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Kernsprecher Wilsdruff Nr. L Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 bi« auf weitere« nur Monia;«, Mittwoch« o. Aeeiiag« »achmittaz« 5 Uhr für den felgenden Tag. Aezugepeei« bei Se.blabhc ung mon»Mch Ml., durch unsere M»«lräger zugelragen in der Sladl monatlich Ml., aus dem Lande IN., durid die Pest belegen »ierieülldrNch Ml. mit Z»steIIm>g«g«r>nbr. Ade Pestanstallen und Postboten sowie unsere Mentgcr und veschistastcle nedmen federzeii SakOnn-on enlgcgen. Zttt Falle höherer Sewall, Krieg oder sonstiger LiclrlebsstSrungrn dal der Sezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung de» iDezugohreise«. Erscheint seit Inserlwnöprei« Ml. für dir « gespaltene Korpu-lzeil- oder deren Raum, Reliamen, die r fpalllge Korpuözeile Ml. Sei Wedcrbolung und Iahre«auflrag enstprechender Preisnachlaß. Delannimachunge» im amllichen Teil (mir oon Behörden» die 2 gefallen« Korhuöreile Ml. Rachweisuags-Seblldr Pfg. «lyrig-n-nnohme diel voemittag« 1« Ubl. Für dl- Richligleil der durch Fernruf stdermiltelle» Anzeigen Sd-rnedmeu wir leine Saranlle. Zeder Rabatt- -nspru» erlisch!, wenn »er Beira, durch Klage eingezogen werden muß oder der Auflraageber In KonMr» gwäi. dem Fahre 4S44 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Vorleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. 82. FahrMua. Nr. 25. Donnerstag / Freitag 1. / 2. März 1923. Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Nach der Verordnung über Grundlöhne und Sterbegeld 'n der Krankenversicherung vom 2. Februar 1923 (RGBl. Nr. 9 S. 99) Hal der unterzeichnete Kassenvorstand den Clundtohn bis auf 3600 Mark für den ArbeüSlag mit Wirkung vom 26 Februar t928 ab erhöht. Mii-lieder, deren Grundlohn danach die bisher bei der Kasse vorgeschnebene Höchstgrenze übersteigt, haben auf die ihrem neuen Grundlohn entsprechenden höheren Kafsenleistungen erst vom 26. März 1923 ab Anspruch. Den bereits bestehenden, 20 Lohnstufen werden vier weitere angefügt und zwar: Tagesverdienst Grundlohn Wochenbeitrag 2l. Stufe mehr als 2000 bis 24VO Mk. 2200 Mk. 792 Mk. 22. „ , , 2400 . 2900 „ 2650 „ 954 , 23. , „ „ 2900 „ 3400 „ 3150 „ 1134 . 24. „ „ . 3480 , 3600 . 1296 „ Die Arbeitgeber werden aufgefordert, die betreffenden Versicherten neu zu melden und dabei die gezahlten Löhne und sonstigen Bezüge m voller Höhe anzugeben. Klipphausen, am 25. Februar 1923. Der Bo staud der Allgemeinen Ortskrankenkasse Wilsdruff-Land. O- Friedrich, Vorsitzender. Meine Zeitung für eilige Leser. * Die Franzosen haben die Besetzung weiter ausgedehnt und ihre Truppen aus das ganze Gebiet »wische« Koblenz und Köln rechts des Rheins verteilt. * Die Eisenbahnen im Rheinland und im Ruhrgebiet sind in srairzöstschhelgifche „Zivilvevwaltnng" übergcgang««. * In Esten haben die Franzosen in der Privatwohuung des Oberbürgermeisters Dr. Luther eine Haussuchung vorgc- nennnen. * Die englische Arbeiterpartei hat eine finanzielle und eine politische Hilfaltio« für die deutsche« Arbeiter im Ruhrgebiet eingeleitet. * In >50 000 protestantischen Kirchen der Vereinigten Staa» len wurden Petitionen unterschrieben, die Harding und Hugh s und den Kongreß vor Frankreich warnen und zu einer energi« »chen Stellungnahme in der Reparattonsfrage austordern. die Oie gestohlenen Milliarden Ein sonderbares Versprechen. Sie haben nur die Zusage gegeben, daß künftig Geldtransporte, die für das englische Gebiet bestimmt sind, nichtmehr weggenommen werden sollen. Es steht fest, daß mindestens 6 Milliarden für die Reichsbankstelle in Köln bestimmt waren, um die Bedürfnisse der englischen Armee zu decken. Die Untersuchung über die Bestimmung der übrigen 6,1 Milliarden Mark ist nach einer offiziösen französischen Mitteilung noch nicht abgeschlossen. Der ganze Betrag wurde nach Düsseldorf gebracht. Die Kästen mit Platten zum Banknotendruck wurden in die Reichsbank nach Düsseldorf geschafft und dort in Gegenwart von Reichsdankbeamten versiegelt, damit nicht behauptet werden könne, di« Franzosen hätten sich dieser Platten b»- bient, mn F « lsS ««lb x drucken. Oie Znierventionsgerüchis. Französische Stimmungsmache In Berlin ist weder an amtlicher noch an nichiam». kicher Stelle bisher eine Bestätigung dafür eiugcgangen, daß dqx amerikanische Botschafter Harvey wirklich seine ausfälligen Mitteilungen über einen Plan Hardings ge macht habe, im Ruhrkonflikt zu vermitteln. In Paris wird vielmehr die Wiedergabe dieser Meldungen durch deutsche Blätter lediglich als Zeichen deutscher Schwäche ausgetegt werden, zumal sie nach eingehenden Erkundigungen an hiesigen unterrichteten Kreisen jeglicher tatsächlichen Grund lage durchaus entbehren. Weder Amerika noch England denken im gegenwärti gen Augenblick an eine Vermittlung, und im übrigen hat die französische Regierung deutlich genug zu verstehen ge geben, daß sie jegliche Vermittlung, zumal die von alliierter Seite, unbedingt ablehnen müsse. Das „Echo de Paris" betont ausdrücklich, daß Frankreich, koste es was es wolle, durchhalten würde und wiederholt zum so und so vielten. Male die unsinnige Behauptung, daß die deutschen In dustriellen verantwortlich wären für Deutschlands Ver fehlungen und daß sie ebenso wie die Regierung sich jetzt verpflichten müßten, greifbare Garantien für die Zahlun gen zu geben, auf die Frankreich angeblich ein Recht habe. Verhökerung deutscher Kohle. Die Franzosen verkaufen ans Ausland. Im Vertrag von Versailles wird bestimmt, daß die von Deutschland gelieferten Reparationskohlen nur für den eigenen Bedarf der empfangenden Länder dienen sollen. Trotzdem sind aus Frankreich und Belgien immer wieder ohne merkliche Hemmungen durch die Negierungen deutsche Kohlen ins Ausland verkauft worden. In den Jahren 1921 und 1922 sind aus Frankreich und Belgien nicht weniger als 32 Angebote an neutrale und deutsche Firmen auf Lieferung von deutschen Nepa- rattonskohlen ergangen, darunter sogar in einem Falle durch Inserat in einer Zeitung des neutralen Auslandes. Eine tatsächliche Ausfuhr von deutschen Neparationskohlen aus Belgien und Frankreich nach dem Ausland ist in 59 Fälle» mit insgesamt 1 587 026 Tonncn in den beiden letzten Jahren festgestellt. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat natürlich eine weit größere Verschiebung stattgefunden, die nur in Deutsch land nicht festgestellt werden konnte. In Deutschland herrscht notorischer Kohlenmangcl und Koblcnieuenmg — die Franzosen fallen ins Ruhr gebiet ein und begründen den Raubzug mit der Wicder- belieferung eines lächerlich verschwindenden Quaniums Noblen —, dabei machen sie Geschäfte mit den für sie über- klüsiiaeu denficht» RevarationSw^sen. Dielt, Tcubeswwt, Warum falle« die Preise nicht? Von einem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter wird uns über Preisbildung und Wähvungsfragen geschrieben: ...In Stadt und Land, auf den Märkten und in den Ge- meisten, in allen Familien, Zeitungen und in Parlamenten beschäftigt die Gemüter neben den Vorgängen im Ruhrge biet zur Stunde dir große Frage: DerDollaristge- ka l l e n, u n d t r o tz d e m st e i g e ii d i e P r e i s e ? Es laßt sich nicht leugnen, daß diese Erörterung, je läiHer sie dauert, an Schärfe zunimmt, und wie jetzt alles vermieden Werden muß, was die Volksstimmung beeinträchtigen tonnte, so besteht für jeden die Pflicht, es nicht bei der ge nannten einfachen Frage zu belassen, sondern die zugrunde- Ucgende, sehr interessante und bedeutsame Frage zu durch denken. Von dem engen Zusammenhänge zwischen Wäh - rung und Preisgestaltung hat sich in Deutschland ^gemach so gut wie jedermann genauestens überzeugen Aussen. Ja gerade darauf ist «s nicht zuletzt zurückzuführen, daß das peinlich« Erstaunen über die Unerschütterlichkeit, wil der die Preise ihren hohen Stand behaupten und sogar Noch steigen, so groß ist. Es ist in der Tat ja auch nicht gut zu verstehen, daß die Geschäftsleute dem steigenden DollarkurS mit möglichster Beschleunigung gefolgt waren, jetzt aber, da er den ge waltigen Sturz von 50 000 auf etwa 20 000 gemacht hat, plötzlich vielfach erklären, sie hätten noch teure Waren am Lager, die erst verkauft werden müßten und anderes mehr. Nun muß man in der Tat eines bedenken: Der Waren- besiyer ist die letzte Instanz eines langen Kaufs- und Verkaufsprozesses, der vom Erzeuger über mehr oder min- der zahlreiche Vermittler geht. Zur Zeit der Herstellung seiner Ware galten in der Mehrzahl aller Fälle noch die hohen Preise für di« Rohstoff«. Auch di« Löhne sind weiter di« Frachten der Eisenbahn wurden verdoppelt. E Reichs schgtzm Gothein hat dieser Tage jn Vic>em Zusammenhan ge einen Aufsatz verfaßt, in dem ein Waggon Kali an Fracht das mehr- foche des für ihn ausbedungenen Lieferungspreises kostet, und dasselbe gilt ,rn Verhältnis für jedes Paar Schuhe, für den Hut, den man trägt usw. Das und anderes, angeführt werden könnte, mag eine gewiss« Erklärung dafür geben, daß bei sinken den Erzeugerprellen die Kleinhandelspreise noch steigen. Da aber die öffentliche Erörterung dieses Zwiespaltes trotz allem unwiderruflich auf die Preis« drückt, so kann man er warten, daß sie diesem Druck nachgeben werden. Und es mag sogar zittreffen, daß manche Warendesitzer um den Ab satz ihrer bei hohem Dollarkurs eingekauften Ware bangen. Jn den Handelsplätzen munkelt man deshalb u. a. in der T e x t i l b r a n ch e, daß man am Anfang einer großen Krise stünde, die manche Firma verschlingen würde. Das beweist, daß die Senkung des Dollars sich auf die Dauer zwangsmäßig auswirken wird, und es ist z. B. interessant, daß der Stahl- imd Eisen'oerband, dessen Preise zum Teil sogar schon über den Weltmarktpreis gestiegen waren, und dessen Mitglieder durch die Ruhrbesetzung un mittelbar in Mitleidenschaft gezogen sind, trotzdem seine Preise um 11 A herabgesetzt hat. Es gebt eben nicht ohne Opfer ad, und man darf ruhig Miuehmen, daß auch die Negierung sich über gelvisse unausblEiche Folge» ihrer Eenkungsaktio« »SLig im klaren ist. Heute macht man die Händler u»d Erzeuger daftie ver«M»,rtlich, daß dw Dieser Tage haben Verhandlungen über Herausgabe der von den Franzosen geraubten Milliarden der Reichsbank begonnen. Es ist noch nicht gelungen, zu erreichen, daß die Franzosen die Banknoten herausgeben. Die Geldsendungen ins Einbruchsgcbiet. Im Haushaltsausschuß des Reichstages erteilte der Vize präsident der ReichSbank, Dr. v. G la s e n a pp, Auskunft über den Raub der 12,8 Milliarden Mark Neichs-bankgelder, und be- merkte dazu, daß die Versorgung d«S besetzten und des Ein- bruchsgebictes mit Zahlungsmitteln bisher, um Verzögerungen zu vermeiden, nicht durch Postsendungen, sondern im D-Zug unter Begleitung ausgesuckster Beamte» in reservierten Abtei len unter Benachrichtigung des Zugpersonals geschehen sei. Den Franzosen wären unfere täglichen Geldsendungen in daS besetzte Gebiet bekannt. Sie sehen täglich auf den Bahnhöfen die Ausladung der ungeheuren Notenmassen. Si« wußten ferner, daß im besetzten Gebiet Noten gedruckt wurde». Eine Be- lastigung der Transporte habe n i e st a t t g e j u n d e n. Es sei anzunehmen gewesen, daß die Franzosen nichts gegen die Eininhr von Geld unternehmen würden. Di« durch die Aktion dringend erforderliche eiligste Verwendung der ins nngemessene gewachsenen Geldmassen haben die Reichsbank gezwungen, die iwneüsten Wege zu beschreit«». Hardings Antrag vertagt. Eine von dem Senator Kind (Demokrat) im Senat cinge- brachte Entschließung zur Durchführung des Vorschlages deS Präsidenten Harding, daß die Bereinigten Staaten Mit glied des vom Völkerbund organisierten internatio nalen Gerichtshofes werden sollen, wurde ohne Er örterung aus unbestimmte Zeit verschoben. Preise nicht fallen wollen, und dieser Vorwurf ist sicherlich vielfach nicht unberechtigt. Man sollte jedoch trotzdem nicht vergessen, daß sich schließlich all« Stände der Sünde des „heiligen Egoismus" schuldig gemacht haben. Des halb sollten auch alle Stände, Landwirtschaft, Handel, Ge werbe, Lohn- und Gehaltsempfänger, entsprechend der Not der Zeit, gleicherweise zu Opfern bereit sein. Und noch eins: wir müssen uns endlich darüber klar werden, daß die uns bewegenden Sorgen nicht zuletzt eine Folge unserer Verarmung sind. Um klar zu ma<An, wie groß diese Verarmung ist, hat man bereits vorgeschlagen, den Staatshaushalt, die Staatseinnahmen, die Gehälter in Goldmark anzusetzen. Nicht nur wir, sondem auch die Welt würde dann mit unwiderleglicher Deutlichkeit sehen, wie arm wir sind. Aber wir wollen nicht ver gessen, daß die Reichsregierung entschlossen ist, mit allen irgendwie verfügbaren Mitteln in unser Währungsver hältnis einige Stabilität zu bringen. Auch das wird seine Wirkung üben, besonders auf die Geschäftsleute, die, wie ; cs z. B. nach dem Urteil von Sachkennern besonders inner- - halb der Berliner Textilbranche vielfach ge- schieht, mit ihrer „Vermögensreserve" in teuere Winter- j kurplätze reisen und erklären, sie verkauften jetzt überhaupt s nicht, denn der Dollar müsse ja eines Tages doch wieder , steigen, und dann würden sie die Schlauen sein. Das sind die eigentlichen Wucherer, und die müßten denn auch dem Strafrichter zu schärfster Strafe zugeführt werden. Der Grund unseres Übels ist, wie gesagt, unsere Ver armung. Der Grund für sie aber ist unsere politische Lage. Stehen wir also zusammen, um sie zu bessern, dann wird sich auch alles andere automatisch ändern. Wenn die Preise nicht fallen wollen, so ist das vielfach auch auf den Glauben zurückzuführen, daß trotz der Not der Ge samtheit der einzelne Geld und Gut anhäufen könne und dürfe. Nichts kann falscher sein. Wenn es der Nation und dem Volke schlecht geht, so muß trotz allem auch der einzelne daran mittragen. Die Parole lautet also mehr denn je, die innere Ein heitsfront zu erhalten und mit dem Siege über den Ein brecher ins Ruhrgebiet auch einen Wandel in unserer Wirt schaftslage zu schaffen. Ausdehnung der Besatzung. Vormarsch der Marokkaner. Die Franzosen haben die marokkanischen BcsahungZ- truppen in dem Gebiet zwischen den Brückenköpfen Koblenz und Köln bis an Vie Eisenbahnlinie Honnef- ASbach vor geschoben u»d die Ortschaften Uckerath und Asbach besetzt. Ferner besetzten die Franzose» Caub, Bacharach tmd Lorch. , Der „Kriegszustand". Der frühere französische Kriegsminister Lefövre hielt eine Ansprache, in der er sagte: Der Krieg hat nicht >014 begonnen und ist nicht 1918 zu Eitde gegangen. Jn Wahrheit Hai er 1912 auf dem Balkan angofangen. Seitdem hat man sich ge- schlagen und schlägt sich immer noch. Auch di« Besetzung des Ruhrgebiets ist eine Kriegsmaßnahme, ob wohl wenig Blut dabei geflossen ist.