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7/ Üugust >r »r> ^UNft 6: V ledr. Beilage zum W Nr. 90. 82. Jahrgang. ilsdruffer Tageblatt. Sonnabend/Sonntag den 4/5. August 1923 er Str. stter! ritt ang. lis -guk >eiht ar. rrr« l, «, Meile 'reis- > ei lze 24. luren ät'en aus- rau! ufend Jäpel, n All ein. ikll r»r» rrckstr. en öelbst- ert'ieb lassen- er als nteres- k. bar tenlos AuS- reio Zeitz. W. xran f 74. äft tlstll lagen- tantl» Stelle- Betratztllllg M dea lO.SsMlsgNchLcmtatls Von Pfarrer Lindner, Blankenstein. Luk. 19, 42: „Wenn du wüßtest, so würdest du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient." So hat Jesus einst über die Stadt Jerusalem gesprochen, die nicht wußte, was für ein Geschick ihr dcvorstand, von der Jesus allein die rauchenden Trümmer und den Greuel der Verwüstung vorausgesehen hatte. Er entschuldigt die Stadt, wenn sie es wüßte, dann würde sie bedenken, was zu ihrem Frieden dient. Er entschuldigt die Stadt, da sie nicht weiß, daß es jetzt ihre Zeit ist, d. h. des Herrn Zeit, da der Herr ihr besonders sein Gebot zugedacht hat. Anders steht es, wenn wir die Worte v-vn dem Herrn zu unserem Volk gesprochen sein lasten. Vor unsern Augen ist es nicht verborgen, sondern wer Augen hat zu sehen, der kann es sehen, wieviel von unserm Volke schon in Trümmern liegt von Wohlstand, Besitz, aber auch von inneren Gütern, von Glauben, Sittlichkeit, Liebe und Treue. Jeder kann sehen, daß wir auf abschüssiger Bahn find, die ganz ins Verderben führt, wenn wir nicht bedenken wollen zu dieser unserer Zeit, was zu unserm Frieden dient. Es ist des Herrn Zeit für unser Volk, vom Herrn besonders s für uns bestimmt, nur an uns liegts, ob zum Segen oder zum s Fluch. Zuletzt auch dem Volke der Juden vom heutigen Tage j gilt dieses Wort des Herrn. Israel soll selig werden, das kann es wissen aus Jesu Mund. Das Evangelium wird auch den Juden gepredigt, es ist ihre Zeit, Gottes Gnade will sich auch ihnen nahen. Ach, daß sie doch bedenken wollten, was zu ihrem Frieden dient! Der sriedelose Ahasverus soll zum Frieden kommen, denn Christus ist unser Friede. Egoismus. Einen häßlichen Klang hat dieses Wort immer gehabt; noch häßlicher ward aber dieser Klang, als gerade vor neun Jahern, in Deutschlands schwerster Stunde, Italien dem Bundesgenossen die Hilfe verweigerte und das mit dem so berüchtigt gewordenen „saero egvlsnw", dem „heiligen Egoismus" zu begründen versuchte. Frankreich war unser Feind seit 700 Jahren, Rußlands gewaltige Größe griff fast selbstverständlich hinaus über die Grenzen, die von der Geschichte quer durch sein Volkstum gezogen waren und Blutsverwandte von ihm geschieden halten. Hier lagen also dem Wollen geistige, höhere Momente zugrunde. Aber Italien und — England? Im Jahre 1896 hatte eine sehr bekannte englische Zeitschrift geschrieben, feder Eng länder wäre um mehrere hundert Pfund Sterling in dem selben Augenblick reicher, da Deutschland zerschmettert würde. Und nach Ausbruch des Krieges beruhigte der englische Premierminister seine doch etwas besorgt gewordenen Landsleute mit dem Wort: „Business us usuul, — das Ge schäft ist wie gewöhnlich." Deswegen empfanden viele Deutsche im Kriege gerade England als den Feind, weil dieser kalte nackte Egoismus unserem eigenen Wesen so fremd, geradezu entgegengesetzt war. Es ist vielleicht ein Fehler in der deutschen Charakter anlage gewesen, allzu idealistisch zu sein, den berechtig ten Egoismus allzu ost zu verleugnen. Deutschlands ganze Geschichte ist ja ein Kampf um die Verwirklichung von Ideen, die von uns nur Opfer und Blut verlangten, aber unserem Volke nur Ausgaben höherer, geistiger Art stellten, materiellen Gewinn niemals eingebracht hätten. Wir vergaßen darob, daß ein Volk eine Persönlichkeit ist, die also alle Rechte und alle Pflichten einer solchen hat. Und sittliche Pflicht ist Daseinserhaltung der „Volkheit", wie Goethe sie nennt. Sittliche Pflicht für ein innae^ Volk. Wenn edle Herzen blute«... 85 Roman von Fr. Lehne. Man sagte Leander Uhlig den Mordversuch an Robert Markhoff aus den Kopf zu. Da begann er zu zittern; die Helle Angst sprach aus seiner, unruhig hin- und herirrenden Augen, aber doch leugnete er, stritt alles frech ab. Alma schrie auf; sie war einer Ohnmacht nahe. Das war doch unmöglich! Sic schüttelte ihn am Arm: „Leander, das ist doch nicht wahr, wie kann man denn das behaupten? Mein Gott", schluchzte sie, „ein solcher Verdacht —" „Es ist auch nicht wahr, ich verlange Genugtuung für diese Beschimpfung", stammelte er mit blutlosen Lippen. Sein Gesicht war förmlich verzerrt. „Das werden wir ja sehen. Vorläufig kommen Sie erst mal mit. Halt! Nein, das gibt's nicht!" Ter Mann des Gesetzes faßte ihn unsanft an dem Arm und riß ihn zurück. Leander war mit einem Sprung an der Tür, um zu entwischen. „Hallo, aufgcpaßt! — Das Bürschchen scheint doch kein reines Gewissen zu haben " Ein lähmendes Entsetzen lastete auf Alma. Mit weit geöffneten starren Augen blickte sie auf die Tür, die sich soeben hinter dem Bruder und seiner Begleitung geschlossen hatte. Es war, als habe ein unheimlicher, totbringender Gast das Zimmer verlassen. „Gustav!" schrie sie gellend auf und wollte sich dem Gatten, der während des ganzen Austritts still dagestanden hatte, in die Arme werfen. Doch er machte sich los von ihr und ging schwei gend hinaus. Für Monika Hennig war es eine Beruhigung, daß man ihr vorläufig jeden Besuch sernhielt. Nur auf Minuten hatte man ihrem Verlobten einmal gestattet, sie zu sehen, damit ihm die Angst um sie genommen wurde. Die Heilung der Wunde nahm einen normalen Verlauf. Es war eine starke Fleischwrmde am linken Oberarm. Doch es hatte sich ein, wenn auch leichtes, Wundfieber eingestellt, und der starke Blutverlust hatte Monikas ohnehin nicht starke Natur ziemlich erschöpft und geschwächt, so daß sie sehr der Ruhe bedürftig war. Robert Markhoff erkundiate sich jeden Taa per- 1!U, icmen Platz an ver «sonne zu enampscn, alle Bedingun gen zu erfüllen, die ihm die Freiheit seiner Persönlichkeits betätigung gewährleisten. Sittlichkeit ist aber Pflichtgebot auch im Völkerleben und nach der anderen Seite ist es eine Verletzung dieses moralischen Pflichtgebotes, wenn ein Volk ein anderes zer schmettern will, weil es ihm nicht etwa in der Betätigung einer Anlagen, seines Wissens und Könnens hindernd im Vege steht, sondern nur, weil es zu härterer, unbequemer Arbeit zwingt. So war das Verhältnis zwischen England und Deutschland. Feindschaft, Vernichtungswille nur darum, weil die Konkurrenz bedrohlich wird, damit zu bis her nicht nötigen Anstrengungen treibt, ist ein sehr unheiliger Egoismus. Tenn jenes andere Volk hat das Recht zum Da sein, es vernichten wollen, heißt Mord, und ist, so wie die Dinge liegen, auch unglaublich töricht. England wird zu seiner gegenwärtigen Einstellung gegen Frankreich ge zwungen auch wieder durch den Egoismus, aber durch einen berechtigten. Seit dem Kriege, der für England den größten Sieg seiner Geschichte bedeutet, hängt schwer und düster das graue Elendsgespenst millionenfacher Arbeitslosigkeit über dem Lande, und soeben erst wird festgestellt, daß der Ausfall der deutschen Produktion infolge des Nuhreinbruchs nur eine kurzfristige Arbeitsverinchrung in England be deutet hat, die Arbeiislosenziffer wieder weit über eine Million steht. Das Geschäft ist eben nicht „ss uLuai", wenn auch der Konkurrent vernichtet ist. Der englische Egoismus hat dem eigenen Leibe eine tiefe Wunde geschlagen. Das taten wir Deutsche aber auch selbst uns an in zahl losen Fällen. Wir denken zurück an den Krieg, und wieder steigt uns das ekle Gefühl hoch, das wir bei dem „Kriegs gewinnler" empfanden; aber dieses Gefühl wird vielleicht noch stärker, wenn wir an den „Nachkriegsgewinnler" denken. War jener Egoismus schon widerlich genug, da Deutschland und deutsche Volkheit um sein Dasein kämpfte, so wird er noch widerlicher jetzt, da dieses Deutschland blutend am Boden liegt, und nun wie die Geier jene egoistischen „Nach kriegsgewinnler" jeder Art nach seinem zuckenden Leibe hacken. Der Franzose schreit: „8nuve qui peut! Rette sich, wer kann!" Aber jetzt heißt es in Deutschland: „Rette dir, was du kannst!" Dir, nicht der Gesamtheit deiner Volk heit, dem Staat. Wir werden erst wieder zu geistig normalen Zuständen kommen, wenn die Einsicht durchdringt, daß der Egoismus des einzelnen, der keine Grenzen, keine Scheu, keine Rücksicht nahme auf das Wohl der Gesamtheit kennt, doch gerade dem einzelnen letzten Endes den Boden unter den Füßen fort- zieht, auf dem er steht. Das gilt für alle, ob In dustrielle oder Kleinkausmann oder Arbeiter, ob Beamter oder Angestellter, ob Städter oder Landmann, ob einzelner oder große Organisation. Wir haben es ja oft genug erlebt, wie beispielsweise unberechtigte, aber infolge machtvoller Organisierung siegreich durchgeführte Aktionen von dieser oder jener Seite im einzelnen der Organisation Vorteile brachten, aber nur augenblickliche, wie aber die zahllosen Stöße den gemeinsamen Boden immer mehr erschütterten, ins Wanken, zum Zusammenbrechen gebracht haben. Tief in der Natur jedes Wesens ist der Egoismus be gründet. Er ist etwas Jnstinkthastes, ist Trieb. Nur beim Menschen wird er gebändigt durch die Einsicht, soll es wenigstens sein. Richt umsonst verknüpft man mit dem Be griff des skrupellosen „Gewinnlers", des „Raffle" gleich zeitig auch die Anschauung größter Unbildung und Kulturlosigkeit. Tas Dasein des Staates ist ge gründet auf diese Einsicht der Bändigung des Egoismus, und schwindet diese Einsicht, dann ist es vor bei mit seiner Daseinsberechtigung. Der Volksmund sagt: „Wenn der Himmel einktürrt. dann fallen alle Svaken tat." Die Reichsanleihe in Goldmark. Kleinste Zeichnung ein Dollarwert. Die amtliche Ankündigung der als Teil der neuen Fi- nänzmaßnahmen der Reichsregierung zu betrachtenden inneren wertbeständigen Anleihe sagt zunächst, die Regie rung habe sich zu der Ausgabe der wertbeständigen Anleihe entschlossen, um dem Drängen der All gemeinheit nach einer, wertb ständigen Anlage entgegenzukommen und stelle somit der Be völkerung ein Änlagepapier in Form einer auf den Gegenwert von Dollar in Mark lautende An leihe mit zwölfjähriger Laufzeit zur Verfügung. Die Anleihe wird von der Börsenumsatzsteuer nnv, soweit sie selbst gezeichnet ist, auch von der Erbschafts steuer befreit. Sie eignet sich also nach der Bekannt machung in gleicher Weise zur dauernden Anlage von Kapitalien wie zur vorübergehenden von Betriebsmitteln. Für Kapital und Zinsen dieser Anleihe soll die ganze deutsche Wirtschaft, Banken, Handel, Industrie, Landwirtschaft sowie jeder, der über steuerpflichtiges Ver mögen verfügt, haften. Nach dem von der Neichsreqicrunq den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegenden Gesetzent wurf wird die Reichsrcgicrung ermächtigt werden, um den Zinsen bedarf für eine Anleihe bis zu 500 Millionen Mark Gold zu decken, Zuschläge zur Vermögens steuer zu crheücn und zur besonderen Sicherung der Knpi- - talrückznhlnng bei Fälligkeit gegebenenfalls die einzelnen Steuerpflichtige» zur Ausbringung des Kapitalbedarfs steran- zuziehen. Die Anleihe ist bei den Darlchnsknsscn des Reickpw beleihst ar und wird sofort nach Ausgabe der Stücke an der Börse eingcführt werden. Die Anleihe lautet aus Stücke über 4,20 Mark — lDollar, 8,40 Marl — 2 Dollar, 2l Marl — 5 Dollar, 42 Mark — 10 Dollar, 105 Marl — 25 Dollar, 210 Mark - 50 Dollar, 420 Marl - lOO Dollar, 2100 Morl — 500 Dollar, 4200 Mark — 1000 Dollar. Die Stücke von 4,20 Mark, 8,40 Mark und 21 Marl werden o st n c Zius- scheinc ausgegcben und bei Fälligkeit <2. 9. 35) mi! einem Aufgeld zum Nennwert von 50 eingelöst. Die Stücke von 42 Marl und darüber tragen 6 Zinsen und sind mit ein ¬ jährigen Zinssck^inen versehen lZinscntauf ab 1. Septembc, 1923, Fälligkeit des ersten Zinssck>eitteS am l. September 1921). Die Rückzahlung dieser Stücke erfolgt bei Fälligkeit <2. 9. 35) zum Nennwert. Die Stücke sowie dir Zinsscheine werden in Marl eingelöst entsprechend dem durchschnittliclnm Dollar- kurse in der Zeit vom 15. Juli bis 14. August. Der Zeich- nnugspreis beträgt bis auf weiteres 100 für dir. Ein zahlung in Mark, soweit die Zahlung mit Dcviscn oder Dollarfchatzanweisungen erfolgt, die auch zugclnsscn ist, wird ein VorzugSlurs von 95 bis aiif weiteres in Anrechnung gebracht. Z e i chn u n g s b e g i n n i st d e r 1 5. A u g u st. Bei allen Banken und ösfentlichen Kassen kann gezeichnet wer den. Die Einzahlung muß am Tage der Zeichnung geleistet werden und zwar, soweit sie in Mark erfolgt, aus der Basis des letzten, vor dem Zeichnungstage notierten amtlichen Dollarkurses. Auch Voranmeldungen werben entgegengenommen Das Sündenregister. Eidliche Aussagen über die Ruhrgreuek. Von der Sammlung eidlicher Aussagen über Gewaltakte der französisch-belgischen Truppen im Ruhr gebiet ist soeben die dritte Folge erschienen; wei tere Folgen sind noch in Vorbereitung. Die amtliche Ver öffentlichung hat den Zweck, im einzelnen die amtlichen Unterlagen und die unwiderleglichen Beweise zu den Un iaten der Bcsetzungstruppcn zu geben. Bei den schwierigen Verhältnissen im Ruhrgebiet gelangt naturgnnäß nurein I VI, ' Ulfl olri li--_-— lvmuy naq Ihrem Besinocn: er auem oursle sre selten; mit ihm machte man eine Ausnahme, denn Dr. Bahn war sein Hausarzt und außerdem ein guter Freund von ihm. Er behandelte die Patientin selbst. Tränen traten in Roberts Augen, als ihm Mo nika das erste Mal mit dem Lächeln der Genesenden entgegensah. Blatz und klein war ihr Gesichtchen ge worden, so daß die dunklen Augen fast unnatürlich groß daraus hervorleuchteten. Und die Hände lagen schmal wie die eines Kindes in den seinen; rührend kindlich ruhte die schlanke, so zart gewordene Gestalt auf dem Bett, das köstliche Haar in Fwei Zöpfe geflochten. „Meine Retterin!" sagte Robert innig und führte ihre Hände an seinen Mund. Rosige Glut färbte das blasse Gesicht. „O, nicht doch!" „Wenn Sie nicht gewesen wären, Monika, und die für mich bestimmte Kugel aufgefangen hätten! Sie müssen nun für mich leiden." „O, was liegt an mir! Daß Sie unverletzt ge blieben sind, ist die Hauptsache. Von Ihnen hängt doch so viel ab — und ich — ich bin so überflüssig." „Und Ihr Verlobter?" „Ja, mein Verlobter!" wiederholte sie leise, in unbeschreiblichem Tone, wobei sie die Augen nieder- fchlug. Es gab ihr jedesmal einen Stich, w-enn Otto Ladewig erwähnt wurde. In den letzten Wochen ihres Krankenlagers war es ihr immer mehr zum Bewußtsein gekommen, daß es für sic unmöglich war, seine Frau zu werden. Jie sann und grübelte, wie sie es ihm am besten beibringen könnte. An sich dachte sie nicht; sie dachte nicht daran, daß er ihr eine, wenn auch bescheidene, so doch sichere Versorgung bot und daß sie — wenn sie diese aufgab, — weiter wandern mußte, auf sich selbst angewiesen. So lange wie möglich hielt Robert Markhoff sie in der Klinik. Monika war längst gesund, als sie entlassen wurde, um Ostern auf dessen ausdrücklichen Wunsch mit ihrem Bräutigam feiern zu können. Ladewig rechnete bestimmt darauf. Er hatte in den letzten Wochen ein recht sonderbares Wesen zur Schau getragen, seit er seine Braut an den Sonntag- nachmittagen besuchen durfte. Etwas Mißtrauisches, Forschendes war in ihm. Er sprach auch manchmal in Anspielungen, die sie einfach nicht verstand, wie „von verwöhnt werden" und ..es nackber nickt so Onw-n rönnen uno oann fcymerziuy vermißen"; „es geyorte sich nicht für einfache Bürgersleute". Sie fragte nicht weiter, wie er das meine, und ließ ihn reden. Sie hatte sich gut erholt und sah durch die sorg same Pflege, die ihr zuteil geworden war, so wohl und blühend aus, wie nie zuvor. Ihre zarte Schönheit hatte sich überraschend entwickelt und die Rosen, die jetzt auf ihren Wangen blühten, hoben ihren reinen, weißen Teint doppelt hervor. Voller Bewunderung und in heißer Zärtlichkeit ruhten Roberts Augen auf ihr. Sie wollte ihm dan ken. Er wies sie kurz zurück. „Sie mir danken, Monika. Was Sie an mir ge tan haben, kann ich nicht gutmachen; ewig werde ich Ihr Schuldner bleiben müssen." Lange hielt er ihre Hände zum Abschied in den seinen, er wollte sie nicht lassen. „Für Ihren ferneren Lebensweg wünsche ich Ihnen alles Gute! Und wenn Sie einmal in irgend einer Lebenslage eines Menschen bedürfen, so denken Sie an mich, an Ihren treuesten Freund. Für Sie bin ich stets da! Wollen Sie mir versprechen, daran zu denken?" Er sah die Tränen blinken in ihren sanften, traurigen Augen, die wie dunkle Saphire schimmerten. Ihm wurde seltsam weh und weich. Da stand das Mäd chen, das ihm alles bedeutete. Seine höchste Selig keit wäre es gewesen, sie sein zu nennen, sie, die ihm gezeigt hatte, wessen aufopfernde, selbstvergessen« Frauenliebe fähig war. Aber es konnte ja nicht sein! „Leben Sie wohl, Monika, und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe." Seine Stimme klang rauh, von tiefster Bewegung durchbebt, und sie senkte die Augen vor seinem allzu beredten Blick. So trennten sie sich. Wer konnte wissen, wann und ob sie sich je Wiedersehen würden. Monika weinte bitterlich. Als sie ihr einfaches Stübchen wieder betrat, kam es ihr vor, als sei sie aus einem Zauber gelöst, und die nüchterne Wirklichkeit machte nun wieder ihre Rechte geltend. Frau Lehnert hatte die ersten Frühlings blumen in Vasen geordnet und gar lieblich wirkten die Schneeglöckchen und Himmelsschlüsselchen auf der wei ßen Decke neben der prächtigen, verzierten Torte, die in weißem Zuckerguß das Wort „Willkommen" zeigte. Die alte Frau freute sich sehr, ihre Hausgenos sin wieder zu haben, die ihr für so viel Freundlichkeit gerührt dankte.