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Nah uns Fern. O Enthüllung einer Gevenktafel im Auswärtigen Amt. Im Auswärtigen Amt in Berlin wurde zu Ehren der im Weltkriege gefallenen Beamten des auswärtigen Dienstes in Anwesenheit ihrer Angehörigen eine Gedenktafel ent hüllt. Reichsminister von Rosenberg widmete dem Ge dächtnis der Gefallenen ehrende Worte. O Triumphzug des Winters. Im Iser- und Rieseit- gebirge ist Schnee gefallen. Der Schnee bleibt bis weit in die Täler hinein liegen, was seit vielen Jahren in dieser Zeit nicht mehr beobachtet worden ist. Ebenso ist es im Egerland und auf den Hängen des Erzgebirges. Im bayerischen Alpengebiet sind die Temperaturen bis nahe an den Nullpunkt herangerückt. O Indienststellung des Personendampfers „München". Anläßlich der Indienststellung des neu erbauten Doppcl-- schrauben-Personen- und Postdampfers „München" hatte der Norddeutsche Loyd die Spitzen der bremischen Behörden so wie eine große Zahl Vertreter der Presse aus allen Teilen Deutschlands, besonders aus Bayern, zu einer Besichtigung des Schisses eingeladen. Der Dampfer „München" ist ein Schiff, das auf der Linie Bremen—Newyork verkehren soll. Generaldirektor Dr. Stimming begrüßte die Gäste an Bord des Dampfers nach der Besichtigung beim Festessen mit einer längeren Rede. O Ein englischer Rekord mit deutschem Schiff! Wie der „Newyork Herald" berichtet, hat der englische Dampfer „Majestic" (die frühere deutsche „Vaterland") einen neuen Schnelligkeitsrekord in der Atlantikfahrt aufgestellt. Der Dampfer hat die Reise von Southampton nach Newyork in 5 Tagen 12 Stunden und 18 Minuten zurückgelegt. O Ein neuer Nordpolflieger. Nach Pariser Meldungen will, nachdem Roald Amundsen seinen Nordpolflug auf gegeben hat, ein französischer Offizier, der sich in der Polar forschung einen Namen gemacht hat, den Versuch zum überfliegen des Nordpols unternehmen. G Im Zeichen allermodernsten Verkehrs. Bei dem jüngsten Rennen in Birmingham hatten ein paar Besucher den Bahnanschluß nach Liverpool verpaßt. Da sie aber am gleichen Abend noch dorthin kommen mußten, ließen sie den Luftexpreß London—Manchester drahtlos anrufen. Der Flieger empfing auch deu Anruf, landete wunsch gemäß und nahm seine neuen Passagiere mit. O Castiglione von der Lava verschlungen. Nach den neuesten Meldungen vom Ätna-Ausbruch ist die Stadt Castiglione vollkommen verschwunden, und die Lavamassen sind über sie hinweg weiter vorgedrungen. Vernichtet sind auch die Flecken Catena und Cerro. Linguaglossa ist von der Bevölkerung geräumt. In endlosen Prozessionen, durchzieht die Menge hinter Heiligenbildern die Land striche. — Der deutsche Botschafter in Rom ist beauftragt worden, der italienischen Regierung anläßlich der Ätna- Katastrophe das Beileid des Reichspräsidenten und der Reichsregierung auszusprechen. O Radikales Mittel gegen Steuereintreibung. Im Ver lauf einer Gemeindeversammlung in dem Dorfe Kirilowka, Gouvernement Kiew, haben die Bauern einen Sowjetkom missar totgeschlagen. An der Leiche, die auf der Straße drei Tage lang liegen blieb, befestigten sie ein Plakat, in dem sie erklärten, daß sie jeden, der von ihnen Steuern eintreiben wolle, auf diese Art beseitigen würden. O Die Lage in den russischen Hungergebieten. -Aus Moskau wird berichtet: Der durch die Mißernte in Ruß land hervorgemfene Rückgang der Saatfläche ist gegen- wärtig nicht nur überwunden, die Saatfläche hat sich sogar um 45 N vergrößert. Die endgültige Beseitigung der Folgen der Hungersnot hängt von dem Ausfall der Ernte ab, deren Aussichten im großen und ganzen befriedigend sind Ms zum Einbringen der Ernte wird die staatliche und öffentliche Hilfsaktton fortgesetzt. Im vorigen Jahr zählte man vor der Ernte achtzehn Millionen Hungernde, in diesem Jahre fünf Millionen Unterernährte Schöffengericht Wilsdruff Sitzung vom 21. Juni 1923. Verhandlungsleiter: Herr Amtsgerichtsrat Dr. Schaller. Schöffen: Die Herren Brauereibesiher Frühauf und Privatus Wiche, Wilsdruff. Der vorbestrafte Dienstknecht H. aus Z. und der gleichfalls vorbestrafte Vogt F. aus H. sind geständig, dem Gutsbesitzer Walther in Sachsdorf zu wiederholten Malen Getreidemengen gestohlen zu haben. Bei dem Abtransport derselben hatte sich der Dienstknecht B. aus O. und der Kuhmelker R. aus A. be teiligt, während der Bäcker K. in S. das Getreide gekauft hatte, weshalb gegen die drei Letztgenannten die Anklage wegen Hehlerei erhoben worden war. Das Schöffengericht erkannte für Ht auf 5 Wochen, für F. auf 3 Monate und für B. auf 1 Monat Gefängnis, K. erhielt 50000 Mark Geldstrafe, da gegen wurde R. freigesprochen. — Der Friseurgehilfe M. und der Klempnergeselle T. aus Ortr. sind geständig, gemeinschaftlich aus der Rodeschen Gastwirtschaft in Grumbach ein Fahrrad entwendet zu haben, das ihnen in Dresden wieder abgenommen werden konnte. Das Schöffengericht verurteilte beide zu je 5 Wochen Gefängnis. — Die jungen landwirtschaftlichen Ar beiter B. und D. in L. sind geständig, dem Gutsbesitzer Frohberg in Limbach verschiedene Mengen Hafer gestohlen zu haben. In Rücksicht auf ihre Jugend liest das Schöffengericht es bei einem Verweise bewenden. — Der Butterhändler S. in Dr. ist ange klagt, beim Auskauf von Butter die gesetzlich festgesetzten Höchst preise überschritten zu haben. Das Gericht erkannte auf 30 000 Mark Geldstrafe. Bei Ausmessung der Strafe würde als mil dernder Umstand die persönliche Notlage des Angeklagten in Be tracht gezogen. — Der vorbestrafte landwirtschaftliche Arbeiter S. aus P. hatte seinen im Bühligschen Gute in Helbigsdorf be schäftigten Arbeitskollegen ein Hemd und 700 Mark gestohlen. Wegen Notdiebstahl erkannte das Schöffengericht aus eine Woche Gesängnis. Kirchennachrichten. — 4 Sonntag n Tr. Wilsdruff. Mitfeier des Iohannisfestes. — Feier der Erinnerung an die Gefallenen. — 'Kollekte für oen Ehrenfriedhof. Vorm. 0-9 Uhr Predigtgottesdienst, danach Abendmahls feier (Iakobikirche). — Nachm. 3 Uhr Taufgottesdienst. — Abends 6 Uhr Iungmännerverein. Kirchenmusik für Iohannisfest: „Es ist bestimmt in Gottes Rat", gemischter Chor von Mendelssohn. Gesang: Kirchenchor. Dienstag, den 26. Juni: Nachm. 5 Uhr Choralsingen (Kon firmandensaal). Mittwoch, den 27. Juni: Abends 6 Uhr Iungmännerverein, > -8 Uhr Dibeibesprechung. Donnerstag, den 28. Juni: Abends 8 Uhr Bibelstunde. Grumbach. Vorm. 0-9 Uhr Predigtgottesdienst. — 10 Uhr Unter redung. — Abends 7 Uhr auf dem Friedhof IohaMisfeier, bei schlechtem Wetter in der Kirche. Montag, Dienstag, Donnerstag 8 Uhr Posaunenstunde in der Pfarre. Mittwoch 8 Udr Monatsversammlung des Iungmänner- verems. K<ssel»d»rf. Vorm. 0-9 Uhr Beichte (Pf. Zacharias). — 9 Uhr Predigt (Pf. Zacharias). — Nachm. 2 Uhr Taufen. Gora. Vorm. 8 Uhr Hauptgottesdienst. — 0,10 Uhr Kindergottes dienst Kl. 1. — Nachm. 0-2 Uhr Christenlehre. Röhrsdorf. Vorm. 10 Uhr Predigtgottesdienst (Pf. Lic. Walter, Nau- stadt). Limbach. Vorm. 0-9 Uhr Predigtgottesdienst. * Blankenstein. Vorm. 8 Uhr Predigtgottesdienst. Briefkasten. Eingesandt H. R.: Wir sind ganz Ihrer Meinung, aber man must die Sache von der Person trennen. Ihr Eingesandt kann keine Aufnahme finden, weil es gespickt ist mit persönlichen Gehässigkeiten, die uns sofort eine Beleidigungsklage einbrächten. H. O., Wilsdruff, bittet höflichst einen Leser oder eine Leserin um den Wortlaut des Liedes: Wenn du dir einst ein Weibchen wählst, Sieh nicht nach dem Gesicht. Der Refrain lautet: Schön braucht ein Weib nicht sein, Ist's Herz nur treu und rein. Einer unserer Leser hat den Wortlaut des Liedes gewiß auf Lager. Der fangeslustigG Heinrich wird für Uebermittlung an den Briefkasten zweifellos sehr dankbar sein. C. Sch., Wilsdruff. Die Schwiegersöhne sind gesetzlich nicht zur Unterstützung der Schwiegermutter verpflichtet. Wette, C. B., Wilsdruff: Die deutschen Eisenbahnen hatten 1913 eine Streckenlänge von 63 730 Kilometern und 1920 eine solche von 58 148 Kilometern: es wurde und wird auch heute noch in Europa nur von Ruhland übertroffen, das 62198 bzw. 65 780 Kilometer Schienenlänge besitzt. Das gröhte Eisenbahn netz haben die Vereinigten Staaten mit 326 5W Kilometern. Die fünf Erdteile hatten für 1913 und 1920 folgende Schienen längen: Europa 346 238 bzw. 379 847 Kilometer, Amerika 570108 bzw. 611722 Kilometer, Wen 108 147 bzw. 119185 Kilometer, Afrika 44 309 bzw. 51 881 Kilometer und Australien 35 418 bzw. 38 071 Kilometer. B. B., Grumbach: Pfingstdienstag 1898 war der 3l. Mai. M. 1V0, Wilsdruff: Um Ameisen zu vertreiben, bestreut man einen großporigen Schwamm mit Zucker und legt ihn an die von den Ameisen belebte Stelle. Anderntags brüht man den Schwamm mit kochendem Wasser aus. Auch das Ausstreuen von Guano hilft. Kl. Z. in Kesfelsdorf: Die Kinder können ihr Pflichtteil recht geltend machen. Dieses ist gleich der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, indessen ist es ein reiner Geldanspruch. Auf Grund des Pflichtteils können daher niemals bestimmte Gegenstände, sondern nur Geldbeträge gefordert werden. 30036, Kessslsdorf.« Ohne notariellen Verkaufsvertrag ist die Grundstücksübertragung rechtsungültig. Das Versprechen Ihrer Eltern ist demnach für Sie wertlos. Kilimandscharo 6080: Fragen Sie beim Auswärtigen Amt, Abteilung für Auswanderer an. Dresdner Schlachtviehmarkt vom 21. Juni. Auftrieb: 1. Rinder: 3 Ochsen, 3 Bullen, 2" Kalben und Kühe, 252 Kälber, I Schaf, 5g Schweine. Preise in Mark für Lebend- und (im Durchschnitt) für Schlachtgewicht. Ochsen: I. voll fleischige, ausgemästete höchsten Schlachtwertes bis zu 6 Jahren 850- bis 870000 (1563600), 2. junge fleischige, nicht aus- gemästew, ältere ausgemästete 810- bis 840000 (1586500), 3. mäßig genährte junge, gut genährte ältere 750- b. 780000 (1627600), 4. gering genährte jeden Alters 650—700000 (1687000). Bullen: 1. vollfleischiae. ausgewachsene höchsten Schlachtwertes 850- bis 870000 (1482700), 2. vollfleischige jüngere 810- b. 840 000 (1 509000). 3. mäßig genährte jüngere und gut genäbrte ältere 750-bis 780000 (1471200), 4. gering genährte 650- bis 700000 (1500000). Kalben und Kühe: I. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten Schlacht wertes 850- bis 870O00 (1563600), 2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlachtwertes bis zu 7 Jahren 810- bis 840 000 (1586500), 3. ältere ausgemästete Kühe und gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 780-d 800000 (1755600. 4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben 720- b. 75000), (1837500), 5. mäßig und gering genährte Kühe und gering genährte Kalben 600- bis 700000 (1911800). Kälber: 1. Doppellender -- bis - — ( ), 2. beste Mast- und Saugkälber SOO- bis 920000 (1467 700), 3. mittlere Mast- und gute Saugkälber 860- bis 880000 (1450000), 4. gerinae Kälber 660- bis 700000 (1236400). Schafe: l. Mastlämmer und jüngere Masthammel 800- bis 840000 (1640000), 2. ältere Masthammel 750- bis 780000 (1700000), 8. mäßig genährte Hammel u. Schafe (Merz- schafe) bis ( -). Schweine. 1. vollflenchige der feineren Rassen und deren Kreuzungen im Alter bis I Hz Jahr 960- bis 970000(1237200), 2. Fettschweine 960- bis 970000 (1206300) 3. fleischige 920- bis 950000 (1246700), 4. gering entwickelte -- , Pis ( ), 5, Sauen und Eber 850- bis 950000 (1200000) : Ausnahmepreise, über Notiz- Die Preise sind Marktpreise für > nüchternes Gewicht der Tiere und schließen sämtliche Spesen des s Handels ab Stall. Frachteen Markt- und Verkaufskostev.^Umsatz- s steuer sowie den natürlichen Gewichtsverlust ein, erheben sich alle ' wesentlich über die Stallpreffe Ueberstand: — Öchsen, — Bullen Tendenz des Markts^: Bei allen Gattungen flott. Das SeiraisWU. Ein Lustspiel-Roman ln zwölf Kapiteln. Don Fedor v. Zabeltitz. (50. Fortsetzung.) (Nachdruck verbalem) Benedikts schlürfte ihren Champagner sehr langsam; sie fühlte, daß ihr das Blut in die Wangen stieg und wollte ihre Ver legenheit verbergen. „Weshalb? Ich weiß nicht mehr. Es rief mich jemand!" „Ich hörte niemand rufen. Hörte nur noch eine Acußerung von Ihnen, ehe Sie dis Flucht ergriffen. Denn es sah fast wie Flucht aus." „Aber ich bitte Sie! Man flieht doch nur, wenn man Furcht hat." „Vielleicht hatten Sie so ein ganz klein bissel Furcht " „Oho — und wovor denn?" „Vor einer Erklärung im Hühnerhofe. Es ist ja richtig: es gibt poetischere Oertlichkeiten zu derlei Geständnissen; aber man muß doch immer die Gelegenheit abwarten. Und die war da gerade gegeben; ich weiß nicht, warum — aber sie war gegeben. In Romanen muß dazu immer der Mond scheinen, möglichst der Vollmond. Den habe ich neulich verpaßt; Sie wissen, an meinem Geburtstage. Da hätte sich alles wahrscheinlich viel schöner und sinnvoller machen lassen. Ich stand auch schon auf dem Sprunge, Sie hinten von der Insel zu holen; aber der afri kanische Doktor kam mir zuvor." Benediktes Herz schlug rascher. Wenn Semper wüßte! Er fahren mußte er es. Sie wollte nicht mit einem Geheimnisse in die Verlobung gehen- Denn die Verlobung stand nahe bevor; das spürte sie. Bradas Hand legte sich rasch und leise auf die ihre. „Bitte," erwiderte diese und fügte leise und ahnungsvoll hin zu: „Aber nicht so laut!" Semper zog einen kleinen Bleistift aus der Tasche und griff nach seiner Tischkarte. „Ich werde mich in Hieroglyphen zu verständigen suchen; das fällt weniger auf." Und er malte ein etwas schief geratenes Herz auf die Rück seite der Tischkarte und schob diese mitsamt dem Bleistifte Bene dikts zu. „So, Benedikts, das sagt alles. Und nun antworten Sie mir!" Benedikie hielt sich in der Gewalt. Sie errötete nicht einmal. Es war aber doch gut, daß sie in diesem Augenblick nicht beobachtet wurde: es flog ein Sonnenleuchten über ihr Gesicht. Dann malte sie wacker und ungeschickt ein kleines Her; mitten in das von Semper gezeichnete hinein. „Nun sagt einmal, Kinder, was tuschelt ihr denn da?" rief Tübingen in diesem Augenblick über die Tafel. „Ihr entwerft wohl Scheibenbilder?" „Dach nicht, Herr van Tübingen," entgegnete Brada, die Tischkarte einstecksnd: „ich Habs Benedikts die Hieroglyphenschrift erklärt, und sie hat sie gleich verstanden. Nicht wahr, Dikte?" setzte er flüsternd hinzu. „Ja, Semper," flüsterte Benedikts zurück Hierauf drückten sie sich eilig dis Hand unter dem Tische und begannen dann rasch mit den Nachbarn rechts und links ein Gespräch, um nicht aufzufallcn. Die Stimmung am Tische wurde immer angeregter. Der Sekt tat seine Schuldigkeit. Auch der kleine Kadett wurde mutig und fragte Miß Nelly, ob sie schon einmal in Groß-Lichterfelde gewesen sei und ob sie radeln könne. Beim Dessert nahm er dreimal Eis und zog sich deshalb einen strafenden Blick seiner Mutter zu. Bei dem Hach auf das Haus Hohen-Kraatz erhob sich nach alter Sitte alle Well, um miteinander anzustoßen. Dieter goß sich seinen Champagner über die Weste, und Freese und Nelly wollten sich einen heimlichen Kuß geben, fuhren aber wieder erschreckt auseinander, als das schmale Gesicht der Frau von Lohusen mit sittlich entrüstetem Ausdruck in ihrer Nähe auf tauchte. Reinbold hatte Mühe, sich aus den Armen des alten Kielmann zu befreien, der ihn gar nicht loslassen wollte. Auch Graf Teupen ging mit halb gefülltem Glase fein lächelnd umher. Als er mit der Baronin anstieß, flüsterte er: Mut, Eleonore I Sie nähern sich schon! Nur ein vergnügliches Gesicht! Nur lächeln — nur lächeln!" * Im Speisezimmer erhob man sich kehr geräuschvoll und wünschte sich gesegnete Mahlzeit. Graf Teupen sührte seine Dame in den Salon und suchte dann Frau von Seesen. „Ich möchte Sie gern einmal unter vier Augen haben, liebste Marinka. Wird es angehsn?" „Wer natürlich, lieber Graf Teupen- Ich Sie nämlich auch." „Wird es Ihnen im Garten zu kühl sein?" „Nicht im geringsten, lieber Graf. Und Ihnen?? „Ah bah — ich hänge mir den Cape um. In Biarritz bin ich einmal mit Bismarck und dem Grafen Malewski die halbe Nacht am Strande auf und cck marschiert — und bei einem Sturm! — Aber ein Mäntelchen nehmen Sie auch — so — ich bitte recht sehr! Also, hören Sie, Marinka, ich Hobe Ernstes mit Ihnen zu besprechen." „Ich auch mit Ihnen, lieber Graf." „So ergänzen wir uns. Mein Thema gilt Max." „Gleichfalls das meine." „Ich ahnte es!" Man war jetzt mitten in der Ahornallee. In den Teesträuchern, den Spireen und dem Medergsbüsch summten die Küfer. Der Graf war einen Augenblick stehen ge» blieben. „Wissen Sie, Malinka," fuhr er fort, „daß ich sürchte, Max hat uns mit seiner Reise nach Afrika eine Finte ge schlagen?" ' Frau von Seesen nickte. „Das kann ich Ihnen bestätigen, Graf Teupen. Eine Finte. Er war in Paris und Italien — aber nicht allein." „Nicht allein?" Teupen zuckte empor „Mit der Warnow?" Nun ckchob Frau von Seesen ihren Arm unter den des alten Herrn, ihn langsam weiterführend, die Allee hinab, deren Ende das schwarze Eitterwerd des Parktors begrenzte. „Also ja, lieber Graf Mit der Warnow! Aber es ging alles in Ehren zu. Ich selbst war die Anstandsdame bei der Sache. Ich hatte die Warnow ausgenommen, als man ihr hier das Haus verbot —" „Nicht verbot, Marinka —" „Aber, liebster Graf, es war ein striktes Verbot, geschah es auch in höflichster Form! Ihr wolltet in Hohen-Kraatz nicht zu geben, daß sich die jungen Herzen liebten, und da fanden sie sich bei mir in Longenpfuhl zusammen!" „Marinka — mir schwant Fürchterliches!" „Das schadet nichts, verehrter Freund. Auch dem Fürchterlichen muß man tapfer ins Auge schauen. Max und Elise —" Jetzt ließ Teupen die junge Frau nicht weitersprechen. Er blieb abermals stehen, faßte sie an den Armen und schaute ihr starr ins Gesicht. „Marinka," hauchte er, „die beiden sind doch nicht etwa schon — h^mlich — verheiratet?" „M, Gott sei Dank — so ist es heraus! Ja, lieber Graf, sie haben sich in Berlin trauen lassen, gingen aber nicht nach Asrika, sondern in gemäßigtere Klimate — und heute haben sie sogar schon einen allerliebsten kleinen Jungen, und Elise sitzt hangend und bangend auf einem Vorwerk von mir und wartet nur auf den Augenblick, wo Max endlich den Mut der Wahrheit haben wird. Halt, Graf, ich bin noch nicht zu Ende! Ich möchte noch ein paar Worte hinzufügen. Sie können mir sagen, daß ich un recht gehandelt habe; Sie können auch ehrlich auf Max und seine arme, kleine Frau losräsonmeren; nur an dem Geschehenen ver mögen Sie nichts mehr zu ändern. Und da meine ich doch, es wäre das Vernünftigste, Sie schlügen sich mit auf unsere Seite." „Ich bin völlig fassungslos," stöhnte Teupen. „Herr du mein Gott! Ich hatte mir alles so ganz anders gedacht! Hatte ge. host. Sie — Sie —" (Fortsetzung folgt.)