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Wilsdruffer Tageblatt : 14.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192306146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19230614
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19230614
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-14
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 14.06.1923
- Autor
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Das HeirMahr. Ein LusGftl-Roman tu zwölf KapiiW» t o«- s b s l t r tz. (4V. Forisehüng.) (Nachdruck verboten.) „Ueber die wahre Liebe zerbreche ich mir nickst weiter den KiPf. Nelly fühlt auf englisch, und an Freefe will ich mich nicht wenden. Ich könnte ja Max befragen, aber der behandelt mich noch als Gänschen. Ich verzeihe es ihm. Es braucht nie mand tief hinab in meine Seele zu sehen und dort zu lesen, was geschrieben steht in goldenen Lettern, unauswischbar und wie ein Stern in dunkler Nacht. Ich leide lieber still. Max leidet ja auch und ebenso die arme Elise. Es ruht ein furchtbarer Fluch auf uns, und wer weiß, ob er gehoben wird. Noch ein paar Tage soll es dauern, dann will Max sprechen. Ich weiß, daß es entsetzlich werden wird, aber ich werde ihm treu zur Seite stehen, als einzige Schwester, die ihm des Lebens Last tragen Hilst in Ewigkeit. Ich werde auch den Zorn der Eltern nicht scheuen; denn weiß ich auch nicht so recht Bescheid, so fühle ich doch aus mir selbst heraus, daß die Liebe das Beste ist, was man hat. Außerdem gibt es für die beiden kein Rückwärts mehr wie im Cid von Herder (von 1740 ungefähr bis 1800), sondern sie sind über Leben und Tod füreinander gebunden und haben auch schon ein kleines Kind. Letzteres habe ich aber noch nicht gesehen, weil es gerade schlief, und ich nicht hineindurfte .. „Noch zittert mir die Feder in der müden Hand. Beinahe hätte Mama mich überrascht. Aber wiederum rettete mich meine Geistesgegenwart. Auch der Mut übt seine Spannkraft in meiner jungen Brust. Die großen Ereignisse der letzten Tage stärken mich unbewußt. Ich habe mich in edler Weise ver ändert. Ich könnte noch viel mehr erdulden. Nur aussprechen möchte ich mich manchmal sehr gern. Doch ich bin einsam und verlassen auf dieser Welt; denn mit Trude ist nicht zu reden, viel eher noch mit Semper, aber der ist mir nicht zur Hand. Er ist viel ritterlicher als Doktor Haarhaus, wenn er auch kleiner ist und nicht in Afrika war. Wie sagte doch Goethe: „Komm den Frauen zart entgegen", aber es kann auch Heine sein. — Mama ist jetzt immer so hinter mir her, und Papa sagte heute mittag, als von dem afrikanischen Tagebuch des Doktor Haar haus gesprochen wurde: „Ja, ja, so ein Tagebuch ist schon was Schönes, und dabei guckte er mich cm. Ich zitterte und wurde rot und sagte rasch mit meiner Geistesgegenwart: „Es ist heute so heiß." Aber Angst habe ich doch. Ob die Eltern etwas ge merkt haben — Ich will lieber drei Tage nicht schreiben; erst nach der Gesellschaft wieder . . Es war ein wunderschöner Sommersonntag, an dem Rein bold seine Probepredigt halten sollte. Ueber dem Dorfe lag heilige Festtagsruhe; selbst in den Ställen schien es friedvoller als sonst. Nur die Hähne krähten, und das Schnattern und Glucksen des Federviehs lieferten die Begleitmusik zu diesen Fanfaren. Dazwischen erscholl zur Vervollständigung der Morgenouvertüre der volle Chorgesang der Bögel /in den Bäumen. ' Reinbold hatte das Pfarrhaus, in dem er übernachtet hatte, durch den rückwärtigen Ausgang verlassen. Hier lagen der Obst- und Gemüsegarten des Pastorats und daran schloß sich, bis an das Ufer der Wilde hinabreichend, ein langgestrecktes Stück Wiesenland. Alles war sauber gehalten und stand in bester Kultur. Reinbold freute sich darüber; er nahm gewisser maßen schon Besitz von seinem neuen Heim. Und dennoch zagte seine Seele. Der Patron hatte das Machtwort zu sprechen. Nun war Herr von Tübingen ihm allerdings mit jener etwas rauhen Liebenswürdigkeit entgegengekommen, die ihm eigen war; da für hatte sich aber die Baronin, und das war dem neuen Pfarr amtskandidaten nicht entgangen, sichtlich zurückhaltend gezeigt. Vor Frau von Tübingen hatte Reinbold Sorge und eine heim liche Angst. Er schritt den schmalen Wiesenpfad hinab zum Flusse. Noch lag der Tau auf den Gräsern, aber auch hier im feuchten Grün erwachte bereits das Leben. Schmetterlinge.tau melten über den Rispen, und große Hummeln, Libellen und Bienen; die ganze Käserwell zog aus, ihren Morgenimbiß ein- zusammsln. Die Erlen und jungen Weiden am Flusse schwank ten im erfrischenden Frühwind wie in rhythmischer Tanzbewe gung hin und her; auf den silbern schimmernden Birken, die als Grenzwacht zwischen Len Pfarrwiesen und dem Parke des Herrenhauses standen, hatte sich ein Schwarm Krähen nieder gelassen und lärmte dort in ruheloser Art. Jenseits des Flusses setzten sich die Wiesen, hier zum Majorate gehörig, bis zum Waldessaume fort. Sie strahlten in der Morgenbeleuchtung ein bläuliches Grün aus, in das sich der Glanz drs Taues mischte. Ein paar Störche stolzierten zwischen den Gräsern umher . . . Es war so schön — so schön! Reinbold hob die Arme und breitet« sie weit aus, als wollte er die ganze Gottesnatur an sein Herz ziehen. Er war in hoher und festlicher Weihestim mung. Selbst die Erinnerung an das strenge Gesicht der Ba ronin verblaßte und milderte sich. Im Auf- mld Niederschreiten rekapitulierte er seine Predigt. Er hatte sie sorgsam ausgearbeitet und sich dabei Mühe gegeben, auch in das Wesen und das Begriffsvermögen der Bauern ein- zudringen. Das war ihm nicht leicht geworden, denn er kannte die ländlichen Verhältnisse wenig; aber er ging so mit Herz und Seele in seiner großen und schönen Aufgabe auf, daß er gutes I Eelingm erhoffte. Wer Kanzler in Süddeutschland. Der Reichskanzler hat auf seiner Fahrt nach Süd- dentschland in Heidelberg eine längere Aussprache mit der Regierung der Pfalz gehabt, bei der' die Frage der Flüchtlingsfürsorge eingehend zur Besprechung kam. Von Heidelberg begab sich der Reichskanzler im Auto nach Karlsruhe, wo ein Empfang beim Staatspräsidenten Remmele stattfand. Dabei sagte der Reichskanzler, der Bbwehrkampf in den besetzten Gebieten sei spontan aus dem beleidigten Rechtsgefühl der Bevölkerung er wachsen und nicht von der Regierung diktiert. Nurdann könne der Kampf beendigt werden, wenn wirklich Garantien gegeben seien, daß die besetzten Gebiete in Baden, der Pfalz, im Rheinland un versehrt beim Reich und bei den Ländern bleiben, denen sie angehören. Oie Mordtaten in Dortmund. Die Täter Franzosen? Die Untersuchung, die wegen der Ermordung ver beiden französischen Soldaten in Dortmund eingeleitet wurde, hat ergeben, daß die Schüsse aus einem Gewehr oder Karabiner abgegeben worden sind. Es ist auch sesi- gestcllt worden, daß es sich um Kupfermantclgeschosse handelt, die in der französischen Armee eingeführt sind. Die Franzosen geben jetzt selbst zu, daß es sich nicht um ein politisches Attentat, sondern um eine Eifer suchtsszene gehandelt haben kann. Soweit bisher festge stellt werden konnte, handelt es sich bei den erschosse nen Personen um den Studienrat Wutschank, Dr. Schöne, Elektriker Heinrich Strothmann und den 19jähri- gen Kaufmann Buschhoff, sämtlich aus Dortmund. Zwei neue Todesopfer. In Dortmund wurde ein ehemaliger Schutzpolizist, der sich zu kurzem Ausenthalt bei seinen Verwandten auf- htelt, von den Franzosen aus der Wohnung geholt und abends ohne weiteres Verfahren erschossen. — In Recklinghausen herrscht der wüsteste Terror. Es wurde eine scharfe Verkehrssperre verhängt, ohne daß die Bevölkerung rasch genug davon in Kenntnis ge setzt werden konnte. Die Wachen schossen auf jeden Straßenpasianten, der sich nach 9 Uhr auf der Straße zeigte. Ein junger Mann wurde gegen 11 Uhr ohne Anruf beschossen und mit schweren Verletzungen nach dem Krankenhause gebracht, wo er bald nach seiner Einlieferung starb. Die Franzosen schossen auch aus Personen, die sich auf BaNonen zeigten. Ebenso wurde in Zimmer geschossen, die nach d.er Straße W lagen und deren Fenster erleuchtet waren. Mus der KauZlerreds m Mimsisr. Die wesentlichsten Stellen der Rede des Reichskanz lers in Münster lauteten wie folgt: In den Garan 1 ienist bis an die Grenze des Möglichen gegangen, in der tiefen Zuversicht, daß, wenn nur erst einmal der Plan der! Neparationsschuld in einer mit der Leistungskrafl Deutschlands einigermaßen zu vereinbarenden Weise fest ge stellt ist, dann das deutsche Volk, einerlei ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, ob Nichtbesitzender oder Besitzender, bereit sein wird, aus Besitz, Arbeit und Einkommen die größten Opfer für die volle Freiheit und die Wohlfahrt der künftige» Generationen feiner Kinder zu bringen. Was wir zu tun haben, ist klar und einfach. Es. lst vor allem, daß besetztes und nichtbesetztes Gebiet fest und einig bleiben und ein ;eder einzelne sein Tun und Lassen so einstellt, als trage er die Verantwortung für das ganze Vaterland. Es gibt keinen Preis, für den uns die deutschen Lande an Rhein und Ruhr, an Mosel und Saar feil wären, keinen Preis, um den wir die Rechte des Reichs, Preußens und der anderen Staaten an diese» deutschen Landen mindern ließen. In dieser Erklärung weiß lch mich eins mit allen politischen Parteien unv allen Schichten des deutschen Volkes. Wenn jeder im unbesetzten Gebiet zum deutschen Vohksopfer spendet, was er vermag, so ist das felbst- verständliche Pflicht, in der Wir nicht ermüden dürfen. Die Rhein- und Ruhrbevölkerung soll wissen, daß nichts geschehen wird, was sie m ihrem Ausharren hemmen könnte, in einer Abwehr fürgutes Recht, die aus der Tiefe der Volks seele emporgewachsen, durch neu erlittenes Unrecht immer neu entfacht, in immer neuer Flamme emporloht, einer Flamme, die, von keiner Regierung entzündet, von keiner Obrigkeit ein fach auszuloschen ist. Wir wären der Heimat und der Freiheit nicht wert, wenn wir sie Preis gäben und nicht alles daransetzten, ihnen ihre Heimat und Freiheit wiederzugeben, die sie in ehrlichem Kampfe für ihre und unsere Hemmt und Freiheit verloren haben. politische Rundschau Deutsches Reich. Starke Erhöhung der Versicherungsgrenzen. Infolge der Geldentwertung sind die Grenzen für die Verficherungspflicht in der Angestelltenversicherung und Krankenversicherung erneut erhöht worden. Vom 1. Juni dieses Jahres ab gilt als Grenze in der Versicherungspflicht fiir Angestellte ein Jahresverdienst im unbesetzten Gebiet von 18 Millionen Mark, im besetzten Gebiet, im Einbruchs gebiet und in dem Gebiet, in dem besondere Vorschriften für die Erwerbslosenfürsorge gelten, von 22^ Millionen Mark. Bei der Krankenversicherung wird die für die Versicherungs- Pflicht der Betriebsbeamten, Angestellten usw. maßgebende Verdienstgrenze auf 9 72Ü «08 Mark festgesetzt. Dasselbe gilt für die hinsichtlich der Versicherungspflicht der Hausgewerbe treibenden maßgebende Einkommensgrenze. Entsprechend werden die Lohnstufen und Grundlöhne ergänzt. Diese Regelung tritt mit dem 18. d. M. in Kraft. Im besetzten Gebiet wird die Versicherungspflichtgrenze aus 12 150 000 Mark festgesetzt, gleichfalls ab 18. Juni. Vergleiche für Liquidationsschäden In einer Verhandlung im Reichs-Entschädigungsamt erklärte der Reichsminister für Wiederaufbau Albert, der der Entschädigung sür sortgenommenes Privateigentum sei eine größtmögliche Beschleunigung des Verfahrens so wohl im Interesse der Geschädigten als auch im Interesse des Reiches unter allen Umständen geboten. Die ge wünschte Beschleunigung könne nur im Wege des V e r - waltungsvergleichs erreicht werden. Dieser habe nicht eine Herabdrückung des Geschädigten zur Voraus setzung, vielmehr solle er dem Geschädigten unverkürzt das jenige zukommen lassen, worauf dieser nach den Entschadi- gungsgesetzen einen Anspruch habe. Das wirtschaftliche Interesse des Einzelfalles müsse dabei in den Voroergrund gerückt werden. Die Zuständigkeit zum Abschluß von Ver waltungsvergleichen werde von 25 auf 75 Millionen für die Vergleichskommissare erhöht werden. Die Zwecg- stellenleiter sollen darüber hinaus zum selbständigen Ab- chluß von Vergleichen bis zu 150 Millionen, der Präsident des R. E. A. bis zu 750 Millionen ermächtigt sein. Das BM-mendefizit im Neichshaushatt. Dem Reichstage ist eine Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben des Reiches in den Rechnungsjahren 1920, 1921, 1922 und 1923 zugegangen. Die Übersicht ist An-' fang Juni dieses Jahres aufgestellt. Im Jahre 1923, bis zur Zeit der Aufstellung der Übersicht, ergab sich ein Fehl betrag von rund 5116 Milliarden Mark. Im außerordent lichen Haushalt ist der Anleihebedarf des Reiches von 123 Milliarden Mark auf 7311 Milliarden Mark gestiegen. Da zu kommt der Fehlbetrag im ordentlichen Haushalt von 5116 Milliarden Mark, so daß der Anleihebedarf des Reiches für 1924 rund 12,5 Billionen Mark beträgt. Dazu kommen der Gesamtzuschuß und Anleihebedars beim ordentlichen und außerordentlichen Haushalt der Reichs postverwaltung und Eisenbahnverwaltung in Höhe von 3521 Milliarden Mark und außerdem rund 1732 Milliarden Mark in Ausführung des Friedensvertrages. Deutscher Neichsiag. (363. Sitzung.) 68. Berlin, 12. Juni. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stand die Fortsetzung der zweiten Beratung des Knappschafts- g e s e tz e s. Ab-g. Leopold (Deutschnat.) erklärte sich mit der Vorlage einverstanden, bezeichnete aber einige Ausschußbeschlüsse als zu weitgehend. Der Reichstag habe sich leider auch über den Grundsatz chinweMcsetzt, daß im Vorstande des Sel-bst-ver- WaltungskörperS die Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht vertreten sein sollen. Die Beiträge seien sehr hoch angesetzt. In den Bestimmungen über die Pensions rechte sei der soziale Gedanke überspannt und dürfte in dieser Form nur für die Arbeiter unter Tage gelten. Die Rente müßte von 50 auf 30 A herabgesetzt werden. Durch diese Än derungen würde einem großen Teile seiner politischen Freunde die Zustimmung zu der Vorlage erleichtert werden. Abg. Maltzahn (Komm.) erklärte, die Industrie, die den Profit habe, müsse auch dis Lasten der Sozialversicherung über nehmen. Er wünschte, daß die Grenze der Invalidität vom 50. auf das 45. Lebensjahr herabgesetzt werde. Abg. Winnefeld (D. Volksp.) stellte fest, daß eine Kohlen preiserhöhung nicht den Absichten seiner Pattei entsprechen würde. Die ersten Paragraphen des Entwurfs, die von dem Um fang der Versicherung und dem Träger der Versicherung (das sind der Reichsknappschastsverein und die Bezirttnappschasts- vereine) handeln, wurden angenommen, ebenso ß 11 über di« Versicherungsberechtigung und die Befreiung von der Krattew Versicherungspflicht. Zu den weiteren Paragraphen, die die Leistungen der Pensionskasse behandeln, wurden die kommu nistischen Anträge auf Erhöhung der Pensionen abgelehnt. Auch die übrigen Paragraphen wurden unter Ablehnung der kom munistischen Anträge »ach den Ausschußbeschlüsscn ange nommen. Damit war die zweite Lesung des Gesetzent wurfes erledigt. Der Entwurf wurde daun auch in dritter Lesung gegen die Stimmen der Kommunisten und eines großen Teiles der Deutschnationalen angenommen. Daun vertagte sich der Reichstag auf Mittwoch. UMMS WESNMN. IN. Berlin, 12. Juni. Im Prozeß gegen den Wettkonzerngründer Köhn, der gestern seinen Anfang nahm, soll nur dreimal in der Woche verhandelt werden, so daß, da eine große Anzahl von Zeuge» zu vernehmen ist, mit einer langen Dauer des Prozesses gerech- »tt werden mutz. Wie Klante, in «dessen Fußlappen er trat, ! will auch Köhn aus rein idealistischen Gründen, das heißt, um möglichst viel Leute restlos glücklich zu machen, auf seinen Wettkonzern verfallen sein. Und auch darin folgte ! er Klante, daß er sich wie dieser ein eigenes Organ schuf, den Prattischen Ratgeber für den Rennsport. Die Sahl der Ein leger seines Konzernes dürfte etwa 60 000 betragen haben. Er teilte diese Einzahler in drei Serien ein: Serie ^ sollte bei zweimonatiger Einzahlung Verdoppelung des Kapitals er zielen, Serie 8 nach drei Monaten Verdreifachung und Serie 0 nach zehn Monaten eine Verzehnfachung Ler Kapitalsanlage. « Köhn gründete dann -den Schutzverband der Welt-; und Sportkonzerne mit der Absicht, die Dividende all- gemein auf 50 A herabzüsetzen. Nach den Feststellungen des Konkurssachverwalters wurden im ganzen etwa 65 Millionen eingezahlt und etwa 34 Millionen ausgezahlt, so daß ein Fehl betrag von vielen Millionen vorhanden war. Köhn bestreitet j jedoch die Richtigkeit dieser Zahlen, über sein Wettsystem ließ er sich in eingehender Weise aus. Er habe, sagte er, die Pferde, auf die er setzte, nach ihrer Qualität gewählt unv meistens außer dem nach seiner Meinung besten Pferd noch! zwei Außenseiter in jedem Rennen gewettet. Durch seine Be ziehungen zu Jockeis und Trainern habe er stets über gute Tips verfügt. Daß er aus Ler Tasche feiner Einzahler gelebt und mit ihrem Geld« übermäßigen Aufwand getrieben habe, bestreitet er entschieden-, obwohl ihm vorg-ehalten werden kann, daß er sich einen eigenen Rennstall mit vierzehn Pferden zuge legt, Schmucksachen i-m Wette von 400 000 Mark — für jene Zeit eine gewaltige Summe — gekauft, ein Boot und Autos erworben und zuletzt sogar eine luxuriös eingerichtete Villa mit eingebauten Möbeln und vielem Silberzeug besessen Hal. Der Angeklagte behauptet immer wieder, daß er persönlich in bescheidenen Verhältnissen gelebt habe, und daß es ihm genau so ergangen sei wie jenem Mann, der sieben Häuser ober keine Schlafstelle aebabt Labe. Ein Viertelstündchen vor Beginn des Gottesdienstes fand sich Freese nsch einmal bei ihm ein. „Wie haben Sie geschlafen, lieber Herr Reinbold?" fragte er, nachdem er den alten Pfarrer Sirimonius begrüßt hatte, Rein bold die Hand schüttelnd. „Schlecht, Herr Freese — unruhig und von allerhand bösen Träumen verfolgt. Aber mit dem neuen Morgen ist mir auch neuer Mut gekommen." „Recht so," sagte Freese. „Ich meine, Sie können außer Sorge sein. Die Stimmung im Patronatshause ist Ihnen gün stig. Der Baron ist ein vortrefflicher Mann, noch einer aus der alten Schule —" „Aber die Frau Baronin," fiel Reinbold in klagendem Tone ein- „Der Baronin sind Sie lediglich zu jung und zu unverhei ratet," entgegnete Fress« lächelnd. „Das erstere bessert sich täg lich, und dem letzteren wird im Laufe der Zeiten ja auch abzu helfen sein. Es weht Verlobungsluft in Hohen-Kraatz; auch ich habe mich ihr nicht entziehen können. Schließlich haben Sie auch noch die jungen Damen für sich. Fräulein Benedikts ist der Ansicht, daß Sie bei wachsendem Vollbart die richtige Mischung von heiterer Lebensfreude und würdigem Ernst repräsentieren würden — so ungefähr wenigstens drückte sie sich aus — und in Fräulein Trude Palm besitzen Sie «ine besonders warme Für sprecherin. Ich darf Ihnen allerdings nicht verhehlen, daß Sie auf dieses Fräulein einen Eindruck gemacht haben, den Sie selbst wahrscheinlich am wenigsten erwarteten, nämlich — einen pikanten. Sie ist sehr neugierig, wie Sie sich im Talare aus nehmen werden." „Nun — diese Neugier wird ja bald gestillt werden. Daß ein Pastor seiner Gemeinde auch als Mensch gefallen muß, ist klar; in anderem Falle wird ein gedeihliches Handinhcmd- und Ne beneinandergehen immer unmöglich fein. Ich verüble es Fräu lein Palm also nicht, daß sie von meinem Menschen außen und innen gewisse pikant« Kontraste erwartet. Sicher ist es immer das Beste, sich nicht anders zu geben, als man ist. Das will ich auch tun, lieber Herr Freese, und mit Gottes Hilfe wird Patron wie Gemeinde Einsehen haben, daß man auch trotz eines jungen Gesichts und einer überflüssig lustigen Nase ein guter, treuer und ehrlicher Lehrer der Schrift sein kann- Jetzt leben Sie wohl; es läutet zum letzten Male, und ich muß in meinen Talar." Heute erschien die ganze Gemeinde in der Kirche. Der alte Pastor Sirimonius, der sich in seinem Sorgenstuhl hatte in das Gotteshaus tragen lassen, war ganz verwundert. Er hatte die Kirche noch niemals so voll gesehen. Und alles war in größter Spannung. Reinbold merkte das wohl, sah auch, wie sich hse und da die Köpfe zueinander neigten und man sich gegenseitig Bemerkungen in die Ohren tuschelte. (Fortsetzung folgt.) 0 M ein An« Stadt l Moabit modern Appara Ferner aufgeste gebnisse tauscher O F kn Satt einen b Seiten verwur Hilfe;« ergab hatten, es den deten < O E burgisc Hocken- eines l Sie sti zeln, a Tiefe erhalte OkdenI fügun( sollte i den. l nähme macht der V Absichl festzuh P -Petit Antwi reits franzc punkt die b< des ! Wiede S den 2 im H sekret« an P Preuß Gend aus c auf t Nähe Gend W 15 Elter auf, Geld Higer — al Anso brik lebte nach hard Hoc-;,; Bitte bestti noch ein f beim die « Gesi ter k rend spür terstt es o ans durc losic Lage woh Ant ihn liche geko
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