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Wilsdruffer Tageblatt : 11.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192308112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19230811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19230811
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-11
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 11.08.1923
- Autor
- Links
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Die Entschließung des Rates in dieser Sache wurde gutgeheißen, als Stellvertreter für Herrn Gutsbes. Bink Herr Brauereibes. Frühauf vorgeschlagen. Der 22. Nachtrag zur Gemeindesteuerordnung, die neuen Arbeiterlöhne, Beamten- gehältcr und Lehrlingsentschädigungen wurden gutgeheißen, des gleichen die neugeregelten Entschädigungen der Kehrjrau, des Schul- und Fürsorgearztes und des Stadtmusikdirektors, sowie die verzehnfachten Gebühren für das Anschlagwesen und die Er höhung der Entschädigung für den Turnhallen-Hausmann für Juki. Im August soll für letzteren ebenfalls eine anderweite Regelung Platz greifen. Die Benutzung des Flußbades durch die Grumbacher Schule und die Schritte des Rates in Sachen der Rattenvertikgung fanden einstimmige Annahme. Ausgesetzt wurde die Entschließung über die höhere Entschädigung der Mit glieder der städtischen Kollegien. Mit Befriedigung nahm man Kenntnis von der Fettoersorgung durch die Stadt und den ein geleiteten Verhandlungen wegen ausreichender Versorgung der Einwohner mit Winterkartoffeln. Dankbar wurde des großen Entgegenkommens des Herrn Gutsbes. Emil Bier gedacht, durch das die Stadt in die Lage versetzt wurde, den Einwohnern zu billigen Preisen Kirschen zu liefern. — Verschiedene kleinere Darlehen bei der Landesversicherungsanstalt sollen zurückgezahlt werden. — Die Ausnahme der Stadt in den Deubener Elektri zitätsverband hat sich insofern weiter verzögert, als der Vorstand desselben beschlossen hat, wegen Umwandlung der Organisation den Beschluß hierüber bis auf weiteres auszusetzen. Der Strom preis für Juli war vom Rate auf 14 OM Mark festgesetzt. Ein Schreiben der Motorenbesitzer wie die Ausführungen des Herrn Loßner, der eine Herabsetzung auf 10 000 Mark und.die Ver rechnung des überschießenden Teiles im August wünschte, blieben ohne Erfolg. Nachdem Herr Bürgermeister Dr. Kronfeld erklärt hatte, daß der Preis für Juli noch zu niedrig gegriffen sei, wurde der Preis von 14 000 Mark gegen eine Stimme ge nehmigt. Für August rechnet man heute schon mit einem Preis von 30000 bis 40 000 Mark. Der Wasserpreis wurde auf 1000 Mark pro Kubikmeter festgesetzt. Dann stand das Ortsgesetz über die unentgeltliche Totenbestattung zur Beratung. Nachdem die Herren Lohner und Seurich erst die Deckungsfrage geklärt wissen wollten und deshalb Vertagung beantragt, aber damit nicht durchgedrungen waren, wurde das vorliegende Orts- gefetz ohne Aenderung einstimmig angenommen. Es bestimmt im 8 2: Die Stadt übernimmt die Beerdigungskosten in fol gendem Umfange: 1. Die Kosten für den Sarg nebst Ausschlag in einheitlicher, ortsüblicher, vom Bestattungsausschuß zu be stimmender Form, 2. Die Kosten für Bekleidung der Leiche, infoweit diese nicht aus dem Nachlaß beschafft werden kann, 3. Die Gebühren der Heimbürgin, 4. Die Gebühren des Toten gräbers (Grabanfertigung, Grabauffetzen einschließlich Rafen- beschasfung, Transport der Bahre), 5. Die Kosten für ein Reihengrab, 6. Die Kosten für Ueberführung der Leiche nach der Tvtenhalle und nach dem Gräbe, bzw. vom Trauerhaufe nach dem Grabe und die Versenkung." Zur Durchführung wird nach der Genehmigung durch die Oberbehörde ein Bestattungs ausschuß von fünf Mitgliedern gewählt. — Das Steigerhaus der Frew. Feuerwehr soll instand gesetzt werden, desgleichen werden die Mittel zur Erhaltung einer und zur Neuerstehung einer weiteren Wohnung gewährt. Schließlich wird der Rat ermächtigt, die Genehmigung zur Ausgabe von 10 Milliarden Notgeld einzuholen. Mit Dank nimmt man Kenntnis von einer Spende des Herrn Ziegeleibes. Seurich zur Verbilligung des Holzes für Kleinrentner und Arme und der Ileberweifung von 12 Millionen Mark seitens einer hiesigen ungenannt sein,wollen den Firma an das hiesige Wohlfahrtsamt. (Zur Nachahmung dringend empfohlen!) An unsere Postbezieher! Nach den postalischen Bestimmungen mußten wir den Post- bezugspreis unserer Zeitung für August schon am 3. Juli fest legen, zu einem Zeitpunkt, an welchem die inzwischen eingetretene rapide Geldentwertung und die daraus entstandene ganz unge heure Erhöhung der Zeitungsherstellung nicht im entferntesten vorauszusehen war. Das Reichspostministerium hat sich der Er kenntnis dankenswerterweise nicht verschlossen, daß allen Zei tungen die Lieferung im August zu einem vier Wochen zuvor festgesetzten Preise zur Unmöglichkeit geworden ist. Eine Ver fügung in Nr. 68 des Nachrichtenblattes des Reichspostministe riums (24. Juli 1923) gibt bekannt, daß die Zeitungspreise, auch für August, als freibleibend gelten. Die Zeitungen werden auf bem bisher üblichen Wege durch Postscheckzahlkarten die Nacherhebung der Differenzbeträge vor nehmen. Die Postoerwaltungen stellen den Zeitungsoerlagen genaue Listen der einzelnen Abonnenten zur Verfügung, an Hand derer die erfolgte Nachzahlung kontrolliert werden kann. Abonnenten, welche die Nachzahlung nicht oder nicht rechtzeitig leisten, können vom 18. August ab die Zeitung nicht mehr zu gestellt erhalten. Der weitaus größte Teil unserer geschätzten Postbezieher hat bisher die Nachzahlungen stets sofort geleistet. Wir danken ihnen an dieser Stelle für das damit gezeigte Verständnis für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Presse und bitten um weiteres verstehendes Wohlwollen. Bezüglich der für den Mo nat August zu bewirkenden Nachzahlung verweisen wir auf die Zahlkarte in dieser Nummer in Höhe von 70 000 Mark, um deren umgehende Erledigung wir bitten, damit Unter brechungen der Zustellung nicht eintreten. Auch kann der Be trag direkt in unserer Geschäftsstelle oder auf unser Girokonto Wilsdruff Nr. 36 eingezahlt werden. Verlag des „Wilsdruffer Tageblattes". — Voraussichtliche Witterung. Fortdauer des warmen, vorwiegend heiteren Wetters. — Die Feier des Reichsverfassungstages wird morgen Sonnabend, vormittags 9 Uhr, mit Glockengeläute eingeleitet. Abends tt-8 Uhr findet im „Adler" ein Festakt statt, bei' dem „Brudergruß" und „Sängerkranz" Mitwirken. — Die gottes dienstliche Feier findet am Sonntag statt; zu ihr sind alle Stände und Kreise, Behörden, Verbände, Organisationen, Korpo rationen, Innungen und Vereine, sowie alle Kirchgemeinde glieder hiermit eingeladen. — Der Verfaffungstag kein gesetzlicher Feiertag. Da viel fach Unklarheit herrscht, ob der 11. August als Verfaffungstag gesetzlich als Feiertag zu gelten hat, fei mitgeteilt, daß dies nicht der Fall ist. Die Betriebe, Geschäftsläden usw. bleiben also offen, nur bei den sächsischen Staatsbehörden und den Gemeinde verwaltungen gilt der Dienst wie an Sonntagen. , — Marktmusik am Sonntag, vormittags 11—12 Uhr: 1. Mussinan-Marfch von Carl, 2. Ouvertüre 1813 von C. M. v. Weber, 3. „Was sich aus Erden treu geliebt", Lied für Tromba-Solo von Fuhrmann, 4. „Fackeltanz" (Nr. 1 B-dur) von Meyerbeer, 5. Dollar-Walzer von Fall. — Acrztlicher Sonntagsdienst (nur dringende Fälle) Sonn tag, den 12. August: Dr. Bretschneider, Wilsdruff und Dr. Woll- burg, Seeligstadt. — Gestohlen wurde in Grumbach wahrscheinlich in der Nacht zum 6. d. M. einem Gutsbesitzer ein 1'/- ?8-Motor Sachsenwerk, in Weistropp eine große gelbe Zeltplane. Etwaige Wahrnehmungen wolle man der Gendarmerie mitteilen. — Von einem Unbekannten angesallen wurde dieser Tage auf Unkersdorfer Flur ein Mädchen. Der Unhold sprang aus einem Getreidefeld auf das Mädchen zu und versuchte es nieder zuwerfen, jedenfalls um zu vergewaltigen. Der Ueberfallenen ge lang es aber sich zu befreien, ohne daß der Unhold fein Vor haben ausführen konnte. Es war an der derselben Stelle, an der vergangenes Jahr ein Sittlichkeitsverbrechen ausgeführt wurde. Der Unbekannte wird beschrieben: 170 groß, langes nach hinter- gekämmtes schwarzes Haar. — Der zweite Transport Ruhrkinder für die Landwirte des hiesigen Bezirks traf Mittwoch gegen abend auf Lastautos der Röbschützer Papierfabrik hier ein. Sie wurden im „Adler" willkommen geheißen und mit Kaffee und Kuchen bewirtet. Dann zogen sie mit denen, die ihnen Vater und Mutter ersetzen wollen und sollen, hinaus in die einzelnen Gemeinden. Mögen die Kinder, die die furchtbare Not der Zeit von den Herzen der Eltern weggerissen und weit in die Ferne geführt hat, überall nicht nur schlechthin ein Unterkommen, sondern auch eine Heimat finden, in der ihnen das freundliche Wort nicht vorenthalten bleibt. Sie sind unschuldig an ihrem Schicksal. Ihren Eltern, den Ruhrleuten, sind wir sowieso zu vielem Dank verpflichtet — allen, auch den allergeringsten unter ihnen, soweit sie nur zum deutschen Vaterland halten. Dank aber auch allen denen, die sich in liebevoller Weise der aus der Heimat und Elternhaus Vertriebenen annehmen. Wer Liebe sät, wird Liebe ernten! — Der Bezirk Meißen hat nunmehr den ihm zusallenden Teil seiner Ruhrkinder ausgenommen und wir sprechen die herz liche Bitte aus, sie so zu halten, wie wir es unsern eigenen Kindern gönnen möchten. Von allen Seiten ist in außerordent lich opferfreudiger Art und Weise von Stadt und Land mit geholfen worden, zum Gelingen dieses schweren Werkes. Unser besonderer Dank gebührt in erster Linie den Herren der Unter bezirke, die in Wilsdruff, Nossen und Lommatzsch die Verteilung regelten. In großzügiger Art und Weife haben die Bürgerschaft unserer Städte und unsere Innungen durch reiche Spenden uns unterstützt. Wenn beim letzten Transport die Verteilung größere Schwierigkeiten machte als vorher, so lag das daran, daß wir nach unsern peinlich genau aufgestellten Listen nicht mehr geben konnten, da nur ein Teil der uns angemeldeten Kinder gekommen war, die Namen der Ersatzkinder uns aber nicht mehr rechtzeitig mitgeteilt werden konnten. Die Hingabe der verteilenden Stellen und die Einsicht der abholenden Pflege- eltern hat auch über diese Schwierigkeit hinweggeholfen. — Schon wieder neue Milch- und Butter-Höchstpreise. Eine Verordnung des Wirtschaftsministeriums in der „Sächs. Staatsztg." kündigt bereits, nachdem erst gestern Mittwoch die neuen Milch- und Butter-Höchstpreise in Kraft getreten sind, für den 12. d. Mts. neue Milch- und Butter-Höchstpreise an. Die Erhöhung ab 12. d. Mts. macht etwa 60—70 Prozent der gegenwärtigen Preise aus. — Brotverforgungsabgabe. Es wird darauf hingewiesen, daß am 1. August 1923 der erste Teilbetrag der Biotverfor- gungsabgabe zu zahlen war. Er beträgt das 10sache des nach der eingereichten Zwangsanleihe- bezw. Vermögenssteuerer klärung zu entrichtenden gesamten Fwangsanleihebetrages (nicht etwa nur davon). Für die Berechnung der Brotversorgungs abgabe sind von dem in der Erklärung angegebenen Vermögen der Wert der Gegenstände der in 8 24 Abs. 3 des Gesetzes über die Zwangsanleihe bezeichnenden Art (festverzinsliche Wert papiere, Mietgrundstücke, Bauland, Hypothekenfvrderungen, Sparkasienguthaben u. dergl.) abzusetzen. Wer derartige Gegen stände ausscheiden will, hat gleichzeitig mit der Zahlung dem Finanzamt schriftlich die einzelnen Gegenstände und den für sie bei der Zwangsanleihe eingesetzten Wert mitzuteilen. Die Ab gabe ist schließlich an die Finanzkasse (nicht auch an eine An nahmestelle für die Zwangsanleihe oder an eine Gemeindekaffe) äbzuführen. Eine Zahlungsfrist (etwa bis Ende August) besteht nicht. Säumige Zahler müssen also bereits im Monat August mit zwangsweiser Beitreibung der Abgabe rechnen — Personendampferverkehr. Bei der Sächsisch-Böhmi schen Dampsschiffahrt tritt am Montag, den 13. August d. I. ein neuer Fahrplan in Kraft, der im Allgemeinen die bis herigen günstigen Verbindungen beibehält, sich hinsichtlich einiger Fahrten aber der vorgeschrittenen Jahreszeit mehr anpaßt. Die s Fahrpläne selbst sind in unserer Geschäftsstelle einzusehen. Die besonders während der Ferienzeit sehr beliebten Monatskarten werden auch fernerhin ausgegeben. Bei Vereins- und Schul ausflügen bleiben die besonderen Fahrpreisermäßigungen be stehen — Oeffentlicke Tanzvergnügen für Fortbildungsfchüler ve:- boten! Nach der Verordnung des Ministeriums des Innern vom „La, an seinen Hosenträgern hat er sich ausge hängt. Auf dem Tische lag ein Zettel, den er ge- schrieben hatte. „Ich bin unschuldig, kann aber diesen schweren Verdacht, unter dem ich stehe, nicht mehr ertragen. Er tötet mich. Ich scheide deshalb aus einer Welt, die mich stets verkannt hat. Möge Gott meinen Richtern vergeben." „Auch noch im Tode kann er das Schauspielern nicht l-'sen", bemerkte Monika verächtlich. „Das ist ja alles Unsinn. Er hat eben der drückenden Last der Beweise für seine Schuld nicht länger widerstehen können und hat nun nach einem möglichst wirkungs vollen Abgang gesucht, der natürlich auf empfindsame Gemüter seinen .Eindruck nicht verfehlen wird." „Wie kalt und hart du über solchen Fall reden kannst, der meine Frau und mich so mitgenommen hat!" sagte er vorwurfsvoll. „Mit euch beiden ist das etwas anderes. Aber von mir kann man doch nicht etwa verlangen, daß ich eine Trauer zeige, von der mein Herz nichts weiß. Ich heuchle nicht. Es ist das Beste so für ihn. Anderen Leuten wird dadurch viel unnütze Lauferei erspart." „Und mir wird desto mehr aufgebürdet", sagte Gustav. „Ich muß für alles sorgen. Alma ist ganz fassungslos; ich trage Sorge um sie. Glaube mir, Monika, ich bin ganz fertig mit meinen Nerven, so gehetzt bin ich. Der Aufenthalt hier ist mir unmöglich geworden. Heute morgen habe ich mit dem Voll- direktor gesprochen und ihn gebeten, mich versetzen zu lassen. Er war s?hr freundlich. Möglich, daß ich eine Postverwalterstelle in einem großen Dorfe be komme. Wir haben ja keine Kinder, auf die man wegen der Schule Rücksicht zu nehmen hätte. Des halb ist es mir gleich, wohin. Nur fort von hier, und möglichst bald." „Ich kann es dir nachfühlen, Gustav, und freue mich, daß du noch einmal gekommen bist", sagte sie warm und streckte ihm die Hand entgegen. Der Bruder tat ihr leid; sie sah ihn jetzt auf merksam an, und ihr entgingen die scharfen Falten in seinem bleich gewordenen, hageren Gesicht nicht: er war sehr gealtert. „Und wann wird deine Hochzeit sein, Monika? Jetzt bist du doch vollständig erholt?" „Ja, ich fühle mich so wohl wie selten. — Du fragst nach meiner Hochzeit? Otto Ladewig und ich haben unsere Verlobung gelöst." ..Monika, das erschreckt mich." „Wesyalv? Bas vraucyr orcy mcyt zu erschrecken." „Aber was für Gründe hast du, Monika? So viel ich weiß, hatte Ladewig die Wohnung schon ge mietet." „Die Gründe gehen nur Ladewig und mich an, Gustav. Darüber sprechen wir nicht. An ihm lag es aber nicht. Ich werde in diesen Tagen von hier fort gehen, um mir anderswo eine Stellung zu suchen. Hier möchte ich nicht mehr bleiben." „Wirst du noch einmal zu uns kommen?" fragte er etwas befangen. Er hatte gegen die Schwester ein gewisses Schuld- bewußtfein und wußte nicht, wie er das wieder gut machen konnte, was sie durch ihn gelitten hatte. Sie überlegte einen Augenblick. „Ja, Gustav, wer weiß, ob wir uns nochmal Wiedersehen werden. Deshalb wollen wir alles be graben sein lassen und vergessen, was zwischen uns getreten ist. Aber du mußt mir versprechen, daß Alma — du weißt schon, was ich meine. Dann komme ich gerne morgen abend zu euch. Ich will deiner Frau zeigen, daß ich ihr die Schuld ihres Bruders gegen mich nicht nachtrage." „Adieu, Gustav, morgen dann auf Wiedersehen." Sie geleitete ihn zur Tür hinaus. * * * Fassungslos stand Erna Markhoff da und starrte dem Zuge nach, der soeben die Halle verließ — ohne sie Um eine Minute war sie zu spät gekommen. Dicke Tränen rollten über die Wangen. Mein Gott, was sollte sie nun machen? So spät abends, und allein in der fremden Stadt. Laut schluchzte sie auf, unbekümmert um die halb neugierigen, halb mitleidi gen Blicke, die man ihr zuwarf. Der Bahnsteig leerte sich allmählich. Erna rührte sich nicht; sie stand noch immer weinend auf derselben Stelle. „Na, Fräuleinchen, bis morgen früh, bis der nächste Zug geht, können Sie doch wirklich nicht hier stehen bleiben!" rief ihr gurmütig lachend der Beamte am Ausgang zu, der vorhin schon zu ihr gesagt hatte, daß sie den Zug nicht mehr erreiche. Da nahte sich plaudernd eine kleine Gruppe von Offizieren dem Ausgang, die einem Kameraden das Geleit gegeben hatten. Das junge Mädchen fiel ihnen auf. Ihre Blicke richteten sich auf Erni. Der eine klemmte ein Monokel ins Auge. „Donnerwetter, was für ein allerliebster Käfer!" Ganz ungeniert musterte er Erni, und die anderen folgten seinem Beispiel. Erni sah bildhübsch aus in ihrer großen Reise mütze, um die sie malerisch einen zartgrünen Chiffon schleier gelegt hatte, der die frischen Farben ihres blühenden Gesichts dämpfte. „Warum so traurig, mein Fräulein?" fragte einer und trat dicht an sie heran. Halb scheu, halb trotzig hob sie die tränenschweren Augen zu dem sie Anredenden: „Eberhard!" Wie ein Freudenschrei kam das von ihren Lippen. Der sah sie aufs höchste überrascht an. „Erni, sind Sie es denn wirklich? Wo kommen Sie denn her, so ganz allein und um diese Zeit?" „Ich habe den Zug versäumt." „Wo wollen Sie denn hin?" „Zu Sophia. Ich bin nämlich durchgebrannt." „Durch -gebrannt?" Ihm blieb buchstäblich der Mund offen stehen vor Erstaunen. Sie nickte seelenruhig und glücklich. „Es weiß niemand zu Hause, daß ich hier bin. Sie glauben mich bei meiner Kusine Ella Fredrich in Wolkwitz. Sie kennen Sie doch auch von Annemaries Hochzeit her! Da war ich aber nur drei Tage und wollte jetzt zu Sophia." Eberhards Begleiter waren sehr verwundert, ihn in so aufgeregtem Gespräch mit der Fremden zu sehen, die er aber anscheinend schon lange und gut kannte. Sie hielten sich etwas zurück und warteten geduldig. „Das müssen Sie mir ausführlich erzählen. Aber nicht hier; hier können wir nicht mehr auf dem Bahn steig bleiben, Sie sehen, die Schaffner dort werden schon ungeduldig." Eberhard war sehr ernst geworden. Erni, das törichte Kind, war wohl im Begriff gewesen, einen recht unüberlegten Schritt zu tun. Er wurde nicht klug aus dem, was sie sagte. Froh aber war er über den Zufall, der ihn in Ernis Weg geführt hatte. Wer konnte wissen, was für Unannehmlichkeiten sie sonst vielleicht hätte ertragen müssen. Er stellte jetzt die Kameraden vor, und gemein sam verließen sie die Halle.
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