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MdnOrNgebN Kernsprecher Wilsvmff Nn Wvchenblaff fÜk WllsdpUsf UNd ^NMgeNd Postscheckkonto Dresden 264« Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. v-rleoer „d Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman« Lässig, sür de» Inseratenteil: «rih»r Zsch««»«, beide in Wilsdruff. 82. Jahrgang. Nr. 19. Donnerstag / Freitag 15. /16. Februar 1923. Kleine Zeitung für eilige Leser, * Die Reichsregierung protestierte in einer Note gegen die rechtswidrige Sperre des Ruhrgebietes sür di« Ausfuhr aller Iudustrieerzeuguisse nach dem übrigen Deutschland. * Reichspräsident Ebert hielt in Karlsruhe und Mannheim politische Reden und fuhr dann nach Darmstadt weiter. * Reichskanzler Dr. Cuno hat sür Ende der Woche seinen Geiuch in München «»gekündigt. * Aus London tonnnen noch unbestätigte Meldungen, daß die englischen Truppen ebenfalls binnen kurzem das Rheinland ver lassen sollen. * Die Belgier haben Wesel und Emmerich b. .tzL * Wie verlautet, planen die Franzosen, auch Darmstadt zu besetzen. . Eitle Hoffnungen. Der Präsideilt des Deutschen Reiches Hai sich am Montag nach Karlsruhe begeben und dort einerseits Besprechungen mit den maßgebenden Instanzen Badens gepflogen und andererseits vor Vertretern aller Berufsstände des Landes und der Presse in mehreren gro ße» Reden Stellung zu der uns alle heut bewegenden Existenzfrage des Reiches genommen. Nicht nur aus den eigenen Worten des Reichspräsidenten, sondern auch sonst hört man von unterrichteter Seite, daß der Besuch, der übrigens eine recht interessante Vorgeschichte hatte, aufs beste verlaufen ist und den erfreulichsten Erfolg gehabt hat. Man kann es begreifen, daß man im badischen Lande das Verlangen hatte, sich angesichts des gemeinsamen Feindes mit dem übrigen Deutschland eins zu fühlen. Man wollte sewiß sein, daß man in B e r l i n, S1 et t in und M ü n - ch e n sich bewußt wäre, was dem schönen Lande am Ab- Hang« des Schwarzwaldes geschehen war, als der Fran zose «inbrach, und man wollte in Baden schließlich die Ver sicherung haben, daß der jetzige Abwehrkampf um die Frei heit und den Bestand des Reiches zugleich auch für die Dreiheit Badens geführt wird. Man sah hier, wie bisher bei allen ähnlichen Gelegen heiten, -aß der Franzose mit seinem Wüten gerade das 8e genteil dessen erreicht, was er wünscht. Er schickt Bataillone auf Bataillone ins Ruhrgebiet, er stößt über Kehl nach Baden vor, er möchte neuerdings sogar Schiffe nach Hamburg schicken, um den dortigen Hafen zu blockieren. Und all das erfolgt einzig und allein aus der Hoffnung heraus, das Reich zertrümmern zu können. Er will das Gefüge Deutschlands unterminieren, den Süden vom Norden trennen, das Reich in mehrere ohnmächtige, einander vielleicht sogar befehdende Teile zerreißen. „Uns Deutschen aber." rief der Reichspräsident den Ständen Badens zu, „die wir alle nur einer Mutter Erde und eines Vaterlandes sind, ist es heilige Pflicht, z u s ammenzu - stehen mit unseren unterdrückten Brüdern und Schwestern, ihnen Hilfe zu bringen, wenn sie es ab lehnen, den Eii?dringlingen Sklavendienste zn leisten, ihnen zu helfen, die harten Tage der Fremdherrschaft zu überwinden." In einem anderen Satz seiner Rede kenn zeichnete der Präsident das französische Unternehmen als „beispiellos schnöde Gewalttat", die den Friedensvertrag offen verletze, die Rechte der Völker wie der Menschen mit Füßen trete und mit allen Mitteln mili tärischer Gewalt Krieg führe gegen wehrlose Männer, Frauen und Kinder. Seine besondere Bedeutung hatte dieser Besuch aber noch dadurch, daß hier der erste Repräsentant eines 60 Millionen-Volkes, indem er zum badischen Lande sprach, zugleich kraft seines hohen Amtes sich an die ganze Kultur Welt wandte. Markige, scharf kennzeichnende Worte sprach der Reichspräsident über das ungeheuerliche, in der ganzen Geschichte der Welt noch nie dage - wesenc Verbrechen Frankreichs, schilderte noch einmal die Unerheblichkeit und Fadenscheinigkeit der an geblichen Gründe Poincarös, und, indem er im Hinblick auf die Ergebnisse der soeben geführten Verhandlungen mit der badischen Regierung der Überzeugung Ausdruck verlieh, daß das badische Volk in Festigkeit und Un erschütterlichkeit hinter dem Ruhrdeutschtum nicht zurück stehen werde, kam der schroffe, vernichtende Gegensatz, in welchem die dunkle Niedertracht der französischen Absichten zu dem strahlenden und wirkungsvollen Einheitswillen Deutschlands steht, um so deutlicher zur Geltung. Die Hoffnung, einen -Keil zwischen die tragenden Balken des deutschen Hauses schieben zu können, ist wie alle anderen Hoffnungen der französischen Gewaltpolitiker eitel und nichtig. Um das im Namen der anderen süddeutschen Län der noch ausdrücklich festzustellen, war zugleich mit dem Reichspräsidenten auch der württembergische Staatspräsi dent Dr. Hieber nach Karlsruhe gekommen. Und auch er sagte deutlich und unmißverständlich: „Ich will vor aller Öffentlichkeit die Versicherung abgcben, daß in Würt temberg kein Mensch, ohne Unterschied der Partei, irgendwie rüttelt an der unbedingten Zusammengehörig keit mit dem übrigen deutschen Volk. Den Franzosen in Offenburg und Appenweier müssen die Ohren geklungen haben. Sie hatten dem Offenburger Bürgermeister mitteilen lassen, daß Herr Ebert um GotttsWillennichtinsbesetzteGebietkom- men möge! Das schlechte Gewissen ließ den Verbrecher nicht schlafen. Er hat ja auch bereits das deutlichste Ge ständnis abgelegt, daß ihn blasse Furcht schüttelte, als er in Berlin in einer Note erklären ließ, wenn künftig Minister des Reiches im besetzten Gebiet erscheinen und — man das rechtzeitig auf französischer Seite erfährt! — dann würde man dagegen einfchreiten. Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn . . . Das Kabinett Cuno hat darauf die entsprechende Antwort er teilt. Man wird sich um dieses Verbot nicht kümmern. Die Reichsregierung und die Regierungen der deutschen Länder lehnen es ab, Vorschriften über das Verhalten ihrer Minister von fremden Regierngen entgegenzunehmen. Was Reichspräsident Ebert im Namen ganz Deutsch lands jetzt gesagt hat, wird aber auch aus Karlsruhe in die Welt hinausdringen und gehört werden. Der berühmte Historiker Oncken hat soeben in einem außerordentlich inhaltreichen Aufsatz ausgeführt, daß im Grunde die fran zösische Deutschland-Politik während der letzten Jahrhun derte oas Endergebnis einer immer stärkeren Festigung des deutschen Gedankens gehabt habe. Nie ist das so deutlich gewesen wie heute, und darum können wir uns in der Gewißheit trösten, daß die Neichszertrümmerer auch diesmal kein Glück haben werden. * Rede Eberis in Mannheim. Von Karlsruhe begab sich der Reichspräsident Nach Mannheim und hielt bei einer Protestkundgebung im Nathause eine neue Ansprache, in der er u. a. ausführte: Es ist möglich, daß der Gessner dir Hand nach dieser Stadt, diesem wirtschaftlichen Brennpunkt, ausflreckeu wird. Da ist es mir ein Bedürfnis, gerade in Mannheim im Namen der Reichsregierung zu erklären, daß wir ohne Vorbehalt entschlossen und bereit sind, dem Lande und auch Mannheim bei allen diesen Eingriffen, bei allen Schäden, die daraus entstehen können, mit unserer ganzen Kraft brüderlich zur Sette zu stehen, zu helfen und auszugleichen. Ebenso sind wir fest überzeugt, daß jeder Bürger, sei er Industrieller, Techniker, Arbeiter und nicht zuletzt Be amter, daß sie ihren Mann stehen, daß sie überzeugt sind, daß ein solcher Kampf nur geführt werden kann, wenn der einzelne bereit und gewillt ist, persönlich Opfer zu bringen. ' Zum Schluß betonte der Reichspräsident, daß der Ein fall der Franzosen die Hoffnung rechtfertige, unser.gelieb tes Vaterland zusammenzuschweißen zu einer einheitlich geschlossenen Nation, zu einer Einheit, die gewillt ist, ihr Bestes, und wenn es sein muß, ihr Letztes an das Vater- land zu setzen unter der Devise: Für diedeutfcheFret- heit, für die deutsche Zukunft!- Neue Ausfuhrsperre. Keine Nuhrfabrikate für Deutschland. Die französische und die belgische Negierung wollen vom 12. Febrnsir an die Ausfuhr der in den besetzten Gebieten hergestellten metallurgischen Erzeug nisse und sonstigen Fabrikate nach den: übrigen Deutschland sperren. Sie begründen diese Maßnahme mit dem Hinweis auf die von der Reichsregierung den deutschen Beamten im Ruhrgebiet erteilten Befehle sowie mit der Behauptung, daß die Reichsregierung in diesem Gebiet Unruhen aller Art hervorzurufen suche. Gegenüber dieser neuen Gewaltmaßnahme weist die deutsche Negierung in einer Protestnote darauf hin, oaß die Begründung der neuen Maßregel nichts als ein Vorwand und ein offenes Eingeständnis der Tatsache ist, daß die Besatzungsmächte mit den bisherigen Gewaltakten dem mit der Nuhrbesetzung begangenen Unrecht nicht haben zum Erfolg verhelfen können, und daß sie sich deshalb z u immer schwererem Unrecht getrieben sehen. Diese Ausfuhrsperre kann mit der angeblich angestrebten Sicherung der Reparationslieferungen in keinerlei Zu sammenhang gebracht werden, sondern lediglich die Folge haben, das deutsche Wirtschaftsleben weiter zu zerstören. Die deutsche Regierung erklärt, daß es den Besatzungs mächten auch mit diesem Gewaltakt nicht gelingen wird, sich die Bevölkerung der besetzten Gebiete gefügig zu machen. Sie protestiert gegen das neue Unrecht und macht die französische und die belgische Regierung dafür verantwortlich, daß die Fähigkeit Deutsch lands zu Reparationsleistungen zum Nachteil aller alliierten Mächte in immer höherem Maße ver nichtet wird. Sie Gelsenkirchener Schnyo entwaffnet! Straße uterror in Essen. Offenbar als Vergeltung für den blutigen Zwischen fall zwischen zwei Franzosen und deutschen Polizisten ist die Stadt Gelsenkirchen von einem großen Truppenaufge bot besetzt worden. Es rückten mehrere Abteilungen fran zösischer Kavallerie ein, gefolgt von Tanks und Lastautos Sie umstellten das Rathaus und zogen darauf zur Polizei- wache Zentrum, wo sie über die dort anwesenden sechzehn Schupoleute hersielen, sie entwaffneten und in der brutal sten Weise mißhandelten. Schließlich wurde die gesamte Schutzpolizei umzingelt, entwaffnet und abgeführt, wobei die Polizisten die Hände hochheben mußten. Die Sicher heitsbeamten wurden im geschlossenen Zuge unter stärkster Bedeckung durch die Hauptstraßen nach Bismarck abge führt. Unterwegs wurden die Beamten mit Kolben blusig geschlagen und mit Fußtritten traktiert. Die Geschäfte im Stadtinnern sind geschlossen. In Essen und Gelsenkirchen üben die Franzosen den schwersten Straßenterror aus. Da ihnen in den Geschäf ten die Abgabe von Waren verweigert wird, so rauHen sie einfach, was sie haben wollen. Zwei Offiziere, die den Wartesaal des Essener Hauptbahnhofs verschlossen fanden, da der Bahnhof von der Arbeiterschaft stillgelegt ist, schossen blindlings mit ihren Revolvern in die Men schenmenge in der Bahnhofschalle. Auch aus eine Reihe von Privatautomobilen, die auf Anruf nicht sofort hielten, wurde von den französischen Patrouillen rücksichtslos geschossen. Wesel und Emmerich besetzt. Das Eisenbahn material gerettet. Am Dienstag früh wurde inWesel das Zollamt von den Belgiern besetzt. Zollrat Bulle und Oberzoll, inspektor Webbe wurden interniert. Das Rathaus und der Bahnhof wurden ebenfalls besetzt. Die Stärke der Besatzung beträgt bis 2 Kompagnien. Außerdem be setzten die Belgier in Emmerich das Hauptzollamt Hasen- köpf und das Zollamt Euwer. Die Hauptstraßen am Rhein wurden mU Maschinengewehren abgesperrt. Diese neue rechtswidrige Ausdehnung der Besetzungs zone wurde am Abend zuvor dem deutschen Neichskom- missar.für die besetzten Gebiet« angekündigt, der jedoch die Entgegennahme dieser Mitteilung ablehnte, übrigens war der Führer der Belgier in Wesel sehr erstaunt, als er auf dein Bahnhof nur leere Gleise Vorsand. Das gesamte Eisenbahn material war noch in der Nacht weg - geschafft worden. In Emmerich ließ der belgische Kommandeur mehrere Polizisten, die den fremden Offizier nicht grüßten, festnehmen. Auf dem Emmericher Bahnhof befinden sich keine für Deutschland bestimmten Güter mehr, dagegen stehen Kohlenzüge für Holland noch auf den Gleisen. sieMMgsKrWenMnisch susgrwiW Der neue Regierungspräsident von Wiesbaden, Hänisch, weilte in den letzten Tagen im besetzten Gebiet, um als Kommissar der preußischen Regierung Informa tionen über die wirtschaftliche und politische Lage einzu ziehen. Er wurde durch französische Beamte zu dem fran zösischen Oberdelegierten genötigt, der ihn chrenwörtlich verpflichten wollte, noch vor Mitternacht das besetzte Ge biet zu verlassen. Hänisch lehnte das Ansinnen ab und erklärte, nur der Gewalt zu weichen. Daraufhin wurde er einer gründlichen Untersuchung unterzogen, gegen die er unter Berufung auf seine Immunität als preußischer Landtagsabgcordneter entschieden protestierte. Dann wnrde er im französischen Milttärautomobil über die Grenze des besetzten Gebiets gebracht. Kohlen- und MomMräuSer. Energische Gegenwehr. Der Divisionsgeneral Fournier hat dem Oberbürger meister von Essen befohlen, 72 Personenautos, von denen 36 offene und 36 geschlossene sind, sofort zu liefern. Dar-! auf hat der Oberbürgermeister mit einem Schreiben gct antwortet, in welchen: er den General darauf hinweist daß bereits zahlreiche Automobile auf der Straße beschlagt nahmt worden seien und daß er deren Rückgabe fordere Die Requisition selbst zu erfüllen, lehne er ab. Inzwischen sind von den Franzosen Posten ausgestellt worden, dit sämtliche Personen- und Lastkraftwagen beschlagnahmen Anch der Kommandant der Besatzungstruppen in Bochum forderte die Lieferuug von 48 Personenkraftwagen mi allem Zubehör. Auf der Zeche Prosper I in Essen-Dellwig erschieß eine belgische Kompagnie mit Maschinengewehren uni verlangte Kohlen. Die Tagesarbeiter, die sicl weigerten, bei der Verladung mitzuhelfen, wurden körpe^ lich mißhandelt nnd mit Kolben und Bajonetten uni dnrch Schreckfchüsse vertrieben. Die Soldateß lnden selbst in mitgebrachte und vom Zechcnplatz genons mene Wagen Kohlen ein. Auf Prosper III in Bottrop E schien ebenfalls eine starke belgische TruppenabteilunM Das Zechentor wurde geschlossen und inneV halb weniger Minuten sammelte sich jenseits desselben ml dem Zechcnplatz die gesamte Taaesbelegschaft der .siccbV