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September. „Morning Post" wird aus Belgrad telegraphiert, daß die Revolution im Begriff sei, in Bulgarien den Sieg davonzutragen. Fast das ganze Land sei in den Händen der Revolutionäre. Alle Ver kehrsmittel seien von den Aufständischen abgeschnitten wor den und die Regierung in Sofia sei ohne Verbindung mit den Provinzen. Die Hauptstadt werde militärisch und wirtschaftlich blockiert. Die Lebensmittelvorräte gehen aus und man erwartet einen Marsch der Revolutionäre gegen die Stadt. Der König habe seine Abdankung ange boten, doch sei diese nicht angenommen worden. Alexan drow sei zum Polizeichef ernannt worden. Die Türkei als Republik. Konstantinopel, 25. September. Die Nationalversamm lung hat gestern in geheimer Sitzung den Entwurf bespro chen, in den, die endgültige Form der türkischen Siaatsvcr- fassung festgelegt werden soll. In unterrichteten Kreisen wird angenommen, daß der Gesetzentwurf die republikanische Staatssorm vorsieht. Das Staatsoberhaupt wird den Titel eines Präsidenten führen und mit ausgedehnten Vollmach ten ausgestattct sein. Als erster Präsident wird Mustapha Kemal genannt Aus Stadt und Land. W i i s d r u ff, am 26. September 1923. Von morgen ab —. Von morgen ab — drei harmlose Worte. Man hat sie früher auch mitunter gesprochen, aber ohne viel Nachdenken, so wie man manch anderes Wort spricht. Heute beherrschen sie unser Leben. Sie sind das Entsetzen der Hausmutter, die wirt schaften soll, das Grauen des Familienvaters. Alt und jung spricht und hört sie mit Schrecken. Selbst der ruhigste Phleg matiker fährt entsetzt in die Höhe, wenn sie vor seinen Ohren erklingen. „Don morgen ab? Um des Himmels willen! Ist schon wieder etwas von morgen ab?" „Von morgen ab" hetzt uns umher, stört noch die wenigen Ruhestunden, die uns in der Unrast des Lebens geblieben sind. Du willst einmal rasten bei einem guten Buch — schon klingt es: „Du musst doch Briese schreiben, schreib' sie ja heute, von morgen ob ist die Post teurer." — „Von morgen ab kostet das Brot so viel Millionen mehr," liest dir Hausfrau im Abendblatt, und schon jagt sie zum Bäcker, um heute noch ein paar „billige" Brote aus Vorrat zu kaufen. „Von morgen ab" ist das Leitmotiv unseres Daseins ge worden. „Von morgen ab steigt der Preis" — er steigt mit jedem neuen „morgen" von neuem. Er steigt für die Milch, für die Kohlen, für die Stieselsvhlen, für Fleisch, für Butter — gibt es überhaupt noch etwas, für das er nicht steigt? Kaum, öaß der Abend noch dem Vormittag gleicht. Ueber ein Einerlei in der Wirtschaftsführung kann keine Hausfrau mehr klagen. „Von morgen ab" ist die harte Geißel, die uns allen um die Ohren klatscht, im Hause wie im Leben draußen. Das Schicksal gebe, baß uns bald der Morgen kommt, der diesem schrecklichen „Don morgen ab" ein Ende macht! — Voraussichtlicke Witterung: Heiter bis wolkig, trocken, örtlich leichte Morgennebel, keine wesentliche Temperaturände rung, schwache bis mäßige Winde aus südlichen Richtungen. — Reichstagsabg. Ristau zum Ministerialrat ernannt. Der frühere Arbeitsminister Reichstagsabg. Paul Ristau ist zum Ministerialrat und Vorstand des Landcsamts für Kriegersiirsorge ernannt worden. — Tagesordnung für die Stadtverordnetensitzung am Donnerstag, den 27. September 1923, nachm. 7 Uhr: 1. Ein gänge und Mitteilungen, 2. Regelung der Entschädigung des Turnhallenhausmanns. 3. Erhöhung der Gebühren der Heim bürgin, 4. Beihilfe für die Gemeindediakonie, 5. Neuregelung des Vertrags mit Obergärtner Bäuerle, 6. Erhöhung der Ent schädigung des Branddirektors für Revision der Feuerstätten', 7. Hundesteuer betr., 8. OistSgesetz zum Reichsmietengesetz, 9. Verschiedenes. An unsere Postbezieher! Wie wir schon wiederholt mitgeteilt haben, müssen wir nach den postalischen Bestimmungen die monatlichen Bezugsgebühren bis spätestens am dritten Tage des vorhergehenden Monats anmelden. Die weitere katastrophale Geldentwertung hat die Zeitungs verlage gezwungen, vom 1. September ab zur wöchentlichen Er hebung des Bezugesgeldes überzugehen. Bei unseren Post beziehern läßt sich das aber aus postalischen Gründen nicht durch führen. Wir müßen und mußten deshalb auch in diesem Monat mit Bezugsgebühren-Nachsorderungen an unsere Postabonnenten herantreten. Diejenigen Abonnenten, die das „Wilsdruffer Tageblatt" in der Geschäftsstelle abholen, haben bezahlt: für die erste Septemberwoche für die zweite Septemberwoche für die dritte Septemberwoche für die vierte Septemberwoche 500 MV Mk., 1000 000 Mk., 2000 000 Mk., 7 000 000 Mk., 10 500 000 Mk., Von unseren Postabonnenten sind aber nur eingezogen worden .... so daß ein Rest verbleibt von . . Die Nachzahlung 650 000 Mk., 9 850 OOO Mk. für September in Höhe von 9 850V0V Mark ist von unseren Postabonnenten umgehend mittels der der heutigen Nummer beiliegenden Zahlkarte auf unser Postscheck konto Dresden 2640 einzuzahlen oder kann direkt in unserer Geschäftsstelle abgesührt werden. Ein großer Teil unserer Abonnenten. hat für die erste Septemberhälfte bereits 850 000 Mark nachgezahlt; für sie bleibt deshalb nur ein Rest von 9 Millionen. Wir ersuchen unsere verehrlichen Postabonnenten, unter Berücksichtigung der überaus schweren Verhältnisse, in denen sich die Presse befindet, und der fortgesetzten Geldentwertung, die Nachzahlung umgehend auf einer der vorgenannten Stellen bewirken zu wollen. Wer bis Freitag, den 28. September, diesen Betrag nicht abgeführt hat, bei dem wird er durch Postnachnahme zuzüglich der ganz bedeutenden Kosten eingezogen. Wer in dieser politisch schweren Zeit und der Wirtschafis- kämpfe ohne Zeitung bleibt, wird diesen Verlust nur zu bald schmerzlich empfinden. Verlag des „Wilsdruffer Tageblattes". — Herbstkartoffelernte. Zu der bevorstehenden Kartoffel ernte macht sich durch die bestehende Lebensmittelknappheit eine schnellste Zuführung der Kartoffeln nach den Städten dringend erforderlich und bietet die Sächsisch-Böhmische Dampsschifsahrt- Aktiengesellschast durch ihre günstigen Dampsschiffexpeditionen die beste Beförderungsmöglichkeit. Die Gesellschaft hat das größte Interesse an einer Verbilligung dieses wichtigen Lebensmittels dadurch gezeigt, daß sie bei der neuen Frachterhöhung ab 25. September cr. außergewöhnlich niedrige Frachtsätze für Kartoffeloerladungen erstellte. Nachdem diese Einrichtung seitens der Lieferanten und Verbraucher lobend anerkannt wird, nehmen wir Gelegenheit, auch in unserem Blatte auf die Vorzüge der Schiffsverladungen hinzuweisen. — Anpassung der Gemeindeabgaben an die Geldwert- änderung. Nach einer vom Gesamtministerium auf Grund des Artikels 40 der Verfassung erlassenen Notverordnung sind Ge meindesteuern, die nach festen' Sätzen erhoben werden und sich nicht ohne weiteres der Geldwertändcrung anpassen, innerhalb der etwa durch Reichs- oder Landesgesetz festgesetzten Höchstsätze anzupassen an die seit dem 1. April 1923 einaetretene Geldwert änderung. Die für diese Anpassung maßgebliche Verhältniszahl wird jeweils vom Gesamlministerium festgesetzt und in der „Staatszeitung" veröffentlicht. Sie gilt für alle Steuertermine nach dem Tage der Veröffentlichung. Wird eine zu einem späteren Termin fällige Teilzahlung an einem früheren Termin im voraus geleistet, so ist dafür die für den früheren Termin festgesetzte Verhältniszahl maßgebend. Diese Bestimmungen gelten auch sür die landesrechtlich festgesetzte Zugtier- und Wanderlagersteuer, dagegen nicht für Zuschläge zur Grundsteuer, der Zuschlagsteuer zur Gewerbesteuer, der Zuschläge für die Wohnungsbauabgabe, sowie der Hundesteuer. Die Gemeinden sind aber berechtigt, die Steuerbeträge herabzusetzen. Für die Verzinsung rückständiger Steuern und anderer Abgaben, sowie sür Verzugszuschläge hierzu gelten die Bestimmungen des Ge- werbesteuergesetzes. Die Gemeinde kann in Einzelfällen die Zinfen und Zuschläge ganz oder zum Teil erlassen, wenn ihre Erhebung nach Lage der Verhältnisse eine unbillige Härte dar stellen würde. — Gebt dem hungernden Alter! Ein Bild, wie es trauriger Deutschlands Auge wohl niemals sah, bietet sich uns, bietet sich den Fremden jetzt überall: Bettelnde alte Männer und Frauen. Mit hohlen, verzweifelten Augen, mit eingefallenen Wangen, mit langen, dürren Händen, mit schwachem Körper stehen oder lehnen sie an den Häusern. Der Hunger steht ihnen an der Stirn geschrieben. Hier muß und kann viel geholfen werden. — Ladet sie an euren Tisch! Niemand braucht das Alter zu fürchten. Es sind hilflose Menschen, deren Kräfte verbraucht sind. Geht nicht achtlos vorbei, sondern sagt ihnen, wann und wohin sie kommen sollen! An tausenden Tischen wird noch immer ein Teller Essen übrig sein. Sei das Gericht noch jo einsach — es stillt den Hunger und rettet die Armen vor Verzweiflung. Ein jeder soll geben nach seinem Stand, einmal oder mehrmals in der Woche. Raset nicht mit dem Auto vorüber, nehmt sie mit und gebt! Warme Dankestränen aus den hoffnungslosen Augen werden oft eure Hände netzen. Und wer die Alten nicht nehmen will, der lade die armen, hungrigen Kinder. Mir wollen und müssen dem harten Feinde zeigen, daß wir fest zusammenhalten wollen auch in der bittersten Not. — Außer dem sächsischen Pfarrcrstand dürfte es in ganz Sachsen keinen zweiten Stand geben, dessen Besoldung seit An fang August nicht wieder erhöht worden ist. Obgleich die Geld entwertung in den letzten Wochen von Tag zu Tag lawinenartig wächst, hak das Konsistorium noch immer keine Verordnung über eine Anpassung der Pfarrergehälter an die Gehälter der andern Beamten erlassen. Wünscht das Kirchenvolk eine derartige Zu rücksetzung seiner Pfarrer? — Die „Dresdner Volkszeitung" für die Soldaten verboten. Wie das sozialdemokratische Organ mitteilt, ist auf dem Truppen übungsplatz Königsbrück ein Schriftstück ausgehängt, wonach durch „Divisions-Tagesbefehl 440, Stabsbesehl 24. 9. 1923", auf Grund des 8 36 des Wehrgesetzes die „Dresdner Volks zeitung" sür alle Soldaten der Wehrmacht vom Reichswehr minister Verboten worden ist. — Das Obst nicht zu früh ernten. Die Obstreife verzögert sich in diesem Jahre. Durch zu frühes Ernten, namentlich auch der Pflaumen, wird der Zuckergehalt des Obstes herabgesetzt. In 100 Liter Obstsaft sind 12—14 Kilogramm Zucker enthalten. Der Obstbaum ist ein guter Zuckerlieferant. Im unreifen Zu stande enthält das Obst mehr Stärke, welche sich erst bei fort- schreitender Reife in Zucker verwandelt. Je reifer das Obst in der Küche verwendet wird, desto höher ist der Gehalt an Zucker. Es ist daher die Mahnung berechtigt, besonders Pflaumen nicht im unreifen Zustande zu pflücken, sondern fo reif wie möglich am Baum werden zu lassen. Auch Birnen, die gedörrt oder ein gekocht werden sollen, lasse man so reis wie möglich werden. In vielen Fällen geht die Umwandlung von Stärke in Zucker erst auf dem Lager vor sich. Gut ausgereistes Obst müßte vor der Verwendung in der Küche noch aus dem Lager nachreisen. Es ist dies bei den außerordentlich geringen Zuckervorräten von sehr großer Wichtigkeit. — Wer die Annahme von Reichsgeld verweigert, macht sich strafbar. Wiederholt sind Klagen vorgebracht worden, daß Reichsgeld, besonders in den untersten Werten, in Geschäften nicht mehr als Zahlung angenommen wird und daß auch öffent liche Kassen sich zur Annahme weigern. Demgegenüber fei f»st- gestellt, daß nach den gesetzlichen Bestimmungen jedes kursfähige Reichsgeld angenommen werden muß und daß sich jeder, der sich weigert, strafbar macht. — Falsche Zehnmillionenfcheine. In den letzten Tagen sind falsche Zehnmillionenscheine in den Verkehr gebracht worden, die daran kenntlich sind, daß das Wasserzeichen auf der Rückseite nur aufgedruckt und nicht, wie bei den echten Scheinen, durchgehend ist und daß die Fasern im Gelbdruck nur aufgelegt und leicht ab wischbar sind. Außerdem sind die Seriennummern teilweise un deutlich, teilweise fehlen sie ganz. ,0> Flammen. Roman von Hans Schulze. Jetzt aber war ihr in Alsleben ein Mann entgegen getreten, bei dem zum ersten Male ihr Herz gesprochen, der ihrem Leben einen ganz anderen Sinn und Inhalt gegeben hatte. Immer wieder glaubte sie sein schönes, stolzes Gesicht vor sich zu sehen, mit den tiefen, blauen Augen unter den kühn geschwungenen Brauen. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart so unsicher und un frei, als sei ihr ein Joch auf den Nacken gelegt worden, und doch war in ihrem Herzen kein Gedanke an Trotz und Wider stand, sondern einzig ein großes Vergnügen, sich aus ganzer Seele diesem neuen, wundersamen Gefühl hinzugeben, das ihr Mut mit einer so bangen und doch süßen Unruhe erfüllte. Und quälend und beschämend zugleich erhob sich in ihr «ine erste, leise Regung von Eifersucht auf Hellas sieghafte Jugend und Schönheit, daß sie in jäh ousbrechender Angst in ihrem Spiegelbilde nach den Spuren ihrer ochtundzwanzig Jahre suchte, die sie in diesem Augenblick fast wie eine per sönliche Schuld, wie eine schwere, körperliche Last empfand. Da klang auf einmal der Laut einer menschlichen Stimme an ihr Ohr. Ein deutlicher, unverkennbarer Ton wie das halberstickte Schluchzen einer Frau. Ueber ihr im Wohnzimmer Alslebens wurde ein Stuhl gerückt. Ein Schritt tappte vorsichtig über den Teppich. Jetzt ein hastiges unterdrücktes Flüstern, ein leises Türenklappen. Dann wurde es wieder totenstill. Unwillkürlich hatte sich die Baronin erhoben und lauschte Wit verhaltenem Atem. Konnte sie recht gehört haben? War wirklich jemand bei Alsleben im Zimmer gewesen? Mit lautlosen Schritten schlich sie zum Fenster und lehnte sich weit hinaus. Aus dem Fenster über ihr fiel ein matter Lichtstreif auf das Rosenparterre des Vorplatzes, sonst lag die ganze lqnge Front des Schlosses in nachtschwarzer Finsternis. Mit einer gewaltsamen Anstrengung richtete sich die Ba ronin endlich wieder empor und lauschte von neuem. Oben im zweiten Stock waren außer Alsleben nur Dr. Neinwaldt und Hella untergebracht. Sollte Hella Das Herz schlug ihr auf einmal bis in den Hals. Dann aber wies sie diesen sinnlosen Verdacht wieder weit von sich. Es konnte ja gar nicht anders sein, sie mußte sich ge täuscht und irgend einem vielleicht ganz harmlosen Geräusch in der seltsam erregenden Stimmung der mitternächtlichen Einsamkeit eine phantastische Deutung gegeben haben. Der Wächter kam mit blinkender Laterne vorbei, sein schwerer Schritt verhallte im Dunkel des Parkes. Irgendwo im Hause schlug eine Uhr mit langaushallen- dcn Schlägen. Dann wieder Stille, kein Laut, nur das stumme Wachsen und Sprossen, das Geheimnis des Werdens, das die schwei gende dunkle Nacht wie ein Zauber umspann. Ein großer Heller Siern leuchtete in glänzender Klarheit vom Himmel gerade zu Häupten der einsamen Frau; dahin ter über dem Wipfelsaum des Parkes schimmerten kleinere Sterne, unsicherer, entfernter. Ie näher der Morgen kam, um so matter glänzten diese, bis einer nach dem andern erlosch und verschwand. Und nur der Helle Stern stand noch lange Zeit und j leuchtete mild ung klar, wie zuvor. Sechstes Kapitel. Acht Tage waren ins Land gegangen. Acht Sommertage, so blau und sonnendurchglüht wie ein einziger voller Akkord quellenden Lebens. Ein Duft von Klee und Lupinen lag in der Luft, von reifenden Aehren und grünenden Wiesen. Es war ein gesegnetes Jahr und eine überreiche Ernte stand rings auf den Feldern. Alsleben arbeiatete während des Heu- und Kleeschnitts mit dem Aufgebot all seiner Kräfte. Vom ersten Laut der Morgenglocke bis zum Erlöschen der letzten Stallaterne war er auf den Beinen und er saß oft noch halbe Nächte rechnend an seinem Schreibtisch, bis sich die langen, schwarzen Zahlen vor seinen Augen verwischten. Die Baronin sah er in dieser Zeit nur selten. Er war schon am dritten Tage nach seiner Ankunft in das Kavalierhaus übergesiedelt und nahm infolge der Ar beitsüberlastung der Erntewochen auch nur unregelmäßig an den gemeinsamen Mahlzeiten teil. Er blieb in seinem Auftreten stets von der gleichen ruhi gen Höflichkeit und liebenswürdig-beherrschten Zurückhal tung, die sein ganzes Wesen kennzeichnete; der persönliche Verkehr mit der jungen Herrin behielt dieselbe freundichaft- lich-herzliche Forni, wie am ersten „Pastorssonntag", und doch lages seitdem zwischen ihnen wie eine leise, geheime Span nung, die sie im Gespräch oft aneinander vorbeisehen und ein Alleinsein unter vier Augen wie auf einen gemeinsam unausgesprochenen Wunsch nach Möglichkeit vermeiden ließ. Mit Hella war Alsleben während der ganzen Woche überhaupt nicht zusammengekommen. Sie hatte sich gleich am Montag auf Drängen der Baro nin zu einer spezialärztlichen Untersuchung nach Berlin be geben und hütete seitdem zur Schonung ihres Herzens für einige Zeit das Bett. An jedem Morgen hielt der alte Korbwagen des Warten- berger Kreisarztes vor dem Schloß, und die Baronin ver- - brachte ganze Tage am Lager der Kranken, um durch ver- dopvclte Liebe und Sorgfalt das vermeintliche Unrecht wett zumachen, das sie ihr in jener Sonntagsnacht in Gedanken angetan zu haben glaubte. Dr. Neinwaldt, der vor einiger Zeit durch eine größere Erbschaft von jeder Berufstätigkeit unabhängig geworden war und sich noch im Herbst an einer süddeutschen Universi tät als Privatdozent habilitieren wollte, arbeitete viel in der Schloßbibliothek; so kam es, daß sich der Zusammenhalt des kleinen Kreises allmählich ein wenig lockerte und vor allem die junge Baronin Herta meist sich ganz allein über lassen sah. In einer instinktiven Abneigung hielt sie sich nach Mög lichkeit von Hella zurück und beschränkte sich auf die aller- notwendigsten Anstandsbesuche, obwohl sich die Kranke mit dem Aufgebot oll ihrer bestrickenden Liebenswürdigkeiten deutlich genug bemühte, auch auf Herta Einfluß zu gewinnen. Um so enger schloß sie sich dafür an die gleichaltrige Trude Warkentin an und genoß mit ihr die ganze Ungebun- denheit des ländlichen Lebens. Die Baronin hatte zu Beginn des Sommers an einer Bucht des Sees ein kleines Badehüuschen errichten lassen, doch die jungen Mädchen kehrten sich wenig an die Grenzen der engen Dadekabine.