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«Lin großzügiges Hilfswerk haben ferner die Deutschen der Tschechoslowakei eingeleitet. Unterernährte und erholungsbedürftige Kinder Deutsch lands sollen für längere Zeit als Gäste deutscher Familien in Böhmen ausgenommen werden. Bei der städtischen Er- bolungsfürsorge in Dresden sind bereits Hunderte vonStellen aus den Kreisen Reichenberg, Gab. lonz und Kamnitz gemeldet. Die Stadt Gablonz hat ein Angebot gemacht, nach dem allein dort 300 Kin- oer Aufnahme finden sollen. Jedem Kinde sollen 30—40 Kronen zur Sachbeschaffung gewährt werden. Höhere Eisenbahnpreise. Bei der Reichsbahn werden in nächster Zeit neue Tarife eingeführt. Es werden erhöht: zum 15. Februar 1923 die Gütertarife um 100 zum 20. Februar 1923 die Tiertarife um 60 2L, zum 1. März 1923 die Personentarife nm 100 Die Personentarife werden damit vom 1. März ab das 800fache der Friedcnssätze (in der vierten Klasse) be tragen. Im Güterverkehr bleibt die Tarifsteigernng hinter der Preissteigerung, die seit dem 1. Januar, dem Bestehe» der jetzigen Sätze, eingetreten ist, weit zurück. Das Ultimatum von Smyrna. Vor dem Ausbruch des Kampfes? Durch das Ultimatum der Angoraregierung, die binnen kurzbemessener Frist die Abfahrt der alliierten Kriegsschiffe aus dem Hafen von Smyrna forderte, ist die Lage auf das äußerste zugespitzt. Die Alliierten haben den Schiffen Befehl gegeben, im Hafen zu bleiben und sich gegen eventuelle türfische Gewaltmaßnahmen zu ver teidigen. Die Türken haben auf das abgelehnte Ultimatum hin die gestellte Frist sogar noch verkürzt. Die Einfahrt in den Hafen von Smyrna ist durch Minen gesperrt. Die ein zige Fahrtrinne befindet sich in unmittelbarer Räbe einer »ustenvatterie. Die alliierten Oberkommissare in Konstan tinopel haben auf die schweren Folgen hingewiesen, die entstehen würden, wenn von türkischer Seite zwangsweise gegen die alliierten Kriegsschiffe vorgegangen wird. Das große Sr-dsSen im Stillen Szean. Newyork, im Februar. Erst jetzt treffen hier Nachrichten über das Erdbeben ein, daß am Sonntag im südlichen Stillen Ozean stattge funden hat. Danach sind die Hawai-Jnseln von ungeheuren, schnell hintereinanderfolgenden Sturmfluten heimgesucht worden, die den Tod zahlreicher Menschen und großen Sachschaden im Gefolge hatten. Alle Verbindungen, selbst der Funkdienst, mit Samoa sind unterbrochen. Eine Flut welle von über 5 Meter Höhe stürzte sich auf das Land und riß alles mit sich fort, Motorradfahrer, die am Strande spazieren fuhren, sahen die Riesenwelle heranbrausen, sprangen von ihren Rädern und flüchteten landeinwärts. Die ungeheure Woge warf sich'mit unwiderstehlicher Ge walt auf das Ufer; Bäume wurden wie Strohhalme ge knickt und ausgerissen, die verlassenen Motorräder fortge schwemmt, die Eisenbahnbrücken wie Spielzeug hochge worfen und weggefegt, und sämtliche Keinen Strandläden waren nach dem Zurückweichen der Flut vom Erdboden wegrastert. Die Zahl der umgekommenen und ins Meer geschwemmten Personen läßt sich noch nicht feststellen. In einem, von der 'Flut gewühlten tiefen Trichter fand man in Schlamm und Wasser fünf Leichen.' Die Stadt Hilo hat schwer gelitten. Auf der Maui-Insel ist der Schaden eben falls sehr beträchtlich. Auf dem amerikanischen Kontinent äußerte sich das Erdbeben durch einen zwölfstündigen, heftigen Ausbruch des Lassens Peak in Kalifornien, des einzigen Vulkans in den Vereinigten Staaten, der fünfzig Meilen nordöstlich von San Franzisko liegt. Das Kabel »ach der Insel Guam ist gebrochen. I» Kahului warf eine 1 Meter hohe Flutwelle zwei Dampfer auf das Land und setzte die Vorstadt unter Wasser. Das Beben war so stark, daß die Seismographen von West-Bromich in England vurch die Erdstöße unbrauchbar gemacht wurden. Dasverrohte Frankreich. „Welches Schicksal wollen^-ie Franzosen den Ruhrarbeiteru bereiten." Z comq «mV I A Die Pariser Zeitung ,Le Journal" vom 28. Januar 1923 brachte mit den Text worten „Der Zoll- gürtel. Wenn ihrs wollt.." nachstehende Zeichnung, durch die so recht die wahren Absichten der Fran, zosen offenbart wer- den. DurchdiesrZeich« nung gewinnt auch der Ausspruch von Herve in der Pariser .Victoire': .Der deutsche Arbeiter kann verrecken" von fran zösischer Seite aus eine bildliche Dar stellung. Neueste Meldungen. Was Frankreich bisher erbeutete. Berlin. Entgegen den Meldungen von französischer offiziöser Seite, daß der Kohlentransport nach Frankreich aus dem Ruhrgebiet zunehme, wird von deutscher amt licher Seite festgestellt: In der Zeit vom 15. bis 31. Ja nuar haben die Franzosen 20 000 Tonnen Kohle und 17 000 Tonnen Koks nach Frankreich transportiert. Seit dem 1. Februar sind 1000 Tonnen Kohle und Koks über die Grenze gegangen. Insgesamt hat Frankreich also ca. 40 000 Tonnen Kohle geraubt, d. h. etwa eine Tages- liescrung an Neparationskohle aus der Zeit vor der Be setzung. Die badischen Behörden zur Lage. Karlsruhe. Die Lage im besetzten badischen Gebiet ist, soweit der Eisenbahnverkehr in Frage kommt, unverändert. Der verhaftete Eisenbahninspektor, Regierungsrat Sänger, ist von den Franzosen in das Militärgesängnis in Mainz abgeführt worden. Der badische Staatspräsident hat sich mit den Bürgermeistern und Gemeindsvertreteru von Offen burg, Appenweier und anderen besetzten Orten in Achern zu einer Konferenz zusammengefunden. Um die schweren finanziellen Lasten für die Gemeinden leichter erträglich zu machen, soll eine besondere Verrechnungsstelle für die Requisitionen außerhalb des besetzten Gebietes eingerichtet werden. Obwohl es sich um eine Aufgabe der Reichs regierung handelt, ist die badische Staatsregierung doch der Ansicht, daß sie von sich aus gleichfalls handeln müsse, nm Verwicklungen zu vermeiden. Bestrafung deutscher Zollbeamter. Düsseldorf. Das Hauptzollamt in Düsseldorf-Ruhrort wurde von der Besatzungsbehörde besetzt und geschlossen. Der Zollinspektor Jansen wurde verhaftet. Ebenso wurden die Zollämter Hamborn und Hattingen besetzt. Der Zollinspektor Pfefferkorn und Regierungsrat Dr. Emmer, Leiter des Hauptzollamtes Cleve, Zollrat Deich mann, Leiter des Hauptzollamtes Kaldenkirchen, Oberzoll inspektor Ufer und Merle, ebenfalls vom Hauptzollamt Kaldenkirchen, wurden von dem belgischen Kriegsgericht in Aachen zu je 8 Tagen Gefängnis verurteilt, weil sie den Befehlen der Besatznngsbehörde nicht Folge geleistet haben. Die Strafe wurde durch die Untersuchungshaft für verbüßt erklärt. Die Verurteilten, die gefesselt nach Wesel gebracht wurden, wurden mit ihren Familien aus- gewiesen. Die Bahnhöfe Wanne und Herne besetzt. Essen. Donnerstag morgen wurden die Bahnhöfe Wanne und Herne besetzt. Kohlenzüge nach der Schweiz und Italien gehen noch nicht, Wohl aber solche nach Holland. Ans Stadt und Land. »WWW HW«. Wilsdruff, am 9. Februar 1923. Oeffentliche Stadtverordnetensitzung Donnerstag den 8. Februar, abends 7 Uhr. Anwesend sämtliche Mitglieder des Kollegiums außer Herrn Schumann, am Ratstische der Bürgermeister und sämtliche Stadttäte. Kenntnis gibt der Vorsteher, Herr Oberlehrer Hientzsch, zunächst von der Eröffnung der Städtischen Bibliothek und unter Dankesworten von der gespendeten Einrichtung dazu seitens der Firma Gebr. Müller. — Zur Oelung der Schul räume wird die Anschaffung von 100 Kilo Fußbodenöl für 135 000 genehmigt. — Kenntnis nimmt man weiter von dem Entlassungsgesuch des Stadthauptkassierers Duback für Ende März. An feine Stelle wurde der Steuerkassierer Gersten berger gewählt. — Die Zunahme des Verkehrs und besonders die Geldentwertung haben der Eirokasse eine kaum zu bewäl tigende Mehrarbeit gebracht. Deshalb wurde dem Verlangen nach Einstellung eines Beamtenanwärters und eines Lehrlings stattgegeben. — Mit der Abstoßung kleinerer Darlehen war man Roman von Fr. Lehne. 21) Zofe mit allen Zeichen des Entsetzens. — „Frau Grä fin —" „Was ist denn, Betty —" „Nein, nein — o wie schrecklich —" „So sprechen Sie doch und ängstigen Sie mich nicht unnütz —" „Ich habe soeben vom Briefträger gehört, daß Herr von Schönstedt —", sie stockte, als könne das Entsetzliche nicht über ihre Lippen kommet!. „Herr von Schönstedt, was ist —" Weiter konnte Regina nicht sprechen; eine atemlose Beklemmung legte sich auf ihre Brust, eine Ahnung von etwas Entsetzlichem. „Heute morgen wurde Herr von Schönstedt im Duell von Leutnant von Herfurth erschossen," schluchzte Betty, „der Briefträger hat gerade gesehen, wie sie ihn ge bracht haben." Hatte sie denn recht verstanden, als diese Worte an ihr Ohr schlugen? Ein Spuck äffte sie — das war ja unmöglich; lächerlich, so etwas auszusprechen und zu glauben! Ihre Augen wurden starr, und fast tonlos kam es von ihren Lippen; „Sie haben sich verhört, Betty, das kann doch nicht sein —" „Doch, Frau Gräfin, ganz bestimmt, und dann sagte noch der Briefträger " Aber Regina winkte und das Mädchen verschwand. Dann war aber auch ihre Selbstbeherrschung zu Ende. Mit einem ächzenden Wehlaut sank sie zu Bo den — „tot, Gernot tot!" stöhnte sie auf. Sie fnhr mit den Händen in ihr üppiges Haar und raufte es — sie biß sich in die Finger, nur um die Empfindung körperlichen Schmerzes zu erwecken — „o, warum hast Du mir das angetan!" Aber keine Tränen flossen, die ihr Erleichterung ge bracht hätten. Die Augen brannten in ihren Höhlen: bas Gesicht fieberte; aber die Hände waren eiskalt. Wie lauge sie in ihrem Schmerz gelegen hatte, wußte sie nicht, bis ein erst leises, dann stärkeres Klopfen sie aus ihrem Sumpfen Brüten weckte. Schnell raffte sie sich auf, strich über ihr Haar und fordert« dann zum Eintreten auf. „Verzeihen, Frau Gräfin," sagte der alte Friedrich, „daß ich störe — es ist nur, Herr Graf fragten nach Frau Gräfin." Der alte Mann warf einen schnellen Blick ruuh ihr; sie hörte ja gar nicht auf ihn. Da wandte sie sich nach ihm um und fragte mit einer .1 „Haben Sie auch gehört, Friedrich — ist es denn wahr — ?" Bekümmert nickte dieser. „Ja, es ist wahr. Eine Kugel ins linke Auge —" Sie schauderte zusammen und streckte abwehrend beide Hände von sich. .„Ja, es ist schrecklich. Der arme, junge Herr! Wie soll es nur dem Herrn Grafen beigebracht werden?" „Ich werde es sagen," erwiderte sie hart, „einmal muß es doch sein." „Aber der Herr Graf dürfen doch keine Aufregung haben —" „Wenn nun aber die Abendzeitung jene Nachrichten bringen, Friedrich. Da ist es doch besser, der Graf iü gina, bist Du krank? Du siehst ja zum Erbarmen aus." „O, ich bin ganz wohl — sogar lustig. Adalbert!" und sie lachte lant auf, ein hartes, gellendes Lachen, das ihm durch und durch ging und ihn verwundert aufblicken ließ. „Dir gefiel doch sonst mein Ernst nicht! Du wolltest doch ich sollte fröhlich sein — nnn bin ich es, und Tu wunderst Dich nun darüber. O —" ' , , Ein Zucken durchlief ihre Gestalt. ' Es mußte da etwas passiert sein, was seine sonst so maßvoll gehaltene Frau ganz außer Fassung gebracht hatte. Da beugte sie sich weit vor zn ihm und sagte mit unheimlich funkelnden Armen: „Ich wüßte wohl eine Neuigkeit, Adalbert, die Dich sicher interessieren wird. Wird es Dir aber nicht scha den?" -"0^ . „Nein, nein!" „So höre — heute morgen ist Gernot von Schönstedt ' erschossen worden," sagte sie mit harter, kalter Stimm „ja, ja, steh mich nicht so verwundert an, im Duell von Oberleutnant von Herfurth erschossen! Ist bas nicht zum Lachen?" Und wieder lachte sie krampfhaft auf —, was aber m Schluchzen überging. „Ab." weiter sagte er nichts. - 2 i. darauf vorbereitet." „Wenn Frau Gräfin das tun wollen." „Mit Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft hielt sic sich aufrecht und betrat das Zimmer ihres Gatten. „Du verlangst nach mir, Adalbert?" ' „Ja — setze Dich, bitte." Aber als er einen Blick in ihr totenblasses ganz verzerrtes Gesicht warf, rief > er erschreckt ans: „Um Gottes willen, was ist Dir, Re- Was dann? Nun, dann war er der Notwendigkeit überhoben, früher oder später jenem ehrwürdigen Manne mit der Pistole in -er Hand entgegcgcn zn tre ten, was durch dessen .strankheit nnn aufgeschoben war. Vielleicht war es so das Beste. Zu Hause augekommeu, war er doch zu aufgeregt, um gleich schlafen zu können. So legte er sich einen Angenblick auf den Diwan nnd ließ die Ereignisse des verflossenen Tages an sich vorüberziehen. Er hatte das Beste gewollt und war doch unterlegen! Er sah Maria Regina vor sich, wie schön, wie göttlich schön sic war, und das Blut strömte ihm heiß zu Herzen, als er des Angenblicks gedachte, in Sem sie sich in seine Arme geworfen nnd ihn geküßt hatte. Wie weich nnd süß ihre Lippen waren, und wie heiß sie küssen konnten! Diese Stunde war Las Einsetzen seines Lebens für sie wert! Er sprang auf — uein, au sich durste er nicht denken, wenn das Gute in ihm die Oberhand behalten sollte. Unruhig ging er im Zimmer auf und ab. Darnach ordnete er verschiedenes an seinem Schreibtisch, und dann ging er mit dem Gedanken an die geliebte Frau schlafen. 12. Kapitel. Kennst Dn das alte Liedchen? Es klingt fo süß, cs klingt so trüb. Sie mußten beide sterben, Sie hatten sich viel zn lieb. Es tvar zwei Tage später in früher Vormittags- stunde. — Bleich und still saß Regina in ihrem Zimmer, mit einer feinen Handarbeit beschäftigt. Der Graf lag noch innner im Bett: sie hatte ihm „gute» Morgen" ge wünscht, nach seinem Befinden gefragt nnd dann den -lrzt krtvartet, der ihr die tröstlichsten Versicherungen gab. —-7 -— „Aber Sie gefallen mir nicht, Fran Gräfin" meinte er, „mit Ihrem Aussehen bin ich gar nicht zufrieden." „O, mir ist ganz wohl", sagte sie müde. „Ich leide ja seit Wochen an einer großen Schlaflosigkeit; da ist es kein Wunder, wenn man hinfällig wird. Meine Wider standskraft ist ganz gebrochen; ich muß sie nächstens wirklich einmal konsultieren." Und dann kam das Schreckliche