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Sie ermordeten Wachtmeister. Standgericht ohne Standrecht. Außer den bereits bekannten drei Todesopfern habet? die Franzosen in Buer noch zwei Schupobeamte erschossen, und zwar auf dem Hose des Lyzeums. Der Vorgang ist von einer Nachbarin der umliegenden Häuser durch eine! Dachluke aus kurzer Entfernung beobachtet wor den. Die Erschossenen sind die Wachtmeister Mohr und Krause. Die beiden Beamten waren aus dem Ein bruchsgebiet ausgewiesen worden, waren aber wieder zu- rückgekehrt, um ihre zurückgelassenen Sachen zu holen. Die Leichen sind bisher noch nicht freigegeben worden. Der Termin, bis zu welchem sämtliche Schupobeamts aus dem Einbruchsgebiet sich entfernen sollten, war von den Franzosen auf den 13. März festgesetzt worden. Die beiden Beamten wurden aber bereits am 12. März er griffen. Die beiden Schupoleute sind standrechtlich erschossen worden, obwohl das Standrechtüberhauptnicht erklärt war. Die Erschießung ist auf Grund eines überlegten Befehls erfolgt. Es handelt sich um eine er neute ungeheuerliche Mordtat, verbunden mit einem Bruch des Rechts. Außerdem sind die vier Verwundeten, die am Sonntag französischen Kugeln zum Opfer fielen, seitdem verschwunden. Sie befinden sich in den Hän den der Franzosen; in welchem Zustand, ist unbekannt. Das neue Regime. Die Vereinbarungen über das EinLruchsgebiet. In der französischen Presse werden auf Grund der Brüsseler Beratungen folgende Mitteilungen über das neue Regime gemacht, das in dem besetzten Gebiet nunmehr seitens der französischen und der belgischen Regierung durchgeführt werden soll: Militärische Organisation: Das französische Kontingent werde um 15 000 Mann verstärkt werden, das bel gische um 5000 Mann. Insgesamt würden künftighin beide Armeen aus 90 000 Mann bestehen, zu denen 10 000 mobili sierte Eisenbahner hinzuzuzählen feien. Jngenieurkommission: Diese werde unmittelbar dem General Degoutte unterstehen. Es werde künftig zwei Zivilmissionen geben, eine französische und eine belgische. Räumung der Kohlen- und Kokslager: Der m Brüssel ausgestellte Plan laufe darauf hinaus, diese Maß nahme in einer Reihe von Kohlenzentren nacheinander durci)- zuführen. Man wolle Kohlen und Koks aus dem Ruhrgebiet herausholen, anstatt die Besetzung weiter auszudehnen. Ausfuhrbewilligungen: In Brüssel sei es Belgien gelungen, die Ausschaltung sämtlicher Maßnahmen durchzu fetzen, die für den ausländischen Handel eine unnötige Er» schwerung darstellten. Ein französischer Beamter Hat sich nach Köln begeben, um dort das in Brüssel vereinbarte Regime den berechtig ten Bedürfnissen der Alliierten Frankreichs und der Neu tralen anzupassen. Nach den rechtlichen Einwänden Deutschlands fragt kein Mensch. Neue Reparaiionsvorschtäge. Unverbindliche Erörterungen. So wenig an amtlichen deutschen Stellen über ernst hafte Versuche der Gegenseite bekannt geworden ist, den Ruhrkonflikt auf dem Verhandlungswege zu erledigen, so lebhaft hat in der ausländischen Presse und auch bei nam haften Körperschaften des Auslandes die Diskussion über diese Frage im Zusammenhang mit der N e ur e g e lun g des gesamten Reparationsproblems eingesetzt. Allerdings sind das alles nur sogenannte Versuchs ballons, denen tatsächliche diplomatische Aktionen noch nicht gefolgt sind. So wird jetzt in Pariser politischen Kreisen behauptet, daß im englischen Ministerrat beschlossen worden sei, an die deutsche Negierung eine Anfrage ergehen zu lassen, ob sie der Einberufung einer Wirtschaftskonferenz zustimmen würde, die die Gesamtsumme der Reparationen Das Heiratsjahr. ! Ein Lustspiel-Roman in zwölf Kapiteln. Von Fedor v. Zobeltitz. (12. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) j „Tag, Mütterchen!" rief Max, vom Wagen springend, und i fiel Frau von Tübingen um den Hals, die, lachend und wei- i neNd, ihren Sohn gar Nicht wieder loslassen wollte. Endlich - kamen aber auch die andern an die Reihe. Großvater, Vater j und Schwester wurden herzhaft abgeküßt, Nelly und Trude ! mit kräftigem Handschlag begrüt. Und für jeden hatte Mar ! in aller Eile ein paar liebe Worte. „Papa, was siehst du gottlob gesund und rüstig aus! Dicker bist du geworden! Mußt auch mal ein Jährchen nach Afrika — da schmilzt das Fett. Und Großpapa — unverändert — nein, jünger geworden! Wenn ich erst in deinen Jahren bin! Schwesterherz — groß, rund und rosig! Aber immer noch mit Klingelzöpfchen! Klinglingling — weißt du noch, Maus, wie wütend du immer wurdest, wenn ich dich beim Zopfe kriegte? Sapperlot, Graf Brada — Semper — wahrhaftig! Wie geht's, alter Freund? Und mit einem Blumenstrauß! Für m i ch bestimmt?" „Eigenhändig gepflückt", log Graf Brada, „zu Ihrem Empfange, lieber Max!" „Wie können Sie sich denn mit fremden Lorbeeren schmücken!" raunte Benedikte, hinter Brada stehend, diesem zu. „Außerdem hat Ihre Tante die ganzen Anemonen abgeknab bert!" Max war schon wieder weiter gewandert. Die ganze Die nerschaft hatte sich eingefunden, vom alten Riedecke bis zu dem Küchenmädchen herab. Und alles grinste, knickste und dienerte; feder bekam einen Handschlag. „Mitgebracht hab' ich euch auch etwas", sagte Max. „Aber das kommt per Fracht nach." Dann sah er Isaaksohn, der sich gleichfalls auf die Rampe geschlichen hatte. „I, Isaaksohn — auch da? Grüß' Gott, Aeiterchen! Na, was macht das Ge schäft?" „Gott, junger Herr Baron, man lebt so! Aber ich freu' mer, daß ich den Herrn Baron wiederseh so forsch und so stattlich und so schön wie immer. Nich mal brauner geworden —" „Nee", fiel Tübingen ein, „und auch der Kolonialbart fehlt mir." „Aber, Papa, sollte ich denn als Wüstenjäger zu euch kommen?" - -U.TLÄ „Hast du Löwen geschossen, Max?" fragte Dietrich. „Jawohl, alle Tage zwei, mein Jong!" D-rD°llar!S.März:20822,2l-M27,ISMk. „ „ 1K.Mi>rr:M847,7L-MW2,WM!. ,c,l^vea wäre. Laver würben die Zahlungsbedingungen für Deutschland abgeändert werden. Nach einer Havas- meldung aus London wäre diese Anfrage der deutschen Regierung bereits zugegangen, was jedoch an amtlichen Berliner Stellen in Abrede gestellt wird. Ein anderer in Paris erörterter Plan sieht folgendes vor: Innerhalb der ersten fünf Jahre hat Deutschland jährlich je drei Milliarden Goldmark zu zahlen; hiervon die eine Hälfte in Sachlieferungen und die andere Hälfte in Form von Anleihen. Die Verzinsung dieser An leihe beträgt jährlich 8A. Dann könnte man die Zahlungs fähigkeit Deutschlands aufs neue prüfen. Bis zum Jahre 1928 werde die politische Lage gestatten, die interalliierten Schulden und infolgedessen die deutschen Bons der Serie 0 zu streichen. Die Garantien dafür wären: Ablieferung von 30^ der deutschen mobilen Werte, insbesondere der an der Berliner Börse notierten Wertpapiere, sowie der Wert papiere der Provinzbörsen, im ganzen etwa 6000 Werte. Man könnte auch an hypothekarische Werte denken. Wenn der Völkerbund versichere, daß Deutschland zahlen werde, könnte man das Ruhrgebiet räumen Frankreichs riesige Luftflotte. Eine Sorge für England. Im englischen Unterhause erklärte der Luftfahrt- Minister, im November 1918 habe die britische Luftstreit- kraft 30 000 Offiziere und 253 000 Mann und 3300 in, Dienst befindlich- Flugzeuge betragen. Gegenwärtig be- sitze sie 3000 Offiziere und 27 000 Mann sowie 351 Flug zeuge erster Linie. Frankreich aber habe jetzt noch 1260. Während zwei Drittel der britischen Maschinen sich in überseeischen Ländern befänden, habe Frankreich drei Viertel seiner Maschinen im Inlands. Im Jahre 1925 würden die Franzosen 2180 Maschinen und England lediglich 557 Maschinen im Dienst haben. Das Mißverhältnis sei doch überwältigend. Die Frage ergebe sich von selbst, warum eine europäische Macht eine so große und eine andere eine so kleine Luftflotte habe. Es sei undenkbar, daß zwischen beiden Alliierten Feindselig keiten ausbrechen könnten, aber es frage sich, ob es be rechtigt sei, daß einer von ihnen eine Luftstreitmacht besitze, die nur den vierten Teil der der anderen ausmachs. Wilsdruf s, 16. März 1923. —Kurzer Landtagsbericht. Die schon mitgeteilte Regie rungsvorlage über die Ausbildung der Vvlksschullehrer wurde an den Rechtsausschuß verwiesen. — Die kommunistischen Anträge auf Ausstattung der Schulentlassenen mit Kleidem und Wäsche, auf unentgeldliche Schulspeisung usw., führten wieder zu außer- ordentlich heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Sozial demokraten und den Kommunisten, so daß schließlich der Präsi dent den Abgeordneten vorhalten mußte, das besser für die Lin derung der Not unter den armen Schulkindern verwendet werden könnte — Die Anträge wurden gegen die Stimmen der Kommu nisten sämtlich abgelehnt. — Nächste Sitzung Mittwoch, den 21. März. Tagesordnung: Min i st e rp r ä s id e n te n w ah l. — Ablehnung eines gemeinsamen bürgerlichen Minister- Präsidentenkandidaten durch die Demokraten. Auf das am 6. März von der Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei an die Fraktionen der Deutschen Volkspartei und der Demokraten ge richtete Schreiben zwecks Herbeiführung einer gemeinsamen bür gerlichen Kandidatur für die Ministerpräsidentenwahl liegen jetzt die Antworten der beiden Fraktionen vor. Während die und Sc in der dingungswesens an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Tag n wurde stöhlen. Minister wurde lassen, > dadurch und du ker wu treterst Minut« Freital Dörfchen in Dresden seine ordentliche Mitgliederversammlung ab. Nach Erledigung einer Reihe geschäftlicher Punkte und Wieder wahl des Landtagsabgeordneten Obermeister Kuntzsch zum Vor sitzenden des Landesausfchusses, sprach Syndikus Weber über dir Anpassung der Preiswirtschaft im Handwerk und des Ver- — Tagung des sächsischen Handwerks. Der Landesausschuß ebensal! des sächsischen Handwerks hielt am Mittwoch im Italienischen dem B Stelle n losen in Abreise worben gegenüb schon in nicht gel Matznai von der Sonnab ist ganz Ruhrgei selbst e hatte, w Aufford verrat l beitsleif nach D werden. stück voi ein und Auch lr ein Ein Währer später d Volkspartei sofort eine zustimmende Antwort gab, haben die Demokraten gestern schriftlich den Bescheid gegeben, daß sie sich einem gemeinsamen Vorgehen der anderen bürgerlichen Fraktio nen nicht anschließ-en. — Für Rhein und Ruhr spendete das Dienstagskränzchen im „Löwen" 9000 -F (nicht 1000 wie in letzter Nr. zu lesen war), Ungenannt Wilsdruff 100, Chorgesangverein Kesselsdorf 60 000, Iungmännerverein Grumbach 4. Rate 1600 „L; insgesamt wur den damit bei uns abgegeben 670 555 <^. Spenden nehmen nach wie vor auch die städtischen Kassenstiellen in Empfang. — Die Strompreise im Monat März dürften, wie wir hören, die Höhe der Preise in der zweiten Hälfte des Februar nicht über schreiten; Kraft dürste 1000 -F, Licht 1100 -F kosten. lH Die Wohnungsbauabgade. Während und infolge des Krieges ist der Wohnungsbau sehr ins Arge geraten? es wurde nicht oder doch fast nicht mehr gebaut, weil die Baukosten immer größer und die Geldmittel, die für Neu bauten hätten zur Verfügung stehen können, immer kleiner wurden. Dazu kam noch, daß — und zwar aus denselben Gründen — selbst die bereits vorhandenen Wohnungen nicht mehr in Ordnung gehalten oder neu instandgefetzt werden konnten. Aber jeder kennt ja die dringenden Nöte unseres Wohnungswesens, von denen nicht nur die großen, sondern auch kleinere Städte betroffen wurden. Um Ab hilfe zu schaffen, das Bauwesen wieder zu fördern und be stimmte Summen für neue Bauausführungen bereithalten zu können, erhoben die Städte eine Wohnungsbauabgabe, die von Zeit zu Zeit gesteigert wurde, aber doch für die gedachten Zwecke nicht ausreichend erschien. Bis dann die Neichsregierung die Sache in die Hand nahm und gleich den Mieten auch die Wohnungsbauabgabe durch Reichs gesetz zu regeln beschloß. Der Reichstag hat jetzt dieser. von der Regierung befürworteten Wohnungsbauabgabe! zugestimmt und sie auf 1500 des Nutzungswertos der Wohnungen festgesetzt. Da jedoch die Gemeinden eine Ab-! gäbe in gleicher Höhe erheben, beträgt nach dem Reichs-i , tagsbeschluß die Wohnungsbauabgabe 3000 ?LderFrie- ^urnya densmiete, so daß, wer beispielsweise 1000 Mark i^cv r Friedensmiete zu zahlen hatte, jährlich 30 000 Mark Woh- i nungsbauabgabe zu erlegen hat. o einem Moment kommt noch in Frage, daß von deutschen Privatfinnen große Käufe ausländischen Viehes abgeschlossen wurden. Wenn auch bis zur Ankunft des letzteren noch einige Wochen vergehen dürsten, so kann doch schon die Tatsache selbst preisdrückend auf > den Marki wirken. Die Schwierigkeiten, mit denen die Impor teure zu kämpfen haben, liegen naturgemäß in erster Linie in der Finanzierung. An einem einzigen Bahnwagen hängen Hunderte von Millionen Mark. Das Reich würde gut daran tun, hier hel fend einzugreifen. Eine verstärkte Vieheinfuhr wäre ein Bau stein für das Gebäude der jetzigen Regierungspolitik, die „durch halten" heißt. — Iüngst's Nachfolger im Deutschen Sängerbünde. Als Ersatzmann für den verstorbenen Professor Hugo Jüngst ist Pro- sessor Walter Dost in Plauen in den Gesamtausschuß des Deut schen Sängerbundes gewählt worden. Durch diese Wahl ist Pro fessor Dost auch in den Musikausschuß des Deutschen Sänger bundes einbezogen worden. net, da mannst Buch z — Bessere Fleischversorgung? Die Fleischer-Verbandszei- Bu tung schreibt u. a.: Eine merkliche Entlastung erfuhren die Vieh- ! Bücher Märkte der letzten Wochen durch den immer größer werdenden' Auftrieb ausländischen Viehes. Dänische Rinder, südamerikani- monric sche Mastochsen und Memeler Schweine standen in großer Zahl ' zum Verkauf und fanden wegen ihrer vorzüglichen Beschaffen heit und annehmbaren Preises rasch Liebhaber. Als beruhigendes genomi kindlich waren, Säcke dem D „Kinder, das Frühstück wird kalt," ermahnte die Baronin. ,Mnx kann bei Tische erzählen!" „Nichtig bemerkt, Mamachen! Appetit bringe ich mit. Aber .ütte nicht ausfragen! Erst will ich auftauen — ganz langsam luftauen. Dann erzähle ich schon von selbst!" Man ging in den Gartensalon. Benedikte und Brada waren sie letzten. „Wie finden Sie, daß Max aussieht?" fragte Benedikts. „Famos. Die Weide ist ihm gut bekommen. Sind Sie richt der Ansicht?" „Er sieht mir zu geleckt aus, zu dandyhast, nicht afrikanisch genug." Brada lachte. „Ja, Gnädigste, mit Keule und Löwenfell her- umzulr stn, wie der famesische Herkules, ist nicht mehr Mode, lind d rr kommt er ja über Varis. Da wird er sich wieder zum Europäer gemacht haben." Sie traten w den Salon. t Viertes Kaprrel. j An eben diesem Tage schien die Morgensomle gleich stsnnd- ich, wie sie über Hohen-Kraatz leuchtete, in ein kleines Man- ardenstübchen hinein, das hoch oben unter dem Dache einer gewaltigen Mietskaserne im Norden der deutschen Hauptstadt lag. Es war noch früh, früher, als man im Herrenhause zu Hohen- ssraatz zu erwachen pflegte, aber der Insasse der kleinen Man- drds lag doch schon seit geraumer Zeit mit Hellen und wachen Augen in seinem Betts und starrte zu der weiß gekalkten Decke empor, als gebe es dort etwas ungemein Interessantes zu ent ziffern. Das Zimmerchen machte trotz seiner ziemlich ärmlichen Möb lierung keinen unwohnlichen Eindruck, zumal jetzt, wo das Son nengold durch das tief in die schräge Wand eingebaute Fenster in vollen und warmen Fluten hineinströmte. Die Sonne störte den jungen Mann im Bette augenscheinlich; sie war Köher ge- tiegen, legte sich mit breitem Strahle über das Kopfkissen und ing hier ein neckisches Spiel an, strich flimmernd über die Augen des jungen Mannes und lerichtets ihm dann plötzlich in das' ganze Gesicht, so daß er sich schließlich austichtete. War es denn schon so spät? — Der junge Mann warf einen raschen Blick auf die fil- derne Taschenuhr, die neben dem Bette auf dem Stuhle iag. Sieben Uhr! Seins Wirtin batte wieder einmal die Zeit verschlafen! — Aber nein — schon der Gedanke war One Verleumdung, die auf der Stelle Zurückgewiesen vurde, denn, in diesem Augenblick klopfte es mit kräftigem Dinger an die Tür, und draußen Wurde das eigentümlich ettig klingende Organ der Frau MUxttug vernehmbar. „Herr Freese! . . . Herr Freese — es ist Sieben! „Danke, Frau Möhring," rief der junge Mann zurück - „ich stehe schon auf!" > Er sprang aus dem Betke und begann sich zu wasckMi und anzukleiden. Das nahm nicht viel Zeit in Anspruch i Doch es ging alles so still vor sich, daß sich die Wirtin, d« jenseits des Korridors in einer kleinen Küche am Plättbrett stand und eifrig bsfchäftigt war, darüber wunderte; den» > sonst pflegte Herr Freese während seiner Toilette est lustiges Studentenlied zu singen oder einen fröhlicher > Gassenhauer vor sich hin zu pfeifen. Frau Möhring war eine ehrsame Witib und hatte, wen» - auch nur nach ihrer Meinung, eine große Vergangenhett . hinter sich. Vor einigen Jahren hatte ihr Gatte das Zech - liche gesegnet, der Heldenspieler in einem Vaudevills- theater gewesen war. Ein bedeutender Mann, der namerch lich in hohen Stiefeln schön, stattlich und ritterlich aussatz . und das r wundervoll aussprach. Aber in einer SonntaE ' Nachmittagsvorstellung war ihm eine Kulisse auf den Kost! ° gefallen, und von dieser Zeit ab kränkelte er, und eines ' Morgens erhob er sich nicht mehr von seinem Lager. Ds? ' Verlust war ein schwerer für die trauernde Witwe. Sst nxir Souffleuse und spielte auch dann und wann kleiner» Rollen in Vertretung: aber nach dem Tode ihres Gemahls ' regten sich wüste Kabalen im Vaudevilletheater, denen fit - nicht gewachsen war. Frau Möhring trat zurück von de? ' weltbedeutenden Brettern und schuf sich einen andern Bo» ' ruf. Sie „plättete auf Neu" und vermietete nebenbei zick - Erhöhung ihrer kärglichen Einkünfte das einzige Vordev zimmer ihrer Wohnung an Studenten oder junge HaM - lungsbeflissene. Aber die Erinnerung zehrte noch imme» - mit voller Kraft an ihr. Sie war eine fleißige Person um c wich tagsüber nur selten von ihrem Plättbrett; doch wen» r sie den prallen Brustseiten der Oberhemden mit geschicktes - Hand Stärke und Glanz verlieh oder den Besatz der UnteV ) rocke und Nachtjäckchen zierlich kräuselte, so flogen die GS r danken weit über das Bügeleisen fort in die ruhmreich» i Vergangenheit hinein. So auch jetzt. Sie dachte nicht an die Manschetten, unter dem heißen Stahl leise zischten, sondern an die Tag» - ihres ersten Auftretens, an jene ferne Zeit, da sie die erst» e Kammerdame der Donna Diana gespielt und ein Kleid aU- e rotem Glanzkattun mit einem Besatz aus Goldlitzen M r tragen hatte. ... Da ihr indessen vlötzlich einfiel, daß m n Mieter nun wohl seine Toilette beendet haben könne, ff n stellte sie das Bügeleisen zur Seite, verscheuchte ihre E> h innerungen und sah auf dem Herde nach, ob der Kasn für Herrn Freese fertig sei. iFortsstzung fol^-' A.A