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NikdnOrÄMali Fernsprecher Wilsdruff 7lr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Srschelni bl« auf wellte« nur Montag«, Mittwoch« u. Irrttag« nachmittag« r u»r für den folgenden Lag. Le,ug«pre>« bei «elbftabholung monatlich MI,, durch unsere Auotrüger »ugetragen in der Stadt monatlich MI,, auf dem Land« MI„ durch die Post bezogen vierteijädrilch Ml, mit Iustellungogebühr, «Ne postanstalten und Postboten sowie unsere Au«,rüger und Geschäst«steN- nehmen jeder,elt »esteNungen entgegen. 2m IaNe hSherer Sewall, Krieg oder sonstiger Betrieb«stSrungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung «der Kürzung de« Bezugspreise«, Erscheint seit I ^"l'rttonepeels Ml. für die« gespaltene K»rpu«,eile «der deren Raum, Reklamen, die r sp-itigr Korpus,«Ile Ml. Bei Wiederholung und Zahresauftrag entsprechender Preisnachl-S. Bekanntmachungen lm amtlichen Lell snur von BehSrd-n) die rgespaiiene Korpus,eile Mk. Rachwelsungs-Debühr Pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 1« ilhr. Für die Richtigkeit »er durch Zemruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir kine Garantie. 2sder Rabatt, anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage ein,e,«gen werden muß »der »er Auftraggeber in Konkurs gerät. dem Iahre 1841 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. «erleaer «nd Drucker: Arthur Zschunke in Wil»druff. Derautwortlicher Schriftleiter: Herman» Lässig, für de» Inseratenteil: Arthur Zsch««»e, Beide i» Wilsdruff. 82. Iahrgamg. Nr. 70. Dienstag / Mittwoch 19. / 2V. Juni 1923. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Reichsregierung hat den an der Ruhrbesetzuntz nschf beteiligten Mächten «ine Protestnote gegen die neuen Gewalt! taten der Franzosen im Einbruchsgebiet übersandt. * Das französische Kriegsgericht in Werden hat acht deutsch« Zcchendirektoren zu Gefängnisstrafen und zu Geldstrafen vo« 1,7 Billionen Mark verurteilt. * In Dortmund weigern sich die Franzosen, die Lebens Mittelzüge am Bahnhof ausladen zu lassen. * Der vom Kriegsgericht in Mainz zum Tode verurteilte Landwirtschastslehver Görges hat gegen das Urteil Revision eingelegt. * Die französische Kammer hat nach einer stürmischen Nacht- sihnng mit 376 gegen 200 Stimmen ein neues Vertrauens- Votum für PoincarS beschlossen. * Der frühere bulgarische Ministerpräsident Stambulinski < wurde von den Regierungstruppen gefangen und bei einem Fluchtversuch erschossen. Goldlohn? Don sachverständiger Seite wird uns zu der Frag? der Lohn- und Gehaltsangleichung an die Preise ge schrieben: In den letzten Tagen ist infolge der fortschreitenden und katastrophal anmutenden weiteren Entwertung der Mark mit ihren Folgen eine unzweifelhaft in gleichem Maße zunehmende Belastung der innenpolitischen Lage eingetreten. Weite Kreise der Gehatts- und Lohn empfänger sehen sich widerstandslos einer ständigen und hemmungslosen Verminderung ihres Einkommens gegen über und verlangen deshalb mit steigendem Nachdruck nach Abhilfe und Ausgleich. In diesem Zusammenhänge ist nun im besonderen die Forderung nach Gold lohn aufgetaucht und viel erörtert worden. Innerhalb der nicht durch Besitz und Vermögen ge sicherten Kreise weist man darauf hin, daß Industrie und Wirtschaft sich seit geraumer Zeit aus Goldrechnung ein gestellt Hütten, und daß eine immer größere Annäherung aller Preise an den Dollarstand unverkennbar sei. In ein zelnen Industriezweigen wäre dieser sogar schon verschie dentlich überschritten worden, und überhaupt ginge die Tendenz dahin, daß ganz allgemein nur noch auf Gold basis kalkuliert würde. Bei gerechter Einstellung muß da zu allerdings gesagt werden, daß diesem Bestreben im Grunde nur das Verlangen zugrunde liegt, sich gegen die dauernde Entwertung mit allen Mitteln zu schützen. Das gilt im besonderen für kleine und kleinste Produzenten, die schließlich daran denken müssen, daß ihnen reicht die Mittel zur weiteren Produk- tion unter den Händen zerfließen. Der Kleinhandel schützt sich also genau wie der Großhandel dagegen dadurch, daß er seine Preise nach Möglichkeit mit dem Dollarstande in Einklang bringt, und er hat dazu sogar vielleicht noch mehr Berechtigung als der wirtschaftlich weit stärkere Groß erzeuger. Nur gegen Auswüchse solcher Bestrebungen kann und muß man mit äußerster Schärfe vorgehen. Steht es aber fest, und ist deshalb die Aufwärtsbewe- gung der Preise sozusagen unser Schicksal, dann steht auf der anderen Seite fest, daß diejenigen, die die täglich höheren Preise bezahlen müssen, eine entsprechende Erhöhung ihres Einkommens verlangen. Der Preis revolution soll eine Lohnrevolution möglichst schnell aus dem Fuße folgen, und zur Begründung dafür weisen Ge werkschaftsführer und Wirtschaftspolitiker gleicherweise darauf hin, daß heute die Lebenshaltung unter die Hälfte des Standes von 1913 gesunken sei. Auch hierzu läßt sich eine Einwendung machen, nämlich die, daß es Volks schichten (Klein- und Sozialrentner usw.) gibt, die sich mit einem noch viel geringeren Prozentsatz begnügen müssen. Die Spitzenorganisationen der Arbeitnehmerschaft sind iedoch recht stark, und die erwähnte Belastung der inneren Lage wird dadurch schwerer, daß sie mehr und mehr ihren Politischen Einfluß im Sinne der Lohnverbesserung ein setzen. Es ist nun zweifellos, daß die anscheinend so ein fache Rechnung „Goldpreise — für Goldlöhne!" auch in den in erster Linie maßgebenden Kreisen der Arbeitnehmer schaft nicht ohne weiteres als alleingültig betrachtet zu werden scheint. Die Rechnung wäre sehr leicht, wenn es anginge, daß man z. B. den Friedenslohn mit einer be stimmten Ziffer für die jeweiligen Lebenshaltungskosten vervielfältigte, d. h., man würde sagen: So und so viel bat der und der Arbeiter 1913 verdient, inzwischen ist die Teuerung um das Soundsovielfache des Standes von da mals gestiegen, und nun wird einfach multipliziert. Da wird aber der Einwand erhoven, daß es eine zuverlässige und unangreifbare Ziffer für die steigende Teuerung nicht gibt. Gegen den sogenannten Index des Statistischen Reichsamtes wird eingewendet, daß er nur den Durch schnitt zweier Zahlen im Monat darstelle und wichtige Bedürfnisse nicht genügend berücksichtige. Daher stehen deshalb die Dinge fürs erste so, daß von gewerkschaftlicher Seite der Goldlohn selbst als nicht unbedingt geeignet be zeichnet wtro, und daß man nach einer Methode sucht, die auf Grund einer sicheren Indexziffer es den Gewerkschaften erspare, immer wieder lediglich gegen die dauernde Senkung des Realeinkommens eintreten zu müssen. Man sieht also, daß wir uns auch hier wieder in dem bekannten Kreise drehen, in dem wir auf allen Gebieten unseres heutigen Daseins befangen sind. Tatsächlich geht natürlich auch die Lohnentwicklung unaufhaltsam in immer stärkerer Anlehnung an den Lebenshaltungsindex vor sich, und man wird vielleicht auch eines Tages das Mittel des selbständigen Angleichs finden. Gegen ein über stürztes Vorgehen spricht jedenfalls auch das Interesse einer geregelten Fortführung der Gesamtwirtschaft, von dem Arbeitgeber wieArbeitnehmer abhängen. Und dann zuletzt wollen und dürfen wir ja auch nicht ver gessen, daß der tiefste und innerliche Grund auch dieser unserer Nöte — Herr Poincarü und seine Politik sind... 1700 Milliarden Geldstrafe. Neue Urteile in Werden. Das Kriegsgericht in Werden, welches kürzlich die Kruppdirektoren verurteilte, fällte jetzt ein neues ungeheuer liches Urteil. Verhandelt wurde gegen den Bergassessor a. D. Direktor Hermann Kellermann von der Guten Hofftiungshütte-Oberhausen, den Assessor a. D. Direktor Wil helm Falke von den Nombacher Hüttenwerken (Zeche Kon kordia-Oberhausen) und den Prokuristen Peter Fried mann von der Adler Akt.-Ges. für Bergbau in Kupferdree. Wenige Tage vor Pfingsten wurde an die meisten Zechen eine Aufforderung zur Wiederaufnahme der Kohlenlieserungen gerichtet. Nach Ablauf von fünf Tagen wurden die drei Herren verhaftet. Die Anklage lautet auf Verstoß gegen die Verordnung 33 des Generals Degoutte. Die Staatsanwalt schaft beantragte gegen Direktor Kellermann fünf Jahre Ge fängnis und 24 395 760 Frank Geldstrafe, das sind ungefähr 170 Milliarden deutscher Papiermark. Der Gerichtshof verkündete das Urteil gemäß dem Anträge des Anklagevertreters. Das Urteil gegen Falke lautete auf fünf Jahre Gefängnis und 6,2 Millionen Frank Geldstrafe, das sind 42 780 000 000 deutsche Papiermark. Gegen den Proku risten Friedmann lautete das Urteil auf 56 925 Millionen Papiermark Geldstrafe oder 8,25 Millionen Frank. Von einer Freiheitsstrafe gegen Friedmann wurde abgesehen. Außer diesen drei Angeklagten, die zusammen zu 269 Milliarden verurteilt wurden, standen noch fünf an dere Zechendirektoren vor dem französischen Kriegsgericht. Jeder wurde zu fünf Jahren Ge fängnis verurteilt. Die Geldstrafen, die über diese Herren verhängt wurden, belaufen sich zusammen auf 1431 Milliarden Mark. Wieder ein Bom-enaiieniai. Ein Toter, mehrere Verletzte. Unweit der Station Bingen, bei Budenheim, ist auf den D Zug Mainz—Paris, den die Franzosen führen, ein Bom- bcuattentat auSgcführt worden. Die Bombe platzte unter dem dritten Wagen und lötete einen Soldaten. Mehrere Personen haben schwere Verletzungen davongetragen. Der Zug erlitt einen etwa einstündigen Aufenthalt, setzte dann aber seine Fahrt fort. Das Attentat wurde genau so ausgeführt wie jene in der Pfalz, so daß man annehmen muß, daß hier eine Organi sation nach bestimmten Plänen und unter einer einheitlichen Leitung arbeitet. Gegen -Le Dortmunder Mörder. Eine deutsche Protestnote. Die deutschen Botschaften in London, Madrid, Rom, Washington und Moskau, die deutschen Gesandtschaften im Haag, Bern, Kopenhagen, Christiania, Stockholm, Riga und Warschau sind beauftragt worden, den dortigen Re gierungen eine Note zu überreichen, in der die deutsche Regierung die Aufmerksamkeit der nicht an der Ruhraktton beteiligten fremden Regierungen auf die unh eilv o ll en Gewaltakte lenkt, mit denen die französisch-belgischen Besatzungstruppen gegen die Bevölkerung des alt- und neubesetzten Gebietes vorgehen. Die Note weist auf die Erschießung Schlageters, auf die Tötung von sechs Deutschen in Dortmund und auf das Todesurteil gegen Görges hin und sagt weiter, das französische Vorgehen mache alle Bemühungen der deutschen Regierung, beruhi gend auf di« Bevöllerung einzuwirken, illusorisch. Es stärkt nicht nur in d«r Bevölkerung das Gefühl der Not wendigkeit, gegenüber dem fremden Militarismus den passiven Widerstand aufrechtzuerhalten, sondern beschwört darüber hinaus immer ernster die Ge fahr herauf, daß die in ihrem innersten Empfinden ge troffene Bevölkerung sich zu verzweifelten Unbe sonnenheiten Hinreißen läßt, die in ihren Auswir kungen weit über das besetzte Gebiet hinausgeben. Die deutsche Regierung legt gegen die fortgesetzte französische Gewaltpolitik Verwahrung ein und stellt öffentlich fest, daß die Veran 1 w o rtung für deren Folgen allein auf die französische Regierung fällt. * Wie die Franzosen in Dortmund wüteten. In der Anlage zu dieser Note ist eine eidliche Zeugen aussage enthalten, wann ein Dortmunder Einwohner schildert, wie er von einer französischen Truppe gezwungen wurde, mit ihr zu marschieren, wie der Führer dieser Truppe zwei Deutsche, die des Weges kamen, einfach niederschob, den Zeugen und andere Deutsche zwang, die Leichen zu tragen, und wie die Leichen dann an der Stelle, wo die erschossenen französischen Feldwebel gefunden worden waren, auf der Straße meder gelegt wurden. Die anderen Deutschen wurden schwer miß handelt und bedroht. Dann gelang es dem Zeugen, zu ent- siiehen. Das Todesurteil gegen Görges. Ein angebliches Geständnis. Wie aus Mainz berichtet wird, hat der Ingenieur Görges bei der Verhandlung vor dem französischen Kriegs gericht in Mainz sein früheres Geständnis, der Ver ursacher des Sabotageaktes von Jnnsheim zu sein, wieder holt. Er habe zwei Höllenmaschinen, die mit 20 Kilogramm Sprengstoff geladen waren, an dem Bahn körper niedergelegt. Ein größeres Unglück ist nur dadurch verhütet worden, daß man die Maschinen entdeckte, ehe ein Zug einfuhr. Angesichts dieses Geständnisses mußten sich die beiden Verteidiger darauf beschränken, das Gericht um Milde zu bitten. Das Kriegsgericht schloß sich aber dem Anträge des Anklägers an und sprach Görges, wie bekannt, des Todes schuldig. — Eine Bestätigung dieser Meldung, die im direkten Gegensatz zu der bisherigen Nachricht von dem durch Folterqualen erpreßten Geständnis steht, muß abgewartet werden. Giambulinski erschossen! Ein vereitelter Staatsstreich. Der entflohene frühere bulgarische Ministerpräsident Stambulinski, der von den Regierungstruppen verfolgt wurde, ist jetzt bei einem Fluchtversuch erschossen worden. Stambulinski hatte sich an den Kommandanten der Truppe mit der Erklärung gewandt, daß er sich ergeben wolle. Auf dem Wege nach Slawowica griff eine Gruppe von bewaffneten Bauern den Wagen an, in welchem er transportiert wurde, wobei es Stambulinski gelang, zu entkommen. Es erging sofort der Befehl, ihn zu ver folgen, festzunehmen und unter guter Bedeckung nach Sofia einzuliefern. Während der Verfolgung kam es zu einem Feuergefecht, in dessen Verlauf Stambulinski getötet wurde. Die Regierung bedauert das Geschehnis tief und hat eine genaue Untersuchung angeordnet. Die im Wohnhause Stambulinskis in Sofia, sowie auf seinem Gute vorgenommenen Haussuchungen haben zur Aufdeckung eines Planes des früheren Ministerpräsi denten über die Ausruf ungder Republik geführt. Nach den Vorgefundenen Beweisen war für die Durchfüh rung des Planes der 12. September ausersehen. Zur Ein weihung einer neuen Kirche wollte man angeblich 1OO000 Bauern nach Sofia bringen. Während der Festlichkeit sollte König Boris zur Abdankung gezwungen und Stanr- bulinski zum Präsidenten der Republik ausgerufen werden politische Rundschau. Deutsches Reich 25fache Steuervorauszahlung? Ein Antrag von Abgeordneten des Zentrums stand km Steuerausschuß des Reichstages zur Beratung, der die Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschafts steuer auf das Zehnfache erhöhen will, soweit es sich nicht um Einkommen aus festverzinslichen Werten usw. handelt, falls nicht glaubhaft gemacht wird, daß das steuerbare Einkommen für 1923 voraussichtlich weniger als das Acht fache des Einkommens von 1922 betragen wird. Neichs- finanzminister Dr. Hermes betonte zu der Frage, bei einer Verachtundzwanzigfachung des Einkommens der Be amten sei eine Verzehnfachung oder Verfünfzehnfachung der Vorauszahlungen nicht ausreichend, sondern erst eine Verfünfundzwanzigfachung der Vor auszahlung würde einen annähernden Ausgleich für die Geldentwertung bedeuten. Neue Eisenbahntariferhöhungen. Im Neichsverkehrsministerium schweben Verhandlun gen über neue Tariferhöhungen bei der Reichsbahn. Man ist sich einig darüber, daß eine abermalige Heraufsetzung der jetzigen Tarife nötig ist. Eine Erhöhung der Preise der bereits für die Feriensonderzüge gelösten Fahrkarten