabgesetzt werden. Die Stadtmühle in Neustadt bietet ein Vierpfundbrot (70 Proz.) mit 60 Pf., ein Vierpfundbrot (85 Proz.) mit 50 Pf. an. Zittau, 11. Dez. In der Ratssitzung am Montag wurde der neugewählte Bürgermeister Dr. Koltzenburg aus Bunzlau in fein Amt eingewiesen. Riesa. Eine Eifersuchtsszene mit tödlichem Ausgang er eignete sich am Donnerstag früh hier. Die 20jährige Hildegard Fröhner, die in der Wohnung ihrer verstorbenen Eltern in der Goethestraße wohnt, hatte seit längerer Zeit ein Liebesverhältnis mit dem Handlungsgehilfen Iohannes Jähnig. In letzter Zeit glaubte Jähnig berechtigten Grund zur Eifersucht zu haben. Am Mittwoch abend in der 12. Stunde begab er sich in die Woh nung, woselbst er jedoch die Fröhner nicht antmf. Nach ihrer Rückkehr entstand ein heftiges Wortgefecht, in deren Verlauf der junge Mann die Geliebte erschoß und dann sich selbst lebensgefährlich verletzte. Zetthain. Am Freitag sind der Gemeindevorstand Hafer korn und der Gemeindeälteste Schrapel durch Reichswehr ver haftet worden. Zwickau. Ein bedauerlicher Unglücksfall mit tödlichem Ausgang ereignete sich in dem zum Rittergut Mittelmosel ge hörigen Walde. Dort war der Maurer Otto Burkhardt aus Mosel mit einigen arbeitslosen Kollegen mit Stöckeausgraben beschäftigt. Bei dem Herausdrücken eines Stockes mit dem Druckbaum löste sich, trotzdem alle Vorfichtsmaßr^geln getroffen - waren, die Befestigung und der Druckbaum schlug Burkhardt - so unglücklich gegen die Schläfe, daß der Tod am andern Tage l eintrat. Schwarzenberg. Der Artilleriestab des 4. Wehrkreis kommandos übergab Amtshauptmann Dr. v. Schwartze den Be trag von 147 Goldmark als Spende für das in harter wirtschaft licher Notlage befindliche Waisenhaus in Pöhla. 5ts»a Ser fieisKversorg«ng DeuMaM j Die rapide Abwärtsbewegung der Preise auf den letzten f Viehmärkten für Schlachtvieh aller Gattungen und die von Markt zu Markt erheblich gesteigerten Zufuhren hatten zur Folge, daß die Friedenspreise nunmehr fast erreicht sind und in einzelnen Gattungen bereits unter dem Friedenspreis liegen. Auf dem Zentralviehmarkt Deutschlands, Berlin, gestalteten sich Austrieb und Preise auf dem letzten Markt gegenüber 1914 wie folgt, und zwar notierten für ein Pfund Lebendgewicht in Goldpfennigen: Rinder .1^23 15—55 1914 32—50 Kälber 15—65 40—70 Schafe 10—45 36—48 Schweine 55—100 42—48 t Bei den geringeren Sorten liegen die Preise durchweg, außer bei Schweinen, unter dem Friedenspreis. Der Auftrieb gestaltete sich zum letzten Berliner Markt gegenüber einem Markt vvn 1914 wie folgt: 1923 1914 Rinder 1192 4772 Kalber 1005 2567 Schafe 2975 10170 Schweine 3821 15984 Trotzdem der Viehbestand von 1914 ziffernmäßig erreicht, bei Schafen bereits überschritten ist, bleiben die Auftriebszahlen zu den heutigen Schlachtviehmärkten in allen Gattungen den jenigen von 1914 gegenüber noch weit zurück. Der scharfe Preis rückgang auf den letzten Viehmärkten hatte naturgemäß auch einen Preisrückgang im Kleinhandel zur Folge und bei ein tretender besserer Nachfrage nach Fleisch- und Wurstwaven werden die Viehpreise sich nur solange behaupten, als auch die Zufuhren zu den Märkten der verstärkten Nachfrage entsprechend zunehmen. Immerhin bleibt die allgemeine wirtschaftliche Ent wicklung zunächst einmal abzuwarten. -IlenaeiMg Ser HanSszpM-SSmtz- orSmmg. In der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Lattdes- kulturrates vom 28. November wurde u. a. über die A-enderung . der Landes-Pachtschubordnung beraten. Diese geht bestimmungs gemäß mit dem 30. Dezember 1924 ihrem Ende entgegen und es entsteht die Frage, ob über diesen Zeitpunkt hinaus noch rechtsgültige Bestimmungen getroffen werden können. Der Landeskulturrat ist der Ansicht, daß eine Verlängerung der Pachtschutzordnung so lange nötig ist, bis geordnete Verhältnisse eingetreten sind und man die Wirtschaftslage übersehen kann. In diesem Sinne wird sich der Landeskulturrat beim Wirtschafts- ministerium für eine Verlängerung der Pachtschutzordnung ein setzen. — Fernerhin will sich der Landeskullurrat beim Wirt schaftsministerium dafür einsetzen, daß für Pachtverträge über Bodennutzungen nicht unmittelbar landwirtschaftlicher Art, wie Kiesgruben usw., aus praktischen Gründen sür ganz Sachsen nur eine Spruchkammer beim Oberlandesgericht Dresden eingesetzt wird. Sinkrnür prelle Eine Hoffnung, an der wir alle schon saft verzweifelten, ist jetzt in ErMung gegangen; ein leises Aufatmen geht durch die Verbraucherschaft, die nervöse Haft beginnt zu weichen, die Ueberstürzung der Einkäufe läßt merklich nach, die trüben Mienen der geplagten Hausfrauen Hellen sich etwas aus und wie eine Weihnachtsbotschaft fliegt es von Mund zu Mund: Die Preise sinken! Kein Zweifel: Das steigende Vertrauen und der erfreu licherweise größer werdende Umlauf der Rentenmark beginnt Wohltätige Wirkung auf die stark überhöhten Goldgrundpreise auszuüben. Bekanntlich hat der Groß- und Kleinhandel bis her bei der Kalkulation der Ware eine sehr erhebliche Risiko prämie eingestellt, die bei dem säst täglich wechselnden Stande dem er schreibt: Noch sei kein Bericht eingegangen. Aus die säumigen Executores aber sei Strafe gesetzet. Er brauche nur anzuzeigen, und da werde es anders. „Damit mir solches erübriget und meine vielgünstigen Herren dieserwegen nicht Ungelegen- heit haben mögen", erbitte ich in längstens acht Tagen den erwünschten Bericht. Plag. Adam Zürner wartet, wartet geduldig drei volle Jahre. Am 17. Fe bruar 1727 schreibt der Vielgeplagte an den Rath zu W-ilßdruff (wie auch an Eenfftenberg, Belgern, Schilda, Dahlen, Uebigau, Wahrendnick, Sayda u. a.): In der Seulen-Setzungs Sache sei lange Zeit vergangen, ohne daß irgendwelche Nachricht eingegangen. Nicht einmal Suppkieis um einige Dispensation und Er leichterung der Kosten sei ihm gesandt worden. Er möchte auch heute noch mit aller Ungelegenheit verschonen, erwarte aber nun wirklich baldigste Antwort. Am 16. März 1727 läßt sich Benno Funcke, reg. birger Meister der Stadt, herbei zu antworten: „Hoch Edler Vester und Hochgelahrter Sonders Hochgeehrtester Herr Com- mißarie! Wir haben hohe Ursache, für alle Nachsicht in der Seulen Setzungs Sache gehorsamsten Dank äbzustatten. Ob wir wohl Von innersten Hertzens Grunde wünschen, so wohl den allergnädigsten Befehlen als den hohen Commißarischen Verordnungen aller unterthänigste und gehorsamste Folge zu leisten, so befinden wir uns doch wegen unterschiedlicher bißherigen gehabten extraordinairen Aus gaben und darzu unumgänglich geforderten Gemeindeanlagen, nicht weniger wegen des ao. 1725 erlittenen Wetterschadens und ao. 1726 darauf erfolgten Miß- wachses gäntzlich außer Standt gesetzet, solches zu bewerkstelligen. Das hiesige schlechte Pflaster ist Ew. Hoch Edelgeboren wohl als uns selbst bekannt. Die vom hiesigen Städtgen gesetzten Halben- und Viertel-Meilen-Säulen find noch nicht vollkommen bezahlt. Wir bitten dahero, uns noch einige Zeit wegen der Stadt- Distanz^Säule zu vergönnen." Mag. Zürner aber läßt nicht nach. Und so sieht sich Bürgermeister Heinrich Philipp zu einer neuen Eingabe veranlaßt: „Wir wünschten im Stande zu sein, die angewiesenen Stellen vor allen 4 Toren zu besetzen. Wir haben in unfern Fluren schon halbe und viertel Meilensteine gesetzt. Nun sollen wir noch Stadt- und Distanzsäulen setzen lasten, sodaß wir auf jede Hufe 16 Groschen aufbringen müßten, was bei der Armut der Stadt ganz unmöglich ist." Nun folgt wiederum die bewegliche Klage hinsichtlich Straßenpflaster und Mißwachs. Außerdem hätten die Wilsdruffer eine dreimalige Aenderung mit ihren Priestern gehabt und hätten die Vertreter aus entfernten Orten abholen müssen (aus Kmehlen, Borna und Schmiedeberg), was einen Kostenauswand von 150 Talern verursacht habe. Dazu hätten sie 5 Trabanten in Einquartierung, durch die ihnen Kosten für rationes und psrtiones aufeblegt würden. „Weil Ew. Majestät andern Städten viel Gnade erwiesen, so hoffen wir, daß Hochdieselbe die vor die 4 Tore der Stadt zu setzenden Stadtsäulen uns allergnädigst erlassen werden und wir nur eine ein zige Säule auf dem Markte, wo alle Straßen concucriren, zu setzen brauchen. Von Maurermeister Lehmann sei durch 4 eingefchlagene Pflücke.die Stelle bezeichnet worden, die Land- und Grenzkommistar Zürner bei seiner Durchreise selbst ange wiesen. Die Stadt bitte aber, ihr zwei Jahre Frist zu gewähren, da kein Geld vorhanden sei." Dem Gesuche scheint stattgegeben worden zu sein, und somit dürfte unsere Marktsäule 1730 gesetzt worden sein. Nummer 29 Dezember 1923 12. Jahrgang 50 Jahre Botenfrau. M. Leonhardt, Äaufbach. Botenfrauen Haben auch das Recht, als Kulturfaktor in die Geschichte ihrer' Heimat eingeschätzt zu werden. Goethes und Schillers Brieswechsel vermittelte eine Botenfrau zu Weimar. Hauptmanns Liebinne besorgte -vor 100 Jahren die Gegend zwischen Schöna, Schandau und Pirna jeden Freitag mit dem Tragkorb 30 Jahre lang. Die alte Iochnin wanderte 5 Jahrzehnte hindurch Dienstags, Donnerstags und Sonnabends.regelmäßig über die vogtländische Grenze nach Eger. Und die Mutter Pilzin aus Wilsdruff ist manchem alten Wilsdruffer dem Namen nach wegen ihrer wöchentlichen Gänge nach Meißen bekannt. Unter uns bewegt sich heute noch eine nun geschichtlich gewordene Botenfrau, die 50 Jahre in seltener Rüstigkeit den Weg zwischen Kaufbach und Wilsdruff drei- und viermal wöchentlich mit allerlei Besorgungen hin- und zurücklegt und Generationen an sich vorüberziehen ließ. Heute noch vermittelt die Nimmermüde ehrlich, treu und gewissenhast Kaufbachs Höfe und Häuser mit der Klein- und Großstadt. Mitte September 1873 war es, als die damalige Semmelfrau Petzschke krank wurde und die damals noch unverheiratete Auguste einsprang. Seitdem ist -sie die unsre geblieben. Auch die Gemeinde Unkersdorf hat sie Jahr zehnte besucht, wenn Schnee und Regen es möglich machten. Aus der Auguste wurde Frau Pietzsch, die ihrem Gatten — seines Zeichens Fleischer — drei Söhne schenkte. Sie wurde Witwe, aber Glauben und Hoffnung hat sie nicht verloren. „Da galts die Kinder zu ernähren, sie griff es an mit heiterm Mut." Darum Wurden ihre Botengänge Lebensarbeit fürs tägliche Brot. Erst brachte sie nur weiße Backware. Drum hieß sie bis heute die Semmelpietzschin im Unterschied vom Borm- und Fleischerpietzsch in Kausbach. Doch wie -es so zugeht. Da gabs einen Brief mitzugeben, Tropfen aus der Apotheke mitzubringen, eine Botschaft auszurichten, es wurde mit erledigt. Die Erdbeerzucht fand Eingang. Der leer gewordene Semmelkord nahm Beeren aller Art auf. Frau Pietzsch war Boten frau geworden. Ohne Kinderwagen und Tragkorb ist- sie nicht denkbar. Den