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n die 1000V )000v 1000V )O0VV 10000 10 OOV 1OO0V 151S leider AilsäruNer Tageblatt Ni». I2L — 2. Matt — S2. Jahrgang vlrnrlag / MittwoM 2Z. / 2». Oktober ty23 Frankreich una clie ^rsnrolen Nicht nur in der gegenwärtigen, nein, zu jeder Zeit ist Frankreich ein Zankapfel der Welt gewesen, galt der Franzose als Unruhestifter und Friedensstörer. An einigen Aeußerungen, die nicht nur aus deutschen Federn stammen, möge dies erneut in die Erinnerung zurückgerufen werden: rührt erdiger oder ilkohol chende ht seit Buck Sinais lerung 8 nur > nicht gegen >fer in in der Goethe in „Wilhelm Meisters Lehrjahren": „Französisch ist recht die Sprache der Welt, wert, die allgemeine Sprache zu jein, damit sie sich nur alle unter einander recht betrügen und belügen können." Bismarck am 20. August 1893 zu den Vertretern Thü ringens in Bad Kissingen: „Seit 1871 aber haben wir doch jo ziemlich Ruhe vor diesem Nachbar (den Franzosen!), den uns Gott gegeben, damit wir uns wachsam erhalten." Carlyle, der englische Historiker, am 18. Nov. 1870: „Niemals hat eine Nation einen jo schlimmen Nachbarn gehabt wie Deutschland an Frankreich während der letzten 400 Jahre, schlimm in jeder Beziehung: anmaßend, räube risch, unersättlich, unversöhnlich, ständig aggressiv. . ." ne be-i blätter Schiller gehend. Körner haben? Semül" Derselbe am gleichen Tage: „Cs gibt kein Gesetz der Natur, das ich kenne, keinen Parlamentsbeschluß des Himmels, wonach Frankreich allein unter allen irdischen Wesen nicht einen Teil seines geraubten Gutes zurückgeben sollte, wenn die Eigentümer, denen es entrissen wurde, Gelegenheit haben, es zurückzunehmen. Nie mand außer Frankreich im gegenwärtigen Augenblick glaubt, daß ein solches Naturgesetz existiert. Weder Elsaß noch Lothringen sind in so göttlicher Weise gewonnen worden, daß das wahrscheinlich wäre. Die Ränke Richelieus und das grandiose „lange Schwert" Ludwigs XlV. sind die ein zigen Rechtstilel Frankreichs auf diese beiden Länder . . ." mnnte.) n Ein- )at de" arm P r Haus naltees, as, ei" Sicher- rde Gr eise zu rr. M Wasie- gen W > haben nd esse" bekamt zu cnl- rm Lite> d wäjjl Verfahren Tanneu- hekc ar- ut bau" ach. oortliche' lrthu' MAN- iele zrck Der französische Sebastian Chamfort in „Charak tere und Anekdoten" 1796: „Frankreich ist eine absolute, durch Gassenhauer ge mäßigte Monarchie." Einstweilen dürfte diese kleine Blütenlese genügen. In der Weltliteratur befinden sich Hunderte andere eingestreut, die zum Teil noch in weitaus schärferen Formen Frankreich und die Fran zosen charakterisieren. F. Weniger Beamte. Von einem alten Beamten wird uns zu den bevorstehen- Maßnahmen zum Abbau des Beamtenkörpers geschrieben: Es ist so oft davon gesprochen worden, von dieser Ver minderung des Beamtenkörpers. Ab und zu las man da von, daß der Haushaltscmsschuß ein paar Dutzend Beamten stellen strich, wodurch eine finanzielle Ersparnis weiter nicht herbeiaeführt wurde, weil die „gestrichenen" Beamten in anderen, freiwerdenden Stellen der Behördenorganisation , untergebracht werden mußten. Oder es wurden bei einer Reihe von Behörden die Anwärterlisten geschlossen, Neu einstellungen sollten nicht mehr stattfinden. Aber aus der anderen Seite brachten mehr oder weniger dringende staat liche Bedürfnisse unaufhörlich ein Anschwellen des Beamten apparates, nicht bloß der etatsmäßigen Beamten, sondern namentlich der auf Dienstvertrag Angestellten. Und schließ lich verursachte die Umstellung Deutschlands eine Vermeh rung des Beamtenapparates einmal dadurch, daß zahlreiche, meist höhere Beamte pensioniert oder auf Wartegeld gesetzt, zum andern deswegen, weil zahlreiche Beamtenstellen neu geschaffen wurden. Tas geschah namentlich in den Kom munen. . Schwoll so der Beamtenapparat rein zahlenmäßig an, so gewann er durch straffe Organisierung auch an innerer Stoßkraft. Ganz andere Auffassungen, als bisher ge- Nammen. Roman von Hans Schulze., „Ich freue mich sehr, liebes Kind, daß Sie sich doch noch entschlossen haben, sich heute an unserer kleinen Familien feier zu beteiligen. — Graf Eickstädt, der künftige Gatte meiner Schwester. — Herr Leutnant von Tettau. — „Fräulein Hella Hansen, eine Freundin meines Hauses!" Hella hatte mit der vollendeten Sicherheit der großen Dame zur Seite Alslebens Platz genommen und umfaßte mit einem rasch prüfenden Mick die Zusammensetzung der Tisch gesellschaft. Der vkelgerühmte Spargelpudding Fräulein Grigoleits wurde in diesem Augenblick auf einer schweren Silberplatte herumgereicht, und die in der allgemeinen Unterhaltung ein getretene kurze Sülle wich wieder einem langsam schwellen den Stimmengewirr. Die Baronin hatte gleich nach der Suppe neben den üb rigen Weinen Schaumweine geben lassen, und damit vor al lem den Geschmack des kleinen Leutnants Tettau getroffen. Sein knochiges Nennreitergesicht glühte bereits bis in den Schädel hinein, während er Trude mit überlauter Stim me eine abenteuerliche Geschickte von einer nächtlichen Par forcejagd erzählte, die erst bei Morgengrauen in einer un geheuren Moiweinbowle geendet hatte. In der Mitte der Tafel beherrschte Graf Eickstädt die Unterhaltung. Er hatte etwas ungemein Liebenswürdiges in seinem ganzen Wesen, sei es, daß er Fräulein Grigoleit ein paar freundliche Worte über die künstlerische Höhe ihrer kulinari- fchen Leistungen sagte, oder Herrn von Alsleben in verbind lichster Form über eine landwirtschaftliche Kreisangelegenheit Auskunft gab. Gegen Herta war er von vollendeter Aufmerksamkeit, und doch entging es der stillen Wachsamkeit Dr. Reinwaldts sticht, daß seine Blicke sich zuweilen verstohlen zu Hella ver- wrten, mit einem leise werbenden Augcnaufschlag, der seine langen, dunklen Wimpern sehr vorteilhaft zur Geltung brachte. Immer wieder fesselte ihn der wunderbare Zusammen hang in den Farben seines Gegenübers: das flimmernde wogur, orangen m oen Gerst des Beamtentums etn. Be amtenstreik, Erzwingung von Gehaltserhöhungen durch Drohung mit Streik änderte vielfach das ganze Verhältnis der Beamten zum „Staat", also zum Vertreter der Gesamt heit. Änderte es aber so, daß eine immer stärkere Kluft zwischen den Beamten und den übrigen Staatsbürgern sich auftat. Ein überaus unerquicklicher, beklagenswerter Zu stand, der aber nun einmal vorhanden ist. Jeden Tag kann man es im Praktischen Leben beobachten: Hatte der Beamte ein keineswegs übermäßig hohes Gehalt, so drückte ihn doch nicht eine Sorge, die furchtbar schwer auf allen Nicht beamten lastete: die Sorge um das Alter. Wer konnte, selbst wenn er über ein hohes Einkommen ver fügte, Ersparnisse zurücklegen für das Alter, wer konnte etwas „auf die hohe Kante legen", da es eine „hohe Kante" tatsächlich nicht mehr gab. Darum das Drängen zu den Be amten- oder Angestelltenposten, verständlich, aber zu einer immer stärkeren Belastung, schließlich zu einer untragbaren Last führend. Ungeschicklichkeiten wie die Auszahlung einer außerordentlich großen Summe an die Beamten in einem Augenblick, da die Steuerschraube unerhört scharf angezogen wurde, die den Außenstehenden meist unklare Regelung der Gehälter- und Nachzahlungen und manches andere kamen hinzu, um die Dinge einer überaus starken Spannung zuzu treiben. Dazu nun noch die außenpolitischen Situa tiv n e n, die an das Reich die bekannten gewaltigen Forde rungen stellten, vor allem aber eine Balanzierung des Reichs haushaltes jede, aber auch jede Maßregel verlangten. Gleichgültig, ob damit irgendwelche Rechte der Betroffenen berührt werden oder nicht. Und die Situation ist nun auch derartig, daß der Staat, um sich selbst zu retten, die Gesamtheit des Volkes also von ihren Gliedern alles und jedes Opfer verlangen muß. Tief Hineingreifen muß er in das Schicksal des einzelnen wie damals, als es hieß, alles zu verlassen, Weib und Kind und — Amt, um mit der Waffe in der Hand die Gesamtheit, den Staat zu verteidi gen, dieses Einzelschicksal zu vergessen und nur eines als Ziel des Denkens und Handelns zu haben: die Rettung des Volkes und des Staates, der in Lebensgefahr war und ist. Denn immer noch ist Krieg, furchtbar-unerbittlicher Krieg, in dem der einzelne nichts, das Wohl der Gesamtheit alles ist. Unter diesem Gesichtswinkel find die Anordnungen über den Abbau der Beamtenschaft und der Ein schränkung ihrer Rechte zu betrachten, die auf Grund des Ermächtigungsgesetzes jetzt entworfen sind und demnächst erscheinen werden. Wo alle Opfer bringen, wo Millionen auf der Straße beschäftigungslos, arbeitslos, er werbslos herumirren, da muß auch die Beamtenschaft vor den Opfern nicht zurückscheuen. Sich fügen, will sie wirk lich Diener des Staates sein. Nur muß man es aufs tiefste beklagen, daß diese schwere Operation solange hinausge schoben wurde, eine Operation, die doch eines Tages kom men mußte. Allzu lange, weil sie zu einer für den einzel nen günstigeren Zeir hätte erfolgen können, nämlich damals, als unser Wirtschaftsleben noch Arme und Köpfe aufnehmen konnte, ja dringend danach verlangte. Dann wäre der Über gang nicht so schwer geworden, wie er es jetzt meistenteils wcrven wird. Aber man spute sich, an dieses Werk heran- zugehen. Die diktatorischen Vollmachten geben der Re gierung jetzt auch dazu das Recht. Vielleicht wird dann und damit auch das Verhältnis zwischen der Beamtenschaft uns der übrigen Bevölkerung, sic die Kosten des staatlichen Verwaltungsapparates zu tra gen hat, wieder ein besseres werden, besser aber auch dann, wenn die parteipolitischen Tendenzen ausgeschaltet werden. Das deutsche Volk will keine amerikanischen Zustände bei sich einziehen sehen, wo bei Änderung des jeweils herrschen den Parteisystems eine allgemeine personelle Umstellung des Beamtenapparates erfolgt. Jetzt weniger denn je. Diener des Staates sollen sie sein, ohne Rücksicht auf seine Form. Und wertn jetzt so viele Beamte ausscheiden müssen, dann darf nicht etwa irgendwelche parteipolitische Rücksicht, darf keine Vetternwirtschaft obwalten; denn sonst wird diese staatlich notwendige Maßnahme eine noch viel härtere, noch viel und viele verbitterndere werden, als sie es schon an und sür sich ist. Naft una kem. o EM KMvesmvrver verhaftet. Vor einigen Tagen wurde, wie seinerzeit berichtet worden ist, in Berlin ein siebenjähriges Mädchen namens Lucie Conrad ermordet aufgcfunden. Als Mörder wurde der Gelegenheitsarbeiter Heinrich Schaper ermittelt. Er hatte die Lucie Conrad aus Rache getötet, weil ihre Mutter, bei der er in Schlasstelle wohnte, auf seine Liebesanträge nicht eingehen wollte. Schaper, der sich seit dem Mordtage versteckt hielt, ist jetzt in Berlin verhaftet worden. O Ein großes Automobilunglück ereignete sich auf der Landstraße bei Ludwigshafen am Bodensee. Der Wein- Händler und Gastwirt Dreher sowie der Sodawassersabri- kant Ley aus Tuttlingen fuhren in rasendem Tempo im Automobil nach Meersburg. Bei der rasenden Fahrt über schlug sich das Auto und stürzte einige Meter tief in den Graben hinab. Beide Insassen wurden als gräßlich zu gerichtete Leichen unter den Trümmern des Automobils aufgefunden. O Scharfe Maßnahmen gegen den Hamburger Viehmarkt. Hamburg hat seit dem 15. Oktober auf dem Schlachtvieh markt eine Kommission eingesetzt, die einen Richtpreis fest setzt, der im allgemeinen nicht überschritten werden darf. Ani 18. Oktober war die Mehrheit der Kommission der Ansicht, saß ein weiteres Ansteigen der Viehmarktpreise nicht zu er warten sei und man daher von der Ausstellung eines Richt preises absehen könne. Da die Preise aber für Schafe auf über sechshundert Millionen für das Pfund stiegen, griff der Vorsitzende der Viehmarktüberwachungskommission ein, be schlagnahmte den Rest der Tiere und ließ sie der Gefängnis- Verwaltung in Pfuhlsbüttel überweisen. Dem Vorsitzen- sen der Viehmarktüberwachungskommission ist die Befugnis erteilt worden, auch entgegen der Mehrheit der Kommission einen Richtpreis festzusetzen, so daß sich solche Preistreibe, rcien nicht wiederholen können. G Explosion auf einem Petroleumwerk. In Lille er eignete sich auf dem Petroleumwerk der Gesellschaft Pavo u. Co. eine heftige Explosion. Das Petroleumlager von insgesamt 40 000 Litern stand alsbald in Hellen Flammen. Menschenleben sind nicht zu beklagen. Der Sachschaden dürfte sehr erheblich sein. Nach den letzten Mitteilungen gelang es der Feuerwehr, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. O Nuhrkindcr in Ungarn. In Budapest erwartet man die Ankunft eines Transportes Kinder aus dem Ruhrgebiet, seren Ellern von dort ausgewiesen worden sind. Die Ver teilung der Kinder an die Budapester Pflegeeltern erfolgt vom Verein der Reichsdeutschen. Q Ei» englisches Postflugzeug ins Meer gestürzt. Das Postflugzcug, das den Luftverkehr zwischen Rotterdam und Loudon versieht, ist bei Goodwins ins Meer gestürzt. Die drei Insassen und der Pilot konnten durch einen Dampfer gerettet werden. Das Fluazeua und die Vosiiäcke versanken - v Die letzten Toten von Falkirk geborgen. In der Grube von Falkirk in Schottland unternahmen neun Ret tungsmannschaften den letzten Versuch, an die Stelle zu ! gelangen, wo man noch zwei überlebende des großen j Grubenunglücks vermutete. Trotz der erstickenden Anno- , sphäre und des noch immer bedrohlichen Gasvorkommens gelang es ihnen, den Schacht zu erreichen. Man fand jedoch j nnr noch die entseelten Körper der beiden letzten Opfer der Katasiropde. G Ein Opiumdampfer mit Mann und Maus verbrannt. Nus Java wird gemeldet, daß der aus Kalkutta kommende Dampfer „Ferrara-" ein Opfer der Flammen geworden ist. Die ganze Mannschaft ist verbrannt. Angeblich soll sich in dem Schiffsraum Opium im Werte von 4 Millionen hol ländischen Gulden befunden haben. Die Regierung von Holländisch-Jndien erklärt jedoch demgegenüber, daß der Dampfer nur ganz geringe Mengen Opium mit sich führte, die nach vorheriger Kontrolle zur Ausfuhr freigegeben waren. Vunte Tages-Chronik. Berti«. In Berlin-Schöneberg wurde der Theaterkarten- hündler Biosick in seinem Bett erstickt ausgefunden. Es wurde scstgestellt, daß eS sich um einen Raubmord handelt. Von dem Täter fehlt bisher jede Spur. Madrid. Auf der Straße von Casablanca nach Rabat (Marokko) stürzte ein Autobus, in dem sich etwa 80 Einaeborene befanden, in einen Abgrund. ' ' ' Gold des Haares, das Türkisblau der Augen, das kecke Not des üppigsüßen Mundes, aus dem zuweilen von den Zähnen ein weißes Blitzen aufschimmerte, wenn sie den schweren Rö mer mit dem bernsteingelben Steinberger Kabinett an die Lippen führte. Und quälend bohrte sich der Gedanke in sein Hirn, wo e'- dieser prangenden jungen Schönheit schon einmal begegnet war, die ihm gleichsam geboren schien, für ein Dasein voll Glück und Rausch in der ganzen bunten Luxusphantastik der großen Welt, und die hier auf dem einsamen märkischen Gut in der Stellung einer bezahlten Gesellschafterin bescheiden dahinlebte. Unterdes saß Herta, ein leichtes Kopfweh vorschützend, still seitab. Mit dem sicheren Instinkte des liebenden Weibes hatte Herta vom ersten Augenblicke an empfunden, wie der Bräu tigam von dem dämonischen Reiz getroffen worden war, der die schöne Feindin so seltsam verführerisch umwehte. Das Herz krampfte sich ihr zusammen, daß sie selber Zeugin sein mußte, wie er sich allmählich häufiger mit dem Sektkelch zu Hella hmüberneigte und mit seinen heißen Blicken das dunkle Blau ihrer Märchenaugen suchte. Wie ein reißendes Tier hatte auf einmal die Eifersucht über sie Gewalt gewonnen und den leidenschaftlichen Unter grund ihrer Natur in seinen geheimsten Tiefen aufgewühlt, daß sie kaum auf eine besorgte Frage der Schwester Bescheid zu geben oder sich ein gequältes Lächeln abzuringen ver mochte, als Leutnant von Tettau die sich ein wenig sektselige Trude mit Kasernenhofwitzen biblischen Alters zu unterhal ten begann. Mit starren Augen sah sie über den weichen Dämmer glanz der Tafel in die dunkle Weite des Speisesaales, aus der die Rundbogen des riesigen Büfetts in träumerischer Verschwommenheit feierlich-ernst hervorschauten. Sie fühlte sich so tief gedemütigt und in den heiligsten Empfindungen ihrer jungen Liebe verletzt, so elend, verzwei felt, daß sie am liebsten von ihrem Stuhle aufgesprungen und in den nächtlichen Park hinausgelaufen wäre, irgend wohin, wo sie niemand fand, um sich in einem stillen Winkel so recht von Herzen satt zu weinen. — Hella schien den tiefen Eindruck, den ihre fasznierend- Persönlichkeit auf den jungen Grafen ausübte, kaum zu be merken, oder doch absichtlich zu übersehen. Ihr schönes, stolzes Gesicht behielt den gleichen, kühlge lassenen Ausdruck, sie mied nach Möglichkeit die huldigenden Blicke ihres Gegenübers und suchte mit ihrer Unterhaltung immer wieder bei ihrem nächsten Tischnachbarn, vor allem bei der Baronin Anschluß, die mit Alsleben ein lebhaftes Gespräch über ihre Winterreise gekommen war. Me Namen Nizza, Mentone, Monte Carlo schwirrten durcheinander; der ewigblaue Himmel der Riviera leuchtete über dem azurfarbenen Mittelmeer. Dr. Reinwaldt, der längere Zeit in Süditalien gelebt hatte, schalt auf das gleisnerische Paradies menschlicher Sünde und Spielerleidenschast und pries dafür die reinere Schön- Heft des Golfs von Neapel, wenn die Sonne über der Tibe- riusinsel versinkt und der Vesuv seine rote Fackeln über die glücklichen Lande zu seinen Füßen erhebt. Auch Alsleben trat allmählich mehr aus seiner Zurück haltung heraus. Me Sehnsuchtsstimmung der Erinnerung beflügelte seine Phantasie und gab seinen Worten Glanz und Plastik, als er jetzt von dem Orchideenzauber in den Urwäldern Trinidad sprach und über den unvergleichlichen Eindruck zur Einfahrt in die Bai von Rio berichtete, wenn das Schiff ganz still und langsam durch die schwimmenden Morgennebel gleitet, als fürchte es mit dem Schrei der Dampfsirene das Duftgebilde einer Fata Morgana zu zerreißen und dann auf einmal das Märchen der gewaltigen, strahlenden Stadt aus der blauen Fluten des Mlantie aufsteigt; Rio de Janeiro mit seinen Bergen und Wäldern, seinen Buchten und Inseln, immer neue Micke entschleiernd in einer Fülle ewig-wechselnder Gesichter. Graf Eickstädt, der vor Jahren an einem Iagdausflug nach Indien teilgenommen hatte, erzählte von den toten Königsstädten der Singhalesen und rühmte ihre längst im Dschungel versunkenen Wunderbauten, ihre Stauseen, Tal- sperren und Kanäle, t»eren riesige Trümmer noch jetzt das Staunen der europäischen Reisenden erregen. „Wissen Sie übrigens, meine Gnädigste", wandte er sich dann in einer steinen Gesprächspause wieder an Hella, „daß mir damals auf der Heimfahrt über die Riviera eine leibhaftige Doppelgängerin von Ihnen begegnet ist?" (Fortsetzung folgt.)