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o Das Schicksal der Düppeler Schanzen. Das Kampf- gelände von Düppel ist vom dänischen Staat aufgekaufi worden und soll in seiner jetzigen Gestalt als „National park" erhalten werden. Die feierliche Übernahme durch den Siaat wird aber erst im Oktober erfolgen, wenn der dänische Reichstag dem Kauf zugestimmt und einen Antrag betreffend Unterhaltung des Geländes angenommen haben wird. O Die erste Bergsteigerhochschule. Der Schweizer Alpcn- klub hat in Klosters eine Bergsteigerhochschule, die erste dieser Art, ins Leben gerufen; sie wird im Juli eröffnet. Die Unterrichtskurse beginnen mit einem theoretischen Unterricht. Nach der theoretischen Vorbereitung werden unter fachgemäßer Führung Bergbesteigungen vorgenom men. Erft nach diesem ersten Kurs, der erweist, ob der i Schüler schwindelfrei und ausdauernd genug ist, wird ent- s schieden, ob der Kursteilnehmer an den weiteren schwieri gen Exkursionen teilnehmen kann. Der Unterricht erfolgt in deutscher und in englischer Sprache. tz Amundsens Nordpolflug ausgcgeben. Nach einer Meldung aus Christiania hat sich Roald Amundsen ge nötigt gesehen, den geplanten Flug zum Nordpol aufzu geben, da das Ergebnis des am 11. Mai unternommenen Probefluges sehr unbefriedigend war. Die zur Aufsuchung der Amundsen-Expedition ausgerüstete Hilfsexpedition ist telegraphisch ersucht worden, umzukehren. Amundsen hatte seinen Flug schon für das vorige Jahr in Aussicht ge nommen und mußte ihn auch damals in letzter Stunde aufgeben. In der wissenschaftlichen und aeronautischen Welt stand man dem Unternehmen von allem Anfang an skeptisch gegenüber. G Der Nachlaß des Kommunisten. Der Nachlaß des im August 1919 durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen ungarischen Kommunisten Szaniuely, der durch zahllose Bluttaten während der Nätcherrschaft von sich reden ge macht hat, ist jetzt vom ungarischen Staat ausgenommen worden. Die Aufnahme ergab ein Vermögen von mehr als 190 Millionen ungarischer Kronen. Im Nachlaß befinden sich große Summen amerikanischer, schweizerischer, öster reichischer und ungarischer Noten, viele Jndustriepapiere, Häuser, ein Gut, Brillantringe und goldene Armbänder. Szamuely hatte die Gelder zum größten Teil gestohlen. Der ungarische Staat erhebt Anspruch auf 30 Millionen Kronen, da Szamuely aus der österreichisch-ungarischen Bank Noten, Jndustriepapiere und Valuten in diesem Um fang geraubt habe. G Fünf „blinde" Schiffspasiagiere erstickt. In dem aus s Kuba in einem amerikanischen Hafen eingetroffenen , Dampfer „Santa Theresa" sind, wie aus Newyork be- , richtet wird, von neun blinden Passagieren, die sich in den i Kohlenbunkern verborgen hatten, fünf erstickt. Die übrigen f vier wurden der Einwanderungsbehörde übergeben. Zwei f sind ernstlich erkrankt. f o Das grüßte Schwimmdock der Welt, das Deutschland : auf Grund des Friedensvertrages an England abliefern ! mußte, wird nach Singapore gebracht werden, um dort für die englische Flottenbasis Verwendung zu finden. Zurzeit befindet sich das Dock zur Reparation in Chatham, wo 800 Arbeiter mit der Ausbesserung und Ergänzung beschäftigt sind. Me endgültigen posttarife! Münzen. Ab 1. Juli. Der Postausschuß des Reichstages hat dem Drängen nach nochmaliger Erhöhung der für den 1. Juli vorgcschlagenen Tariserhöhungen nicht nachgegeben und die Sätze der ersten Vorlage genehmigt. Vom 1. Juli ab gelten also folgende Portosatze: Postkarten im Ortsverkehr 60 Mark, im Fernverkehr 126 Mark. Briefe im Ortsverkehr bis 20 Gramm 120 Mark: über 20 bis 100 Gramm 180 Mark; über 100 bis 250 Gramm 300 Mark; über 250 bis 500 Gramm 360 Mark; im Fern her k eh r bis zu 20 Gramm 300 Mark; über 20 bis 100 Gramm .360 Mark: über 100 bis 250 Gramm 450 Mark: über 250 bis Wenn edle Herzen bluten..! 18 Roman von Fr. Lehne. „Ohne Groll, Sophia." Er küßte ihr beinahe andächtig die Hände. „Darf ich dich zurückbegleiten?" „Gern, Eberhard. j » * * Ms Sophia gegen sechs Uhr zurückkam, wurde sie mit einer Flut von Fragen empfangen, wo sie so lange gewesen sei. „Seit wann interessiert dich das denn so, Anne marie?" „Ach, ich warte schon eine halbe Ewigkeit aus dich. Rosenthal hat mir mein schwarzes Chiffonkleid geändert und total verpfuscht, was sie aber abstreiten. Nun möchte ich dich bitten, mich dorthin zu begleiten und dein Urteil abzugeben. So kann ich es unmöglich abnehmen und brauche es doch für übermorgen schon. Für heute ist es allerdings zu spät geworden; doch ich will telephonieren, daß sie uns morgen vormittag erwarten sollen." ^Gern werde ich mitgehen. Die Aenderung hätte ich dir aber sehr gern gemacht, Annemarie — wes- r halb hast du nrir nichts davon gesagt? Diese Aus- j gäbe konntest du sparen. Du weißt doch, wie wenig ! Rosenthal an Aenderungen liegt, selbst bei ihm ge- s kauften Toiletten sind sie nachlässig!" „Ich dachte wohl daran, doch ich wagte nicht j dich darum zu bitten", bemerkte Annemarie kleinlaut. Ein erstaunter Blick der Schwester traf sie. „Weshalb nicht?" „Ach, weil du manchmal so abstoßend bist." „Dann hat es auch jedenfalls seine Gründe ge habt. Ungefällig bin ich deshalb aber noch nie gewesen." „Nein!" rief Erni eifria. „du opferst dich ja für uns!" Die Damen saßen im Wohnzimmer. Erni spielte mit Annemaries Rehpinscher. Die Kommerzienrätin quälte sich mit einer Patience, die nicht ausgehen wollte. „Ihr möchtet wissen, wo ich war? Ich hatte «in Rendezvous mit Eberhard — im Lustgarten." i „Das ist unpassend, Sophia," tadelte die Mutter. 500 Gramm 540 Mark. Für den von Behörden abgesandren dienstlichen Mtcirbrief über 250 bis 500 Gramm ist die bisherige Srndergebühr am 1. März 1923 weggefallen. Drucksachen bis 25 Gramm 60 Mark; über 25 bis 50 Gramm 120 Mark: über 50 bis 100 Gramm 180 Mark; Wer 100 bis 250 Gramm 300 Mark; über 250 bis 500 Gramm 360 Mark; über 500 Gramm bis 1 Kilogramm 450 Mark; über 1 Kilogramm bis 2 Kilogramm 600 Marl. Die Drucksachen- karte unterliegt der Gebühr für Drucksachen bis 25 Gramm. GeschäftSpaPicre bis 250 Gramm 300 Mark; Vie übrigen Portosätze sür Geschäftspapiere wie bei Drucksachen. Warenproben bis 100 Gramm 180 Mark; über 100 bis 250 Gramm 300 Mark; über 250 bis 500 Gramm 360 Mark. i Päcküzen bis 1 Kilogramm 600 Matt. - Palele bis 3 Kilogramm Zone 1 800 Mark, Zone 2 1600 s Mark, Zone 3 1600 Mart, über 3 bis 5 Kilogramm Zone 1 1200 i Mark, Zone 2 2400 Mark, Zone 3 2400 Mark; über 5 bis 6 z Kilogramm Zone 1 1400 Mark, Zone 2 2800 Mark, Zone 3 4200 Mark; weiter von Kilogramm zu Kilogramm bis zu 10 Kilogramm 1. Zone je 200 Mark mehr, 2. Zone je 400 Mark mehr, 3. Zone je 600 Mark mehr; über 10 bis 11 Kilogramm 1. Zone 2500 Mark, 2. Zone 5000 Mark, 3. Zone 7500 Mark, weiter von Kilogramm zu Kilogramm bis 20 Kilogramm 1. Zone je 300 Mark mehr, 2. Zone je 600 Mark mehr, 3. Zone je 900 Mark mehr; für Zeitungspakete bis 5 Kilogramm 1. Zone 600 Mark, 2. Zone 1200 Mark, 3. Zone 1200 Mark. Bei Wertsendungen beträgt die Versicherungsgebühr 1. für Wertbriefe und versiegelte Wertpakete sür je 10000 Matt der Wertangabe oder einen Teil von 10 000 Mark 100 Mark; 2. sür unversiegelte Wettpakete bis zu einer vom Reichspostminister festzusetzenden Wertgrenze die Hälfte des unter 1 angegebenen Satzes. Einschreibgebühr wird sür unversiegelte Wertpakete nickst mehr erhoben. Postanweisungen bis 5000 Matt 200 Matt Porto; über 5000 bis 10 000 Mark 400 Matt; über 10 000 bis 50 000 Matt 800 Mark; über 50 000 bis 100 000 Mark 1200 Matt und sür jede weiteren 100 000 Mark oder einen Teil dieser Summe 600 Mark mehr. Postschcckgebühren: Für eine bare Einzahlung mit Zähl karte bei Beträgen bis 5000 Mark 50 Mark: von mehr als 5000 Mark bis 10 000 Mark 100 Mark; von mehr als 10 000 Mark bis 50 000 Mark 200 Matt; von mehr als 50 000 Mark bis 100000 Mark 300 Mark; von mehr als 100 000 Matt bis 200 000 Mark 450 Mark; von mehr als 200 000 Matt bis 300 000 Matt 600 Mark; von mehr als .300 000 Mark bis 400 000 Mark 750 Mark; von mehr als 400 000 Mark bis 500 000 Matt 900 Mark; von mebr als 500 000 Mark bis 750 000 Mark 1050 Mark; von mehr als 750 000 Matt bis 1000 000 Mark 1200 Matt: von mehr als 1 000 000 Mark bis 2 000 MO Matt 1500 Mark; von mehr als - 2 OM 000 Matt bis unbeschränkt 20M Mark. Für bargeldlos beglichene Zählkarten wird dieselbe Ge- § bühr, im Höchstfall jedoch eine Gebühr von 600 Matt für eine i Zahlkatte erhoben. Telegraphengebührcn: Für das gewöhnliche Telegramm im j Fernverkehr (Ferntelcgramme) eine Grundgebühr von i 400 Matt und eine Wortgebühr von 200 Matt; im Oris- s Verkehr (Ottstelegramme) eine Grundgebühr von 200 Mark ! und eine Wortgebühr von 100 Mark; für Pressetelogramme eins Grundgebühr von 200 Mark und eine Wortgebühr von 100 Mark. Fernsprechgebühren. Der Teuerungszuschlag zu dm Fern- spreckigebübren wird von 2900 G ans 14 900 erüöbr. Die Einfchreibegebühl beträgt 300 Matt. Neueste Meldungen. Die wertbeständigen Löhne in Sicht? Berlin. 19. Juni. Über die Frage des wertbestän digen Lohnes fand im Reichsarbeitsministerium eine Be sprechung mit den Spiücnorganisafionen der Arbeitnehmer statt. ES ergab sich dabei, daß sich dir Absichten des Mini steriums und die Vorschläge der Gewerkschaften ungefähr in gleicher Richtung bewegen. Eine Reihe von Frayrn bedarf noch der Klärung, sowohl seitens der Regierung als auch > der Gewerkschaften. Man hofft aber, schon im Laufe nächster i Woche in gemeinsamen Verhandlungen zur endgültigen § Regelung zu gelangen. Französischer Eisenbahnbetrieb Köln, 19. Juni. In der Nacht vom 17. auf den 18. dieses Monats entgleiste ein GüLcrzug der französisch-bel- ' gischen Regie bei Block Ohndorf an der Strecke Elsdorf— ! Bedburg. — Im Bahnhof Pfalzdorf entgleisten beim Ran gieren sieben Personenwagen und ein beladener Güterwagen der französisch-belgischen Regie. Danziger aus Polen ausgewiesen. Danzig, 19. Juni. Der polnische Vertreter in Danzig hat dem Senat der Freien Stadt in einer Note mitgeteitt, daß 16 Danziger Staatsangehörige aus Polen ausge wiesen worden sind. Die Maßnahme stelle eine Vergeltung gegen das Verbot der Beschäftigung von 16 polnischen Staatsbürgern in Danzig dar. Das Saargebiet vor dem Völkerbund. London, 19. Juni. Der Unterstaatssekretär Mac Neill antwortete auf eine Anfrage, daß die englische Regierung den Völkerbundfekretär eingeladen habe, auf das Pro gramm des nächsten Völkerbundrates die Frage der Ver waltung des Saargebietes zu setzen. Die englische Regie rung werde die Eröffnung einer Unterredung verlangen um zu erfahren, ob die Verwaltung des Saargebietcs nach wie vor den Bestimmungen des Versailler Vertrages unterlieae. Aus Stadt und Land. MMrtUlncc» für diele «»driti nehme» wtr immer dautidere «u,«,eu. Wilsdruff, am 20. Juni 1923. — Voraussichtliche Witterung. Nach Abnahme der Nieder schläge meist trocken, aber noch ziemlich starke Bewölkung, keine wesentliche Temperaturän'derung. — Sächsischer Landtag. In der Dienslagsitzung des Land tags erschienen aus der Tagesordnung die ersten Kapitel des Haushaltplanes, der eigentlich bereits erledigt sein sollte. Nach dem die in der Sitzung vom 12. Juni beratenen Anträge ent sprechenden Ausschußvorschlägen angenommen waren, wurde eine ganze Reihe Kapitel des ordentlichen Staatshaushalt- planes nach den Ausschußanträgen angenommen. Außerdem sand die Abänderung des Stempelsteuergesetzes Annahme, sowie ein abgeänderter kommunistischer Antrag auf Gewährung von Lernmittelfreiheit an Kindern minderbemittelter Familien. — Tagesordnung sür die Stadtvcrordnetensitzung Donners tag, den 21. Juni 1923, abends 7 Uhr: 1. Eingänge und Mit teilungen, 2, Nachtrag zum Sparkasscnregulativ, 3. Erhöhung der Gebühren für Revision der Bierdruckapparate, 4. Strom preise für Monat Juni, 5. Erhöhung des Berechnungsgeldes für Kinderspeisung, 6. Anleihevertrag mit Deuben, 7. Verschiedenes. — Aus den Liederabend von Frl. Doris Rost, der morgen Donnerstag abend 8 Uhr im „Adler" stattfindet, wird hierdurch nochmals empfehlend hmgewiesen. — Das 1. Bezirksfängersest des Arbeiter-Sängerbundes vom Plauenschen Grund findet am Sonnabend und Sonntag nach dem im Anzeigenteil dieser Nummer veröffentlichten Pro gramm statt. Die Einwohner werden gebeten, die Häuser zu schmücken, um auch dadurch die alte Gastfreundschaft der Wilsdruffer zum Ausdruck zu bringen. Der Festzug beginnt auf dem Marktplatze und nimmt seinen Weg durch Markt gasse, Rosen-, Post-, Zedtler-, Dresdner, Meißner, Bismarck-, Wieland-, Aellaer, Freiberger und Tharandter Straße nach dem „Lindenschlößchen". — Der Missionszweigverein Wilsdruff und Umgebung be- qing am vergangenen Sonntag in der Kirche zu Kesselsdorf sein Iahresfest. Das geschmückte Gotteshaus war trotz ungünstiger Witterung dicht gefüllt, namentlich von Männern, ein überaus wohltuender Anblick. Die eindrucksvolle, zu Herzen gehende Festpreis!' hielt Pf. Ranft von der Dreikönigskirche zu Dresden. Auf Grund von Eph. 3, 8 zeigte er, daß wir dann recht Heiden- mission treiben, wenn wir als demütige und dankbare Menschen den nnausforschlichen Reichtum Christi unter den Heiden ver kündigen. Ganz vorzüglich hattexdiesen Höhepunkt des Gottes dienstes vorbereitet eine Kirchenmusik des Chorgesangvereins („Herr Gott, du bist unsere Zuflucht"'» unter der ausgezeichneten Leitung von Kantor Fichtner. Willig hatte sich die Seele zu lichteren Höhen emporführen lassen. Nach einer Pause eröffnete Pf. Heber-Kesselsdorf die festliche Nackversammlung, indem er als Vorsitzender des Zweigvcreins und des Kirchenvorstandes „Unter, Oder, König, Aß, Sieben, Acht — zu dumm, das will wieder nicht werden, — ich denke, Eberhard wollte heute abend kommen —, ich begreife dich nicht — Dienstmüdchenmanieren sind das." Sie hatte die Karten zusammengeschoben und mischte von neuem. Ohne den Einwurf der Mutter zu beachten, fuhr Sophia fort: „Ich wollte mich ungestört mit ihm aussprechen können, ich Habs nämlich unsere Verlobung gelöst." „Sophia!" schrillten die drei Frauenstimmen durch einander. Der Rätin waren die Karten aus den Hän den geglitten und lagen verstreut aus dem Tisch und dem Teppich. Sie war aufgesprungen und starrte ihre Netteste mit bösen Blicken an. „Sophia — bist du wahnsinnig?" „Nie Habs ich meinen Verstand so gut beisammen gehabt, wie jetzt," lautete deren gelassene Erwiderung. „Das ist unerhört! Eine Blamage, ein Affront für die ganze Familie — das gebe ich nie zu!" stöhnte Frau Markhoff händeringend. „Dich so in der Leute Mund zu bringen! Was werden die sagen —" Mit einem spöttischen Blick musterte Sophia die Schwester. „Dir ist die Meinung der Leute doch sonst so gleichgültig, Annemarie." „Aber aus welch en Grund — so sprich doch nur, erkläre dich doch — ich bin ganz konsterniert." Die Kommerzienrätin schnappte nach Luft, sie war feuerrot geworden. „Annemarie, gib mir mein Flakon!" bat sie mit versagender Stimme. Die junge Frau warf einen vorwurfsvollen Blick auf Sophia und bemühte sich um die fassungslose Mut ter. Erni stand wie zu Stein erstarrt mit krampfhaft verschlungenen Händen, um den lieblichen Kindermund zuckte es wie von verhaltenem Weinen. „Aus welchem Grunde, Mutter? Ich frage dich Aus welchem Grunde hast du mir die Briefe und Photo graphien von Bruno Schulz vorenthaltsn?" Groß und ruhig und kalt blickten ihre dunklen Augen auf die Mutter, die sich weinend in Anne Maries Arme stürzte. Sophia stand aus. werden zu können, und das möchtet ihr allen sagen, die euch fragen werden — ob sie es glauben oder nicht — mir soll es gleich sein." „Und was sägt Eberhard dazu?" fragte Annemarie scheu. „War er denn einverstanden?" r „Er hat sich meinen Bitten gefügt. Wir haben uns ; in aller Freundschaft getrennt." Erni ging leise, unbeachtet von den anderen, ans ! dem Zimmer. Endlich hatte sich die Kommerzienrätin ! von ihrer grenzenlosen Bestürzung erholt. „Das dulde ich nicht. Ich werde nachher an Eber- ! hard schreiben. Und Papa soll dir den Kopf zurechr- j fetzen. Nichts wie Aufregungen und Aerger. Welche ! Sorgen häufst du auf uns? Es ist unglaublich, wie du * deine Eltern mißachtest!" Mit einer gebieterischen Handbewegung schnitt So phia ihrer Mutter das Wort ab. „Bitte, Mama, erspare dir jedes Wort. Ereifere s dich nicht. Mein Entschluß ist unerschütterlich. Ich möchte dir nicht nochmals ein Bestimmen über mein Leben überlassen. Ich will auch nicht weiter nach forschen, was vor fünf Jahren geschehen ist, weil es doch keinen Zweck mehr hat. Nur das eine verlange ich: Laßt mir meine Ruhe — ich bin der Uneinigkeiten und Streitigkeiten müde!" Damit ging sie hinaus, Mutter und Schwester ihrer Entrüstung überlassend, sie hatte keine Lust, deren langatmige Erörterungen mit anzuhören. Draußen wartete Erni im Halbdunkel der Diele auf sie. Sie fiel ihr um den Hals. „Nun kommt Eberhard wohl nicht mehr?" flü sterte fie. „Schwerlich, Kleinchen." Da fühlte Sophia auf ihrer Wangs Tränen und ein unterdrücktes Schluchzen klang an ihr Ohr. Aber ehe sie etwas sagen konnte, war Erni da- vvngelanfen. Was war das mit der Kleinen? Ein beklemmendes Gefühl erfüllte Sophia. Viele s kleine Einzelheiten fielen ihr da ein, auf die sie srü- ! her nicht geachtet oder die sie gutmütig belächelt hatte. Sollte Erni Eberhard geliebt haben? Zwar, ihre Schwärmerei für ihn hatte sie ja ziemlich offenkundig zur Schau getragen. War das vielleicht schon unbe wußte Liebe gewesen, wenn nicht das andere, das Schreckliche im Hintergründe lauerte. Die bange Ah nung verließ Sophia nicht, daß es kommen mußte.