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Beilage zum Wilsdruffer Tageblatt Sonnabend / Sonstag den 10./11. Februar 1923. °Nr 17. 82. Jahrgang. wie sie 1718 heißt-", zur Bahnlinie geworden, einer täglichen Omnibussahrgelegenheit gesehnt dem Gedanken, die Dresden—Leipziger Bahn Schon am Anfang des 17. Jahrhunderts sind sie im Gange. Doch konnte der Steinkohlenbau solange nicht recht gedeihen, solange kein Holzmangel verspürt wurde. Außer den Schmieden kauften nur arme Leute Kohlen. Die Kohlenlager von Zauckerode wurden erst gegen 1740 erschlossen durch einen gewissen Wahl. Doch) stockte der Betrieb bald wieder infolge des Siebenjährigen Krieges. Erst 1770 begann man aufs neue"", und damit wurde unsre Straße zur Kohlenstraße. Die Schencksche Karte zeigt eine Teilung des westwärts gerichteten Weges: Der eine Arm führt über Limbach nach Tanneberg, der andere über Birkenhain— Schmiedewalde nach Munzig. Letztrer trägt bei Oberreith den Namen „Kohlen- straße". Die ansehnliche Größe der benachbarten Landgasthöfe ist nur durch die Uebernachtung von täglich 25—30 Kohlenfuhrwerken erklärbar. Man kann von typischen Fuhrmannsorten sprechen, wenn man beispielsweise vergleicht Sora- Ullendorf—Limbach—Tanneberg mit Hühndorf, Sachsdorf, Kleinschönberg. Der Limbacher Gasthof trägt sogar den klingenden Namen „Zum König von Sachsen". Beinabe wäre die Straße Nossen—Wilsdruff—Dresden, die „hohe Straße", nachdem man sich vergeblich nach hatte"". 1863 trug man sich mit über Wilsdruff zu leiten'". Die einen Güterwagen planlos hin und her schoben. Da aifo Vie Fahrt mit der Bahn unmöglich zu sein schien, fiel mir die Nheinuferbahn, die Bonn mit Köln verbindet, ein. Bis Köln ging auch alles vortrefflich. Am Hauptbahnhof schienen durchaus normale Verhältnisse zu herrschen. Aber das schien nur so. In der großen Halle stand eine ansehn- ' liche Menge gestrandeter Reisender. Man sucht« sich bei vem Pförtner, bei den Schalterbeamten und vor allem bei der Auskunftstelle über das, was nun geschehen würde, zu informieren, um dann mit Betrübnis festzustellen, daß die Beamten auch nur wußten, daß sie nichts wußten. In den Wartcsälen saßen Frauen und Kinder auf Stühlen und Koffern oder auch auf dem Fußboden; viele schliefen, andere harrten in dumpfer Gegebenheit der kommenden Dinge. Plötzlich verbreitet sich wie ein Lauffeuer das Gerücht, daß soeben ein Zug eingefahren sei, und daß dieser Zug „wahrscheinlich" nach Belgien gehen werde. Man stürmte mit Blitzesschnelle die breiten Treppen zum Bahnsteig hin auf, und da stand wahrhaftig ein D-Zug, noch dazu einer mit Speisewagen. Und deutsche Eisenbahner standen da vor. Um 2110 Uhr fuhr der Zug ab — wohin? das mochten die Götter wissen. Bis Buir, einer kleinen Station vor Düren, war alles in Ordnung. Der Schaffner kam, um den D-Zug-Zuschlag einzukassieren, und gab uns die tröstliche Versicherung, daß es schon gehen werde. Woraus der Zug stehen blieb und das deutsche Personal verschwand. Als Ersatz erschien ein französischer Offizier mit zehn bis an die Zähne bewaffneten Soldaten. Zwei Mann und ein Unteroffizier kletterten auf die Maschine, die andern krochen in die beiden Gepäckwagen. Los! Ganz langsam nähern wir uns einem Signal, das „Besetzt" bedeutet. Ein Ruck, und der Zug bleibt wieder stehen. Ein Soldat läuft nach vorn, um sich die Strecke anzusehen. Wieder ein Ruck, und der Zug geht weiter, obwohl alle Signale auf „Besetzt" weisen. Die Schranken an den Bahnüberführun gen stehen offen, in den Bahnwächterhäuschen ist Feiertag, nirgends ist eine deutsche Beamtenuniform zu sein. Kein Mensch im Zuge kann behaupten, daß er sich sehr behag lich fühlt. Wahrhaftig Düren! Wieder Marokkaner, die einen Gepäckwagen hin und her schieben, und außerdem ein schwer bewaffneter Soldat, der einen Kinderwagen schiebt. Weiter! Bei Eschweiler spüren wir mit Entsetzen, daß der Lokomotive langsam aber sicher die Puste ausgeht. Da steht sie auch schon still. Alles steigt aus und bildet Sachverstän digenkommissionen, in denen beraten wird, wie man die Maschine zur Weiterfahrt bewegen könnte. Der Poilu auf der Lokomotive schwört, daß man es mit deutscher Sabo tage zu tun habe. Man telephoniert wegen einer anderen Maschine, die nach einer halben Stunde auch wirklich ein trifft. Beide Maschinen bemühen sich nun um den Zug, Keine Verhandlungen zwischen Franzosen und StinneS. Gegenüber den Meldungen der Auslandspresse über Verhandlungen, die Stinnes mit Vertretern der französi schen Industrie führe oder geführt habe, erklärt die Deutsche Allgemeine Zeitung, das Organ des Herrn Stinnes, daß dieser seit dem französischen Einfall inZ Ruhrrevier mit keinem Franzosen verhandelt habe. Der litauische Einbruch in das Meinelgebiet. Die Pariser Botfchafterkonserenz hat sich mit der Lage in Memel beschäftigt. Am 1. Februar hatte die Botschafter- konferenz bekanntlich die litauische Negierung in einem Ultimatum aufgefordert, die aufständischen Litauer km Memelgebiet zurückzurufen. Die durch das Ultimatum gewährte Frist von einer Woche ist abgelaufen. Die Bob- schafterkonferenz hat Maßnahmen in Erwägung gezogen, die getroffen werden sollen, falls die Regierung von Kown» dem Er suckln der Alliierten nicht stattgebe. Anscheinend soll die ursprüngliche Frist verlängert werden. Es würden aber strengere Maßnahmen Platz greifen, falls die litau ische Regierung bei ihrer jetzigen Haltung verharrt. Rückgabe von deutschem Eigentum durch Amerika. Der Ausschuß des Repräsentantenhauses hat den Ge setzentwurf für Rückgabe eines Höchstbetrages von 10 000 Dollar von jedem beschlagnahmten deutschen Vermögen ge billigt, ebenso auch die Rückgabe aller angesammelten Treu handgelder und anderer Einkommen, die sich zusammen auf nahezu 7 Millionen Dollar jährlich belaufen, und Eine Fahri im „Franzosenzug". Elf Stunden von Köln nach Aachen. . , Ä ^cht anschaulicher Weise schildert ein Mitarbeiter öes Amsterdamer „Algemeen Handelsblad" eine Bahn- fayrt durch das besetzte Gebiet in einem von Franzosen geführten deutschen Zuge. wollte von Vonn aus Belgien erreichen," erzählt 'st mir tatsächlich geglückt, aber fragt mich nur nicht, wre? In Bonn war der Hauptbahnhof ge- /in französischer Posten .mit aufgepflanztem Bajonett bewachte ihn. Vor dem Gitter standen Kinder, die vergnügt zuschauten, wie Franzosen und Marokkaner poliiifche Rundschau. Deutsches Reich. Hussiten- und Bruderkrieg hinderten die friedliche Entwicklung. 1426 schreiten aus >dr die Heersahrtsmannschaften zum Sammelpunkt Niederbobritzsch, um über >en Oraupaer Paß nach Böhmen einzufallen. 1419 wird Kesfelsdorf von den Hussiten verwüstet'". Im Bruderkriege, 1447 und 1450, geht Wilsdruff zweimal in Flammen auf. Placker und Raubritter machen sich breit: 1454 mmmt Ksinz vvn Kaufungen unweit Chemnitz den Nürnbergern Hab und Gut. ocr uni einer gewaltigen Krattanstrengung weitersährt. Bums — die Kuppelung ist gerissen! Zwei Stunden Auf enthalt, worauf unter sehr bedenklichem Krachen, Pollern und Stoßen die Fahrt fortgesetzt wird, bis wir in einem Tunnel hinter Eschweiler zum zweitenmal festsitzen, noch dazu in tiefster Finsternis, denn das Licht ist ausgegangen. Auch die Heizung streikt. Rach langen, bangen Minuten geht es von neuem los. Wieder eine tote Station: Stol berg. Hier muß sich der Zug von seinen bisherigen groß artigen Leistungen erholen, wozu er wieder zwei Stunden braucht. Nm >X9 Uhr, genau elf Stunden, nachdem wir Köln verlassen hatten, fuhr dieser erste von französischen Soldaten geführre und zu Tode gequälte Zug im Aachener Bahnhof ein. Ein „landläufiger" deutscher Zug macht das Rennen in anderthalb Stunden. Bei der Ankunft in Aachen sprach man wieder viel über deutsche Sabotage, woran sich unheilvolle Prophezeiungen und diverse Verwünschungen knüpften. Und man sah Augen, die blitzten und glühten, aber das waren nicht französische Augen . . Sch. Frachtwagen. (4. DL. der .Bunten Bilder aus dem Lachsenlande"). Doch selbst in dieser unsicheren Zeit wird an der Straße gearbeitet. 1449 wird sie auf Geheiß des Kurfürsten mit „bowmen, struechen, uff geworsfen graben oder andern zceichen uff beiden syeten gereit vormerckt". Sie soll „so breit sein, daß geladene rust wagen nebeneinander auf und abfahren und einander ausweichen tonnen". 145g schoss der Friede zu Eger sichere Verhältnisse in Sachsen. Kur fürst Friedrich bestimmt 1462 in der Straßen- und Zollordnung: Von Budissin sollen die Wagen, die gen Franken wollen, gehen auf Bischofswerda, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Zwickau und fort gen Franken. Auf dem Tage zu Fraustadt (15. August 1512) bekennt der Rat zu Chemnitz, daß die Straße aus Schlesien von Breslau und Glogau nie anders als aus Görlitz, Budissin, Dresden, Freiberg, Chemnitz usw. und also fürder gegen Nürnberg gegangen sei". 1464 wird Dresden ständige Residenz des Fürsten. Seine „liebe, getreue" Bergstadt wurde ost besucht. 1465 hören wir von einem Zoll in Grumbach, am 10. Mai d. I. bekommt nämlich Nicol v. Schönberg das Dorf Grumbach nebst dem Zolle, der Pfarre und dem Kirchlehn, einem Manne und dem Platze vor der Kirche. Der Zoll scheint bedeutend gewesen zu fein, am 23. August 1501 belehnt Herzog Georg den Ritter Hanns v. Schönberg nur noch mit dem halben Zoll. Die Richter- und Schenkengüter an der Freiberg—Dresdner Straße, meint Trautmann, wurden einträglicher Besitz'". Er spricht von Kesselsdorf und Mohorn, auch davom daß sich der Kurfürst selbst auf einem Heerzuge 1466 auf eine Nacht dort eingelagert habe. 1532 wird der Kretzschmar zu Ohorn nebst denen zu Ober- und Niederschöna, Herzogswalde, Grumbach und Dittmannsdorf mit Andreas Ficken zu Herradors wegen des Schenkens verglichen. Mohorn hatte ein Haupt geleite, wozu die Beigeleite Kesselsdorf und Silbergrund gehörten. Die Wirtshäuser 40 Dr.A. Mesche Wochenblatt für Wilsdruff Nr. 114, 1908. 4l Cod. Il 6 -L. 118. 4e Falke, Zur der hohen Landstraße in Sachsen. Archiv für füchs. Gesch. VII. 4g Trautmann a. a. S. 88/84. W Merkel, Erdbeschreibung von Chursachsen. 2° Unsere Heimat 1922 S. 36. so Wochenblatt für Wilsdruff 1844, Nr. 49. — Es ist ein Uebelstand, daß zwischen Wilsdruff und Dresden keine directe Fahrgelegenheit dergestalt besteht, daß man an bestimmten Tagen und zu einer festgesetzten Zeit an einem und denselben Tage von unserer Stadt aus nach Dresden und wieder zurückfahren kann. Bei den vielfachen Be ziehungen, in denen Wilsdruff mit seiner reich bevölkerten Umgegend zur Residenz des Landes steht, wird der Mangel an einer Botcnwagenverbindung, wie wir sie oben an gedeutet haben, oft ein recht fühlbarer und drückender. Wenn wir uns nicht ein eignes Geschirr miethcn oder zu Fuße gehen wollen, wird es uns unmöglich, an einem Tage mittels Votengelegenhcit nach Dresden uns wieder zurück zu reisen. Die täglich einmal durch unsere Stadt passierende königl. Fahrpost hilft uns so viel als gar nichts, da sie erst nachmittags nach 4 Uhr von Wilsdruff abgeht und man natürlich vor 6 Uhr des Abends nicht in Dresden an kommt. Der Nossener Bote fahrt zwar wöchentlich 3 mal durch unsere Stadt nach Dresden, doch kehrt er erst am andern Morgen zurück. Auch kommt der Reisende, wenn er von dieser Fahrgelegenheit Gebrauch macht, erst mittags 12 Uhr, oder doch nicht viel früher, nach Dresden, also zu einer Zeit, wo er manche Geschäfte gar nicht mehr abmachen kann, wenn er den Rückweg nach wenigen Stunden zu Fuße wieder anzutretcn gezwungen ist. Außerdem wird er in die Nothwendigkcit versetzt, in Dresden zu übernachten. Ein besonderer nicht zu beseitigender Uebelstand entspringt bei einer beabsichtigten Fahrt niit dem Nossener Boten noch durch den Umstand, daß wir, wenn der Wagen schon vollständig mit Reisenden besetzt ist, uns noch obendrein umsonst gerüstet und die kleineren und größeren Hindernisse, die unserer Reise im Wege standen, umsonst beseitigten. Daher geht es uns wie dem Fuchs in der Fabel. Wir können wohl, wie dieser in die Höhle des Löwen, fahrend nach Dresden gelangen, doch ist es uns, gleich Reinecken, unmöglich, aus der Residenz wieder herauszukommen — nämlich an demselben Tage und fahrend. Diesem Uebelstande wäre nun sofort abgeholfen, wenn eine regelmäßige Botenoer bindung durch einen von Wilsdruff des Morgens nach Dresden abgehenden und abends zurückkehrenden Personenwagen hergestellt würde. Versuchsweise könnte vor der Hand ein solcher Wagen zweimal wöchentlich an festgesetzten Tagen die kleine Reise zurücklegen. Natürlich versteht es sich von selbst, daß der Wagen, selbst wenn er nicht einen einzigen Reisenden in seinen Räumen bergen sollte, dennoch abgehen und zur bestimmten Zeit wieder zurückkehren müßte. Und wenn wir noch zugestehen wollen, daß die täglichen Fahrten nach Dresden nicht lohnend genug sein Möchten, so dürfte doch mit Sicherheit anzuuehmen sein, daß ein wöchentlich zweimal in der besprochenen Weise nach der Residenz abgehender Botenwagen die Kosten überreich decken würde. 8i Unsere Heimat 1919 S. 144. PetkWung U -en Sonntag EWU. Von Pfarrer Zacharias, Kesselsdorf. Joh. 4, 30: „Da gmgen sie aus der Woran liegt ^däß^ChrW^ vielen >er Pauln/-«ö^ i 16 lvricht? Was ist die Ursache dasur, >aß Gottes Wort so vielen Menschen heute nichts oder doch lur wenig gjst? — Der Grund dazu ist allem in der einen Tatsache zu sehen daß viele Menschen nicht mehr zu Jesus ommeu, um ihn zu hören und ihn kennen zu lernen. Die Bewokner von Sychar machten es anders. Als sie ehött hatten am Iakobsbrunnen wäre ein Mann, der sollte e> Messias sein, „da gingen sie aus der Stadt und kamen r ihm." ' Es war bei den meisten von ihnen zunächst wohl nichts eil« als Neugier, die sie trieb, den Mann zu sehen. Aber diese kugier hatte ihr Gutes. Die Leute hörten Jesus reden, sie ""Men ihn kennen und — was die Hauptsache ist — sie lernten w erkennen als den Christus, den Heiland der Welt Ich 442) Darum heißt es Joh. 4, 41: „Und viel mehrere »^en um seines Wortes willen." 'Sollte das heute anders sein? Sollten heutzutage die eschen, die zu Jesus kommen, unbefriedigt von ihm scheiden sfen? Nein — keinesfalls. Es ist noch so und wird so bleiben: «zu Jesus kommt, wer sein Wort hört, wer ihn kennen geleint hat, der glaubt an ihn und weiß es: „es ist in keinem anheim Heil". Wer zu Jesus kommt und ihn gefunden hat, d" jubelt mit Paulus: „Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht." Wer zu Jesus kommt und an ihn glaubt, der spricht mit ihm: „Meine Speise ist die, daß ich den Willen tue meines Vaters im Himmel." Darum, lieber Leser, tue das eine, was not ist: „Suche Iesum und sein Licht, alles andere hilft dir nicht." 13