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Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Postscheckkonto Dresden 2640 und feln Erscheint seit dem Iahre 1841 82. Jahrgang. Nr 58. Donnerstag / Freitag 24. / 25. Mai 1923 ab druff 13. Erscheint bi« auf «eitere« nur Montag«, Mittwoch« u. Freitag« nachmittag« 5 Uhr für den folgenden Tag. 2ezug«pre>« bet Eelbstabhoiung monatlich Ml., Lurch unsere Austräger zugelragen in der Stadt monatlich Mk., auf dem Lande Ml. durch die Post bezogen vlertellährlich Mk. mlt ZusteNung«gebühr. Alle Postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Im Faste hSherer Gewalt, Krieg oder sonstiger SekiebsstSrunsen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung de« Bezugspreise«. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: «rthnr Zs chnnte, beide 1« Wilsdruff. MsdrusserTageblatt Insertlon«pre>< Ml. für die » gespaltene K»rpu«zelle oder deren Raum, Reklamen, die r spallige Korpu«zeile Ml. Lei Wiederholung und Iahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Lekanntmachungen lm amtlichen Teil lnur von Behörden) hie r gespaltene Korpuszeile Mk. Nachweisungs-Gebühr pfg. Anzeigenannahme bis vormittag« 10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatt» anfpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage ringe,ogen werden muß »der der Auftraggeber >» Konkurs gerät. e« kl. Wilsdruff, am 22. Mai 1923. Der Stadtrat. rril Wir bitten höflichst, Anzeigen bis vorm. 10 Uhr aufzugeben. Me Mve-MW der MWumch Mruff hält Ssvnabend de« 26 Mai 1923 abeuds 6 Ahr eine Aebung ab. Stellen am " pritzenhaus. Alle männlichen Personen im Alter von 20—25 Jahren Amtlicher Teil haben flch^zu dieser Hebung einzufinden. Nichterscheinen oder unentschnldigtes Fernbleiben wird nach der Feuerlöschordnung bestraft. Als EntschuldignngSs grund gilt nur Krankheit. Die Entschuldigungen sind schriftlich vor Beginn der Uebung beim Branddirektor abzugeben. Binden sind anzulsgen. Men i ges. ebote 3951 .Bl. sk riss bitz, 15. eine 2178 b n bei Ko h-82, M mer. '7 an >l. !ai. 4000, e.säch- 0 bis mixed ), ruh. I4000, Mgen- 0000. Notiz, re und !ksden, ramm misiios je len der Kleine Zeitung für eilige Leser. * Vom 4. Juni ab werden die Abgabepreise der Reichs- onreidestellc von 200 000 Mark auf 800000 Mark erhöht. Dar- aus ergibt sich eine reichliche Verdoppelung des Brotpreises. * Am 1. Juni werden Lie Perfonentarife der Eisenbahn ver doppelt, die Gütertarife um die Hälfte erhöht. * In Hamburg wurde die Auflösung der 2. und 2ls. sozia listischen Internationale und die Gründung einer neuen sozia listischen Internationale im Prinzip beschlossen. * Die Franzosen haben in Trier das Direktorium des Elek trizitätswerkes abgesetzt und zwei Smeetsanhänger zu Direk toren ernannt. " Bonar Law hat sein Amt als britischer Ministerpräsident niedergelegt und sich einer Halsoperation unterzogen. Bonar Laws Abschied. Die Kehlkopfkrankheit des bisherigen englischen Ministerpräsidenten Bonar Law hat sich so verschlimmert, daß er unmittelbar, nachdem seine Ärzte eine erneute ein gehende Untersuchung angestellt hatten, dem König Georg sein Abschiedsgesuch übersandte. Es ist mit der Erkrankung Bonar Laws seltsam ge gangen Selbst noch vor einigen Tagen, als er in Paris Spezialitäten anfsuchte, hielt man sie für eine „diplo- matische" Krankheit, d. h. man glaubte, daß die parlamen tarische Entwicklung der letzten Zeit ihn amtsmüde ge macht hätte. Und diese Auffassung blieb erst recht bestehen, als der frühere französische Wiederaufbauminister Loucheur nach seiner jüngsten Londoner Erkundungs fahrt berichtete, der englische Ministerpräsident strafe durch sein gesundes Aussehen und Auftreten alle Gerüchte von seinen angeblichen Rücktrittsabsichten Lügen. Nun hat das Schicksal gesprochen, und vor seiner unerbittlichen Entscheidung verwehen alle Vermutungen und Berech nungen wie Spreu im Winde. Bonar Law ist gegangen, ein anderer tritt an seine Stelle, die schwierige Aufgabe zu lösen, die bis aus wei teres jedem englischen Premier das verhängnisvolle Erbe Lloyd Georges stellt. Man hat allmählich jenseits des Kanals erkannt, welcher Art dieses Erbe ist, und man ahnt, daß sich aus lange Frist hinaus die Folgen dafür bemerkbar machen werden, daß Lloyd George in Versailles die jahrhundertealte politische Tradition Englands vom Gleichgewicht der Kräfte auf dem Konti nent verleugnete. Lloyd George war es, der in jenen schicksalhaften Wochen, in denen in dnukler Geheimkammer die „großen Vier" tagten und das Schandinstrument dieses „Friedens" schufen, den fürs erste nicht wieder gut zumachenden Fehler begangen, daß er Frankreich zur stärksten Militärmacht aller Zeiten werden ließ. Und während er selber, kaum daß er den Sessel des ersten Ministers Englands verlassen hatte, un geduldig gegen das französische Übergewicht Sturm lief, mußte Bonar Law als sein Nachfolger zwangsläufig die Politik der Vereinigten Königreiche so einstellen, daß die Verbindung mit Frankreich selbst unter Opfern erhalten blieb. Das französische Millionenheer aber steht heute wie gestern marschbereit, sobald es gilt, Frankreichs Macht wünsche zu behaupten. Und heute wie gestern wird des halb die englische Politik darauf eingestellt sein müssen, es zu zügeln — bis der Tag kommt, wo man an eine neue Abrechnung gehen kann. Es ist gegenwärtig in England schon zur allgemeinen Überzeugung geworden, daß eine neue grundlegende Auseinandersetzung mit Frankreich unvermeidlich werden wird, aber matt hat begreiflicherweise den Wunsch, den Tag dafür von der Themse aus zu bestimmen. Damit ist eigentlich auch gesagt, was wir inDeutsch- land von dem Nachfolger des jetzt zurückgetretenen Bonar Laws zu erwarten haben. So viel oder so wenig, daß der Name von Anfang an gleichgültig erscheint. Denn das Pro gramm des neuen Mannes steht, wie gesagt, fest. Man nannte als Kandidaten sofort an erster Stelle den Außen minister Curzon, ferner den Schatzkanzler Bald win, den alten Balfour und den früheren Botschafter in Paris Lord Derby. Sie bedeuteten alle dasselbe. Wenn nmn, wie Lord Curzon, den größten Teil seines Lebens außerhalb Englands inderWciie des englischen Imperiums verbracht bat. so bat man vermutlich wenig Blick für die Interessen und Sorgen des tletnen Europas, m welche!» außerdem nicht einmal mehr das Zentrum der englischen Weltmacht liegt. Wenn man ein Geschäftsmann wie Bald win ist, der in der Vorstellungswelt des internationalen Großkapitalismus lebt und webt, dann hegt man sehr wahr scheinlich von der finanziellen Leistungsfähigkeit Europas und im besonderen Deutschlands Anschauungen, die sicher lich recht ungeeignet, weil an zu großen Maßstäben orien tiert, sind. Kurz und gut, wir wiederholen: In Deutschland wird man nirgends wähnen, daß mit dem Kabinettswechse! in England dort etwa auch ein grundlegender Wandel in der Politik gegenüber Deutschland und der Re parationsfrage verbunden sein würde. Und wir wissen, welche Richtung und welches Ziel diese Politik bis her zu unserem Schaden verfolgte. Und dennoch bleibt uns ein Trost, wenn auch nur der, daß es schlechter kaum noch kommen kann. Es bleibt andererseits aber auch unverrück bare Pflicht, in der Reparationsfrage deutscherseits den Weg fortzusetzen, den man als richtig erkannt hat. Minister kommen und gehen, aber die Völker bleiben, und ewig und unzerstörbar ist das Recht eines 60 - Mil - lionen-Volkes auf Leben und Zukunft. Das will nur scheinbar nicht viel besagen, sondern sagt tatsächlich alles. Deutschland ist und bleibt auf sich selbst ge stellt und wird und muß demgemäß handeln. Mmn enMerPlememimstkr London, 22. Mai. Der König hat den bisherigen Schatzkanzler Stanley Baldwin zum Premierminister ernannt. London, 22. Mai. Stanley Baldwin hat den Posten eines Premierministers angenommen. Er wurde um 3 Uhr 15 Min. heute nachmittag im Buckingham-Palast vom König empfangen. „Evening Standard" zufolge verlautet, daß keine großen Veränderungen in der Zusammensetzung des Kabinetts eintreten werden. Lord Curzon sei, wie es heiße, bereit, das Amt des Außenministers weiterzuführen. In gut unterrichteten unionisti- schen Kreisen wird mitgeteilt, daß Baldwin eine riesige An hängerschaft in der City habe. Reuter meldet, daß Sir Robert Horne, der in dem Lloyd Georgeschen Kabinett Schatzkanzler war, unter Baldwin das selbe Amt übernehmen werde. Krie-enssreunSe und -feinde. Die Wiederherstellung des Handels. Der als Nachfolger Bonar Laws in Betracht kom mende Schatzkanzler Stanley Baldwin verwies in einer Rede auf die Bedeutung eines völligen Friedens in Europa im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des Handels. Er sagte, man sei „innerhalb meßbarer Ent fernung" von dem Frieden im Nahen Osten angelangt. Dies könne in nicht ferner eZit zu einer Wiederaufnahme des Handels mit der Levante und in Asten führen, der für England von großem Nutzen sein würde. Es könne jedoch keine allgemeine Aufnahme des Handels geben, bevor eine völlige Lösung des Reparationsproblems zwischen den Deutschen und den Alliierten erfolgt sei. Man müsse jetzt auf weitere Mitteilungen von Deutschland war ten, die, wie gehofft werde, etwas enthalten würden, was schließlich zu einer Regelung führen werde. Ganz im entgegengesetzten Sinne äußerte sich als Ver treter des hartnäckigen Frankreich der französische Kriegs minister in einer Rede auf einem Bankett ehemaliger Kriegsteilnehmer in Clermont, wo er erklärte: Die Welt muß wissen, daß wir aus dem Ruhrgebiet erst heraus gehen werden, wenn wir annehmbare Vorschläge erhalten haben, die selbstverständlich keinerlei Beschneidung unserer Forderungen vorsehen und die Garantien liefern, die wir von einem so illoyalen Lande wie Deutschland zu fordern berechtigt sind. Oie neue Einkreisung. Das Ergebnis der Reise Fochs. Ministerpräsident Poincars hat den von seiner Reise nach Polen und der Tschechoslowakei zurückgskehrten R n emvkanaen. Der Marschall erklärte, schon heute stelle die polnische Armee eine ernste, imponie rende Macht dar, die eine respektable Anzahl Divisionen auf die Beine bringen könnte, falls im Osten oder Westen Ge fahr drohe. Man habe zu sagen gewagt, daß Polen für Frankreich kein Stützpunkt, sondern eine Quelle der Schwäche sei. Schon jetzt sei das falsch. Auch dis Tschechoslowakei besitze heute eine sehr gute Armee. Man könne die beiden Länder nicht besuchen, ohne die Empfindung zu haben, daß es in Europa völlig aus reichende Kräfte gebe, um die Verteidigung der Friedensverträge zu sichern. Einem Berichterstatter des „Matin" erklärte Marschall Foch u. a., Rußland sei, selbst wenn es Polen angreifen wolle, vor Ablauf einiger Jahre nicht besonders zu fürchten. Was Deutschland anlange, fügte Foch hinzu, bilde es sich wirklich ein, daß es einen Krieg gegen einen Alliierten Frankreichs riskieren sollte? „Nein, so weit sind wir denn doch noch nicht. Es wird noch eine hübsche Zeit vergehen, bevor es so weit kommt, oder aber wir müßten es geradezu anders wollen," fügte Foch hinzu. Zur Frage der militärischen Entente zwischen Frankreich und den Nachbarn Deutschlands erklärte Foch, man habe die bereits bestehenden Abmachungen vom technischen Standpunkt geprüft und Vorkehrungen getroffen, um sie bis ins kleinste zu vervollkommnen. Alles das ist mit anderen Worten nichts anderes als eine neue französische Einkreisungspolitik gegen das entwaffnete Deutschland. Ein Gmeeis-Putsch. Mit französischer Unterstützung. In Trier versuchte eine Gruppe von Smeets-An hängern, sich des Elektrizitätswerkes zu bemächtigen. Die zum Teil mit Revolvern ausgerüsteten Putschisten drangen in die Telephonzentrale ein, vertrieben das Personal und gingen darauf in die Bureaus, aus denen sie den gerade an wesenden Direktor Blechmann mit vorgehaltenen Revolvern vertrieben. Rasch herbeigeeilte Polizei zu Pferde und zu Fuß warf die Verräterbande schleunigst wieder aus dem Werk heraus. Nach diesem Fehlschlag begaben sich die Sonderbündler zum französischen Oberdelegierten, um eine gegen das Werkdircktorium ausgearbeitete Anklage schrift vorzulegen. Später erhielt die Stadtverwaltung die Mitteilung, daß das Direktorium des Werkes aus Befehl des Oberdelegierten abgesetzt und die Werkange stellten Weise und Schneider zu Direktoren eingesetzt seien. Beide hatten sich am putsch beteiligt. Zum erstenmal versuchen hier die Franzosen, deutsche Landesverräter und Sonderbündler, die in ihrem Sold stehen, in wichtige deutsche Wirtschaftsbetriebe in leitender Ocellung einzusetzen. Französische provokaieure. Essen, 22. Mai. Bei einer größeren Versammlung der hiesigen Kom- munistischen Jugend wurde man auf zwei Personen auf merksam, die sich auffällig benahmen. Es entstand der Ver daut, raß sich ?mtzel in die Versammlung eingeschlichen hätten und man suchte die beiden Personen aus dem Saal herauszudrängen. Plötzlich zog einer dieser beiden den Revolver und feuerte mehrere Schüsse ab, wodurch ein jun ger Mann aus der Versammlung getötet wurde. Der Täter suchte mit seinem Begleiter zu entkommen. Einer von den beiden wurde jedoch nochim Saalbauergriffen und ver prügelt. Der andere wurde auf der Straße eingeholt und niedergeschlagen. In den Taschen der beiden fand man französische Ausweispapiere. Beide Personen wurden zum Kohlensyndikat gebracht. Chronik der Gewalttaten. — Die Interalliierte Rheinlandkommission hat 902 neue Ausweisungen verfügt, die zum größten Teil Eisenbahn beamte treffen. — In Ludwigshafen wurden aus dem Eisenbahndirek tionsbezirk neuerdings wieder 120 Familien ausgewiesen. Die Besatzungsbehörde „beschlagnahmte" aus verschiede nen Geschäften Möbel im Werte von 500 Millionen Mark.