Volltext Seite (XML)
Beilage zum Wilsdruffer Tageblatt. Mr. 117. 82. Jahrgang. Sonnabend/Sonntag den 6 /7. Oktober 1923 Das MgZeug m der Mschersr. Erkundung der Gewässer vom Himmel her. Man braucht sich nicht mehr zu wundern, wenn sich eines schönen Tages die Fischer nicht an Bord ihrer Boote, sondern an Bord eines Flugzeuges oder eines lenkbaren Luftschiffes begeben werden, um ihrem Beruf nachzugehen. Das Flugzeug als Helfer der Fischer ist die neueste Etappe auf dem Siegeszug des Aeroplans. In Amerika hat man bereits daran gedacht, für die Zwecke der Hochseefischerei einen besonderen Lustdienst zu organisieren. Schon vor Mei Jalren hatte ein kanadischer Flieger den Fischern von Neufundland wertvolle Dienste geleistet, und kürzlich glückte einem englischen Flieger auf dem Kanal die Auf findung eines großen Heringsschwarms. Unter allen Methoden der Aufklärung zur See ist für den Fischfang die mit Hilfe des Flugzeuges die weit aus beste. Vermöge seiner großen Schnelligkeit kann der Aeroplan in verhältnismäßig schneller Zeit ein weit ge dehntes Fischereigebiet aufklären, und wenn zwischen dem Apparat und den Fischerbooten ein Verständigungsmittol besteht, können seine Informationen mit gleicher Schnel ligkeit den Fischern übermittelt werden. Die Erkundung der Gewässer von Bord eines Flugzeuges aus ist nicht einmal sonderlich schwierig. Man hat oft genug festgestellt, daß das menschliche Auge ohne Mühe durch verhältnis- mäßig tiefes und klares Wasser hindurchsehen kann. Es ist also leicht, sich vom Apparat aus ein Bild'darüber zu machen, was die Wasser beherbergen, und beispielsweise eine Klippe von einem Sandberg, ein Algenfeld von einem Laichplatz von Fischen zu unterscheiden. In diesen Dingen leistet das menschliche Auge sogar bessere Dienste als der photographische Apparat, da es ungleich empfindlicher ans Farben reagiert. Die Fischplätze sind aber gerade durch ihre verschiedenen Färbungen kenntlich. So zeigt beispiels weise eine rötliche Zone den Zug eines Tunfischschwarmes und ein öliger Fleck einen Heringszug an, während in be stimmten Zwischenräumen aufblitzende Lichter die An wesenheit von Sardinen verraten. Man kann zu dem gedachten Zweck jeden Aeroplan, je des Wasserflugzeug oder auch ein lenkbares Luftschiff ver wenden, ohne daß es einer besonderen Herrichtung be darf. Das Flugzeug nimmt nur einen Piloten, den Be- obachter-und den Apparat für die Nachrichtenübermittlung an Bord. Der Beobachter ist mit einem Marinefernglas und einer Flinte ausgerüstet, die er gegen die Fischräuber gebraucht. Unter ihnen sind Robben und Wale die ge- fürchteisten. Besonders die Walfische stürzen sich in ihrer Freßgier sogar in Die ausgelegten Schleppnetze, durch deren Zerreißen sie großen Schaden anrichten. Der Beobachter, der sie in der Nähe eines Heringsschwarms sichtet, muß unbedingt alles tun, um ihnen den Weg abzuschneiden, Wenn seine Mühe nicht umsonst gewesen sein soll. Ll. st. politische RusMchsu. Eine Gedenkfeier im Wehrministerium. Im Gebäude des Rcichswehrministeriums wurden zwei Gedenktafeln enthüllt, die die Namen aller derer enthalten, die als Angehörige der militärischen Zentralbehörden im Kriege geblieben sind. Die Tafeln verzeichnen die Namen von 118 Offizieren und 78 Beamten, die ihre Treue zum Vaterland mit dem Tode besiegelten. Der Ches der Heeres leitung hielt dabei eine Ansprache, in der er sagte: Liegt Deutschlands Kraft, Ehre und Eintritt nur in der Vergangen heit? Und wir, wir überlebenden, lassen kraftlos, ehrlos und uneins das Reich in Stücke gehen? Aus diesen Tafeln sprechen die Toten zu uns und fordern, daß hier in diesem Haus, dessen Eingang sie weihen, noch eine Stätte bleibt, wo mit heißem Herzen und kühlem Kopf gearbeitet und, wenn es nötig ist, gestorben wird. Für das Reich! Aus In- und Ausland. München. Der Generalstaatskommiffar Dr. v. Kahr hat den „Völkischen Beobachter" wegen eines Artikels „Artille risten feuerbereit!" auf zehn Tage verboten. Der Reichspost- minister hat den VersanD des .Völkischen Beobachters" durch die Post verboten. Weimar. Ein Groß-Thüringer Betriebsrätckongreß ist für den nächsten Sonntag nach Weimar einberufen worden. Es ist anzunehmen, daß im Vordergrund der Verhandlungen die Stellungnahme zur Regierungsbildung in Thüringen sicht. Börse und Handel. Was kosten fremde Werts? Börsenplätze Holland 1 Guld. Dänemark 1 Kr. Schweden 1 Kr. Norwegen 1 Kr. Schweiz 1 Fr. Amerika Doll.*) England IPfd. Frankreich 1 Fr. Belgien 1 Fr. Italien 1 Lira Tt.-Sst. 1 Kr. Ungarn 1 Kr. Tschechien 1Kr. 4. 10. gesucht s angeb. 215460000!216540000 96558000 145635000 86383500 97948500 97042000 146365000 86816500 98445500 548625000551375000 L«S7ö>>0Vy! 2S0SL50VD0 31920000- 32080000 26932500! 27067500 24438750! 24561260 7730! 7770 27630, 28070 16359000 16441000 gesucht ! angeb. 172577500 173432500 77805000! 78105000 116508000 117992000 69625500 78403500 438900000 26134500 22144500 19750500 6184 23641 13117125 69974500 78796500 441100000 rosooaoovo 23275500 22255500 19842500 6215 23769 131S287S *) Nachbörslich Dollar 590—600 Millionen. Eine Goldmark -- 131279761 Vaviermark, dem nach eine Million Papiermark — 0,72 Goldpfennige. LeSenHMW- unk» Großhandelsindex. Anfang Oktober. Dit Neichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er nährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung und Bekleidung) beläuft sich nach den Feststellungen des Statistischen Reichs amis für den 1. Oktober auf das 40,4millionenfache der Vorkriegszeit. Die Steigerung gegenüber der Vorwoche (28,0 Millionen) beträgt somit 44,3 A. Die Kosten für die Lebenshaltung stiegen gegen die Vor kriegszeit im folgenden Maststabe: 1913/14 1, Juni 1923 7650 Juli 37 651, August K30 908, 3. September 1845 261, 10. Septein- ber 5 051046, 17. Septenrber 14244 900, 24. September W 000 OM, 1. Oktober 40 400 000. * Nm 133 erhöhte Groschmrdelspreisc. Der Stand der Großhandelspreise hat sich am 2. Ok tober nach den Berechnungen des Statistischen Reichsamts auf das 84,5millionenfache des Friedensstandes gehoben und ist gegenüber dem Stande vom 25. September (36,2millionen- sach) nm 133,2 A gestiegen. Die für den Durchschnitt des Monats September be rechnete Großhandelsindexziffer ergibt das 23,9millionen- fache des Friedensstandes und ist gegenüber dem Durchschnitt August (944 041fach) um 2436,8 gestiegen. WE und WWn. v. Die Milderung des arktischen Klimas -Die Trage, ob das Klima der europäischen RordpvttänLer eine Milderung er fahren hat, wird von Professor Hoel von der Universität Ebristiania, der kürzlich von einer Forschungsreise aus den PolarläuLern zurückgekehrt ist, in bejahendem Sinne beant wortet. Der Gelehrte, der den Südteil von Spitzbergen durck- wrschte, wär von der Bäreninsel ausgeqangen und hatte das Meer bis zu 81 Grad 29 Min. eisfrei gefunden. Die Höchst temperatur. die gewöhnlich 4 Grad nicht überstieg, hat im ver gangenen Sommer 19 Grad erreicht. Im Zusammenhang mit dieser stärkeren Erwärmung bat auch die arktische Fauna eine Veränderung burckgemacht. Der Eisbär ist verschwunden, und die Seehunde sind weit nach Norden ausgewandert: dafür findet man jetzt dort Bänke von Heringen, die in dieser Gegend bisher unbekannt waren. Professor Hoel glaubt, die Tsmpe- ratnränderung der Ablenkung eines Teiles des Golfstroms zu schreiben zu dürfen. Diese Vermutung wird übrigens auch durch Beobachtungen anderer Reisender bestätigt. n. Ist das Telephon ein Krankheitsverbreiter? Die Mikroben- fürchi, die heute die Menschheit beherrscht, hat in erster Reiche den Lelephonapparat dahin verdächtigt, daß er Ler Verbreitung von Krankheitskimen Vorschub leiste. Die britische Postver waltung hatte, um diese alten, seit Jahren immer wieder laut gewordenen Befürchtungen zu zerstreuen, eine Reihe von Unter suchungen ungeordnet, die dem Ziveck dienen sollten, einmal ein wandfrei festzustelkn, ob der Fernsprecher wirklich das Miß- trauen, das nach dieser Ricktuns boctebt. rechtfertigt. Da man reiht sich Wildderg, wo 1227 Adela v. Wildberg — nach dem Orte nannte sich mithin ein adliges Geschlecht — dem Afrastifte zu Meißen ein Eigengut (Wob), also ein Vorwerk, verehrte. 8m Jahre 1398 vertauschten es die Chorherren gegen Wachtnitz (Wachsmutitz) am Ketzerbache (unweit der Stadt Lommatzsch); das Vorwerk Wildberg aber übernahm als ein bischöfliches Lehn ber Burggraf von Meißen. Mit dem Erlöschen seines Geschlechtes siel es dem Bischof anheim, und 1468 finden wir es in den Händen der Kundigen, jener bekannten Dresdner Patrizierfamilie. Bereits 1397 waren damit die Gebrüder Hans und Friedrich Kundige burggräflich-meißnische Lehnsleute. An dem benachbarten Weisttopp empfing 1233 laut einer testamentarischen Verfügung des Edlen Herrmanns l. von Schönburg sein Hauskloster Geringswalde (zwischen Waldheim und Rochlitz) u. a. auch das Kirchlehn des Ortes. Von großem Einfluß aus die ganze Gründung war der dortige Pfarrer (Pleban) Gottfried, der auch die Gründungsurkunde des Benedittinerinnenkonventes niederschrieb und vielleicht sein erster Propst ge wesen zu sein scheint'". 55 Nähre später, am 15. April 1288, überließ Friedrich I. von Schönburg seinen Teil von Weihtropp, das Vorderdorf, das Kirchlehn, die Küsterei, 6 Bauern und 8 Gärtner dem gedachten Kloster, das es bis zum Nähre 1543 (also ein Vierteljahrtausend) sesthlelt, um es damals kurz vor seiner Säku larisation für 118 Altschock und 14 Gr. an Leonhard v. Rvtschütz auf Weißtropp, der bereits das Hinterdorf besaß, zu veräußern. Nm Nähre 1307 stellen wir sest, daß das Domkapitel von Meißen den Bischosszehnten des Dorfes erhob. Er floß 1311 in zwei Teilen je einer Kanonikat-Pfründe zu". Nm Nachbarorte, in Höhn dorf, standen dem Kapitel 1350 an Einkünften 5 Talente zu. Das war fast das ganze Dorf; später besaß bas Rittergut Klipphausen nur einen winzigen Bruch teil desselben. Niederwartha mit Gruna besaß 1468 Dietrich Kundige. Bereits 1436 be fand es sich in dem Besitze dieser Familie. Nm Nähre 1485 ward es gegen Questenberg (Ouaskewicz) vertauscht; dieses Tauschs ist bereits in dem Register von cc. 1450 gedacht, also ganz deutlich, wie wir schon früher bemerkten, ein Nach trag, ganz erklärlich aus dem praktischen Gebrauch desselben. Oberwartha mit seinem Zweihusenvorwerk, dem Weinberge Liebenecke (bereits 1269 angeführt), mit verschiedenen Aeckern und Gebüschen stand bereits vor 1266 dem Kapitel von Meißen, wird auch 1277 und 1296 in Beziehung zu demselben gebracht. Nm Nähre 1354 hören wir von interessanten Koppelungen des Weihbischofs Franko, dem bas auf Lebenszeit zur Bewirtschaftung ausgesetzt worden war. Seine Bemühungen finden dann 1400 ihre Fortsetzung durch einen Amtsbruder und einzelne Domherren. Darüber ließe sich ein kleiner Artikel für sich schreiben; hier wollen wir es bei dieser kurzen Andeutung bewenden lasten. Ich gebe aber kurz den Inhalt von Urkunden wieder, die Oberwartha be rühren: a) 1266 erwirbt der Dom ein Vorwerk, das dem Meißner Hospital zu stand, insgleichen 2 Husen von Konrad von Wartha; b) 1269 gelangen Aecker Er kitt bereits 1215 als Pfarrer von Viszig (lies Visdrop) auf und trug zum Kaufschilling des Dorsts Gödissa (bei Altenburg) bei, das seine Pakone Hermann l. und sein Sohn Hermann II. von Schönburg dem Kloster Pegau für die dortige St.-Otto- Kirche verkauften; darum sollten er und nach ihm seine Neffen Siegfried und Gottfried, beide von (d. i. aus) Pegau genannt, der erstere übrigens ein Meißner Domherr, die Nutznießung des Ortes auf Lebenszeit haben. Der Preis für denselben betrug, nebenbei bemerkt, 182 Mark Silber " Dieser Bischofszehnt war an und für sich eine kirchliche Angabe, ward aber durch Uebertastung an Laien ein weltlicher Zinsertrag. kirchen (Neukirchen, Roffchönberg), 3. GroiUch (Heinitz, Notischvnberg), 4. Burk- hardswaide (Rostchönberg, Taubenheim), 5. Seeligstadt (desgleichen), 6. Birken hain (Reinsberg, Wilsdruff), 7. Herzvgswalde (desgleichen), 8. Helbigsdorf (Weiß- tropp, Rvtschvnberg), 9. Kestelsdvrs (Religions-, Prokuraturamt), 10. Kaufbach (Prokuratur-, Schulamt), 11. Hühnborf (Prokuraturamt, Klipphausen), 12. Stein bach bei Unkersdorf (Maxen, vordem Wilsdruff, Scharfenberg); ^dreifach: 13. Mendorf (Nieder- und Oberpolcnz, Taubenheim), 14. Grumbach (Reinsberg, Limbach, Wilsdruff), 15. Braunsdorf (Braunsdorf, Wilsdruff, Maternihospital); c) vierfach: 16. Röhrsdorf (Limbach, Wilsdruff, Scharfenberg, Taubenheim); d) fünffach: 17. Niederhermsdorf (Religionsamt, Materni, Kleinopitz, Klingen berg, Wilsdruff). Bedenken wir noch, daß wir es auf engem Raume mit neun Aemtern zu tun haben, so kann man sich gut vorstellen, wie bunt das Kartendilb werden müßte, salls man ein solches entwerfen wollte. Das ist aber eine Er scheinung, die jedem auffallen wird, der sich mit mittelalterlicher Geographie befaßt. Auch wollen wir beachten, daß allein sechs Aemter aus früheren geistlichen Be sitzungen gebildet worden sind, ganz zu geschweigen der vereinzelten Güter, die in folge der Säkularisation um die Mitte des 16. Jahrhunderts in weltliche Hände übergingen. Dieser Umstand beleuchtet nach einer andern Seite hin die eigentüm liche Mischung, die jedem mittelalterlichen Besitzstände anhaftet"". Wir nähern uns nun wiederum dem Mittelalter, indem wir eine Liste der Grundherren unserer Gegend zusammenstellen, wie sie sich aus den Visitations- berichten der Nähre 1539/40 ergeben; es sind zugleich die Patrone der betreffenden Pfarrkirchen. Ddr Landesherr, Herzog Heinrich, tritt nur für Fördergersdors mit bem Stabilem Tharandt auf, an geistlichen Herrschaften erscheinen das Dom kapitel von Meißen (Kestelsdorf), die Zifterzienserabtei Altenzella (Nossen und Siebenlehn) und das Benediktinerinnenkloster Geringswalde, die bekannte Stiftung bes Hauses Schönburg (Weistropp). Was übrig bleibt, ist adliger Besitz. Da treten vor Älem auf die Schönberge, Hans auf Reinsberg (Wilsdruff, Grumbach), Kaspar ebenda (Reinsberg, Dittmannsdorf), Nickel auf Krummenhennersdorf (Herzogswalde), Anton auf Rotschönberg (Blankenstein, Schönberg, Burkhards- walde) und Peter aus Limbach (Sora, Limbach). Nhnen solgen der v. Mergen thal Neukirchen, Hirschfeld, Deutschenbora), die v. Miltitz auf Scharfenberg (Unkers dorf, Naustadt), die Ziegler auf Gauernitz (Constappel) und auf Klipphausen (Röhrsdorf), der v. Maltitz (Obergruna), der v. Staupitz (Tanneberg), der v. Haubold (Taubenheim) und der Marschall v. Bieberstein (das gleichnamige Kirchspiel). Wir haben mit all dem Gesagten einen sesten und genügenden Grund gelegt, aus bem wir stehen und hauen können. Der oberste Beamte bes Königs im Lande, später der Landesherr, war der Markgraf. Er führte das Aufgebot bes Landes im Kriege, er sprach im Lande Recht als besten erster Richter, er führte den Vorsitz und die Leitung im Landding, das am Kolmberge bei Oschatz zu tagen pflegte. Darum erhob er auch die Steuer in Form einer „Bede", d. h. er bat die Vasallen der Mark um einen Beitrag zu den Lasten des Landes. Die Steuer war dann regelmäßig, aber gebunden an die Bewilligung der Stände, d. h. zunächst des Adels und der Geistlichkeit, später auch der Städte. Seit 1089 war diese Würde erblich im Hause Wettin. Nn unserer Pflege übt der Markgraf das Bederecht, auch auf den kirchlichen Gütern, nur die "" Unsere Angaben entstammen Leonhardis Sächsischer Erdbeschreibung (1803), Bd. II, 48—52, 55, 57-66, 69, 71, 73, 75—79, 83 f., 90, 270 f., 275, 284—87, 299, 315 f., 318: III, 98-100, 143, 147-51.