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Lite (Separatisten am Atyein. „Abenteurer und Verbrecher." Der Vertreter der Londoner „Times" berichtet aus Kre feld, er habe im dortigen zerstörten Rathaus die ungenierte Bestätigung von den Lippen der Separatisten erhalten, daß die separatistische Bewegung nur ein Versuch sei, die Rhein lands von Deutschland durch Verwendung berufs mäßiger Abenteurer und von Pöbel, meist Verbrechern, loszureißen. Der „Times"-Mit- arbeiter schreibt: Es gibt in dieser Stadt Hunderte von Männern vom allerschlimmsten Verbrechertyp. Der Führer erklärte mir, daß er ein berufsmäßiger Banditenführer ist. Er erklärte, er habe nichts mit Politik zu tun. Er sei kein Deutscher, sondern ein französischer Untertan polnischer Geburt. Er sei vor drei Wochen nach dem Rheinland gebracht worden, um diese Sache mit Gewalt durchzuführen und sei zum Oberbefehlshaber der „fliegen den Rheinarmee" gemacht worden. Proteste aus Aachen. Von der Aachener Bevölkerung wird eine Erklärung veröffentlicht, in der auf die gegen den Willen der Bevölke rung von einer „Gruppe stadtfrzmder und volksfeindlicher Gesellen" mit Unterstützung der Besatzungsmacht erfolgte Ausrufung der sogenannten Rheinischen Republik hinge wiesen wird. Alle Konfessionen und Wellanschauungs gruppen, die wirtschaftlichen und sozialen Organisationen, vor allem die Arbeiter- und Beamtenschaft aller Richtungen sowie die vereinigten Frauenvereine der Stadt erheben gegen diese ungeheure Vergewaltigung vor dem Forum der gesamten Welt flammenden Protest. Die Aachener Zeitun gen erklären, daß wegen der Bedrückung durch Sonderbünd ler und Belgier ihr Erscheinen eingestellt wurde. Ein Rheinland Ausschutz. Im Anschluß an die Hagener Verhandlungen mit den Wirtschaftsvcrtretern und Parteiführern ist ein fünfgliedri ger Ausschuß eingesetzt worden, der für die Fragen des be setzten Gebietes zuständig sein soll. Er soll die feste Verbin dung mit den Stellen der Reichs- und Landesregierung unterhalten, besonders, um erfolgreich die separatistische Be wegung abwehren zu können. Amerikanisches Getreide für Deutschland 30 Millionen Zentner. Eine Gruppe von amerikanischen Getreidehändlern unterbreitete dem Präsidenten Coolidge den Plan eines Ver kaufs von 50 Millionen Bushels (1 Bushel etwa 60 Pfund) Weizen an Deutschland, um einerseits den amerikanischen Wcizenbancrn einen Verdienst zu verschaffen und anderer seits Deutschland in seinen Eruährungsschwierigkeiten zu helfen. Die Getreidehändler befürworteten, daß der Kaus dieser 50 Millionen Bushels durch Wechsel geschieht, die von ver Kriegsfinanzkorporation ausgestellt werden sollen. Deutschlaiw werde eine Zahlungsfrist v^on zwei Fahren und mehr eingeräumt werden. Dem Ver nehmen nach bringt Präsident Coolidge dem Plan warmes Interesse entgegen. am sei. sen Zer- .ds- ort- lag- Huie : be- del Es ülcw r an Uung f die ngen, spitzt- l an- NikdrufferÄMait Früher: Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Erschein« bi« auf wettere« nur Montag«, Mittwoch« u. Freitag« nachmittag« 5 Uhr für den folgenden Tag Berug«prcl« bei Eelbstabholung f. die Mache v. 2«. 10. - Z.1r. «1V Millionen, durch unsere Austräger zugctragen in der Stadl Z Milliarden auf dem Lande Z MM,arden, durch die poft monatlich enffprechend. Atte Postanstalten und Postboten sowie umere Austräger und Geschäftsstelle nehmen ,-derzeit Bestettungcn entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, Fernruf Wilsdruff 6 / Postscheck Dresden 2640 Anzeigenpreis Mr die S gespaltene Raumzeile 100 Ml. mal Wochen.Schlüsselzahl sWoche v. 2S.10.—Z.11.1800000«) Rellamezeile 2L0 Ml. mal Wochen-Schlüsselzahl, amtliche Anzeigen, die 2 gespaltene Korpuszelte 200 Ml. mal Wochen-Schlüffelzahl. Nachweisungs-Gebühr 100 Mir. mal Wochen-Schlüffelzahl. Anzeigenannahme bis vormittag« 10 Uhr. Für die Richtigleit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir leine Garantie. Zeder Rabatt- anspruch erlischt, wenn der Bettag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Kontur« gerät. des Amtsgerichts u. Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 127 — 1923 — 82 Jahrgang. Dienstag / Mittwoch 30. / 31. Oktober chtcil, Welt- llags- 170S ichler. dv Wegen des Reformationsfestes erscheint die nächste Nummer dieser Zeitung nicht am Mitt woch, sondern schon Dienstag nachmittag zur üblichen Stunde. c uni Eule - Gas menge wenn Pf f-st t stark > maß chmaö frühe» ' Die Vachs- it ver- spruch: rn Sie „Bei,» zehnte» n hohe el war » recht! , sollen llameN st Eick' rn Sie verhetz e Wit' Soll i-h h ihrer ta lieb! Auge» ie mich st schos als ich' ch nictz! was ist r Mes' sser, ich er SW uschung ne noch Mft, die ande^ ein arm schuldig' mg tr^ >arb lilst >n Ihr? ich b? lisen lärker- igt.) Mne Teilung liii- eilige Leser. * Die Reichsregierung hat wegen der Vorgänge in Aachen, Bonn und in der Pfalz bei den Regierungen der alliierten Mächte Protest erhoben. * Die Bahntarife werden von Montag ab um das Vier fache erhöht. poimares Gegenzug. Poincarä ist ein politischer Taktiker allerersten Ranges. Nie um einen Umweg, einen Ausweg verlegen, verliert er bei seinen taktischen Seitensprüngen, bei seinem Ausweichen und scheinbaren Rückzug niemals das strategische Ziel aus dem Auge. Neben natürlicher Begabung hilft ihm aber die kräftigste Stütze, die ein Staatsmann haben kann, die willige Gefolgschaft eines geschloffen hinter ihm stehenden Volkes. Die französische Regierung hat Instruktionen nach Lon don gesandt, die den französischen Botschafter zu der Er klärung ermächtigen, daß Frankreich die Einberufung einer Sachverständigenkommission zur Prü fung der auf die Zahlungsfähigkeit Deutschlands bezüglichen Verhältnisse annimmt, falls die Vereinigten Staaten an diesen Beratungen teilnehmen. Diese Sachverständigenkom mission müsse aber durch die Reparationskommission er nannt werden. Das eben ist Poincarös Taktik, wenn er jetzt der engli schen Anregung, eine Sachverständigenkom- Emission oder -konferenz zur Prüfung der französi schen Leistungsfähigkeit Deutschlands zu bilden, nachgibt, so fort aber an seine Einwilligung Bedingungen knüpft. Das tut er immer, blufft wie immer die ganze Welt, stellt sals eine Nachgiebigkeit, als ein Aufgeben französischer Rechte 'dar, was alle Welt einfach als eine Selbstverständ lichkeit bezeichnet, als etwas, was aus dem Versailler Frieden resultiert. Für Poincarö ist so etwas immer ein .Opfer". Wofür er sofort Konzessionen von der ande ren Seite verlangt und einhcimst. So hat er auch diesmal wieder zunächst gefordert und erreicht, daß die Sachverständigenkommission von der Re- parationskommissi-on ernannt werden soll. Was nicht gerade der Absicht des amerikanischen Staats sekretärs Hughes in seiner Rede vom 30. Dezember ver gangenen Jahres entspricht, in der er die Politiker von dieser neuen Kommission ausgeschaltet und statt dessen Wirt schaftler eingeführt wissen wollte. Smuts bat im Januar ein sehr herbes Urteil über die Neparationskommission ge fällt, sie als einen Ableger des französischen Sluswärtigen Amtes bezeichnet. Und die Erfahrun gen, die wir seit den 4 Jahren des „Friedens" mit dieser Kommission gemacht haben, erfüllt uns auch nicht gerade mit allzu großer Hoffnung darauf, daß nun wirklich unvor eingenommene, rein wirtschaftlich urteilende Sachverständige »on dieser Kommission ernannt werden. Poincaro hat sür seine anscheinende „Nachgiebigkeit", zu der er wie gesagt durch den Versailler Frieden einfach ver - dflichtet ist, aber noch manches andere gefordert. Erstens natürlich, daß die Deutschen in dieser Kommission nichts zu sagen, nur Auskunft zu geben haben. Und daß natürlich »or dem Beginn jeder Kommissionsarbeit der passive Wider stand „vollständig beendet" sein müsse. Wenn das der Fall ist, wird Poincarä selbst entscheiden. Damit auch, wann die Kommission zusammcntreten soll. Und schließlich wird die ganze Arbeit dieser Kommission illusorisch gemacht durch die weiteren Bedingungen, daß man Frankreich nichts von dem streichen darf, was ihm laut Londoner Ultimatum zu kommt, ja, die Herabsetzung der uns damals auferlegten Zumme von 132 Milliarden Goldmark nur durch einstim- viige Erklärung der Alliierten erfolgen darf. Die natürlich infolge einer Weigerung Frankreichs niemals erfolgen kann. Auch mit der deutschen Finanzsanierung und Wäb- kungsstabilisierung soll sich die Kommission nicht beschäfti gen dürfen. Es bleibt ihr also dann nur übrig, unsere wirtschaft liche Lage zu untersuchen und festzustellen, daß es uns schlecht, unerträglich schlecht geht. Sonst nichts. Dazu be lüfte cs gar nicht erst eines solchen feierlichen Apparates, denn das weiß wirklich alle Welt, sogar der offiziell oder in- Miell hinzutretende amerikanische Vertreter. Das Ganze ist also ein geschickter taktischer Gegenzug Frank- > lejchs gegen das englisch-amerikanische Zusammenspiel, ^s aus den Veröffentlichungen des Briefwechsels zwischen ^N'.on und Hughes ersichtlich wurde und in dem ja diese Sachverständigenkommission den Drehpunkt der Diskussion bildete. Sofort springt Poincarö zu, bemächtigt sich des 'Projekts, dreht es, wendet es, knetet es, formt es um, und sin Ende ist ein Gebilde daraus geworden, mit dem auch er 'bcrans einverstanden ist. Und die andern lassen sich ^Pieren. i . Wir fürchten, daß wie immer so auch dieses neue Gc- "lde der Sachverständigenkommission Poincarös Geist llmen wird. Und inzwischen hat er hinter diesem taktischen Schleier Zeit genug, seine strategischen Ziele an Rhein und ^uhr zn erreichen. Dr Ile MMe Regierung abgesetzt. ! Reichsminister a. I. Ir. Heinze Reichskvmmissar in Sachsen. Dresden, 29. Okt. Der Herr Reichs kanzler hat den Reichsminister a. D Dr. Heinze zum Reichskommissar sür Sachsen ernannt Dresden, 29. Oktober. Das Wehrkreiskommando gibt bekannt: In Aussührnng der vollziehenden Gewalt verordne ich: Bis zur Einberufung des Landtages durch den von dem Herrn Reichskanzler ernannten Reichskommissar findet ein Zusammentritt des Landtages nicht statt. Dresden, den 29. Oktober 1923. Der Militärbefehlshaber: Müller, Generalleutnant * * * Kurz die Vorgänge: Die Sächsische Landtagsfraktion mit dem Landes vorstand der Kommunistischen Partei haben an das werk tätige Volk Aufforderungen ertasten, in denen es heißt: „Wir Kommunisten erklären: Wir pfeifen auf das Verbot der Hundert schaften durch de« Herrn General. Wir pfeifen auf alle Verbote und Erlasse, die noch kommen werden. Wir find in die Regierung eingetreten, um gemeinsam mit den Sozialdemokraten die werk tätige» Massen zum Kampf gegen die Militär diktatur, Faschismus und Aushungerung zu mobilisieren. Wir werde« die Mafien mobilisieren, mag der General «och so gut tanzen, wie die Schwer industrie, die Junker, Spekulanten «nd Faschisten pfeisen. Wir sorder« die Arbeiter auf, das Verbot der Hundertschaften mit der Ausstellung unzähliger neuer Hundertschaften, das Verbot der Aktions ausschüsse mit derBildung von Aktionsausschüssen in jedem Betrieb zu beantworten " Das hat den Geduldsfaden der Reichsregierung an scheinend zerrissen. Folgende heute vorliegenden Meldungen zeigen, daß der Konflikt Berlin—Dresden den höchsten Grad der Zuspitzung erreicht hat. Berlin, 27. Okt. Der Reichskanzler hat de« sächsischen Ministerpräsidenten Dr. Zeigver aus- gesordert, den Rücktritt 1»er derzeitigen sächsischen Landesregierung herdeiznsühren» da die Reichs regierung die gegenwärtige sächsische Regierung nicht mehr als eine Landesregierung anerkenne Der Reichskanzler hat dabei zum Ausdruck ge bracht, datz er die Antwort des sächsischen Minister präsidenten im Laus« des morgigen Tages er warte und hat von de« Matznahmen Kenntnis gegeben, die die Reichsregierung im Falle einer Ablehnung ihrer Aufforderung sofort ergreifen werde. Sachfen will nicht. Das sächsische Gesamtministerium hat daraufhin be schlossen: „Die sächsische Regierung lehnt das Ansinnen des Reichskanzlers, zurückzutreten, entschieden ab. Ei« politischer Anlatz dazn liegt nicht vor. Rechtlich ist das Verlange« der Reichsregierung nach der Reichsverfassung unzulässig. Nur der sächsische Landtag ist legitimiert, dis Regierung Sachsens abzuberufe«. Solange das nicht geschieht, wird die sächsische Regierung aus ihrem Posten ausharre«. Sie wird aber alsbald im Laadtage eine Entscheidung hierüber herbeiführe»." Ein Reichskommiffar für Sachsen? Die halbamtliche Antwort des Reichs vom 28. Oktober: Der Reichspräsident hat durch eine heute erlassene Verordnung de» Reichskanzler ermäch tigt, die sächsische Regierung und notsalls andere sächsische Behörden abzusetze«. Der Reichskanzler wird auf Grund dieser Ermächtigung, nachdem nunmehr die Entscheidung dersächsischen Regierung gefallen ist, sofort einen Reichskommiffar sür de« Freistaat Sachsen bestellen. ES bleibt abzuwarten, wie sich die sächsische Regierung dieses an Deutlichkeit nichts übriglastenden Hinweises gegen- s über verhält. Die Berechtigung des Reiches scheint klar gegeben zu sein im Artikel 48 der Weimarer Verfassung, welcher lautet: „Wenn ein Land die ihm «ach der Reichsversassung oder nach de« Reichsgesetzen obliegende« Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalteu."— Das ist nun geschehen.