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Beilage zum Wilsdruffer Tageblatt. r 2«. 82. Jahrgang. SonnabrnL / Sonntag r-n ». / 4. März 192». MWW M SM SüNtG LkNÜ. Von Pfarrer Große, Sora. Psalm 119- 81: „Ich hoffe auf dein Wort." I Jetzt ist die Zeit des letzten Konfirmandenunterrichts. ttes Geist will an den Kindern besonders arbeiten, wenn sie das Allerheiligste des evangelisch-lutherischen Glaubens, vor- »mlich in die Lehre vom Heiligen Abendmahl eingeführt lden. Hand in Hand damit gehen alle möglichen irdischen Übereilungen für Kleidung usw., was zur Konfirmation und n vielfach damit verbundenen Abschied aus dem Valerhause Wunden ist. Daß doch bei diesen Vorbereitungen von den rrn, Paten und den Kindern nicht das Wichtigste vergessen ade, die innerliche Vorbereitung! Rechte Konfirmanden jssen selber dazu Gott um Segen bitten, und fromme Eltern d Paten tuns erst recht. Unser obiges Gotteswort weist ja on seit mehr als zweitausend Jahren auf die einzige Kraft- eile zur Frömmigkeit und einen gottwohlgesälligen Wandel, s Gottes Wort. Ueber aller irdischen nötigen Vorbereitung lgeßt die nicht: Haltet an die Kinder zu Gottes Haus, daß sie e Kraft göttlichen Wortes erfahren! Gehet selber an diese uelle und sühret sie dahin. Wer von diesem Bach des Lebens nkl, dessen Hoffnung wird nicht zuschanden werden. Deutscher Reichstag. (309. Atzung.) 6D. Berlin. 1. März. In einer Sitzung, Lie kaum eine Stunde währte, hat der cichstag heute mehrere kleinere Vorlagen erledigt und die eratung des Reichshaushalts nm ein Stück gefördert. Der Kohlen st euergesetzent Wurf wurde ohne ussprache einem Ausschuß überwiesen. Eine Novelle, durch e die Zuständigkeitsgrenze für die Gewerbe- und aufmannsgerichte erhöht wird, gelangte in allen drei 'jungen endgültig zur Annahme mit einem Antrag aller arteicn, wonach die Zuständigkeitsgrenze auf 8460OM ark erhöht und die Regierung zu weiteren der °Geld- twertung entsprechenden Erhöhungen ermächtigt wird, benso wurde endgültig ein Gesetzentwurf angenommen, der e Standes« mtsgcbührcn erhöht. Bei der zweiten und dritten Beratuim des Einspruches s Rerchsrats gegen die Holzabgabe von 2 A im renenotgesetz wurde auf Antrag des Ausschusses d i e olzabgabe auf 114 A herabgesetzt und eine Ent- stlehung angenommen, die Regierrmg möge so bald wie öglich einen Gesetzentwurf vorlegen, durch den die Holz-ab- we zur Verbilligung des Druckpapiers auf 2 A erhöht wird, w 5 A dieser Abgabe den Ländern zur Verbilligung er Schulbücher überwiesen werden sollen. Ohne Auseinandersetzung wurden schließlich die Abteilun- -n für Wasserstraßen und für Luft- und Kraft- ihrwesen im Haushalt des Reichsvcrkchrsministeriums in veiter Lesung bewilligt. Damit war die Tagesordnung ltdigt, und das Haus vertagte sich auf Freitag. politisch« Rundschau. Deutsches Reich leutsch-spanischer Handelsvertrag.- Das Mitte Januar abgeschlossene, bis zum 28. Februar 923 währende deutsch-spanische provisorische Handelsab- >mmen ist bis zum 30. April verlängert worden, nachdem ie spanische Regierung ihr Einverständnis zu den von er deutschen Regierung vorgeschlagenm Programm unkten für die bevorstehenden neuen Verhandlungen ge- eben und sich zur sofortigen Ausnahme dieser Verhand- unaen bereit erklärt bat. Steuern und Geldentwertung. Im Stenerausschuß des Reichstages wurste bei der Beratung des Gesetzes über die Anpassung der Steuern an die Geldentwertung ein Kompromiß anirag aller nicht sozialistischen Parteien angenommen, der die im Zwangs anleihegesetz festgesetzten Kurswerte für die Vermögens steuer vervierfacht. Auch der Steuertarif für die Ver mögenssteuer wurste nach einem Kompromiß antrag an genommen. Danach wirst der höchste Steuersatz von 10 vom Tausend nicht schon bei Vermögen über 40 Mil lionen, sondern erst bei Vermögen über 60 Millionen Mark erreicht. Steuerleistung der Gehaltsempfänger und freien Berufs. Um den Gegensatz zwischen der Steuerzahlung der Lohn- nnd Gehaltsempfänger und der Zahlung der übri gen Steuerpflichtigen zn beseitigen, forderten die Deutfch- nationalen von der Regierung im Steueransfchuß des Reichstages die Einbringung eines Gesetzes, das die Be steuerung des Einkommens^ namentlich der Lobn- und Gehaltsempfänger, auf eine neue gerechte, der Lage stes deutschen Geldwesens entsprechende und die Steuererhe bung vereinfachende Grundlage stellt. Staatssekretär Zapf sagte im Namen der Regierung Prüfung zu. lehnte aber jede Angabe eines Zeitpunktes für den Abschluß dieser Prüfung ab. — Annahme fand ein Antrag, wonach die Angehörigen der freien Berufe bei der Veranlaarma für 1922 30 ihres Einkommens, höchstens aber 30 OVO Marl als Werbungskosten in Abzug bringen können. Märchen über Marschall Mackensen. Zn dem offensichtlich vom französischen Propaganda dienst verbreiteten Märchen über deutsch-russische Kriegsvorbereitungen gehört ein Telegramm, wonach sich Marschall Mackensen gegenwärtig in Mos kau befinden soll, wo er eine Armee organisiere, die zum größten Teil aus ehemaligen deutschen und österreichifchen Kriegsgefangenen bestehe. Hierzu ist sestzusteLen, daß sich Generalseldmarschall von Mackensen seit dem <rruh;ahr 1920 in Falkenwalde (Bezirk Stettin) befindet, dort m völliger Zurückgezogenheit lebt und seit dieser Zeit Deutsch land niemals verlassen hat. Die plumpen Mnzosi-chsn Er findungen sind nicht geeignet, die Aufmerksamkeit von oen barbarischen Ausschreitungen der Franzosen im Ruhrgebiet abrulenken. Keine neu: Gütertarifsteigerung. Das Reiche kabinett hat sich neuerdings mit der Frage der Tarifpolitik beschäftigt. Wie verlautet, besteht die Ab- sicht, außer der bereits am 15. Februar eingetretenen Gütertariserhöhung und außer der Personentarifverdoppe lung vom 1. März zunächst keine weiteren Preissteigerun gen bei der Eisenbahn in Aussicht zu nehmen, um der all gemeinen Aktion zur Senkung der Preise nicht entgegen zuwirken. Entgegen falschen Gerüchten wird amtlich fest gestellt, daß für Anfang März keine Änderung der Güter tarife eintritt. Mtmäm'sn. X Verurteilung der ungarischen Attentäter. In dem Kriegsgerichtsprozeß gegen die Ungarn, die beschuldigt waren, einen Anschlag auf das Leben des Komas unter nommen zu hal-sn, wurde, nachdem die Hauptangeilag.en ein volles Geständnis abgelegt hatten, das Urteil gefallt. Das Haupt der Verschwörung, Tureczy ^stvan, wurde, ebenso wie die drei hauptsächlichen Helfershelfer, zu einer, zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Attentäter haben gestanden, daß sie von dem Bund ungarischer Ratio nalisten „Ebredo" organisiert waren und im Auftrage dieses Bundes gehandelt haben Aus Zn- rmd Ruslans. Bertin. Papst Pius XI. hat einer Bitte des Kardinal- Fürstbischofs Bertram von Breslau willfahrt und den Prä laten Deitmer zum zweiten Weihbischof für die Diözese mit dem Sitz in Berlin ernannt. Leipzig. An dem bei dem Besuch des Reichspräsi denten auf der Leipziger Frühjahrsmesse am. 7. März statt findenden Empsangsab^nd wird auch eine große Anzahl füh- j render Persönlichkeiten aus Handel und Industrie tettnehmen. München. Gegen den bayerischen Landtagsabgeordneten j Eisenberger, den verantwortlichen Redakteur der kom« l munistischen Roten Bayern-Fahne, wurde wegen eines in ! seiner Zeitung erschienenen Artikels das Verfahren wegen ? Hochverrats eingcleitet. Paris. Der ehemalige französische Außenminister Del- s cassö wurde in Anwesenheit der Minister und anderer poli- tisä-er Persönlichkeiten auf dem Friedhof Montmartre auf Staatskosten unter militärischen Ehren berge setzt. London. Im Unlerhause verneinte Bonar Law eine Anfrage, ob die deutsche Regierung irgend einen allgemeinen Vorschlag gemacht habe zu dem Zweck, der augenblicklichen ernsten Lage im Ruhrgebiet ein Ende zu machen. Belgrad. Der König hat die Ratifikationsurkunde des Vertrages von Santa Margherita unterzeichnet. Nah und Fern. O Neue Neichsbanknoten zu 20 000 Mark. In nächster Zeit werden Reichsbanknoten zu 20 000 Mark mit dem Da tum vom 20. Februar 1923 aus-gegeben werden. Das Pa pier, auf dem sie gedruckt sind, ist weiß. O Wiedereinführung der Sommerzeit? Wie aus Ber lin berichtet wird, sind Bestrebungen im Gange, in diesem Jahre die Sommerzeit wieder einzuführen. Diese Be strebungen werden von der Industrie stark unterstützt. Die Beratungen über die ganze Angelegenheit sind im Reichs- Ministerium des Innern im Gange und dürften, wie es heißt, voraussichtlich zur Wiedereinführung der Sommer- zeit führen. O Wilder Mieterstreik in Berlin. Am 1. März ist ein Teil der Berliner Mieterschaft im Norden und Osten der Stadt in den Streik getreten. Die fällige Miete wurde nicht bezahlt. Es handelt sich zunächst nur um wilde Streiks, da die eigentlichen Mieterorganisationen sich vor läufig gegen eine allgemeine Streikbewegung ausge sprochen haben. O Der Mann mit den fünfzig Bräuten. Die Berliner Kriminalpolizei verhaftete einen Friseur namens Wohl fahrt, der unter der Maske eines Arztes des Virchow- krankenhaufes den Heiratsschwindel vn xros betrieb und nach den bisherigen Feststellungen nicht weniger als fünfzig Frauen betrogen nnd bestohlen hat. O Gras Norck von Wartenburg gestorben. Graf Hein rich Borck von Wartenburg, das langjährige Mitglied des Preußischen Herrenhauses, ist jetzt im Alter von 62 Jahren in Klein-Oels gestorben. Im Weltkriege war er Chef der Verwaltung Wilna-SuwaM beim Oberbefehlshaber Ost Sein Urgroßvater war der berühmte Generalfeldmarschall Borck, der während des russischen Feldzuges Napoleons I. im Jahre 1812 aus eigene Faust mit seiner Armee sich gegen Napoleon wandte und damit die Epoche der Frei heitskriege einleitete. O Der geheimnisvolle Schiffszusammenstotz aufgeklärt. I Das Heiratsjahr. Ein Lustspiel-Roman in zwölf Kapiteln. Von Fedor o. Zabeltitz. 4- Fortsetzung) > (Nachdruck verboten.) „Der Wirtz schon kommen. Ich habe «inen jungen Leutnant geheiratet, dem ich h-m Ernst auch erst allmählich anerziehen mußte. So etwas lernt sich. Uebrigms steif« ich mich nicht auf Großmamas Heiratsjahr. Nun komm — wir wollen zum Frühstück! Und laß die Erdbeere ruhen. BcnefMe hat chre «trafprcdigt abbckommen. Miß Nelly ist Mir auch lieber als eine Alte und Würdige. Aber die kleine Trude, Eber hard — denke dir, sie schläft in ledernen Handschuhen und wickelt sich über Nacht Papierpfropfm in das Haar, damit die Löckchen bleiben! Hättest du das für möglich gehalten?" „Nein," entgegnete Tübingen lächelnd. „Oder doch — sie hat einen kleinen koketten Zug. Das lernen die Mädels in den Pensionen. Ich werde die Dikte lieber im Hause behalten." Da? dachte ich nur " erwiderte die Baronin, sich erbebend. »Wenn du etwas anordnest, kann man sicher sein, daß schließ lich das Gegenteil erfolgt. Hast du schon daran gedacht, daß wir Max beute zurückerwarten?" „Ich habe sogar davon geträumt. Ich freue mich schreck lich auf den Jungen. Der Himmel gehe, daß er unten in Attika Dummhechn vergessen Habs! Wenn nur der Papa nicht gleich wieder mit seinen Plänen in Bezug auf Langen- pfubl hcrausruckt! „Das wird er gewiß. Aber ich Meide ihm sagen, er soll vor- sichtig sein. Man kann die Sache ja trotzdem im Auge be halten. Das Schlechteste wäre es nicht. Komm!" Sie schob ihren Arm unter den des Galten, und beide stiegen die Treppe hinab nach dem Gartensaal. Zweites Kapitel. Im Gartensaal hatte sich di« Familie bereits versammelt! und außerdem die zur Familie gehörigen Anhängsel, nämlich vier Hunde, die Benedikts aus dem Garten hereingelackt hotte. Es war dies zunächst Cäsar, der Hühnerhund, ein großes., unges Tier von kalbsmäßigen Gebärden, dann Lord, ein behen- j d«r Rattler, der nachtsüber gewöhnlich im Stalls und zwar auf i dem Rücken der braunen Stute schlief, die Tübingen als R't- ssn auf Langenpfuhl geschenkt bekommen und vergötterte es förmlich. Für Cosy war immer ein kleiner, blau ausgefchla- gsner Korb zur Hand, in dem ex seine Tage verbrachte. Er chatte eine sehr zierliche Art, in diesen Korb hinein zu Hüpfen, und bevor ex sich nisderlegte drehte er sich immer erst dreimal um die eigene Achse und krümmt« sich hierauf in Bretzelform zusammen. Es war m der Tat ein niedliches Tier, mit kurz gestutzten Oehrchen und einem- winzigen Schwan^ragment, mit dem er nickst einmal mehr wedeln konnte. Wollte er dies, so bewegte sich sein ganzer kleiner, fetter Körper in anmutigen Windungen. Frau von Tübingen behauptete stets, Cssy be sitze menschlich« Intelligenz, Bernd und Dietrich, die beiden Jungen, waren die ersten am Platze. Sie hatten Stupps vor der Veranda entdeckt und be ratschlagten mit ihm das Aushängen neuer Starkästen. Die herrenlose Zeit hat^ die Zwillinge wirklich ein wenig verwil dern lassem. Der letzte Hauslehrer hatte Tübingen nicht ge fallen. Der Mann war ihm zu sehr Philologe gewesen. Na mentlich die Geschichtsstunde ärgerte Tübingen. Er behauptete, Artaxerxes und Psamninst I. und die Seeschlacht Lei Salamis seien lange nicht so wichtig als das eigene Vaterland: es war aber das Unglück, daß der Hauslehrer in hex alten Historie viel hesser beschlagen war als in der neueren Zeit und daß er von Wcibiadss mehr wußte als von Blücher So trennte man sich denn, und die Jungen hatten ein paar Wochen freie Zeit. Aller dings suchten sowohl die Eltern wie der Großpapa Teupeu auch in dieser Zeit belehrenh aui di« Kinder zu wirken, aber es war doch nur ein mäßiger Ersatz für dis fehlende erzieherische Kraft. Tübingen hatte den Knaben anfänglich täglich eine Unterrichtsstunde gegeben, abwechselnd Geschftk.se, Geographie. Rechnen und Literatur, nach den vorhandenen Lehrbüchern. Das war indessen mehr Komödie als Schuls. Tübingen wurde bei jeder Gelegenheit heftig, fubr die Jungen grob on und ärgeris sich amb über di- neue Orthographie und Lehrmethode: das war früher im Kadettenkorps alles ganz anders'gewesen. Frau von Tübingen und Graf Teupen waren keine.'besseren Schul meister: schließlich wurde dog ganze Haus nervös. Cs war bghe. Zeit, daß der neue Hauslehrer emtraf. Nach den Zwillingen erschienen die dwi Mädchen aus den' Plane: Benedikt« rosig und frisch, noch mit VackstsMöpfchsn, drall und strotzend vor Gesundheit, aber die sonst so übermütig büßenden Augen -in klein wenig verschleiert; sie batte Angst, -aß nach eine väterliche Strafpredigt nachkommen würde. Trud- pserd dient«. Ferner Mohrchen, der Liebling Bemdiktes, «m Balm halt' sich übex die.heimtückisch applttie-te Erdbeere prächtiger schwarzer Pudel, und schließlich «in winziges, brau-! getröstet. Sie war bereits am frühen Morgen tadellos angeklel- aeg Etwas, das Cosn hieß und der aussterbenden Rasse d«rj det. in frisch gewaschener Heller Bluse, die dis Form eines gut »kurzhaarigen Zwergaffenpinscher" angehören sollte. Frau von H-mden Korsetts verriet, englischem Tuchkleide und gelben kübmaen hatte dies Hundedeminutiv emmal von Frau vonSee- Äiettlchcn. Auf ihrer Stirn kräuselten sich d'e Löckchen, und die spitzen Nägelchen'ihrer Finger waren rosig blank poliert. Das ganze kokette, kleine Persönchen strahlte und atmete eins appetitliche Sauberkeit aus. Sie war die HerzenZfreundin Be» nediktes und pflegte seit Jahren einige Sommermonate in Hohen-Kraatz zu verleben. Ihre Mutter stammte aus einem verarmten adligen Hause, und das tröstete die gute Baronin über das Freundschaftsverhältnis Benedictes zu dem Apotheker» töchterchen, das st« sonst nicht ohne weiteres gutgeheißen haben würde. Die dritte <m Kleeblatt war Miß Nelly Milton, zwemni). zwanzigjährig und ebenfalls das, was Tübm'm unter einem „niedlichen Käfer" verstand. ' Sie war seit einem Jahrs im Hause und sollte Benedikts ursprünglich „Mores lehren", aber schon nach zweiwöcherMcher Bekanntschaft. hatten die beiden Mädchen Schwesternschaft getrunken und sich ewige Treue ge schworen, „auch W«r den Tod hinaus". Indessen übte das ernstere Wesen Nellys immerhin, wenn auch nur im alligemer- nsn, einen so guten Einfluß auf Benedikts aus, daß Herr und Frau von Tübingen aus eine „Asltere und Würdigere", an di« man anfänglich gedacht hatte verzichteten und die kleine Eng länderin behielten. Graf Teupen war trotz seines hohen Alters immer einer der ersten am Frühstückstifchs. Der Greis war von einer erstaunlilttou Frische und Elastizität. Er hatte schon vor gegen zwanzig Jahren die dipilomatschen Dienste quittiert und mit dem! letzten Orden guck noch den Diel Exzellenz als Pflaster für den Ruhestand auf den Weg bekommen. Aber er machte keinen Gebrauch von seiner „Exzellenz", sondern ließ sich nach wie vor „Herr Graf" anreden. Er war ein zierlicher, kleiner Herr mit einem Rokokoschnurbärtchen, schneeweiß und zu scharfen Spitzen gedreht, sowie einem kurz gehaltenen, grünlich schim. mernden Backenbart, der in der Mitte der Wangen nach eng lischer Sitte schnurgerade abrasiert war. Das noch volle mauweiße Haar war sehr sorgfältig gescheitelt und über dis Ohren zurückgebürstet, und ebenso sorgfältig war die Kleidung des Grafen. Jeder der Ankömmlinge wurde zunächst von den Hunden be grüßt — sehr stürmisch von Cäsar, Lord und Mohrchen. und in bedeutend gemessenerer und vornehmerer Weise von Coch. Cosy sprang nämlich nur aus seinem Korbe, strich rasch mit seinem Schnüffclnäschsn über Kleidcrsaum, Hosenrand od«r Sticselspitzen, versuchte mit dem Schwanzfragment zu wedeln und kehrte sodann, in dem Bewußtsein, daß es sich «iner solchen Anstrengung nicht lohne, in sein Körbchen zurück, wo er sich wieder zuiommenringelte. Die Zwillinge und Benedikts küßten dem Großpapa die Hand, der seine Enkeltochter mit einem ernsten und strafenden Blicke maß, worauf diese sehr zerknirscht ' tat, rot wurde ypch den Kopf senkte. (Fortsetzung folgte