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polittfrhe kuEÄau. »rutlMes ^erch. Lohn- und Gehaltspfändungen. Eine Regierungsvorlage an den Reichstag schlägt vor, zu einem den Schwankungen des Geldwertes selbständig sich anpassenden Maßstab bei den Lohn- und Gehalts- pfändungen überzugehen. Nach dem Entwurf treten an die Stelle der bislang ziffermäßig bestimmten Grenz- berräge diejenigen Beträge, die sich durch Vervielfältigung eines festen Grundbetrages mit der jeweiligen Teuerungs zahl ergeben. Die Teuerungszahl soll für jede Kalender woche die in der vorangegangenen Woche veröffentlichte amtliche wöchentliche Reichsindexziffer für die Lebens haltungskosten sein. Die Grundbeträge betragen für die absoluten Pfändungsgrenzen 30 M. für die Woche und für die Grenze des tz 1 Abs. 3 der Verordnung über Lohn pfändung 100 M. für die Woche. Der Nechtsausschuß des Reichstages genehmigte die Verordnung. Wertbeständige Postgebühren. Der Reichsrat, der unter dem Vorsitz des Innen ministers Jarres tagte, nahm eine Verordnung an, die die Gebühren im Post-, Postscheck-, Telegraphen- und Fern sprechverkehr auf eine wertbeständige Grundlage stellt, und zwar in derselben Weife, wie bei der Eisenbahnverwaltung. Außerdem wurde beschlossen, den Postschcckverkehr aus Rentenmark umzustellen. Die Verhandlungen wurden in Gegenwart des Währungskommissars geführt. Alle Krupp-Direktoren in Essen. Nachdem Herr Krupp von Bohlen und Halbach und die in Haft befindlichen Direktoren Hartwig, Oesterle und Bruhn sowie das Betriebsratsmitglied Mueller vor einiger Zeit Strafaufschub erhalten hatten, sind jetzt auch die anderen Krupp-Direktoren, die bei dem Kruppprozeß in Abwesenheit teils zu noch höheren Freiheitsstrafen als die vorgenannten Herren verurteilt worden waren, nämlich Geheimrat Cuntz, Geheimrat Baur und Schroepler, unbehelligt von den Franzosen zurückgekehrt.. Forverungen der bayerischen Regierung Die bayerische Staatsregierung hat eine Reihe pro grammatischer Forderungen zur Umgestaltung der Reichs verfassung und zur Änderung des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern ausgearbeitet, die der künftigen Reichs regierung sofort nach ihrer Bildung mit dem Ersuchen um Inangriffnahme zugehen werden. Die bayerische Ne gierung bezweckt mit diesem Vorgehen eine Unterstützung der von der Reichstagsfraktion der Bayerischen Volks partei eingebrachten Anträge gleicher Art. Rentemnarkabgabe an Bayer». Der bayerische Handelsminister hatte in Berlin Vor stellungen erhoben wegen der Versorgung der bayeriscl>en Wirtschaft mit Rentenmark. Nunmehr ist die Mitteilung in München eingetroffen, daß erhebliche Beträge von Rentenmark jetzt auch für die bayerische Landwirtschaft, Industrie und Handel an die Reichsbankstellen in Bayern gesandt worden sind. Kontrolle des Handels in Bayern. Die Landeswucherabwehrftelle beabsichtigt, mit um fassenden und scharfen Kontrollen vorzugehen, nachdem in den letzten Tagen die Klagen über die Auswüchse im Geschäftsleben sich außerordentlich vermehrt haben. Be sonders wird über die übertriebenen Markt preise, die Unterlassung von Auszeichnungen der Preise, j das Anfordern wertbeständiger Zahlungsmittel und die Schließung von Geschäftsläden geklagt. Unter Umständen soll mit Geschäftsschließungen vorgegangen werden. Aus In- und Ausland. Berlin. Die am 30. November 1923 ablaufende Gültig keitsdauer des deutsch-spanischen vorläufigen H a n d e lAüb er e i n ko mm en s ist bis zum 31. Mai 1924 einschließlich verlängert worden. Berlin. Im Reichstage ist ein Antrag eingegangen, unter zeichnet von Mitgliedern mehrerer Parteien. Demokraten, Deutsche Volkspariei und Deutschnationalen, die Verordnung über die Krankenhilfe bei den Krankenkassen vom 30. Oktober 1923 auszuheben. Die Verordnung hat be kanntlich den lebhaften Widerspruch der Arzte wachgerufen. München. Von bayerischer Amtsstelle wird mitgeteilt, daß f das Verfahren wegen der. Vorgänge vom.8. und 9.. No- , oemver verei» VZ den vayerlsche» Fustlzveyvrve» «nyangr, "t und daß «ne Auslieferung der Schuldige» «x de« StaatS- gerichtshof nicht m Fraae kommt. MW-fMMcheMchrMonlNlen Von besonderer Seite wird uns zu dem in Essen mterzeichneten Vertrag der deutschen Industriellen mit ren Franzosen geschrieben: Zwei Monate sind vergangen, eitdem Deutschland den passiven Wider st and auf- ;ab, seitdem nun Poincars sein Wort einlösen sollte, daß :r mit Deutschland zu Verhandlungen bereit sei. Aber er hat mit Deutschland überhaupt nicht verhandelt, hat die Keichsregierung ausgeschaltet und ist nur mit den In dustriellen des besetzten Gebietes in Verhandlungen getreten, die wieder wochenlang dauerten. Auch hierin hat er seiir Ziel erreicht: Hunger und Elend durch- ioben das Gebiet und die Unternehmer sind gegenüber seinen Forderungen ebenso mürbe geworden wie die Arbeiterschaft. Beide hatten nur einen Wunsch, zu - irgendeinem Ende zu kommen, hatten nur einen Wunsch, koste es was es wolle, Brot zu schaffen, den Betrieb wieder in Gang zu bringen, selbst unter Be dingungen, die vielleicht schon in kurzer Zeit eine Unmög lichkeit werden, zu einem neuen Zusammenbruch führen würden. Poincars konnte in der französischen Kammer trium phierend feststellen, daß die Unterhandlungen seiner Be auftragten mit den deutschen Jndustrievertretern zum Abschluß gekommen seien, und wenn man den Mit teilungen der französischen Blätter glauben darf, so sind die Unterschriften der deutschen Industriellen wirklich unter Bedingungen gesetzt worden, deren Erfüllung das deutsche Wirtschaftsleben -- und zwar nicht nur das des besetzten Gebietes — bis in den innersten Kern treffen. Freilich wird Poincarö, wie üblich, darauf Hinweisen können, daß er eine außerordentliche „Nachgiebigkeit" be wiesen habe; denn von den ursprünglich 150 Millionen Dollar „rückständiger" Kohlensteuer, die Frankreich von de» deutschen Kohlenzechen verlangte, ist man nicht grundsätzlich, aber doch wenigstens etwas herab- gegangen, indem diese Kohlenzechen jetzt für die Zeit vom 1. Januar bis 1. September 1923 insgesamt „nur" 15 Millionen Dollar, also 279 Millionen Franken, zum Tageskurs — also offenbar nicht sofort — nachzahlen müssen. Dafür erhebt Frankreich eine Kohlensteuer von 10 Franken für den Verkauf jeder Tonne, was nach dem augenblicklichen Kohlenpreis eine Belastung von über 10 2S ausmacht. Vor allem sichert sich aber Frankreich fast der Kohlenförderung aus dem besetzten Gebiete, und zwar füt die Zukunft, während die gesamten am 1. Oktober im Ruhrgebiet vorhandenen Kohlen mengen Eigentum der Alliierten bleiben sollen. Es läßt sich natürlich jetzt noch nicht sagen, ob diese Bestimmung nicht den Franzosen bzw. den Alliierten eine weit größere Menge von Kohlen zusprechen, als ihnen bisher geliefert worden sind. Zweifellos werden sie aber versuchen, ihre „Verluste" während des Nuhrkampfes wieder wettzu machen. Auch die gesamte Ausfuhr aus dem besetzten Gebiet hält Frankreich hemmend und regulierend fti der Hand: denn für alle Exportgüter müssen nach wie vor Ä u s f u h r s ch e i n e «»gefordert werden; metallurgische Produkte dürfen sogar nur erst dann ausgeführt werden, wenn die oben mitgeteilten rückständigen Kohlensteuern bezahlt s i n d. Von vornherein ist aber für diese Ausfuhr eine grundsätzliche Höchstgrenze dadurch gesetzt, daß nicht mehr ansgeführt werden darf, als das im Jahre 1922 geschehen ist. Selbstverständlich sind an diese Bestimmun gen sehr erhebliche Strafen bei Nichtinnehaltung ge knüpft, denn die Franzosen wollen nun energisch die er reichte Position nach allen Seiten ausbauen. Vielleicht hat man sich hie und da in Deutschland, be sonders in Jndustriekreisen, der Hoffnung htngegeben, daß man gegenüber der französischen Politik doch zu einer Verständigung mit der französischen Wirtschaft kommen könnte. Das Abkommen ist ein Vertrag „ä In Ver sailles". Es liefert die deutsche Industrie des Westens den Plänen der französischen Wirtschaftspolitik aus, wie der Westen den m a ch t p o l t t i s ch e n Plänen ausgeliefert ist. Und nicht nur Poincars hat sein Ziel er reicht, sondern auch die französische Schwerindustrie Die Unterzeichnung des Vertrages. Das Abkommen ist zwischen dem Bergbaulichen Verein und der französischen Vertretung abgeschlossen wordeu. Es ist ein Mantelverlrag. Im Rahmen dieses Vertrages sollen in den nächsten vierzehn Tagen die einzelnen Werke ihre Sonderabkommen zu treffen haben. Der Vertrag ist von Generaldirektor Voegler-Dortmund als bevoll mächtigtem Vertreter des Bergbaulichen Vereins in Essen unterzeichnet worden. Die Meldungen, die davon sprachen, vaß Voegler lediglich im Namen einiger ihm nahestehen- ver Bergwerksbesitzer unterzeichnet habe, sind unrichtig. Der Regierungswechsel. Herr v. Kardorff Kanzlerkandidat? Berlin, 24. November. Die in der letzten Nacht erfolgte Abstimmung über das Vertrauensvotum für das Kabinett Dr. Strese mann war eigentlich nur noch eine Formsache. Im Reichstage sowohl wie außerhalb des Parlaments zweifelte kaum jemand an der Ablehnung des Vertrauensantrages und dem dann folgenden Rücktritt der Regierung. So kam es denn auch. Bei namentlicher Abstimmung über das Vertrauensvotum der Regierungsparteien wurde» insgesamt 392 Stimmen abgegeben. MitI a stimmten 155, mit Nein 230. Sieben Stimmzettel wurden leer abgegeben. Damit hatte sich die Mehrheit gegen den bis herigen Kanzler entschieden und Dr. Stresemann begab sich alsbald zum Reichspräsidenten, um die Demission des Gesamtkabinetis zu überreichen. Reichspräsident Ebert beauftragte das Kabinett mit der einstweiligen Fort führung der Geschäfte bis zur Neubildung einer neuen Regierung. Für Stresemann stimmten nur die Antrag steller, Volkspartei, Zentrum und Demokraten, gegen ihn Deutschnationale, Sozialdemokraten, Kommunisten, Baye rische Volkspartci, die Bayerischen Bauernbündler ent hielten sich der Stimme. Der heutige Tag war natürlich mit tausend Gerüchten über die Wahl des Nachfolgers und seiner Mitarbeiter, die politische Färbung der neuen Regierung und die Aus sichten für die Zukunft ausgefüllt. Bis zum Abend kristallisierte sich aber aus dem Wust von Mitteilungen der schon bekannten Art die Tatsache heraus, daß der Reichspräsident nach vergeblichen Verhandlungen mit dem Volksparteiler Scholz und dem Zentrumsführer Marx den Abg. v. Kardorff zu sich berufen hatte. Das Zentrum soll durch den früheren Reichskanzler Fehren bach seine Zustimmung zu einer Kanzlerschaft Kardorffs gegeben haben. Herr v. Kardorff gehört der Deutschen Volkspartei an, sein Kabinett würde wahrscheinlich de» Charakter einer Regierung der Mitte — Dolksvartei. Zentrum, Demokraten — haben. Deutscher Reichstag. Berlin, 23. November. Bald nach Eröffnung der Sitzung nahm Dr. Stresemann das Wort und erklärte kurz und bündig, die Regierung habe nicht die Absicht, ihre Geschäfte fortzuführen auf Grund irgend einer durch parlamentarische Arithmetik herbeigeführten Kon stellation. Sie wünsche eine klare, unzweideutige Entscheidung darüber, ob sie das Vertrauen des Parlaments besitzt oder nicht. Für die Mittelparteien brachte Abg. Dr. Scholz (D. VP.) folgenden Antrag ein: Der Reichstag spricht der Reichs regle- rung das Vertrauen aus. Unterzeichnet halten Volkspartet, Zentrum und Demokraten. . , , ., Nun wurde die Debatte fortgesetzt, rn der besonders die Demokraten durch den Abg. Erkelenz und die Bayerische Vons- partei durch den Abg. Leigst ihren Standpunkt darlcgtcn. Die letztere Partei erklärte, nicht für das Vertrauensvotum stim men zu können. Reichswehrminister Dr. Geßler verbreitete sich über den militärischen Ausnahmezustand und betonte die Notwendig keit, gegen die Extremen von links und rechts energisch em- '"^Dü^wcitere Aussprache ergab keine wesentlich neuen Mo mente, jedoch war klar, als der Reichstag für die L-eilnahm« an den Beisetzungsfeierlichkeiten für den verstorbenen Relchs- bankpräsidenten Dr. Havenstein eine Pause machte, das n der Abstimmung am späten Abend die Mehrheit gegen das Vertrauensvotum sein würde und damit der Rücktritt des üabinctts Stresemann besiegelt sei. » Flammest. Roman von Hans Schulze. Ein fernes, tiefes Grollen klang in diesem Augenblick wie eine mahnende Stimme durch die brütende Stille. Unwillkürlich griff Trude wieder zu den Rudern. „Das Wetter kommt auf!" Ein seltsam bleifarbenes Licht breitete sich langsam über den See, indes die Ufer noch in sonnigem Grün erglänzten. Ueber dem Pahlowitzer Wald stand eine Wolkenwand, schwarz unbeweglich und doch unmerklich wachsend. Eine gewaltige Bö sprang plötzlich aus ihr auf und jagte eine grauweiße Wassersäule vor sich her, bis die Wellen wie geängstigte Schwäne auf einmal weithin auseinander liefen. Dann wieder Stille, ein atembeklemmendes Schweigen, indes sich der Himmel in rasender Schnelligkeit mit einer fahlen Dunstschicht überschleierte. Trude hatte die rechte Hand über dis Augen gebreitet und spähte scharf nach dem Schloß hinüber, über dem der Regen schon wie ein schräges Gitterwerk in einem fahlgelben Lichte stand. „Wir können nicht mehr nach Pahlowitz zurück", sagte sie kurz entschlossen, „und müssen hier irgendwo zu landen ver suchen. Mit dem See ist bei Gewitter nicht zu spaßen." Ein blendender Blitz zerriß in diesem Augenblick den dunkelblaugrauen Kern der Wolkenwand, und ein gewaltiger Donner rollte langnachhallend hinterdrein. „Halt' auf die Robinsoninsel zul" schrie Trude durch das hohle Pfeifen des Windes zu Herta hinüber, die leichenblaß mit beiden Händen, das Steuer umkrampft hielt. „Da bring' Ich das Boot schon noch hin!" Mit Jugendkraft legte sie sich in die Niemen, daß sich gurgelnde Strudel hinter ihr in die schäumende Tiefe bohrten. Eine Welle schlug schwer über die Bordwand, eine zweite, eine dritte folgte. Schon saßen sie bis über die Knöchel in dem schwarzen Leckwasser. Da rauschte das Boot auf einmal in die Rohrbreiten der Insel hinein, wie ein Tier durch ein Sumpfdickicht bre chend, und fuhr im nächsten Augenblick mit scharfem Schram men aus dem verfilzten Wurzelwerk einer alten Weide auf. Ringsum sie her wogten und wallten wassergetränkte Dünste. Als Trude jetzt aus dem Boot sprang, versank sie tief in gurgelndem Schlamm. Der Donner wurde immer lauter und drohender. Und dann setzte endlich auch der Regen ein und prasselte wie Kleingewehrfcuer auf Blätter und Gesträuch. Trude hatte Herta an der Hand gefaßt und zog sie halb mit Gewalt durch ein Labyrinth von Schilf und Schling gewächsen. Scharfkantige Halme schnitten ihr in die nackten Beine, der Wind pfiff wild in ihr aufgewühltes Haar, sie achtete all dessen nicht, mit der Kraft der Verzweiflung kämpfte sie sich weiter. Erst als sie wieder festeren Boden unter sich fühlte, hielt sie schweratmend inne und wies auf einen Dachgiebel, der in diesem Augenblick in dem wüsten Hexensabbath der zügel losen Wettergeister gespenstisch vor ihnen in die Höhe wuchs. „Gott sei Dank, Herta, die Heuhütte!" In der nächsten Sekunde standen sie vor dem verfalle nen Bau. Der Wind riß ihnen fast die Tür aus der Hand. Hertas Fuß strauchelte auf den brüchigen, vermorsch ten Bohlen der Schwelle, daß sie unversehens fast rücklings hingeschlagen wäre. Dann aber waren sie endlich geborgen unter Dach und Fach und saßen eine Zeitlang eng aneinandergeschmiegt auf der wackligen Bank des kleinen Herdes. Der Sturm heulte wie ein entfesseltes Raubtier uni das ächzende Giebelgebälk und warf ganze Wolken von Sprüh regen durch die scheibenlosen Fensteröffnungen in den dumpfi gen Raum. Fast unmittelbar folgten die Blitze aufeinander, zuwei len schien der ganze Horizont nur ein einziger, riesiger Schwefelring. In immer kürzeren Zwischenräumen dröhnte der Donner über den nachtschwarzen Himmel, auf dem die nachrückenden Gewitterwolken allmählich bis zur Zenithöhe emporgewachsen waren. Trude gewann in ihrer energischen Art zuerst ihre Fassung wieder; obwohl sie in dem nassen Badeanzug vor Kälte zitterte. Als wetterkundiges Landkind rechnete sie, daß das rasende Toben der Elemente ebenso schnell wieder verebben würde, wie es mit Urgewalt so plötzlich ausgebrochen war. Sie rückte die noch ganz, betäubte Herta an das geschütz teste Bankplätzchen des Herdes und begab sich dann in dem Dunkel der Hütte auf Entdeckungsfahrten nach einer wärmen den Hülle für die gleichfalls ganz durchnäßte Freundin. Das Heulager, das sie bei ihrem ersten Besuche ange troffen hatten, war noch vorhanden, auch der steinerne Wasserkrug stand noch auf der umgestürzten Kiste, dagegen war eine Decke nicht zu finden. Nur ein stabförmiger, länglicher Gegenstand fiel am Kopfende der Lagerstatt in Trudes vorsichtige Hände. Ein leiser "Druck auf einen vorspringenden Knopf und ein feiner Lichtstrahl zuckte nach der Herddecke hinüber, daß Herta unwillkürlich zusammenfuhr. „Was hast du denn da, Trude?" „Eine elektrische Taschenlampe. Unser Robinson gastiert also noch immer in seiner Sommervilla und gehört nach die ser Laterne wohl auch schon zur Kulturmenschheit!" Trude war an eines der Fenster getreten und horchte auf das wilde Lied des Sturmes, der jetzt in einem letzten tobenden Jauchzen ganze Schauer von Hagelschloßen in prasselnden Perlenreihen über den Boden streute. Vor ihr der See, eine einzige brodelnde, sich endlos verlierende Wogenfläche, auf der die weißen Wcllenkämme in dem Flackerlichte der Blitze wie zerzauste Schleierfetzen auf und niedertanzten. Die Fernsicht der Ufer verschwamm in dichtem Regen dunst; nur die Kieferkronen zur Rechten traten zuweilen wie eine lange, schwarze Mauer aus dem Nebelmeer heraus. Darüber lag ein schwacher, rötlicher Schein, der sich lang sam in den eisengrauen Grund des Himmels hineinfraß. „Es brennt irgendwo!" sagte Trude. „In Pahlowitz?" Trude schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube, es ist wohl weiter hinten im Lande!" Die Wut des Unwetters hatte sich in der Zwischenzeit allmählich erschöpft. Die Blitze folgten sich seltener und das krachende Kano nensalut des Donners ging langsam in ein dumpfes Rollen und Murren über. (Fortsetzung folgt.)