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Wilsdruffer Tageblatt : 01.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192311010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19231101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19231101
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-01
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 01.11.1923
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AilsäruNer Tageblatt Nr. 128 — 2 Llatt — 82 Jahrgang Mittwoch / vsnnerstsg ZI. OIrt. /1. Nov. IY2Z SZHrmg des Bezirksausschusses der AMLshKUytmarmschaft Meißen Montag, den 22. Oktober. «Schluß.) 7. Allgemeine Ermächtigung erteilt wurde der Amtshaupt Mannschaft zur Genehmigung der Gemeindesteuer ordnungen über die Erhebung einer Getränke st euer Voraussetzung hierfür ist, daß diese Steuerordnungen dem re- rierungsseitig herausgegebenen Musterentwurf entsprechen. Abg Keil regte an, für die Vergnügungssteuer das gleiche zu tun. Ter Referent. Reg.-Rat Freiherr von Miltitz wies daraus ffn, daß für die Vergnügungssteuer reichsgesetzliche Bestim mungen Geltung haben und die Amtshauptmannschaft bereits früher eine allgemeine Ermächtigung zur Genehmigung diese) steuerordnungen erhalten habe. Punkt 8 und 25 fanden gemeinsame Erledigung, indeni )er Amtshauptmannschaft allgemeine Ermächtigung erteilt wurd, M Genehmigung der Nachträge zu den Gemeindesteuer^ Ordnungen über die Erhebung von Sonderzuschlägen de) Nemeinden zur Wohnungsbauabgabe. Auch hier ist Voraussetzung, daß die Steuerordnungen der Gemeinden dew rllgememen Musterentwurf entsprechen. Tie Genehmigung des 12. Nachtrags zur Gemeindesteuer ordnung der Gemeinde Scharfenberg (Zuschläge zui Wohnungsbauabgabe), der Punkt 8 der Tagesordnung bil- üete, wurde mit dem vorherigen Beschluß ausgesprochen. 9. Ter 23. Nachtrag vom 27. 8. 1923 zur Gemeinde- teusrordnung für die Gemeinde Coswig (Sa.) — Zu vachssteuer und Grunderwerbsteuer betr. — wurde zenehmigt. 10. Ueber die Erhebung von Zuschlägen zu den Wohnungsbauabgaben von Bezirks wegen berichtete lleg.-Rat Tr. Merzdorf in dem Sinns, daß andere Be- urke von diesem Rechte keinen Gebrauch gemacht haben. Im Anschluß berichtete Regierungsbaurat Dr. Wilde für die Bau- ibteilung, daß die Geldbeschaffung für schadhafte Häuser im Lezirk dringend notwendig sei. daß man zurzeit der Baufällig- ieit der Häuser aber hilflos gegenübersteht. Eemeindevorstand ülöäner - Weinböhla glaubte sich auch von Zuschlägen nichts oerjprechen zu können. Ls würden damit nicht einmal die Ein- nbungskosten gedeckt werden. Auf Erhebung von Zuschlägen zur Wohnungsbauabgabe oon Bezirks wegen wird darauf verzichtet, dies vielmehr den Aemeinden überlassen. 11. Die Abtrennung neu zu bildender Flurstücke des Flur- mchcs für Diera von dem Grundstücke Blatt 10 des Grund buches für Diera: Veräußerer: Erhardt Hoyer, Erwerber: Wella Aostig und Johanna Hoyer, wird genehmigt. . 12. Zur Ausbringung der Unterhaltungskosten !ür das gemeinsame Eewerbegericht für Gemeinden im Lezirte der Amtshauptmannschast Meißen berichtete Dr. Kreis, laß diese Kosten bisher am Jahresschluß erhoben worden sind, ön Anbetracht der Verhältnisse sollen die Gemeinden zur Un terhaltung des Eewerbegerichts Vorschüsse leisten, da die Lerläge des Bezirks für die letzte Sitzung allein 13 Milliarden betrugen und bis zur vorletzten Sitzung schon 18 Milliarden kosten aufgelaufen waren. Gemeindeoorstand Glöckner-Weinböhla wies auf die kinanznot der Gemeinden hin, die, wenn nicht das Reich dahin lomme, den Gemeinden Steuervorschüsse zu gewähren, bald licht mehr in der Lage sein würden, Vorschüsse zu leisten. Dem Kassenbeamten des Gewerbegerichts wurden für seine nebenamtliche Tätigkeit für das laufende Vierteljahr 15 Gold- nark bewilligt. 13. Die Gewährung einer Abfindungssumme in Höhe von 5 Millionen Marl als Entschädigung für die der Ge meinde Robschütz jährlich gezahlten 85 Mk. Wegebaubeihilfe 14. /16. An Stelle des aus dem Wohlsahrlspstege- lusschuß geschiedene» Amlshauptmanns Dr. Sievert Wirt Lnushaupimann Schmidt, an Stelle der aus dem Verwal- ungsrat des Wettinstistes geschiedenen Frau ÄMtshauptmann bl. Sievert die Gattin des neuen Amtshauptmanns gewählt. , 15. Als einstweiligen Jahresbettrag zur Erhaltung oei äonnenllchtheilstätte Heimdall in Bad Elster werden 500 Mil wnen Mark bewilligt. 17. Die Aufwandsentschädigungen aus Bezirks- Atteln an die Mitglieder der Steuerausschüsfe Werder >ahin erhöht, daß die Tagegelder für Geschworene gezahlt Wer ¬ ren, zuschlägig der Wert eines jeweiligen Siundenloynes. Avg Lrepte war dagegen, daß selbständige Gewerbetreibende unl Landwirte in gleicher Weise entschädigt würden, wie die Ar reitermitglieder. Dagegen wandten sich die Abgg. Schreibe) md Tro schütz. 18. Das Gesuch der Direktion der Deutschen Oberschule ir stossen um Gewährung einer Beihilfe zur Beschassung von Lehrmitteln wurde Ler Konsequenzen halber abgelehnt. 1S. Die^ Abänderung der Jagdpacht st euer- , rdnung" zwecks Anpassung an die Geldentwertung wurde «ach eingehendem Vortrag von Reg.-Rat Dr. Falck aus Antrag »er Abgg. Schreiber und Steiger vertagt, da der An rag erst kurz vor der Sitzung den Abgeordneten zur Kenntnis lebrachi worden ist und somit keine Zeit zu eingehender Be- chäfttgung damit gewesen ist. Die Vertagung konnte um sc eichter erfolgen, als die Steuerordnung Wertbeständigkei) wrsieht. 19. Die Entscheidung der Kreishauptmannschast Dresden stnsichtlich der Eingemeindung des Rittergutes korditz nach Schletta, gegen die der Gemeinderat Korbitz rnd der Stadtrat Einspruch erhoben haben, geht dahin, daß das stittergut Korbitz nach Meißen einzuverleiben st. Da der Bezirk an der Erhaltung des Rittergutes als gute Zteuerquelle interessiert ist, wurde einstimmig beschlossen, beini sesamtministerium ein Gesuch anzubringen, um eine Ausnahme- Bewilligung vom K 2 des Einverleibungsgesetzes. Außerdem sob Anfechtungsklage fürsorglicherwcise beim Oberverwaltungs- «ericht erhoben werden. Das Gesuch soll zur eingehenderen Be- iründung durch Amtshauptmann Schmidt und Avg. Schreiber persönlich überreicht werden. 21. Der wertbeständigen Festsetzung der Gebühren für die Prüfung von Vierdruckapparaten und deren Leitungen wird nit einer kleinen Aenderung zugestimmt. 22. /23. Dem Austausch verschiedener Flurstücke in Brockwitz Wischen Pfarrlehen und einer Berliner Firma wurde zu- bestimmt. 24. Die Erhöhung des Anschaffungsbettrages für die -luto mobilmotorspritze der Stadt Meißen und mderwette Beschlußfassung wegen der Uebernahme der Kosten »er Unfall- und Haftpflichtversicherung für zwei Gespanne der Reißner Feuerwehr bei eventuellen Bränden im Bezirke wurde »ahin entschieden, daß der Bezirk ein Zehntel der tatsächlich ent- tandenen Anschaffungskosten (einschließlich der Nachbeschaffun- -en) übernimmt, die Uebernahme der Kosten der Unfall- und Haftpflichtversicherung aber ablehnt, weil diese in keinem Ver- jältnis zu dem Nutzen stehen würden, den der Bezirk von der Zpritze hat. 26. Das Ortsgesetz der Gemeinde Constappel vom 13. Ok- ober 1923 über die Vereinigung der bisherigen Ge- neinden Constappel und Gauernitz wurde ge- lehmigt. Die Gemeinden sühren fortan den Namen Constappel. Oer Name Gauernitz bleibt für den Ortsteil bestehen. Die Ge- neinderäte Leider Gemeinden treten unter dem neugewählten, uchtberufsmäßigen Gemeindevorstand zusammen. Die bis- icrigen Ortsgesetze müssen umgearbeitet werden steine Aufgabe ür die neuen Gemeindeverordneten. 27. Die Satzung über die Anstellungs-, Besoldungs-, Ruhe- jShalts- und Rechtsverhältnisse der Beamten und Stellcn- mwärter des Krankenhausverbandes Wilsdruff verden nach zwei Abänderungen genehmigt. Genehmigt wird oeiter 28. der 1. Nachtrag vom 14. September 1923 zum. Regulativ »es Plakatwesens in der Gemeinde Sörnewitz, der eine Er- chhung der Sätze unter Anlehnung an den Posttarif vorsieht. 29. /30. Die Wegebau-Unterstützungsgesuche der Gemeinden Nehren und Stahna werden berücksichtigt. Erstere erhält .6 Millionen, letztere 12Ve Millionen -- 50 °/° ihrer Kosten »gewiesen. Herr Steiger regt an, den Gemeinden eher florschüsso zu zahlen, damit sie besser in die Lage kommen, »je Arbeitslosen zu beschäftigen. 31. Allgemeine Ermächtigung wird der Amtshauptmann- chaft erteilt zur Eenehmigung von Ortsgesetzen, in denen Zu- chlüge zur Gewerbesteuer in dem vom Gesetz gegebenen »lahmen erhoben werden. 32. Der 25. Nachtrag zur Eemeindesteuerordnung für die gemeinde Coswig, die Erhebung einer Feuerschutz st eue/c »etr., wird genehmigt. Die Erhebung soll nach der Veranlagung »er Brandversicherung erfolgen. 33. Der Errichtung eines Kaufmannsgerichts ür den Bezirk der Amtshauptmannschaft Meißen wird prinzipiell ugestimmt. Die Einrichtung erfolgt in ähnlichem Rahmen wie »as Eewerbegericht. 34. Ein Antrag der Gemeinde Weinböhla auf An- »ringung von acht Sperrtafeln an den Straßen und fllätzen, die Sonntags für den Autoverkehr verboten sind, muß »er hohen Kosten halber auf später zurückgestellt werden. Nab uns kern. o Zahlreiche Berliner Gastwirtschaften geschlossen. Der Besuch der Berliner Gastwirtschaften und Hotels ist in den letzten Wochen sehr zurückgegangen. Es mußten daher zahl reiche Gaststätten ihre Pforten schließen und die überflüssig den Angestellten entlassen. Ein Restaurationsbetriebunter- nehmen, das weit über Berlin hinaus bekannt ist, hat be schlossen, von seinen vielen Filialen die im Norden und Osten der Stadt gelegenen zuzumachen. O Die Opfer der Hamburger Putschtage. In Hamburg ist jetzt noch ein Beamter der Schupo seinen Verletzungen er legen, so daß sich die Zahl der getöteten Polizeibeamken aus 14 erhöht hat. Die Zahl der Toten und Verwundeten auf kommunistischer Seite konnte noch nicht festgestellt werden, da der Sanitätsdienst der Kommunisten die Verletzten und » auch die Toten weggeschafft hat. In die Krankenhäuser sind . bis jetzt 75 Tote eingeliefert worden. — Das Verbot des Be tretens der Hamburger Straßen zwischen 11 Uhr abends ' und 5 Uhr morgens wurde aufgehoben. Die Zehnuhr- Polizeistunde bleibt bestehen. O Professor Max Kauffmann vermißt. Professor Dr. Max Kauffmann-Halle, der weitbekannte Nervenarzt, ist von einer Hochgebirgstour in der Schweiz bisher nicht zurück gekehrt. Da man seit dem 15. September kein Lebens zeichen mehr von ihm erhalten hat, muß damit gerechnet werden, daß er tödlich verunglückt ist. Alle Nachforschungen sind bis jetzt ohne Ergebnis geblieben. O Österreichs Hilfsaktion in Deutschlands Not. Aus Wien wird berichtet: Von der Hilfsaktion der deutschen Arbeitsge meinschaft und des Bundes der Reichsdeutschen in Österreich zur Linderung der Not in Deutschland sind bereits zwei - Eisenbahnwaggons mit Lebensmittelpaketen abgefandt , worden. Bei den Sammelstellen treffen fortgesetzt weitere s Lebensmittel für die Hilfsbedürftigen in Deutschland ein. — ; Die Gesellschaft der österreichischen Autoren, Komponisten - und Musikverleger hat beschlossen, einen Prozentsatz der j diesjährigen österreichischen Konzerttantieme jedes Mit- s gliedes der Gesellschaft den notleidenden Kollegen im Deut schen Reiche zu widmen und eine vorläufige Anzahlung von 10 Millionen Kronen diesem Zwecke zuzuführen. O VerlMgung des Insulins. Dem Professor der deutschen « Universität in Prag, Dr. Wiechowski, ist es gelungen, das s neue Heilmttttl gegen die Zuckerkrankheit, Insulin, in einer s Weise herzustellen, die den Preis des Präparats auf ein » Drittel des amerikanischen und englischen Preises herabsetzt. O Ein amerikanisches Unterseeboot gesunken. Das ameri kanische Unterseeboot „O 5" ist in der Limonbucht im Pa- - namakanalgebiet nach einem Zusammenstoß mit einem ! Dampfer gesunken. Fünf Mann der Besatzung des U-Bootes : werden vermißt. O Das Gold der „Laurentic". Wie englische Blätter melden, ist es gelungen, den gesamten Goldvorrat des j seinerzeit von einem deutschen U-Boot versenkten eng- s lischen Kriegsschiffes „Laurentic" zu bergen. Die Summe, l die durch Taucher im Laufe der Zett zutage befördert - wurde, beläuft sich auf 6^ Millionen Pfund Sterling. Die englische Presse stellt fest, daß die von Leu deutschen r U-Booten versenkten Schiffe ziemlich unversehrt geblieben , sind, so daß es verhältnismäßig leicht ist, die gesunkenen ! Schätze zu heben. ttsnäsi unü Verkehr. vllirtlchattsLsftlen vom 2H. vktodei» 1Y2S. 1 Goldmark: Berl. Briefkurs . . 15515000600 Papiermark , 1 Dollar Goldanl. (Berliner Kurs) .... 65 Milliarden - 1 Dollar Schotzanw. (Berliner Kurs) .... 79 Milliarden - Reichsdankvirkont .... Monatlich 7'/»°/«, jährlich 90°/„ j Reichsbanklombard .... wertbeständig Iv°/g jährlich do. . . gegen Papiermark 108 °/g jährlich j Goldankaufspreis 640 Dollar p. Kilogr. > Silberankausspreis (I-Mark-Stück) ..... 7000000000 ! Goldumrcchnungssatz für Reichssteuern . . . 15000'00000 j Reichsrichtzahl «Steigerung 350,0°,») 8045000000 ; Sächsische Gesamtrichtzahl (mir Bekleidung) . 2542000000 > (Steigerung 294,1°/, - GrotzhanLelsrichtzahl i 14600000000 (Steigerung 1237^) s Arzneitaxe für Waren u. Gefäße 15600000g für Arbeitsvergütung 3000000g Hotelsch lüftet 1500000000g « Flammen. Roman von Hans Schulze. Daß ihr sein Kommen lieb und sein Gehen leid war, wußte er, und er wußte auch, daß er nicht lange mehr die Kraft besitzen würde, diesen schönen, ernsten Augen gegenüber die Maske kühlbeherrschter Höflichkeit und gesellschaftlicher Förmlichkeit zu bewahren. Und imm«r wieder erhob sich in ihm die quälende Frage, ob es ihm nicht seine Ehre gebiete, diesem kaum erträglichen Verhältnis ein Ende zu machen, solange überhaupt für ihn Noch ein Zurück in Ehren möglich war. Da klang auf einmal ein kurzes Pferdeschnauben durch die leise rieselnde Abendstille. Alsleben zuckte zusammen, wie eine Woge von Glück » stieg es jäh in seinem Herzen auf. Eine hellseidene Bluse leuchtete zur Linken durch das !, Unterholz.^ In« nächsten Augenblick parierte die Baronin ihre Schim- Nielstute an seine Seite. „Man muß im Walde streifen, Wenn man ihn fahnden will", begrüßte sie ihn mit frohem Lächeln. „Wohin des Weges?" Alsleben lüstete den Hut. „Offen gestanden, um Sie zu treffen, gnädige Frau! Ver Schäfer haste mich angeknurrt, daß Sie nach dem Walde VNübergeritten seien." „Iä, der alte Thomas ist fast noch bissiger als sein Hund!" Ersetzte die Baronin, den Trensenzügel kürzer fassend. „Aber ganze Gegend schwört auf ihn als Viehdoktor. Auch mein verstorbener Mann pflegte ihn immer erst zu konsultieren, ehe er den Wartenberger Tierarzt kommen ließ!" "Nun, diesmal hab' ich die Wissenschaft gleich aus erster Hand bemüht!" gab Alsleben lachend zurück. „Dr. Richter !°ar nachmittags in Pahlowiß und hat mich über die vermeint- "chc Erblindung des kleinen Vollblutes vollkommen beruhigt." r --Das ist ja sehr erfreulich!" war die Antwort. „Ich Mte mich um das arme Tier auch schon recht gesorgt. Ich will sagens am See entlang nach Hause. Wenn Sie frei sein Uten, würde ich mich über Ihre Begleitung sehr freuen!" Tr E Kopf gingen die beiden Pferde im verhaltenen wb den einsamen Buchenweg hinunter. Weiße Schaumstocken lagen auf den Sprungriemen und den Mähnen der schlanken Hälse und ein Helles Wiehern stieg dann und wann herausfordernd auf, wenn der Fuchs dem schnelleren Hunter an den Gurten zu bleiben suchte. Zuweilen gurrte es schläfrig im Holz. Eine Kinnkette klirrte, das «Zattelzeug knarrte leise. Und wie im Traum ging unablässig das kühle Blätterrauschen, das feine Märchenflüstern, indes die Sonne mit roten, harten Lichtern durch die ragenden Tannen zuckte. „Sie ritten durch den grünen Wald Bei Vogelsang und Sonnenschein —" Die alte Weise Tom des Reimers lag Alsleben auf ein mal im Ohr, daß ihm alles um ihn her wie verzaubert erschien, so voll Hoffnung, voll Glück. Ein Pirschweg zog sich zur Linken in Schlangenlinien durch den Hochwald, eine Wiese, wo die Lichter weich und ge heimnisvoll flimmerten, eine verborgene Schlucht, heimlich, verschwiegen alles. Schon längst war jedes Gespräch zwischen den beiden Reitern verstummt, als scheue sich ein jeder, die köstliche Stille dieser Stunde durch ein lautes Wort zu entweihen. Erst als die Pferde zum See hinablenkten, der jetzt zwi schen den dunklen Laubbäumen vor ihnen austauchte, unter brach die Baronin das lastende Schweigen. „Wollen wir nicht noch ein Weilchen absitzen?" bat sie. „Es ist so schön am Wasser, wenn die Sonne sinkt!" Alsleben stimmte freudig zu; mit einem raschen Sprunge war er aus dem Sattel und hob seine Begleiterin herab. Dann gingen sie nebeneinander über den weichen Ilfer- sand und er führte die Pferde. Ringsum die große Feier- stille des Tages, so tief und waldumhütet. Der See in endlos dämmernder Weite, von der Linie des hohen Forstes meilenfern umzogen. Ein einsames Fischerboot glitt mit steilaufgerichtetem «Segel wie ein Schattenbild durch die blauen Fluten. Und hoch am Himmel klang der heisere Schrei eines Raubvogels, der von der Jagd heimkchrend spät zu Neste zog. Alsleben hatte die Pferde ein wenig abseits geführt und die Zügel leise um einen Erlenstamm geknotet. Da standen sie, steckten die schmalen Köpfe zusammen, nickten und schüttelten sie dann wieder, als führten sie ein heimliches Gespräch gleich den beiden Menschen, die auf einem umgestürzten Baumstamm unten am Wasser faßen. Im zarten Dust verschwamm die Ferne. Der Wind hatte sich ganz gelegt. Aus den Wäldern stieg der Abend still hernieder uu^ Alsleben blieb noch einmal wie sinnend am Ufer stehen. „So hab ich mir ost die Heimat erträumt," sagte Als leben, „wenn ich in einsamer Tropennacht ganz allein durch die Pampas streifte, Wasser und Wald im Abendrot, Felder mit wogendem Korn, sonnendurchglühter Nadeldust und ein alter Gutshof, hoch ummauert, als ritten noch Quitzows durch das Land." Alsleben hatte sich eine Zigarette angestcckt und umfaßte mit sehnsüchtigen Blicken immer wieder das feine Profil der jungen Frau, das so still und ernst war, wie dieser Abend über Wald und «See. Seit langem schon war die Sonne hinter blaßrosa Schleiern zerronnen. Nur im Westen stand noch ein letzter goldener Schein, daß die schlanken Birken am Waldrand wie in lichten Feuer flammen glühten. Immer tiefer spann sich die Welt in Dämmerung und Dunkel. Und in dem schützenden Schleier dieses Dunkels öffneten sich allmählich die Herzen, daß sie zum ersten Male von allerlei Dingen sprachen, die sic bisher ängstlich in innerster Seele vor einander behütet hatten. Die Baronin erzählte aus ihrer Ehe, die fast ein Jahr zehnt lang so gleichmäßig dahingegangen war, daß sie ihr jetzt in der Rückschau des Augenblicks wie ein einziger glücklich ruhiger Tag erschien. „Mein Mann war mir ein guter Kamerad," schloß sie, „dessen jäher Tod eine große Lücke in mein Leben gerissen hat. Wenn auch unsere Liebe kein solches Weltuntergangsgewitter war, wie es Dr. Reinwaldt entfesselt, wenn er „Tristan und Isolde" spielt." Alsleben nickte gedankenvoll. „Ja, die Liebe!" sagte er. „Ein jeder Mensch erlebt sie t anders und wohl keiner hat ihre Tiefe ergründet. Auch in H mein Schicksal hat sie einst mit rücksichtsloser Hand eingegrif- fen, daß ich noch die Narbe davon fühle und damals meinte, ich müßte ein Weltmeer zwischen mich und jene Liebe legen. ! Ich bin ein schwerblütiger Mensch," fuhr er dann nach kurzer , Pause fort. „Aber gerade darum hat es mich vielleicht um so L tiefer gepackt." (Fortsetzung folgt.)
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